Wir wollen, dass es für die Konsumentinnen und Konsumenten eine Chancengleichheit gibt. Wir wollen, dass nicht nur Akademikerinnen und Akademiker auf diese transparenten Verbraucherregeln zurückgreifen können, sondern dass alle Konsumentinnen und Konsumenten gut informiert sind, um sich auf Augenhöhe mit den Unternehmen auf dem Markt bewegen zu können. Daher ist es gut, dass das Netzwerk mit den sechs neuen Verbraucherstützpunkten im ländlichen Raum jetzt noch verstärkt wird. Es ist gut, dass es neue niedrigschwellige Angebote geben wird.
Die Verbraucherberatungen sollen nicht nur, wie es bisher möglich war, über das Telefon erfolgen; man konnte ja Telefontermine ausmachen. Jetzt wird es auf eine E-Mail-Beratung ausgeweitet, die genauso gut und qualitätsvoll sein wird. Ganz neu ist, die Ratsuchenden sollen nun von der Verbraucherberatung aufgesucht werden können. Das heißt, die Verbraucherberatung kann und soll beispielsweise in Kitas, in Schulen, in Seniorenheimen oder in Bibliotheken stattfinden, eben dort, wo sich Partner anbieten. Ich glaube, das ist wirklich ein Paradigmenwechsel für die Verbraucherberatung in Hessen.
Das heißt, die Beratung kommt zur Verbraucherin oder zum Verbraucher, und der Verbraucher muss nicht mehr unbedingt zur Beratung gehen. Ich denke, das ist eine zukunftsweisende Politik, die die Konsumentinnen und Konsumenten stärkt.
Was auch neu ist und mit dem Geld, das jetzt fließen wird, neu aufgebaut und neu konzeptioniert werden kann, ist die Rechtsabteilung der Verbraucherzentrale Hessen. Diese wird neu aufgestellt. Erfreulich ist, dass die Verbraucherzentrale Hessen mit der finanziellen Aufstockung neue Aufgaben angehen kann. Sie will ihre Rechtsabteilung mit der stärkeren institutionellen Förderung neu aufstellen, damit Rechtsverstöße im Geschäftsleben noch besser geahndet werden können, damit sie den Markt überprüfen und die Marktwächterfunktion auch wirklich übernehmen kann; denn es kann nicht angehen, dass es noch immer zu solchen Dingen wie unerlaubter Telefonwerbung kommt, dass Firmen noch immer beispielsweise die Namen von Seniorinnen und Senioren heraussuchen, um dort gezielt
anzurufen und den Leuten irgendetwas zu verkaufen. Für so etwas ist die Verbraucherberatung immens wichtig.
Die hessischen Verbraucherverbände – Sie haben es vielleicht mitverfolgt – haben diese Neukonzeption von Ministerin Hinz begrüßt. Sie sehen darin eine gute Basis für die Verbesserung der Verbraucherarbeit in Hessen.
Meine Damen und Herren, ich möchte noch einen letzten Punkt anfügen. Wir alle müssen uns darüber bewusst werden, dass unser Konsum, unsere Kaufentscheidung, auch Auswirkungen auf die Umwelt, auf das Klima hat. Deshalb wollen wir, dass Konsum möglichst nachhaltig stattfindet – mehr Qualität, mehr Rücksicht auf nachhaltige Produktionsweisen. Geiz ist nicht „geil“, sondern kann auch schlimme Folgen haben. Das wissen wir. Wir wollen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher auch darüber aufgeklärt werden, unter welchen Bedingungen Produkte hergestellt wurden, wo es beispielsweise faire Produkte gibt, wo es beispielsweise Kleidungsstücke gibt, die fair hergestellt worden sind, denn wir erinnern uns noch alle an das schreckliche Unglück, den Einsturz des Rana Plaza in Bangladesch, und dessen Ursachen. So etwas soll nicht mehr vorkommen, und so etwas kann man mit einer Kaufentscheidung vermeiden. Wenn endlich Transparenz hergestellt wird, wenn klar ist, wo die Textilien herkommen, kann vermieden werden, dass man Produkte aus solchen Verhältnissen wie Kinderarbeit kauft.
Verbraucher haben also eine Verantwortung; das ist es, was ich damit sagen wollte. Deshalb ist es gut und richtig, dass die Verbraucherberatung auch hierüber informiert. Dies begrüßen wir ausdrücklich. Wir finden es gut, dass die Verbraucherzentralen in Hessen mit der Neukonzeptionierung von Frau Hinz gestärkt werden, weil das Leben, wie ich anfangs sagte, immer komplizierter wird. Die Verbraucherberatung in Hessen wird, denke ich, mit dazu beitragen können, dass ein bisschen Licht in diesen Dschungel gebracht wird.
Frau Präsidentin, ich komme zum Ende. – Wir jedenfalls freuen uns auf die Umsetzung des Konzepts in Hessen, so wie sich auch die Verbraucherberatung in Hessen darüber freut. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Vielen Dank, Frau Kollegin Feldmayer. – Als nächste Rednerin spricht Frau Kollegin Löber von der SPD-Fraktion. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich war mehr als überrascht: ein Entschließungsantrag oder eine Grundsatzdebatte zum Verbraucherschutz, ohne die Landesregierung direkt aufzufordern, konkret tätig zu werden, und dies von beiden Regierungsfraktionen. Was hat die schwarze Landesregierung in den letzten 15 Jahren für den Verbraucherschutz getan?
Wenn der Entschließungsantrag nur von den GRÜNEN gekommen wäre, hätte ich gesagt: Okay, Frau Ministerin Hinz bemüht sich wirklich, auf unterschiedlichen Wegen etwas für die Verbraucher zu bewegen. – Aber, nein, der Antrag ist von beiden Regierungsfraktionen, wobei mir natürlich bekannt ist, dass Anträge nur gemeinsam von den Regierungsfraktionen unterzeichnet werden. Wie absurd dies erscheint, das haben wir die letzten Tage wieder erlebt. Werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, nach dem, wie ich Sie bisher im Bereich des Verbraucherschutzes erlebt habe, stelle ich fest: Dieser Antrag passt doch gar nicht zu Ihnen.
Auf den ersten Blick erfreut der Inhalt des Antrags, und der gesamte Inhalt scheint es wert zu sein, ihn positiv zu unterstützen. Beim genaueren Hinsehen erkennt man jedoch das immer gleiche Muster der Lobesanträge der schwarz-grünen Landesregierung.
Wofür lobt sich jetzt die schwarz-grüne Regierung: für etwas, was noch kommen soll, für etwas, was die schwarze Regierung über viele Jahre alles andere als gefördert hat, für etwas, was erreicht wurde, oder für etwas, was erreicht werden soll?
Es gibt einen Berichtsantrag der GRÜNEN aus dem Jahr 2003 mit Angaben zu Sparmaßnahmen im Verbraucherschutz.
Kürzungen im Verbraucherschutz in Höhe von 357.000 €, Wegfall der Schuldnerberatung, um nur zwei Punkte aufzuführen. Ab dem Jahr 2003 sind pro Jahr mindestens 357.000 € für den Verbraucherschutz weggefallen. Das macht in zwölf Jahren 4,284 Millionen €. Das ist schon eine Hausnummer.
Hinzu kommt noch der Wegfall der Schuldnerberatung, der sich nicht so einfach in Euro beziffern lässt. Dazu wurden in den letzten Jahren auch wieder leichte Verbesserungen vorgenommen.
Die Verbraucherzentrale begrüßt zwar den Schritt der Budgeterhöhung, auch wenn dieser an Bedingungen geknüpft ist, wie etwa die juristische Beratung auszubauen. Das kann für den Verbraucher nur gut sein. Ist es dies aber, oder wird es uns, wie so oft, nur schön verpackt und verkauft, und nach dem Öffnen der schönen bunten Verpackung erscheint wieder nur der kleine Inhalt? – Fakt ist, dass die schwarze Regierung über viele Jahre hinweg erst einmal Geld genommen hat. Es wurde nicht nur, aber auch im Bereich – –
Die schwarze Regierung hat erst einmal Geld genommen. Es wurde nicht nur, aber auch im Bereich des Verbraucherschutzes massiv gekürzt – „Operation sichere Zukunft“. Oder hieß sie „schwarze Zukunft“? Nun gibt die schwarze Regierung von diesem Geld wieder ein wenig zurück.
Sich dafür zu loben, kommt mir sehr bekannt vor. Es gab auch vor Kurzem eine Lobesregierungserklärung für den Entzug von über 1 Milliarde € bei den Kommunen. Nun erhalten sie wieder ein paar Millionen Euro pro Jahr zurück. Für mich ist dies keine verantwortungsvolle Politik.
Wäre das Geld für die Verbraucherberatung nie gestrichen und stattdessen jedes Jahr erhöht worden, das wäre ein toller Ausbau des Verbraucherschutzes gewesen. Nun wird wieder so getan, als ob. Wir sind noch lange nicht dort, wo wir im Verbraucherschutz sein sollten. Etwas Geld für Verbraucherzentralen, ein guter Verbraucherschutz ist viel mehr.
Wieder zieht sich die Politik aus der Verantwortung. Die Verbraucherzentralen sollen es richten, inklusive juristischer Beratung. Die Mittel sind für die Verbraucherzentralen auch nicht ausreichend. Der Wirtschaftsplan 2015 der Verbraucherzentrale Hessen weist nach wie vor eine Deckungslücke in Höhe von über 100.000 € auf. Damit ist eine Entnahme aus der Rücklage verbunden. Die Entnahme aus der Rücklage ist zwar geringer als in den Vorjahren, aber von einer wirklichen Förderung der Verbraucherberatung deutlich entfernt. – Liebe Frau Ministerin Hinz, ich bin mir absolut sicher, wenn man Sie lassen würde, könnten Sie das besser.
Hessen liegt bei der Beratung der Verbraucher weiterhin höchstens im Mittelfeld der Länder. Das kann nur der Politik angelastet werden und nicht den Verbraucherzentralen. Was ist nun ein guter Verbraucherschutz? – Ein guter Verbraucherschutz bedeutet 1 € pro Kopf pro Jahr. Hiervon sind wir in Hessen immer noch weit entfernt. Die Einwohnerzahl in Hessen liegt bei rund sechs Millionen Einwohnern. Sowie Sie das Ziel von 6 Millionen € für den Verbraucherschutz erreichen, werden wir sofort in derartige Lobeshymnen mit einsteigen.
Verbraucherberatung findet jedoch nicht nur bei der Verbraucherzentrale Hessen und dem Netzwerk Haushalt in Hessen statt. Verbraucherberatung gibt es auch auf den Ebenen der Kommunen, Landkreise und Regierungspräsidien. Wie wirken sich hier die Sparmaßnahmen und Stellenstreichungen aus? Auch Energiekostenberatung ist ein Beispiel von vielen für Verbraucherberatung auf diesen Ebenen.
„Konsumenten sollen auf Augenhöhe mit den Unternehmen agieren können“ – wow, habe ich da gedacht. Die Po
litik sollte erst einmal die gesetzlichen Grundlagen für Verbraucherschutz schaffen. Ohne dies wird es kein „auf Augenhöhe“ geben. Wie oft sind Verbraucher gerade finanzkräftigen Unternehmen unterlegen in jeglicher Form der juristischen Auseinandersetzung?
Ein wenig Ausbau der juristischen Beratung – was soll das bringen bei Prozessen in Millionenhöhe? Kollektiver Verbraucherschutz durch Ausbau der juristischen Beratung bei den Verbraucherzentralen – gerade hier ist doch die Politik gefordert. Aber auch nicht neu bei der schwarz-grünen Regierung ist das Abdrücken der Verantwortlichkeiten.
Kollektiver Schutz der Verbraucher – dafür sollte die Politik, also wir hier, die wir alle hier sitzen, zuständig sein, nicht die Verbraucherzentralen.
Aufgeführt wird in dem Antrag auch noch die zunehmende Problematik von Abmahnungen. Das ist auch kein neues Thema. Ich verweise auf meine mündliche Frage zum Antiabzockegesetz und die ausführliche Antwort der Ministerin hierzu.
Wie sieht es aus mit einer Taskforce Lebensmittelsicherheit, Verbraucherschutz in der Verfassung, mit einem Verbraucherschutzbeirat, Insolvenzberatung und, und, und? Viele, viele offene Fragen und Punkte.
Verbraucherschutz im Internet – ich bin gespannt, ob wir in diesem Jahr eine Antwort auf die Große Anfrage hierzu erhalten werden. Auf die Diskussion im Plenum freue ich mich schon jetzt.