Protocol of the Session on March 25, 2015

Aber was mir besonders aufgefallen ist: Diesen beiden Oberbürgermeistern müsste eigentlich bekannt sein, dass es diese regionale Verfasstheit längst gibt. Wir haben diesen Verband mit 75 Kommunen, der – man mag es beklagen oder nicht – noch unter sozialdemokratischer Führung steht.

Meine Damen und Herren, was nicht geht, ist, dass man ganzseitig eine regionale Identität fordert, die es längst gibt, die die beiden Oberbürgermeister nicht zur Kenntnis nehmen, und keinen einzigen konkreten inhaltlichen Vorschlag macht. Wenn das alles ist, was die SPD bietet, dann brauchen wir keine weiteren Diskussionen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Ich habe anschließend gelesen, die hessische SPD teile diese Auffassung nicht – okay.

Damit wir es uns nicht so einfach machen: Soweit ich es sehe, sind alle Parteien in Hessen dort in einem schwierigen Prozess, um es vorsichtig auszudrücken. Wenn Sie den Koalitionsvertrag von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kritisch bewerten, darf ich einmal fragen, was in Ihrem Wahlprogramm dazu gestanden hat. Ich darf fragen, für was Sie eintreten. Wollen Sie fünf Regionalkreise? Dann hätte ich das gerne gewusst. Wenn Sie sie nicht wollen, dann sollten wir keine Scheindebatten führen. Dann sollten Sie den beiden Oberbürgermeistern sagen, dass sie auf die Sozialdemokraten nicht bauen können. Auf CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN können sie auch nicht bauen. Deshalb sollten wir die Debatte um diesen Punkt der Verfasstheit zur Seite legen und uns auf Inhalte konzentrieren. Das wird in der Sache mehr bringen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Frage, wie wir diese Herausforderung gemeinsam angehen, hat auch noch den Charme, dass sie nicht entlang

parteipolitischer Linien läuft. Es zeichnet uns aus, dass wir sehr unterschiedliche politische Verantwortung in dieser Region haben. Das zwingt uns, in der Sache überzeugend zu sein und nicht nur Parteitagsbeschlüsse zu vertreten. Deshalb werbe ich sehr dafür: Diese Region ist so stark, dass wir mit ihr glänzen können.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Wissen Sie, gestern hat in einem anderen Zusammenhang jemand in einer Debatte gesagt: Man muss sich gelegentlich fragen, ob Sie überhaupt bereit sind, neben plumpester, um es nicht anders zu nennen, dümmster Polemik irgendeine Chance zu geben, über die Sache zu reden.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD – Timon Gremmels (SPD): Das sagt der Richtige!)

Sie sind in einer Situation, in die Sie sich selbst hineinmanövriert haben. Das muss ich nicht bedauern. Was ich bedauere, ist, dass Sie grundsätzlich jede Form des ernsthaften inhaltlichen Dialogs überlagern mit polemischem Klamauk. Das können Sie tun. Das ist dann Ihre Aufgabe.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unsere gemeinsame Aufgabe ist nicht der Klamauk. Unsere gemeinsame Aufgabe ist, dieses Hessen, von dem die Metropolregion das wichtigste Kernstück ist, so weiterzuentwickeln, dass nach wie vor über 90 % der Menschen in Hessen sagen: „Wir leben gerne in diesem Land“,

(Manfred Pentz (CDU): Ja!)

dass über 90 % der Migranten sagen: „Wir sind hier angekommen und fühlen uns hier wohl“,

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dass die Masse der Menschen sagt: „Wir verdienen hier mehr als sonst irgendwo in Deutschland“, dass wir stolz darauf hinweisen dürfen: Nirgends ist das Bruttosozialprodukt, d. h. die wirtschaftliche Ertragskraft, pro Einwohner in den Flächenländern so groß wie bei uns – größer als in Baden-Württemberg, größer als in Bayern. Das sind Erfolgsfaktoren, und das sind die Grundlagen für eine gute Zukunft.

(Zuruf von der SPD)

Meine Damen und Herren, das, was wir in unserem Vertrag vereinbart haben, sind die Grundlagen für unsere Arbeit, und diese Arbeit ist erfolgreich. Wenn Sie es an der Zustimmungsrate der Bevölkerung messen, müssen wir uns nicht darüber beklagen, dass über zwei Drittel der hessischen Bürgerinnen und Bürger sagen: Diese Regierung arbeitet erfolgreich, mit dieser Regierung sind wir zufrieden.

Das ist kein Grund, uns zurückzulehnen, aber das ist Anerkennung für unsere Arbeit. Das spornt uns an, und so werden wir weiter erfolgreich sein. – Herzlichen Dank.

(Lang anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kolleginnen und Kollegen, wir kommen zur zweiten Runde. Ich darf Ihnen mitteilen, dass den Oppositionsfraktio

nen anteilig sechs Minuten Redezeit zustehen, und rufe als ersten Redner Herrn Schäfer-Gümbel von der SPD-Fraktion auf.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, ich bin mir nicht sicher, ob das jetzt der Versuch einer Regierungserklärung oder freies Assoziieren war.

(Beifall bei der SPD)

Ich will einige wenige Bemerkungen machen und an den Anfang eine grundsätzliche Bemerkung im Zusammenhang mit der Zukunft der Metropolregion Frankfurt/RheinMain stellen. Es geht nicht nur um eine wirtschaftlich und infrastrukturell starke Region, sondern zuallererst – ich teile das, was Frau Wissler gesagt hat – um eine Region, die der Lebensmittelpunkt von Hunderttausenden Menschen ist. Das muss der Ausgangspunkt jeder weiteren Entwicklung sein.

Die Region ist nicht reduzierbar auf einzelne Standortaspekte. Wenn das am heutigen Tage ein kleines Stück vorangekommen wäre, wäre ich sehr zufrieden. Ich will ausdrücklich das unterstreichen, was Peter Feldmann als Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt mit vielen anderen, nämlich den Industrie- und Handelskammern, dem Standortmarketing, diversen Landräten, unter anderem Herrn Wilkes von der Bergstraße

(Günter Rudolph (SPD): Der ist aber bei den Schwarzen nicht so beliebt!)

gut, der ist in Ihren Reihen nicht mehr ganz so gut gelitten –, am 17. April parteiübergreifend über die Frage der Region diskutieren wird: inwieweit die weiteren Entwicklungen der Region befördert werden können, und zwar ausdrücklich inhaltlich, nicht strukturell.

Allerdings haben die Oberbürgermeister, die Landräte und die Wirtschaft darauf hingewiesen, dass es sinnvoll wäre, Instrumente, die wir beispielsweise in der Rhein-NeckarRegion mit dem Staatsvertrag anwenden, auch auf die Rhein-Main-Region zu übertragen. Dieser Hinweis ist ausdrücklich richtig, ohne das auf die Frage von Strukturreformen zu reduzieren.

Herr Ministerpräsident, Sie haben eine Frage gestellt, Herr Boddenberg auch, die ich gleich beantworten will. Auch wir wollen keine formale Strukturdebatte. Wir haben in unserem Landtagswahlprogramm klar gesagt, dass die Orientierung auf Regionalkreise angesichts der Verfasstheit der Gesamtregion, der politischen Gewichte in der Region derzeit nicht angezeigt ist.

(Michael Boddenberg (CDU): Das sieht auch der Oberbürgermeister so?)

Sehen Sie, wir sind eine bunte Partei, und da gibt es sehr unterschiedliche Sichtweisen. Das soll im Übrigen auch in der hessischen Union so sein, selbst wenn sich das in Ihrer Fraktion nicht immer ausdrücken lässt. Aber ich nehme zur Kenntnis, dass es auch in Ihrer Fraktion Gott sei Dank zu unterschiedlichen Einschätzungen kommt. – Damit will ich aber einen Punkt machen und mich mit dem Ministerpräsidenten und diesen denkwürdigen Auftritt der letzten 20 Minuten beschäftigen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Herr Ministerpräsident, Sie haben dem Kollegen Marius Weiß vorgeworfen, er habe hier einige Minuten – nämlich zehn an der Zahl – geredet, aber keinen einzigen konkreten Vorschlag gemacht. Wenn ich versuche, Ihre 20 Minuten zusammenzufassen, fällt es mir, ehrlich gesagt, schwer, darin auch nur einen einzigen konkreten Vorschlag zu erkennen.

(Beifall bei der SPD)

Zu Herrn Boddenberg komme ich gleich. – Ich akzeptiere ausdrücklich, dass hier kein klares Maßnahmenpaket kommt. Aber wenn der Ministerpräsident des Landes in dieser Debatte wortgewaltig und zeitintensiv das Wort ergreift, dann hätte ich schon erwartet, dass der Ministerpräsident dieses Landes, der Chef dieser Regierung, nicht nur über den Status quo und den Istzustand der Region, sondern ein bisschen darüber redet, was er und seine Regierung dazu tun wollen, wie sich die Region in der Zukunft weiterentwickelt. Dafür war es eine Nullansage von Ihnen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

Die Substanzfreiheit Ihrer Ausführungen am heutigen Morgen ist wirklich nur durch wenige andere Beiträge dieser Debatte in den letzten Jahren übertroffen worden.

Im Übrigen, die Bemerkung will ich mir noch erlauben, wenn Sie dann auf die Finanztransaktionssteuer hinweisen: Die finde ich eines der spannendsten Beispiele dafür, dass Sie hier so und dort anders reden. Was im Koalitionsvertrag zum Thema Finanztransaktionssteuer vereinbart wurde, wurde unter anderem auch von Ihnen unterschrieben. Herr Bouffier, wir waren im selben Saal anwesend und haben dasselbe Dokument unterschrieben, das sich eben mit der Frage der Finanztransaktionssteuer beschäftigt hat.

(Norbert Schmitt (SPD): Wie bei Biblis!)

So viel zur Frage, wir sollten uns alle in diesem Saal in der Debatte ein bisschen ehrlicher machen. Das gilt dann auch für Sie, Herr Ministerpräsident.

(Beifall bei der SPD)

Damit will ich zu den Herausforderungen für die Region kommen. Ich will am heutigen Tage nur vier Themen benennen, die uns beschäftigen müssen. Das ist zum einen – da haben Sie dankenswerterweise zum Status quo auch zwei Bemerkungen gemacht – die Frage der verkehrlichen Infrastruktur und überhaupt der Mobilitätskonzeption in der Region.

Jetzt haben Sie wortreich erklärt, der große Fortschritt dieser Regierung sei der Beitrag, dass Sie die 16 Bundesländer beim Widerstand in der Frage der Regionalisierungsmittel anführen. Ich will Ihnen offen sagen, das habe ich das letzte Mal schon gemacht, als wir über Infrastruktur geredet haben: Da sind wir zu 110 % bei Ihnen.

Wir haben das mit ähnlichen Briefen unterstrichen. Es gibt ein gemeinsames Länderinteresse, das wir durchdrücken müssen. Ich hoffe, dass Bundesverkehrsminister Dobrindt, CSU, und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, CDU,

(Günter Rudolph (SPD): So ist es!)

am Ende einsichtig sind, weil die beiden ganz wesentlich mitentscheiden, ob wir bei den Regionalisierungsmitteln ein ganzes Stück vorankommen. Uns haben Sie an der Stelle ausdrücklich an Ihrer Seite.

(Beifall bei der SPD)

Kollege Schäfer-Gümbel, Sie müssen zum Schluss kommen.