Gerade im Falle Frankfurts mit seinen eng gezogenen Stadtgrenzen sind weiter gehende interkommunale Absprachen und Regelungen sinnvoll und können auf jeden Fall noch weiter gehen.
Wovor wir aber warnen, ist, dass man diese Zusammenarbeit der Kommunen nur unter dem Aspekt der Wettbewerbsfähigkeit betrachtet. Ich finde, das klingt in dem Antrag von Schwarz-Grün sehr stark durch. Die Mobilitätsinfrastruktur, das wissenschaftliche Profil und die Lebensqualität in der Region werden immer in einem Atemzug mit Standortmarketing genannt und zu einem „strategischen Interesse“ im „internationalen Wettbewerb“ verrührt. Ich finde, das muss man einmal vom Kopf auf die Füße stellen. Lebensqualität, Mobilität der Menschen in der Region und Wissenschaft müssen doch ein eigenes Ziel unseres politischen Handelns sein und nicht Instrument einer Standortlogik.
Es geht darum, dass jeder Mensch ein Recht auf gesellschaftliche Teilhabe und eine möglichst hohe Lebensqualität hat. Deswegen warne ich davor, dies alles nur am Markt zu orientieren und quasi die Lebensqualität, die Mobilität in der Region oder eben auch die Wissenschaftspolitik an Marktbedürfnissen zu orientieren. Die Lebensqualität der Menschen in der Region ist ein hohes Gut, und sie ist auch dann ein hohes Gut, wenn sie in Widerspruch zu wirtschaftlichen Interessen steht. Ich denke, das beste Beispiel in der Rhein-Main-Region dafür ist der Flughafen.
Das Gefährliche an Standortlogik ist, dass die Wettbewerbsfähigkeit des einen naturgemäß der Nachteil des anderen ist. Ich finde, auch das muss uns als Hessischer Landtag bewusst sein. Herr Boddenberg hat kurz angesprochen, dass die Zugkraft der Region Rhein-Main auch ein Problem sei, beispielsweise für die ländlichen Gebiete in Hessen. Das Bevölkerungswachstum, das wir im RheinMain-Gebiet haben – mit all seinen negativen Effekten auch für die Stadt Frankfurt wie dem Druck auf den Wohnungsmarkt, dass man in Frankfurt kaum noch bezahlbare Wohnungen bekommt, aber auch den Pendlerströmen von 250.000 Menschen, die tagtäglich in die Stadt pendeln –, heißt für den ländlichen Raum natürlich: Bevölkerungsrückgang, Leerstand und Ärztemangel.
Ich glaube, dass wir als Landtag ein Interesse daran haben sollten, dass die Regionen gerade nicht zu weit auseinanderdriften, sondern dass wir eine Regionalentwicklung in
Gang setzen, die überall in Hessen ungefähr gleichwertige Lebensbedingungen garantiert. Deswegen muss man sehen: Wenn man die Metropolregion Rhein-Main, wenn man die Zentren immer weiter stärkt, dann darf der ländliche Raum dabei nicht abgehängt werden. Ich finde, auch das muss ein Ziel des Landtags sein.
Denn es ist ein Problem, dass nicht alle wettbewerbsfähig sein können; bei jedem Durchschnitt muss es auch immer diejenigen geben, die unterlegen sind, egal, wie sehr sie sich bemühen. Das gilt im europäischen Maßstab, wo wir das gerade sehen, aber das gilt im Kleinen natürlich auch für Hessen und für seine Kommunen. Die Wachstumslogik „höher, schneller und weiter“ stößt zwangsläufig irgendwann an ihre Grenzen. Gerade beim Flughafen sehen wir, dass die Belastungsgrenze für die Menschen schon heute erreicht ist.
Daher widerspreche ich auch dem Kollegen Weiß. Ich denke nicht, dass das Terminal 3 diese Region attraktiver macht, sondern ganz im Gegenteil: Das Terminal 3 sowie der Bau der Landebahn Nordwest gefährden weiterhin die Gesundheit und Lebensqualität der Menschen in der Region. Ich warne wirklich davor, die wirtschaftliche Leistungskraft dieser Region auf einen Flughafen zu begrenzen, der immer weiter wachsen soll. Das geht auf Kosten der Lebensqualität. Es wird auch nicht dafür sorgen, dass es ein weiteres wirtschaftlich sinnvolles Wachstumsziel in dieser Region gibt.
Meine Damen und Herren, ich finde es ganz erfreulich, dass in dem Antrag auch der soziale Zusammenhalt in der Region für deren Zukunftsfähigkeit als essenziell herausgestellt wird. Die existierenden und von Ihnen bereits gelobten Initiativen leisten in der Tat wertvolle Arbeit. Doch ist der soziale Zusammenhalt durch eine enorme Spaltung von Arm und Reich gefährdet. Gerade in einer der ökonomisch stärksten Regionen Deutschlands nehmen die Prekarisierungstendenzen in der Bevölkerung immer weiter zu. Auf dem Papier haben wir im Rhein-Main-Gebiet zwar mehr Jobs, aber es reicht nicht, sich die Zahl der Jobs anzuschauen, sondern wir müssen uns auch die Bedingungen anschauen. Dann merken wir, dass immer mehr dieser Jobs befristet sind oder in Teilzeit ausgeführt werden. Ich finde, auch darüber muss man reden. Gleichzeitig sind die kommunalen Haushalte zunehmend angespannt. Das ist natürlich auch gerade deshalb ein Problem, weil die Kommunen vor Ort quasi für den sozialen Ausgleich direkt am Menschen arbeiten.
Es ist bereits erwähnt worden, dass wir in der Rhein-MainRegion Probleme haben, die dringend gelöst werden müssen. Ich will auch darauf hinweisen, dass der ÖPNV in der Rhein-Main-Region auf Verschleiß fährt. Wir haben das Problem, dass er viel zu teuer ist und dass sinnvolle Projekte jahrelang nicht angegangen wurden. Deswegen will auch ich an der Stelle noch einmal deutlich sagen: Natürlich wäre es sinnvoll, auch endlich Landesmittel in den ÖPNV zu stecken. Das tut Hessen nicht. Das ist nach wie vor eine Forderung, die wir hier haben.
Wichtig für die Region Frankfurt ist natürlich auch die Lage auf dem Wohnungsmarkt. Wir haben in Frankfurt nach wie vor viel zu wenig bezahlbaren Wohnraum. Es ist ein
echtes Problem, dass wir zwar 2 Millionen m² leer stehender Büro- und Gewerberäume haben, aber kaum bezahlbaren Wohnraum. Ich glaube, auch hier müsste die Landesregierung sehr viel mehr machen.
Für uns ist entscheidend, dass eine prosperierende Region allen Menschen zugutekommt. Die glitzernden Türme nützen den Menschen nicht, die in einer reichen Stadt wie Frankfurt an Tafeln anstehen müssen, weil sie sich am Ende des Monats kaum noch Lebensmittel leisten können. Deswegen müssen die vermeintlichen Errungenschaften der Region zuvorderst darauf geprüft werden, ob sie den Menschen, die hier leben, nutzen bzw. was sie dafür opfern müssen. Die Metropolregion kann, ebenso wie die unzähligen Vorgänger des heutigen Regionalverbands Frankfurt/ Rhein-Main, ein sinnvolles und wichtiges Werkzeug für eine Politik zum Wohle der Menschen sein. Auch innerhalb des Rhein-Main-Gebiets gibt es nach wie vor Ungleichheiten, die abzubauen sind. Ungleiche Finanzausstattungen der Kommunen dürfen sich eben nicht in ungleicher Lebensqualität ausdrücken. Ich denke, es gibt eine ganze Menge von Feldern, die in der Region Rhein-Main angegangen werden müssten.
Wir warnen davor, dass man diese kleine Standortlogik, die zwischen den hessischen Kommunen ohnehin schon besteht, quasi jetzt auf die nächsthöhere Ebene setzt. Die ländlichen Regionen dürfen nicht von einer starken Region Rhein-Main abgehängt werden.
Es ist gut, wenn wir ein neues Leitbild für die Region und eine integrierte Regionalentwicklung formulieren wollen. Dabei sollte aber schon klar sein, diese Region ist nicht zuallererst ein Motor, ein Standort, eine Drehscheibe oder ein Finanzplatz, sondern zuallererst ein Zuhause für Menschen, deren Lebensqualität, deren soziale Sicherheit und deren Mobilitätbedürfnis in gut ausgestatteten Kommen an allererster Stelle stehen sollten. – In dem Sinne, vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Wir führen eine lohnende Debatte. Ich will erst einmal das Gemeinsame herausstellen. Es gibt Übereinstimmung über die herausragende Bedeutung dieser Metropolregion. Es gibt Übereinstimmung, dass wir sehr dankbar sein dürfen, eine der stärksten, führenden, äußerst dynamischen, ganz nebenbei sehr liebenswerten Regionen Europas bei uns in Hessen zu haben. Sie gibt fast drei Millionen Menschen Arbeitsplätze. Sie setzt über 200 Milliarden € um. Sie ist ein internationales Verkehrsdrehkreuz. Sie ist ein herausragendes Kreuz, ein Mittelpunkt der Dienstleistungen, der Wissenschaft und der Entwicklung. All das zusammen bündelt sich.
Das ist ein Anlass, bei dem man sagen kann: Wir dürfen froh sein, das dieses Land Hessen mit dieser Metropole einen so starken Kern hat. – Ich freue mich deswegen über diese Debatte. Wir haben allen Anlass, stolz auf das zu sein, was erreicht werden konnte. Jetzt geht es um die Fra
Ganz nebenbei gesagt: Ich bin selten bei Frau Wissler. Jetzt bin ich es ausnahmsweise. Ich komme ja aus Mittelhessen. Wir sind stolz und wissen auch, dass wir von dieser Metropolregion profitieren, ebenso wie alle anderen Teile des Landes und auch andere Regionen über die Landesgrenzen hinaus.
Wahr ist aber auch: Die Metropole kann nur deswegen so stark sein, weil es die Region und die Fläche gibt. Die Region und die Fläche leben von der Kernmetropole, und die Metropole lebt von der Fläche. Nur wenn sich beides vernünftig miteinander verschränkt, können wir optimale Erfolge erzielen.
Unser Ziel kann doch nicht sein, Monostrukturierungen wie Paris oder London oder Ähnliches zu haben. Dort gibt es ein Zentrum, und der Rest des Landes ist sozusagen wirkliche „Provinz“. Das, was uns stark macht, ist, dass wir eine polyzentrische Struktur haben. Das, was uns stark macht, ist, dass wir nicht ununterbrochen unsere Zeit damit vergeuden, Strukturdebatten oder Debatten über Verfasstheiten zu führen.
Wir bringen zwei Dinge ins richtige Lot: Die polyzentrische Struktur, die vermeidet, wenn es an einer Stelle schlecht läuft, dass die ganze Region heruntergezogen wird. Auf der anderen Seite gibt diese Struktur die Chance, Schwächen auf der einen Seite mit Stärken auf der anderen Seite auszugleichen. Außerdem hält sie das Prinzip der Freiwilligkeit hoch. Wenn man vor Ort nur Organisationsdebatten führt, dann hat man am Ende relativ viele Gremien, vielleicht auch noch ein paar Posten geschaffen, aber ganz sicherlich nicht die Region vorangebracht.
Weil das so ist, begrüßt die Landesregierung diesen Antrag. Es gibt eine ganz interessante Debatte, in der viele Elemente enthalten sind, die alle teilen. Dann gibt es Bereiche mit unterschiedlichen Erwartungen und Einschätzungen.
Ich gehöre diesem Haus in unterschiedlichster Funktion seit sage und schreibe 33 Jahren an. Seit 33 Jahren kenne ich diese Debatten in allen Facetten. Kollege Kaufmann hat sehr richtig gesagt, alle Parteien haben dort immer wieder ihre Herausforderungen zu bewältigen gehabt, wie mit diesen Dingen umgegangen wird.
Ich will ausdrücklich sagen: Ich begrüße die Initiative der Wirtschaft „Quartier 4 – Wie entwickeln wir Frankfurt/ Rhein-Main bis 2030?“. Vielleicht noch eine Seitenbemerkung: Auf meiner Afrikareise hatte ich viele Gelegenheiten, mit der Präsidentin der IHK Darmstadt, dem Präsidenten der IHK Frankfurt und mit Vertretern des Handwerks über diese Fragen zu sprechen. Ich komme auf das Thema noch einmal zurück.
Meine Damen und Herren, die Herausforderung ist relativ einfach zu beschreiben. Wir müssen auf der einen Seite Freiwilligkeit und polyzentrische Strukturen erhalten, weil nur so Innovation und nicht nur Bürokratie gedeiht. Auf der anderen Seite müssen wir lokale Egoismen überwinden und einen Rahmen dafür setzen, in dem die regionalen und,
wenn Sie so wollen, die landesweiten und landesübergreifenden Erfolgsnotwendigkeiten nicht durch den einsamen Blick auf die lokale Szene behindert werden. Dies richtig auszuwiegen, ist die entscheidende Frage. Dabei sind wir gut vorangekommen. Das ist zu einem ganz entscheidenden Teil das Ergebnis der Landespolitik.
Die Landespolitik hat häufig genug die Region gegen ihren eigenen Willen zu wegweisenden Entscheidungen gezwungen. Ich kann mich erinnern, als wir – das war neulich anlässlich des Jubiläums zu 50 Jahre Planung in der Presse zu lesen – im Haus einstimmig beschlossen haben, dass wir einen Verband auflösen, weil wir ihn für völlig ineffizient gehalten haben. Wir haben Vorgaben gemacht, wie das weitergehen soll. Das war zwingend notwendig, und das war sehr erfolgreich. Dabei meine ich beispielsweise die gemeinsame Abfallbeseitigungspolitik. Die Abfallbeseitigungspolitik war völlig verfahren, und nichts ging mehr. Dort wurde das, was ich eben beschrieben habe, die Notwendigkeit der Rahmensetzung für gemeinsamen Erfolg, installiert. Das wird heute niemand mehr ernsthaft bestreiten. Ich will nur auf dieses eine Beispiel eingehen.
Meine Damen und Herren, wo stehen wir? – Es ist mehrfach gesagt worden. Wir haben einen herausragenden Verkehrsverbund mit rund 2,5 Millionen Fahrgästen jeden Tag und 14.000 km², die wir dort bedienen. Wir haben RheinMain Abfall – das ist gesagt worden –, die Kulturgesellschaften, den Kulturfonds, die Kulturregion, die projektbezogen und gut zusammenarbeiten. Das darf man alles nicht kleinschreiben. Wir haben den Regionalpark. Ich will darauf hinweisen, dort könnte man noch viel intensiver vorankommen, wenn es die politischen Gemeinsamkeiten dort gäbe, wo sie notwendig sind.
Wir haben deutschlandweit als einzige Region, das gibt es nur bei uns, einen regionalisierten Flächennutzungsplan. Da ich damals als Innenminister federführend dafür zuständig war, weiß ich sehr genau, was ich mit dem Kollegen Posch, der damals Wirtschaftsminister war, erarbeitet habe. In ganz Deutschland werden wir um diesen regionalisierten Flächennutzungsplan beneidet. Wir haben die Aufgabe, dieses Instrument vernünftig zu nutzen. Es fehlt uns nicht an grundlegenden Erkenntnissen. Die Umsetzung ist das Problem.
Meine Damen und Herren, wir haben eine ganze Menge erreicht. Ich wiederhole: Jetzt geht es um die Frage, wie wir das sichern und ausbauen. – Da sehe ich folgende Situation: Die Frage ist, wie wir eine umweltfreundliche Mobilität erhalten, die den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts entspricht.
Herr Weiß, da will ich Ihnen ein paar Dinge in Erinnerung rufen. Wenn ich Ihnen zuhöre, dann löst das bei mir ambivalente Gefühle aus.
Sie machen das locker, flockig, hinreichend polemisch, schauen Ihre Fraktion an und wissen ganz genau, an welcher Stelle die Kameraden Beifall klatschen sollen. Da ich so lange in diesem Hause bin, weiß ich, wie das läuft. Das finde ich auch ganz spannend. Sie sind locker, munter, fröhlich. Wenn jetzt noch ein einziger Vorschlag, was Sie eigentlich meinen, hinzuträte, dann wäre es ein toller Beitrag.
Locker und flockig diskutieren, das können wir immer, das dient auch gelegentlich der Auflockerung am Mittwochmorgen. Das können wir gerne machen.
Nur einmal zum Mitschreiben, meine Damen und Herren – wer dieser Landesregierung in bestimmten Fragen mangelndes Engagement vorwirft, den darf ich einmal an Folgendes erinnern –: Es gibt keine Landesregierung, die insbesondere in ihrer Spitze durch den Ministerpräsidenten und den Vizeministerpräsidenten so engagiert für die Frage einer modernen Mobilitätspolitik kämpft wie wir.
Wer ist denn der Sprecher der 16 Länder, wenn es um die Frage der Erhöhung der Regionalisierungsmittel geht?
Wer hat denn im Bundesrat für alle 16 Länder, jenseits aller Farben, erklärt, was wir für richtig halten? Wer wird denn am kommenden Freitag dort, wo deutsche Politik für die Länder und natürlich auch für diese Region gemacht wird – im Bundesrat –, vertreten müssen, dass wir den Vermittlungsausschuss anrufen, weil wir mit dem Angebot der Bundesregierung und des Bundestages nicht zufrieden sind? Wer hat es denn zum ersten Mal in den letzten 20 Jahren fertiggebracht, dass die Verkehrsminister des Bundes und der Länder bei der Frage der Verteilung der Regionalisierungsmittel ein einstimmiges Ergebnis zustande gebracht haben? – Es war Tarek Al-Wazir. Das hat es vorher auch noch nie gegeben.