Protocol of the Session on December 18, 2014

Der Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen der CDU, der GRÜNEN und der FDP gegen die Stimmen der SPD und der LINKEN, den Gesetzentwurf in dritter Lesung abzulehnen.

Herr Präsident, nunmehr komme ich zu der Beschlussempfehlung und dem Zweiten Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Hessisches Vergabe- und Tariftreuegesetz. Es handelt sich hier um Drucks. 19/1102 zu Drucks. 19/401. Hierzu gibt es einen Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Das ist Drucks. 19/1165. Die Beschlussempfehlung lautet:

Der Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen der CDU und der GRÜNEN gegen die Stimmen der SPD, LINKEN und FDP, den Gesetzentwurf in der Fassung der zweiten Lesung und unter Berücksichtigung des Änderungsantrags Drucks. 19/1165 – und damit in der aus der Anlage der Drucks. 19/1203 ersichtlichen Fassung – in dritter Lesung anzunehmen.

Herr Präsident, vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordneter, herzlichen Dank. – Ich eröffne die Aussprache und erteile Frau Abg. Barth für die Fraktion der SPD das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Heute beraten wir abschließend den Entwurf des Tariftreuegesetzes für die öffentliche Auftragsvergabe. Wir hätten die dritte Lesung nicht gebraucht. Denn es deutete sich leider schon in der zweiten Lesung an, dass sich die Koalition weigert, die elementaren Schwachpunkte des Gesetzentwurfs zu ändern und ihn zu verbessern.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Sie weigern sich weiterhin, an den Kontrollmechanismen nachzuarbeiten, obwohl es einem gerade in den letzten Monaten ins Auge gesprungen ist, dass es für alle, die es möchten, möglich ist, das Gesetz zu umgehen. Sie haben es doch miterlebt, wie im Frühjahr 2014 bulgarische Wanderarbeiter im Frankfurter Europaviertel in den Ausstand gingen. Sie mussten klauen, da sie über Wochen keinen Lohn gesehen hatten.

Am Tag der Anhörung zu den Gesetzentwürfen im Mai 2014 geschah etwas keine 5 km von hier entfernt im Wiesbadener Künstlerviertel auf einer Baustelle der Nassauischen Heimstätte. Das war also eine Baustelle der öffentlichen Hand. Auch hier lag der Lohn bei etwa 1 bis 2 € pro Stunde.

Dann möchte ich noch die Rumänen von der Baustelle in Frankfurt nennen, die im Juni 2014 zu uns in den Landtag

kamen. Sie waren im Hungerstreik, da sie von dem Subsubsubunternehmer, der sie beschäftigte, kaum Lohn sahen. Das sind wirklich nur die dicken Fische, die den Gewerkschaften ins Netz gegangen sind.

Aufgedeckt wurden diese Skandale von den Gewerkschaften, nicht etwa von staatlichen Stellen. Deshalb gab es von uns im Sommer 2014 den Änderungsantrag für eine verstärkte Unterstützung der Beratungsstelle „Faire Mobilität“, die gerade den Wanderarbeitern wirkungsvolle Unterstützung bietet.

Herr Wagner von den GRÜNEN, vorgestern haben Sie gesagt, dass Sie sich uns nun doch noch mit einem Änderungsantrag zum Haushalt anschließen. Da sage ich nur: Endlich, darauf mussten wir lange warten. Wir hatten das schon im Sommer gefordert.

(Beifall bei der SPD)

Was mit dem Arbeitnehmerentsendegesetz passiert, wird auch mit unserem Tariftreuegesetz passieren. Warum also ziehen Sie aus all diesen Situationen keine Schlüsse?

Wenn Sie bessere Vorschläge als die von der SPD geforderte Prüfbehörde haben, dann sind wir gerne bereit, uns diese anzuhören. Aber alles beim Alten zu belassen, ist ein gravierender Fehler.

(Beifall bei der SPD)

Auch die fehlende Generalunternehmerhaftung ist eine Einladung zum Missbrauch, ein Schlupfloch, das viele nutzen werden. Das erleben wir schon jetzt durch die EUOsterweiterung.

An einem Punkt aber haben Sie nachgearbeitet. Bei Ihnen gilt nun auch die Tariftreue schon ab dem ersten Euro und nicht erst ab einem Wert von 10.000 €. Geändert wurde das, nachdem wir Ihnen das in Ihrem Gesetzentwurf vorgelesen haben.

(Zuruf von der CDU)

Sie dürfen das ruhig glauben, das ist so. Sie können das nachlesen.

Allerdings sind Sie auch hier gleich wieder zurückgerudert und haben bei einem Wert von unter 10.000 € auf die Nachweispflicht verzichtet.

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Damit basieren 80 % aller öffentlichen Aufträge – denn so viele sind das mit einem Wert unter 10.000 € – auf dem Prinzip Hoffnung.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Sie hoffen also, dass die Betriebe nach Tarif bezahlen. Sie verzichten auf Nachweise. Wenn der Missbrauch nicht völlig offensichtlich ist, kontrollieren Sie auch nicht.

(Michael Boddenberg (CDU): Man merkt, dass Sie nur ein Praktikum gemacht haben!)

Meine Damen und Herren von CDU und GRÜNEN, Ihr Gesetz ist nicht nur auf einem Auge blind, sondern auf beiden.

(Beifall bei der SPD – Zurufe der Abg. Michael Boddenberg und Judith Lannert (CDU))

Stellen wir uns doch einmal ein Fußballspiel vor. Genauso gut könnte doch der DFB demnächst auch auf Schiedsrichter verzichten: Spielen wir halt Fußball ohne Schiedsrich

ter, und hoffen wir, dass es keine Fouls und kein Abseits gibt. Nur wenn die gegnerische Mannschaft sagt, es hätte ein Foul gegeben, dann schauen wir nach. – Das ist Ihr Gesetz, übertragen auf den Fußballplatz.

Dieses Beispiel habe ich mir übrigens nicht selbst ausgedacht, denn von Fußball habe ich keine Ahnung. Das war ein mittelständischer Unternehmer aus meiner Heimatstadt, der 200 Mitarbeiter beschäftigt, der nach Tarif bezahlt,

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

der ausbildet, der umweltzertifiziert ist – und der Vorsitzender des CDU-Stadtverbands Mitte ist. Ich glaube, Herr Bellino weiß, von wem ich rede.

(Heiterkeit und lebhafter Beifall bei der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Dem ist nämlich Ihr Gesetz auch zu lax, und das hat der sogar im Fernsehen gesagt.

Schade, so sehr wir es begrüßen, dass wir jetzt überhaupt eine Tariftreueregelung bekommen – aber Ihr Gesetz ist leider halbherzig. Man merkt, der Grund ist: Die CDU hat dieses Gesetz von Anfang an nicht gewollt.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Was?)

Das merkt man bei der Umsetzung. Sie hätten auch schon 2013, mit Ihrem bisherigen Koalitionspartner, die Tariftreue einführen können.

(Zurufe des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Herr Arnold, Sie haben das nicht gewollt, und die GRÜNEN haben sich leider über den Tisch ziehen lassen.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Nein!)

Ich habe Ihr Gesetz gelesen. Das letzte Mal habe ich es sogar besser gelesen als Sie.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU))

Meine Damen und Herren, es bleibt also wieder an der SPD und an den Gewerkschaften, Ihnen in einem Jahr nachzuweisen

Kollegin, kommen Sie bitte zum Ende.

und die Fälle zu präsentieren, in denen Ihr Gesetz nicht wirkt. Das werden wir auch tun. Sie haben die Chance, ein wirkungsvolles und gutes Tariftreuegesetz zu schaffen, leider verpasst. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Das Wort hat Herr Kollege Klose für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Heute bekommt Hessen ein neues Vergabe- und Tariftreuegesetz, ein Gesetz, dass dafür sorgt, dass in Hessen fairer Wettbewerb ab dem 1. Januar 2015 noch besser durchgesetzt werden kann.