Wenn man sich vor Augen führt, welches das einzige Verkehrsthema ist, das CDU, CSU und SPD im Bund auf die Beine gestellt haben, stellt man fest, dass dies die Ausländermaut ist. Dieses ganze Tamtam für einen Erlös von 500 Millionen € – da kann man sich schon fragen, was da los ist. Manche sagen sogar, es seien nur 100 Millionen €, wobei ich fest davon ausgehe, dass die Maut am Ende sogar noch von der EU-Kommission kassiert wird. Offensichtlicher kann man eine europarechtliche Diskriminierung gar nicht betreiben, als es die Stammtischpartei der CSU mit ihren Helfern von der SPD nun vorantreibt. Als Freier Demokrat sage ich Ihnen ganz klar: Die CSU hat beim Betreuungsgeld auch uns einige unsinnige Dinge abverhandelt, aber die Ausländermaut toppt das Ganze noch um Längen.
Was wollen denn die Freien Demokraten? Ich stelle einmal fest, dass der deutsche Autofahrer mehr als 50 Milliarden € im Jahr über verkehrsbezogene Abgaben an den Staat – darin sind die Kfz-Steuer, die Mineralölsteuer, die LkwMaut usw. enthalten – bezahlt. Der Bund gibt einen Etat von etwa 70 Milliarden € im Jahr für verkehrsbezogene Ausgaben aus. Zwei Drittel der Einnahmen versickern im allgemeinen Haushalt. Geld aus dem Verkehr ist genug im Haushalt. Es kommt nur nicht in der Infrastruktur an.
Die Bodewig-Kommission hat errechnet, dass man den Investitionsstau mit jährlich 7,2 Milliarden € zusätzlich in 15 Jahren auflösen könnte. Nach Adam Riese bedeutet das, dass wir es endlich einmal schaffen müssen, statt einem Drittel etwa die Hälfte der Einnahmen in die Infrastruktur zu investieren; dann würden wir den Investitionsstau relativ schnell auflösen können.
Mir ist klar, dass es ein schwieriges Unterfangen sein wird, von Finanzpolitikern mehr Geld zu bekommen. Herr Kaufmann hat schön darauf geachtet, dass er nach mir reden
kann. Es stellt sich die Frage, ob Herr Kaufmann nun eher Finanzpolitiker oder Verkehrspolitiker ist. Nun, man weiß es nicht so genau. Wir als FDP-Fraktion schlagen deshalb seit Langem vor, einen Fonds zu bilden, die Infrastrukturinvestitionen aus dem Bundeshaushalt herauszulösen und diesen dann wirklich nur für die Finanzierung von Infrastruktur zur Verfügung zu stellen.
Ich bin überzeugt, dass man in der derzeitigen Niedrigzinsphase auch private Investoren für einen solchen öffentlich verwalteten Fonds finden würde, die gerne Geld investieren würden. Meine Damen und Herren, wer das Lied der nutzerabhängigen Finanzierung singt, der muss sich darüber im Klaren sein, dass die Mineralölsteuer selbstverständlich schon längst eine nutzerabhängige Finanzierung ist.
Ich bin überzeugt, dass man die Probleme in der Infrastruktur auf Dauer nur lösen kann, wenn man den Haushaltspolitikern die Hoheit über die Einnahmen aus dem Verkehr entzieht und sie für die Infrastruktur einsetzt. Das wäre eine Aufgabe, hinter der sich alle Fraktionen versammeln könnten. Mir fehlt aber der Glaube daran. Ich hoffe, dass wir in dieser Diskussion weiterkommen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Lenders wird sich nun wundern, dass nicht der Kollege Kaufmann redet. Er hatte freundlicherweise nur den Zettel nach vorne gebracht – das nur zu Ihrer Aufklärung.
Mit der Rede des sonst sehr geschätzten Kollegen Frankenberger ist es nicht besser geworden. Herr Kollege SchäferGümbel hatte das Thema kurzzeitig zur Chefsache gemacht. Da hatten wir eigentlich die Hoffnung, dass Sie das Thema auch in Berlin zur Chefsache machen. Als ich mir dann die Inhalte angesehen habe, habe ich mir gedacht: Na ja, der Uwe hätte es besser gemacht.
Sie haben ein Sammelsurium von Forderungen an den Bund aufgezählt und einen Antrag mit der markigen Überschrift „Schwarz-Grün verschläft die Verkehrswende – marode Infrastruktur gefährdet Wirtschaftsstandort Hessen“ eingereicht. Wenn hier jemand etwas verschlafen hat, dann ist es die SPD: zum einen, dass jetzt Schwarz-Grün regiert und sich im Verkehrsbereich eine ganze Menge getan hat,
zum anderen aber auch, dass Sie in Berlin mitregieren und die meisten Dinge, die in Ihrem Antrag stehen, schon längst hätten von Ihnen im Bund auf den Weg gebracht oder unterstützt werden können.
Das Thema wurde ganz groß aufgezogen, auch vorher schon in der Presse. Es gab eine Pressekonferenz, ein Interview mit Herrn Schäfer-Gümbel, jede Menge Pressearbeit, die aber nach hinten losgegangen ist. Wenn ich mir den Artikel in der „FAZ“ ansehe, dann lese ich, Herr SchäferGümbel redet immer noch vom „staufreien Hessen“. Herr Frankenberger hat immerhin gemerkt, dass das „staufreie Hessen“ jetzt „mobiles Hessen“ heißt.
Ich bin ja noch nicht fertig, das hätte ich jetzt auch noch angeführt. – Die Menschen im Land fühlen sich von Ihnen, von der SPD, veräppelt, weil sie genau wissen, wer für was zuständig ist. Das „mobile Hessen“ ist mehr als: aus „Raider“ wird jetzt „Twix“. – Es gibt einen Unterschied zwischen einer reinen Infrastrukturpolitik, wie Sie sie hier beschreiben, und unserer Infrastrukturpolitik. Unter dem Strich heißt Ihr Antrag nichts anderes als: mehr Geld für den Straßenbau. – Zu einer zukunftsfähigen Mobilitätspolitik gehört, sich den geänderten Bedarfen der Menschen anzupassen. Genau das tun wir.
Wir leugnen natürlich nicht den Investitionsstau in der Straßen-, Schienen-, Radwege- und Brückeninfrastruktur. Man muss aber auch sagen, woher dieser Investitionsstau kommt. Jahrzehntelang wurde immer auf Neubau gesetzt, neu gebaut und der Erhalt vernachlässigt. Deswegen haben wir die Situation, die wir jetzt haben. Schwarz-Grün hat ganz klar gesagt: Wir setzen die Priorität auf Erhalt statt Neubau. Dafür nehmen wir jede Menge Geld in die Hand, damit jeder, der will, auch noch auf diesen Straßen fahren kann.
Wir beseitigen natürlich auch die Engpässe. Den Menschen heutzutage ist es wichtiger, dass sie von A nach B kommen. Ob das mit dem eigenen Auto, dem Carsharingauto, Bussen und Bahnen, mit dem Fahrrad oder zu Fuß oder mit der Verknüpfung der unterschiedlichen Verkehrsmittel passiert, ist zweitrangig. Genau dafür schaffen wir die Rahmenbedingungen.
Dabei gibt es sicherlich einen Unterschied, ob wir vom Ballungsraum oder vom ländlichen Raum reden, und auch von welcher Generation wir reden. Bei den Jugendlichen hat sich eine ganze Menge geändert. Wir tun für alle Generationen etwas. Wir investieren in die Themen Verkehrssicherheit, Barrierefreiheit, betriebliches Mobilitätsmanagement. Wir unterstützen Carsharing. Die AG Nahmobilität ist in der Gründung. Nur weil Sie von den Dingen nichts hören, heißt es noch lange nicht, dass nichts passiert. Auch das Schülerticket wird angegangen, ebenso das Thema ländlicher Raum.
Herr Frankenberger weiß es selbst, in Nordhessen gibt es das Projekt „Mobilfalt“ und im Odenwald das Projekt „Garantiert mobil“. Diese beiden Projekte werden zusammengeführt, weiter finanziert, und dann muss ausgewertet werden, ob das funktioniert oder ob man sich andere Dinge überlegen muss. Auch das Thema Bürgerbus gehen wir an. Wir schreien nicht nur einfach nach mehr Geld für Straßenbau wie Sie.
Aber auch für den Erhalt des Straßenbaus stehen mehr Mittel zur Verfügung als je zuvor. Letztes Jahr waren 100 Millionen € im Haushalt, davon unterlagen 20 % der Haushaltssperre. Dieses Mal stehen 90 Millionen € im Haushalt ohne Haushaltssperre. Zudem sind 40 Millionen € für Planungskosten bereitgestellt, damit die 730 Millionen €, die der Bund uns zur Verfügung stellt, auch geplant werden können.
Auch hier vermissen wir das Engagement der SPD auf Bundesebene. Der Bund refinanziert 3 % als Planungskosten. Im Schnitt sind es aber 15 bis 20 % Planungskosten, die von dem Geld verbraucht werden. Bei den Brückenbauwerken sind es in der Regel 19 %, weil es ganz komplizierte Bauwerke sind, bei denen hohe Planungskosten entstehen.
Auch bei den Schieneninfrastrukturprojekten erwähnen Sie nur Korbach – Frankenberg. Auch das zeugt davon, dass Sie ansonsten nichts wahrnehmen. Sie können nicht erwarten, wenn ein grüner Verkehrsminister antritt, dass er den Zauberstab in die Hand nimmt und alle Schieneninfrastrukturprojekte, die brachliegen, gebaut sind. Immerhin ist die Nordmainische S-Bahn planfestgestellt. Das Land ist in die Planungsgesellschaft der Regionaltangente West eingestiegen, um den Prozess voranzubringen. Auch die großen Fernverkehrsprojekte, Hanau – Würzburg/Fulda, Frankfurt – Mannheim, Ausbau des Knotens Frankfurt, sind in der Bearbeitung. Es gibt einen Dialogprozess. Anscheinend ist das alles bei Ihnen noch nicht angekommen.
Auch die anderen Themen, die Bundesthemen, die Sie ansprechen, lassen mich fragen: Was tun Sie eigentlich im Bund? – Die Ausweitung der Lkw-Maut ist im Bund vorangetrieben, die hätten Sie auch noch mehr vorantreiben können. Vor allen Dingen hätten wir uns gewünscht, dass Sie bei dem Gutachten über die Wegekosten ein bisschen interveniert hätten und auch Dinge mit hätten einfließen lassen, die die Kosten erhöhen und nicht senken. Die LkwMaut ist jetzt gesenkt worden. Es wird ausgeweitet bis 2018. Mit anderen Bewertungskriterien hätte man jetzt sofort schon mehr Geld einnehmen können.
Herr Schäfer-Gümbel, ich empfehle Ihnen, einmal Toll Collect in Berlin zu besuchen. Dort wird Ihnen mit Sicherheit erklärt, dass man keine Mautbrücken mehr braucht, so wie Sie es in dem „FAZ“-Interview sagen. Sie brauchen nicht überall Mautbrücken aufzustellen, und Sie brauchen auch kein neues Kästchen zu suchen. Mit dem OBU-System kann bei jeder Streckenausweitung ganz einfach das Geld abgerechnet werden. Darüber brauchen Sie sich keine
Dann zum Thema Regionalisierungsmittel. Das ist wirklich eine Frechheit. Im Gegensatz zur SPD auf Landesebene oder auch auf Bundesebene setzen wir GRÜNE und auch die Landesregierung uns seit über zwei Jahren dafür ein, dass die Regionalisierungsmittel erhöht werden und der Bund seiner grundgesetzlichen Verpflichtung nachkommt. Wir haben das Thema zum Setzpunkt gemacht. Wir haben zu dem Thema länderübergreifende Pressearbeit mit den Kolleginnen und Kollegen Verkehrspolitikern der anderen Länder.
Verkehrsminister Al-Wazir hat sich bei der Verkehrsministerkonferenz dafür eingesetzt, dass es einen Verteilungsschlüssel gibt, der von allen akzeptiert wird. Ministerpräsident Bouffier hat in der letzten Bundesratssitzung dafür gekämpft, dass der Antrag der Bundesregierung abgelehnt wird, der vorsah, die Regionalisierungsmittel lediglich um ein Jahr zu verlängern und um 1,5 % zu erhöhen. Ihre Stimme ist aber überhaupt nicht vernehmbar. Das Einzige, was von Ihnen kommt, ist, dass auf einem Mobilitätskongress eine SPD-Bundestagsabgeordnete sagt: Wenden Sie sich bei dem Thema doch an die CDU-Kollegen. – Das, finde ich, ist ein bisschen einfach.
Noch einmal zum Thema der eigenen Landesmittel. Das ist eine grundgesetzliche Verpflichtung des Bundes. Eigentlich refinanzieren wir hier für den Bund, zurück über die Stations- und Trassenpreise, weil knapp 40 % des Geldes Stations- und Trassenpreise sind, die wieder zurück an die Bahn fließen, die Bahn wiederum führt ab an den Bund.
Als die Reform damals eingeführt wurde, ist festgelegt worden, dass der Bund den Ländern das Geld in ausreichender Menge zur Verfügung stellt. Wenn wir prüfen, ob wir Landesmittel einsetzen, dann prüfen wir, was wir zusätzlich machen können. Aber das, was mit Gutachten festgestellt ist, muss der Bund finanzieren – und da erwarte ich von Ihrer Seite mehr Druck als bisher.
Ich fasse Ihre Forderungen einmal zusammen. Es ist ein Sammelsurium von Forderungen, die einem gerade eingefallen sind, die aber den Bund betreffen. Unterm Strich bleibt der Ruf nach mehr Straßenbaumitteln übrig, weil Sie glauben, damit Schwarz-Grün vorführen zu können. Das aber funktioniert nicht. Wenn Sie ernsthaft an einer guten Verkehrspolitik interessiert wären, die ihren Namen verdient, hätten Sie sich im Bund längst mehr engagiert. – Vielen Dank.