Die SPD fordert in ihrem Programm Lärmpausen, und wenn ein grüner Minister sie umsetzt, ist sie auf einmal dagegen.
Die SPD fordert in ihrem Programm weitere Entlastungsmöglichkeiten bei Fluglärm. Ich habe im September ausdrücklich alle eingeladen,
Ich habe viele, viele Vorschläge von vielen unterschiedlichen Akteuren bekommen – aus der Region, von den Kommunen, vom Forum Flughafen und Region, vom Umwelt- und Nachbarschaftshaus, aus der Fluglärmkommission, aus der Luftverkehrswirtschaft. Die Einzigen, die keinen einzigen Vorschlag gemacht haben, das war die hessische SPD, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist peinlich. Das ist wirklich peinlich.
Deswegen war es mir bei der Entscheidung für das Lärmpausenmodell, das wir jetzt in die Erprobung geben wollen, wichtig, dass es eben keine einsame Entscheidung der Landesregierung gibt, sondern dass wir im Dialog mit der Region und den Betroffenen die beste Lösung finden.
Insbesondere in der gemeinsamen Arbeitsgruppe von Fluglärmkommission und Forum Flughafen und Region wurde erheblicher Aufwand bei der Bewertung der Modelle betrieben.
Ich will ausdrücklich sagen, dass die Zahlen der Fluglärmkommission – das sind nicht unsere Zahlen – eindeutig zeigen, durch eine intelligente Nutzung der Bahnen am Frankfurter Flughafen ist es möglich, die Anwohnerinnen und Anwohner spürbar zu entlasten. Wir haben unterm Strich im Saldo 40.000 zusätzlich Entlastete – und jetzt frage ich Sie: Soll man das jetzt probieren, oder soll man das nicht probieren, meine sehr verehrten Damen und Herren?
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Probieren Sie es! Das ist unstrittig! Nur ist es zu wenig, gemessen an dem, was vorher versprochen wurde!)
Es ist auch klar, dass wir natürlich auch Mehrbelastungen am Abend haben. Aber am Beispiel Neu-Isenburg kann
man zeigen, dass es im Gegenzug genau dort auch Entlastungen gibt, im Nahbereich von hoch Betroffenen am Morgen. Wenn Sie einmal lesen, was beispielsweise der langjährige Bürgermeister der Stadt Neu-Isenburg und jetzige Landrat, Herr Quilling, dazu gesagt hat: Dieser sieht NeuIsenburg im Saldo als Gewinner des Modells. Insofern wäre es auch Ihnen angeraten, sich einmal ein bisschen mit der Sache zu beschäftigen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Die Fluglärmkommission hat in ihrem Beschluss einiges angeführt – da haben Sie wohlweislich ein paar Sachen nicht zitiert –, was ich hier zitieren möchte. Das ist der Beschluss der Fluglärmkommission, das ist die Position der Region:
Insbesondere ist der Kommission daran gelegen, den Nachtschlaf deutlich besser als heute schützen zu können. Die Idee einer siebenstündigen Lärmpause liefert hierzu einen Beitrag. …
Die Kommission begrüßt ausdrücklich die Initiative des HMWEVL bei dem Versuch, den durch Fluglärm belasteten Menschen in der Region während des Nachtzeitraumes zu mehr Ruhe verhelfen zu wollen. …
Es wird von der Kommission daher gewürdigt, dass sich das HMWEVL mit seinem Vorschlag zur Realisierung von Lärmpausen nunmehr eigenständig einbringt und engagiert an der Ausgestaltung aktiver Schallschutzmaßnahmen beteiligt.
Die AG „Lärmpausen“ hat über die vielfältigen Methoden zur Berechnung der Lärmwirkungen der einzelnen Modelle feststellen können, dass sich bei Modell 4 im sogenannten Westbetrieb … eine Situation ergibt, in der die Anzahl derjenigen, die eine Lärmpause erhalten, deutlich größer ist als die Zahl der Fluglärmbetroffenen, deren Lärmpausenzeiten eingeschränkt werden.
Ich betone, dass wir ausdrücklich weiter an der Reduzierung von Fluglärm arbeiten werden. Sie fordern den Dialog mit der Region – wir führen ihn. Sie fordern Entlastungen – wir arbeiten daran.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Güm- bel (SPD))
Deswegen noch ein letzter Punkt. Auch im Ostbetrieb werden wir weiter Entlastungsmöglichkeiten erarbeiten und umsetzen, das ist mein fester Wille. Ich lade alle dazu ein, sich konstruktiv an dieser Debatte zu beteiligen, im Sinne der Entlastung der Bürgerinnen und Bürger von Fluglärm.
Ich bin mir sicher, dass die Erkenntnisse aus dem Probebetrieb im Westbetrieb hilfreich dabei sein werden. Ich be
danke mich bei allen Beteiligten, die hier konstruktiv mitgewirkt haben. Ich bin ausdrücklich dafür, dass die Lärmpausen jetzt in den Probebetrieb gehen, dass wir lernen und versuchen, auch zu optimieren, aber am Ende Entlastungen im Sinne der Bürgerinnen und Bürger hinbekommen, die sich mit realen Schritten beschäftigen, und nicht mit irgendwelchen Forderungen, bei denen man selbst überhaupt nichts beizutragen hat.
Ich betone ausdrücklich, dass die Lärmpausen ein wichtiger Zwischenschritt sind. Sie sind ein großer Erfolg. Sie sind nicht das Ende unserer Bemühungen, sondern ein wichtiger Baustein, und weitere werden folgen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit kommen wir zur Abstimmung über den Dringlichen Antrag der Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 19/1562. – Bitte sehr.
Also, Einvernehmen, es in den Ausschuss zu geben. – Dann sind wir uns einig darüber und machen es so.
Bevor ich den nächsten Punkt aufrufe, möchte ich für das Protokoll festhalten, dass der Kollege Irmer für die Teilnahme an der Sitzung entschuldigt ist.
Da gibts gar nichts zu lachen, meine Damen und Herren. Das ist eine Feststellung für das Protokoll. Wer lacht, hat nicht immer recht.
Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend eine Aktuelle Stunde (Irmer gibt Ämter ab, bleibt aber in der CDU-Fraktion: Hessen-CDU muss sich endlich klar von rechtsaußen abgrenzen) – Drucks. 19/1545 –
Dazu werden die beiden Dringlichen Entschließungsanträge zur Entscheidung aufgerufen. – Es beginnt Frau Kollegin Wissler, DIE LINKE. Bitte sehr.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Immer wieder müssen wir uns hier mit den fremdenfeindlichen und homophoben Äußerungen des Abg. Irmer beschäftigen. Aber es darf einfach nicht unwidersprochen bleiben, wenn ein Mitglied des Landtags immer wieder derartige Ressentiments schürt.
Dass Herr Irmer nun über das von ihm herausgegebene Hetzblatt „Wetzlar Kurier“ gestolpert und als stellvertretender Fraktionsvorsitzender und bildungspolitischer Sprecher zurückgetreten ist, ist erfreulich, vor allem aber ist es lange überfällig.
Die hessische CDU und ihr Landesvorsitzender, Ministerpräsident Volker Bouffier, haben viel zu lange ihre schützende Hand über Hans-Jürgen Irmer gehalten.
In seinem Hetzblatt „Wetzlar Kurier“, das an über 100.000 Haushalte in der Region verteilt wird, werden in jeder Ausgabe rassistische und muslimfeindliche Stimmungen geschürt, Homosexuelle diffamiert und christlich-fundamentalistische Propaganda verbreitet.
Ich will nur einmal ein paar Überschriften aus den letzten Jahren zitieren, nur um zu zeigen, was die hessische CDU hier jahrelang toleriert hat. Im „Wetzlar Kurier“ war zu lesen: „Islamischer Religionsunterricht ist das Einfallstor für die Fundamentalisten“, „Für Europa – gegen Eurabien“, „Die schleichende Islamisierung Deutschlands und Europas ist in vollem Gange“, „Siegeszug des Islam geht über die Kreißsäle“, „Neues aus der islamistischen Welt – ‚Die Moscheen sind unsere Kasernen‘“ und „Islamisten erheben Weltherrschaftsanspruch“.
Dem Berliner Senat wurde unterstellt, ihm fehle der Wille, das „Zigeunerproblem … zu lösen“. Homosexualität wird diffamiert: Die „freie Wählbarkeit der sexuellen Orientierung“ sei ein „Familien zerstörendes Zeitgeistprogramm“, und unter der Überschrift „Deutschland treibt sich ab“ war zu lesen, dass der Mutterleib derzeit der grausamste Ort auf der Welt sei, gefährlicher als Afghanistan.
Wohlgemerkt: Wir reden hier nicht von einer NPD-Publikation, wir reden von einer Parteizeitung der CDU.
In der aktuellen Ausgabe – und das hat sogar die HessenCDU verärgert – finden sich ein übler Leitartikel von Irmer gegen den Islam und eine Anzeige des Vereins Die Deutschen Konservativen.
Deren Vereinsvorsitzender wurde wegen Volksverhetzung und Aufstachelung zum Rassenhass verurteilt. Er huldigt der Wehrmacht und der Waffen-SS, er bezeichnete den ehemaligen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden als „überaus unsympathischen Berufsjuden“. Zum Tod von Rudolf Heß hat der Verein Traueranzeigen geschaltet und Heß-Gedenkmedaillen vertrieben. Die Gäste bei Themenabenden des Vereins sind unter anderem der HolocaustLeugner Horst Mahler und der ehemalige NPD-Kandidat für das Bundespräsidentenamt Frank Rennicke.