Protocol of the Session on February 6, 2014

(Beifall der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und bei Abgeordneten der SPD)

Tarek Al-Wazir hat sich seinen Büroleiter zum Staatssekretär gemacht. Die Konzepte, die da vorgelegt worden sind, tragen auch eine grüne Handschrift. Das gehört dazu. Deswegen haben wir auch in unserem Antrag formuliert: nicht anhand von parteipolitischem Klein-Klein diskutieren, sondern die Länderinteressen in den Vordergrund stellen.

(Beifall bei der SPD)

Das ist unsere Aufgabe. Das machen wir als Sozialdemokraten, als konstruktive Opposition im Hessischen Landtag. Das machten Torsten Albig in Schleswig-Holstein, das macht übrigens Herr Kretschmann in Baden-Württemberg, das macht Frau Lieberknecht von der CDU in Thüringen,

und das macht, weniger konstruktiv, sondern chaotisch wie wir ihn kennen, Horst Seehofer in Bayern.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

Wir haben natürlich alle unsere Länderinteressen im Kopf, die wir umsetzen wollen. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wir müssen sicherstellen – wir als SPD haben uns auf den Teilkonsens des Hessischen Energiegipfels verständigt, auf 2 % der Landesfläche Windkraft auszubauen –, dass dies auch nach einer Novellierung des EEG weitestgehend möglich ist. Das ist unser Auftrag. Wir werden auf unseren Wegen dafür sorgen.

(Beifall des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Ich hoffe, dass Herr Al-Wazir das im Bundesrat genauso tut. Das ist seine Aufgabe. Wir brauchen Windkraft. Windkraft ist die preiswerteste Form der Energieerzeugung an Land. Je mehr dezentrale Energie wir hier produzieren, desto weniger große Leitungskapazität brauchen wir.

(Beifall bei der SPD)

Natürlich gibt es auch sehr viele Investoren, die in den letzten Jahren ausgiebig geplant haben. Sie haben Vogelschutzgutachten für den Rotmilan und den Schwarzstorch ausgearbeitet. Da Tiere auch Lebewesen sind, wie wir seit dieser Woche wissen,

(Beifall und Zurufe von der SPD: Aah!)

brauchten wir diese Gutachten auch als Voraussetzung. Das braucht seine Zeit. Deswegen brauchen wir Planungssicherheit, und deswegen müssen wir zum Thema Vertrauensschutz auch noch einmal intensiv über die Übergangsfristen reden. Ich glaube, darin sind wir uns einig. Ich bin guter Dinge, dass uns das gemeinsam in Berlin gelingen wird.

Wir müssen aber auch darüber reden, das kommt aus meiner Sicht etwas zu kurz, dass wir in der Solarwirtschaft, in Nordhessen, erhebliche Arbeitsplätze haben. Die Solarwirtschaft ist in den letzten Jahren unter Schwarz-Gelb heftig malträtiert worden. Aus meiner Sicht brauchen wir für einen solchen Zukunftsmarkt in der Energiewende Wind, aber auch Biomasse und natürlich auch Solarenergie. Deswegen brauchen wir für die Solarwirtschaft zukunftsfähige Konzepte.

Sie haben mit dem Eigenstromverbrauch die Möglichkeit, einen neuen Markt zu erschließen. Es wäre aus unserer Sicht wichtig, dass dieser Markt gerade auch für Gewerbeimmobilien erhalten bleibt, dass dort die stärkere Eigenstromnutzung gilt. Es entlastet nämlich die Netze, wenn Energie, die vor Ort erzeugt wird, auch vor Ort verbraucht wird. Insofern würde ich mir wünschen, dass sich diese Landesregierung für die 6.000 bis 7.000 Arbeitsplätze der Solarwirtschaft einsetzt. Wir werden das auch auf unseren Wegen tun.

Lassen Sie uns in den Ausschussberatungen in den nächsten Wochen intensiv und sachlich arbeiten. Dann bin ich sehr zuversichtlich, die eine oder andere Korrektur noch vornehmen zu können, damit die Energiewende vorankommt. – In diesem Sinne: danke.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Kollege Stephan, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wenn Sie von der Opposition die Koalitionsvereinbarung aufmerksam gelesen haben, dann finden Sie in den ersten beiden Fachkapiteln die Schwergewichte unserer nachhaltigen Politik: die Finanzpolitik und die Umwelt- und Energiepolitik.

Gerade in der Energiepolitik werden zurzeit die Weichen neu gestellt. Das Einspeisegesetz, das EEG, muss angepasst werden. Bundesminister Gabriel kommt nun aus seiner bisherigen Verhinderungsecke und legt einen Vorschlag vor, den die Berliner schwarz-rote Koalition in das Gesetzgebungsverfahren einbringen will. Bei diesen neuen Regelungen ist aber nicht allein der Bundestag, sondern auch der Bundesrat zu beteiligen.

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Dies bietet nun die einmalige Chance, wie bei dem legendären und sehr erfolgreichen Hessischen Energiegipfel von Volker Bouffier einen Konsens herzustellen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Legendär!)

Herr Schäfer-Gümbel, die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag sind klar. Dort gibt es eine klare Mehrheit für Schwarz-Rot. Im Bundesrat ist die Situation etwas unübersichtlicher. Dort sind Landesregierungen unterschiedlicher Farbenspiele vertreten. Das bietet ein wunderbares Modell für einen bundesweiten Energiegipfel.

Dabei gilt es, die hessischen Interessen einzubringen und durchzusetzen. Was wir in Hessen wollen, das steht auch in der Koalitionsvereinbarung, bezogen auf die Energiepolitik: Verdoppelung der regenerativen Stromerzeugung auf 25 % bis 2019. Wir wollen die nachhaltige Nutzung der Biomasse, den Ausbau der Wasserkraftanlagen, die grundlegende Überarbeitung des EEG-Gesetzes – auch das steht in der Koalitionsvereinbarung –, Energieeffizienz und Energieeinsparung, und wir wollen die Energiewende von und mit den Bürgerinnen und Bürgern und den Kommunen.

Das sei einfach einmal in den Raum gestellt, weil das die Zielsetzungen sind, an denen sich auch die Arbeit in Bezug auf das EEG-Gesetz orientieren muss. Aus dem Koalitionsvertrag leiten sich daher auch die Forderungen ab, die wir als Hessen dort einzubringen haben. Angesichts eines schwarzen Ministerpräsidenten und eines grünen Energieministers bin ich mir sicher, dass wir diese Forderungen auch erfolgreich durchsetzen werden.

Herr Gremmels, Sie haben eben einmal wieder über einen Teilkonsens beim Energiegipfel gesprochen, Sie sind nur mit den 2 % Vorrangflächen einverstanden. Es wäre schon richtig, wenn Sie den Gesamtkonsens des Energiegipfels, den wir damals gefunden haben, nicht immer wieder auseinanderdividieren würden. Bleiben Sie doch bitte bei dem, was Sie damals unterschrieben haben, auch wenn es ein Kompromiss war, der nicht bei jedem auf Gefallen gestoßen ist.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja, eben!)

Worauf kommt es nun an?

Erstens. Die vorgesehene Reduzierung der Einspeisevergütung darf nicht dazu führen, dass bei uns keine Windenergieanlagen mehr wirtschaftlich betrieben werden können. Das Referenzmodell muss entsprechend angepasst werden. Wir brauchen auch eine Sicherheit, dass wir die Regionalplanung Windenergie nicht neu aufsetzen müssen und dieser Wildwuchs nach § 35 nicht weiterhin in Hessen Platz greift. Es geht also nicht um drastische Anpassungen des Referenzmodells.

Wir haben als CDU und FDP einen Begleitantrag zum Landesentwicklungsplan eingebracht, in dem wir das Wirtschaftsministerium darum gebeten haben, zu untersuchen, ob Deponien oder Industriebrachen auch für Windenergieanlagen genutzt werden können, ähnlich wie bei der Solarwirtschaft. Vielleicht ist auch das ein Schritt, der uns in der Flächenbereitstellung für Windenergie weiterhelfen kann.

Zweitens. Wir brauchen Vertrauensschutz für die Investoren, darüber ist schon gesprochen worden. Es geht um die Frage des Datums einer gesetzlichen Änderung, es geht um die Frage der Absicherung von Vorinvestitionen. Ich will nicht mehr das wiederholen, was Frau Dorn schon vorgetragen hat. Für uns ist es wichtig, dass die Landwirte auch weiterhin Biomasseproduktion vornehmen und sich über diese regenerative Energiebeschaffung auch ein zweites Standbein schaffen können.

Beim Eigenstromprivileg sind auch wir für vorsichtige Anpassungen. Doch viele Unternehmen haben sich darauf eingestellt und investiert. Auch dort gilt der Vertrauensschutz.

Auch bei der besonderen Ausgleichsregelung warne ich davor, zu hart durchzugreifen. Wir dürfen keine Arbeitsplätze in Gefahr bringen. Wir müssen an unsere Unternehmen in Hessen denken, die auch weiterhin im internationalen Wettbewerb arbeiten.

Ich bin mir sicher, dass unsere neue Landesregierung unter dem Aspekt „Problem erkannt, Problem gebannt“ unsere hessischen Interessen in Berlin einbringen wird und diese Interessen auch erfolgreich durchsetzen wird, damit der nachhaltige Nachweis erbracht wird, dass Schwarz-Grün in Hessen nicht nur als Modell einer neuen Politik Aufmerksamkeit erregen wird,

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Schon Modell!)

sondern dass diese neue Koalition auch zu einem inhaltlichen Erfolgsmodell werden wird,

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

ganz gemäß der heutigen Aktuellen Stunde „Hessischen Energiegipfel nicht gefährden – Bundesminister Gabriel muss Pläne für das Erneuerbare-Energien-Gesetz anpassen“. – Herzlichen Dank, ich bin sicher, es wird uns gelingen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Janine Wissler (DIE LINKE): Doch Modell!)

Als Nächste spricht Frau Abg. Wissler, DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir begrüßen diese Aktuelle Stunde der GRÜNEN, weil die Große Koalition auf Bundesebene in der Tat gerade dabei ist, die Energiewende auszubremsen. Bundeswirtschaftsminister Gabriel hat in seiner Regierungserklärung letzte Woche ziemlich deutlich gemacht, welch großen Einfluss die Kohlelobby nach wie vor in der SPD hat – in der hessischen nicht ganz so, das will ich ausdrücklich hinzufügen –; denn mit seiner EEG-Reform möchte er bei der Energiewende auf die Bremse treten.

Ausgeschmückt hat er das mit drastischen Warnungen vor „drohender Deindustrialisierung“ und dem nahenden Ende der „wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit“. Man muss darauf hinweisen, dass es nicht einfach nur ein Vorschlag von Gabriel ist, sondern dass es sich um einen Kabinettsbeschluss handelt. Von daher ist die Kritik auch an die Adresse der CDU gerichtet, und es wäre notwendig, Ihre eigenen Vertreter in der Bundesregierung dafür zu kritisieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich halte die Rhetorik, die auch Sigmar Gabriel an den Tag gelegt hat, für falsch und unverantwortlich. Die Energiewende ist ein großes Konjunkturprogramm, das vor allem sehr viele Chancen für neue Arbeitsplätze und für eine gute wirtschaftliche Entwicklung bietet.

Der Windkraftausbau soll jetzt gedeckelt werden, die Förderungen sollen gekürzt werden. Ich sage, wir sind aber noch lange nicht so weit, als dass man bei den erneuerbaren Energien bremsen könnte. Der verbleibende Weg ist noch viel zu lang, und vor allem muss man immer wieder daran erinnern, dass die Atom- und die Kohleindustrie in diesem Land über Jahrzehnte hinweg mit Milliarden subventioniert wurden und jetzt ausgerechnet die günstige Windenergie an Land mit dem Kostenargument gebremst werden soll.

Während die große Koalition die Windenergieanlagen an Land deckeln will, sollen gleichzeitig die teuren Offshoreprojekte, also die Windenergiegewinnung im Meer, stärker gefördert werden. Das halte ich für eine vollkommen falsche Prioritätensetzung; denn Energiewende bedeutet doch nicht nur den Austausch des einen Energieträgers gegen den anderen, sondern wir müssen auch überlegen, wie wir auch zu einem Umbau der Energiewirtschaft kommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Da ist – es war auch Thema beim Energiegipfel – eine Dezentralisierung und Demokratisierung der Stromversorgung notwendig. Die Offshoreprojekte werden aber leider dazu führen, dass die bisherigen Marktstrukturen erhalten und gestärkt werden und dass vor allem die großen privaten Konzerne davon profitieren.

Windräder an Land hingegen lassen sich eben auch gut von Genossenschaften oder Kommunen betreiben. Solche Bürgerprojekte sind es doch, die mit Beteiligung der Menschen vor Ort, transparent durchgeführt, das beste Mittel gegen Bedenken und Widerstände gegen den Neubau von Windkraftanlagen sind, weil die Menschen merken, dass sie vor Ort mit von der Energiewende profitieren.

(Beifall bei der LINKEN)