Protocol of the Session on December 17, 2014

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Letzte muss ich zutiefst zurückweisen, dass der Einzelplan 05 blutleer sei, liebe Kollegin Hofmann. Aber ich gestehe Ihnen zu, dass man Ihnen das wahrscheinlich so vorgeschrieben hat, weil es für die Pressemitteilung am Ende ganz gut kommt, so einen Satz zu sagen.

(Zurufe von der SPD)

Stattdessen möchte ich mich vielmehr mit den Schwerpunkten beschäftigen, die im Einzelplan 05 für den Haushalt des kommenden Jahres vorgesehen sind. Denn wir schauen in die Zukunft, wir gestalten sie aktiv, und das ist auch gut so.

(Beifall der Abg. Karin Müller (Kassel) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Unruhe bei der SPD – Glockenzeichen des Präsidenten)

Wir wollen einen sehr sensiblen Bereich der Justiz, nämlich die Sicherheit an den Gerichten, weiterhin ausbauen. Das ist notwendig, das mussten wir in den vergangenen Jahren leider immer wieder feststellen. Gleichzeitig wollen wir dabei die Offenheit der Gerichte für die Besucherinnen und Besucher gewährleisten. Das ist ein hehrer Anspruch. Es ist manchmal schwierig, das im Einzelfall abzustimmen. Es gab extra eine Arbeitsgruppe im Ministerium, die

sich mit diesem sensiblen Thema beschäftigt hat. Dafür werden explizit 1,1 Millionen € für das kommende Jahr zur Verfügung gestellt, was bislang so nicht vorgesehen war.

Im Bereich der Justizvollzugsanstalten haben wir viele Aufgaben; Frau Kollegin Hofmann hat es gesagt. Seit der letzten Plenarrunde befinden wir uns in der Debatte über ein eigenes Justizarrestvollzugsgesetz. Auch dort sind zusätzliche Mittel in Höhe von 400.000 € vorgesehen.

In diesem Bereich müssen wir auch mit einem sensiblen Thema umgehen; ich glaube, ich habe es bei Ihnen nicht gehört. Die religiöse Betreuung von Muslimen in Gefängnissen ist eine immer weiter um sich greifende Aufgabe, der wir uns stellen. Dafür werden im Haushalt weitere 60.000 € für das kommende Jahr zur Verfügung gestellt, 60.000 € mehr als bislang. In diesem Bereich müssen wir aber auch schauen: Wen holen wir uns in die Anstalten – denn es ist ein sensibler Bereich –, und wie gehen wir richtig damit um? Aber das Justizministerium zeigt dadurch, dass es diese Mittel beantragt, dass wir die entsprechenden Wege beschreiten und in die richtige Richtung gehen.

Das Thema EDV ist ein spannendes, ein vielfältiges Thema. Wir erleben das manchmal bei uns im Hause, wenn die Technik streikt. Umso wichtiger ist es, dass wir die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs bis zum Jahr 2022 so gestalten, dass sie überall funktioniert. Ich sage es einmal ganz offen: 5 Millionen € im kommenden Haushalt zusätzlich in diesen Bereich hineinzugeben, ist eine Summe, die sich wahrlich nicht zu verstecken braucht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

5 Millionen €, dahinter verbergen sich z. B. auch 15 neue Planstellen. Weil immer gesagt worden ist, es werde überall nur gespart: Ja, auch im Bereich des Personals in der Justiz wird gespart; ich stehe auch zu diesem Satz. Aber wir schaffen gerade für diesen Bereich der EDV 15 zusätzliche Stellen, um die Einführung möglichst gut zu bewältigen, um die Programme so zu entwickeln, dass die Richter, Staatsanwälte, Rechtspfleger, und wer auch immer an den Gerichten vor Ort mit ihnen arbeiten muss, vernünftig damit arbeiten können, dass es funktioniert und dass wir bis zum Jahr 2022 unsere Justiz auf einen guten Stand gebracht haben, um mit allen anderen Bundesländern mitzuhalten und für die Bürgerinnen und Bürger auch in der elektronischen Form eine optimale Erreichbarkeit sicherzustellen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Sollte das nicht selbstverständlich sein, Herr Honka?)

Noch ein Bereich, wieder mit EDV – man merkt, die EDV hält überall immer mehr Einzug –: Die Gemeinsame Überwachungsstelle der Länder ist ein Vorzeigeprojekt, das wir als Hessen anführen dürfen, von der Vorgängerregierung initiiert. Ich glaube, 15 von 16 Bundesländern machen mit. Bis auf den einen, den wir irgendwie nicht überzeugen können, sind die anderen Länder der Meinung, dass es gut ist, was wir hier machen und wie wir zusammenarbeiten. Auch dort wird es zwei zusätzliche Stellen geben. Das ist das Schöne für den Haushälter: Wenn man weiß, dass ein Großteil dieser Stellen dank des Königsteiner Schlüssels aus den anderen Bundesländern finanziert wird, dann kommt uns das doch sehr entgegen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ein schwieriges Thema möchte ich noch ansprechen, nämlich die Entfristung der befristeten Stellen. Das ist eine Aufgabe, die sich die Landesregierung gestellt hat. Ich bin Frau Kühne-Hörmann sehr dankbar, dass sie bereits mit dem Nachtragshaushalt für das laufende Jahr damit angefangen hat, sich dieser schwierigen Aufgabe zu stellen. Es ist bereits gelungen, seit dem 18. Januar 2014, seitdem diese Landesregierung im Amt ist, bzw. seitdem wir seit Sommer diesen Nachtragshaushalt haben, 95 Personen mit einer unbefristeten Stelle zu versehen. Ich glaube, das sind wir den Damen – betroffen sind wohl hauptsächlich Damen – ein Stück weit schuldig, dass wir sie, weil sie über viele Jahre gute Arbeit geleistet haben, dort aus der Befristung herausholen und auf entfristete Stellen setzen können.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Abschließend erlauben Sie mir eine weitere Bemerkung. Wir reden gern über die Justiz, aber die Justiz ist ja kein anonymer Körper, sondern es sind viele Männer und Frauen, die eine erfolgreiche und gute Arbeit leisten. Daher an dieser Stelle mein ausdrücklicher Dank an die Richter, Staatsanwälte, Rechtspfleger, Sekretärinnen, Wachtmeister, das allgemeine Vollzugspersonal, und wen auch immer dort ich in meiner Aufzählung vergessen habe. Ich glaube, ohne diese engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter könnten wir hier wunderschöne Debatten führen, wir könnten wunderbare Gesetze machen, aber sie müssen ordentlich gelebt werden. Unsere Justiz und der Justizvollzug leisten eine hervorragende Arbeit zum Wohle unseres Rechtsstandortes in diesem Land. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Honka. – Das Wort hat der Abg. Dr. Wilken, DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Honka, Sie haben gerade sich und die Landesregierung dafür gelobt, dass sie Arbeitsbedingungen in Gerichten schafft, die auch funktionieren. Ich denke, das sollte eigentlich selbstverständlich sein und keines besonderen Lobes bedürfen. Indirekt geben Sie damit natürlich zu, dass vieles in unseren Gerichten leider nicht funktioniert,

(Hartmut Honka (CDU): Wie bitte?)

und ich will diesem Hohen Hause und den Zuhörenden gern noch einmal sagen, wo die Probleme liegen.

Wir haben auch in diesem Haushalt für die Justiz wieder einen deutlichen Stellenabbau im Bereich der Gerichte zu verzeichnen. Heute haben wir schon den Zustand, dass die einzelne Richterin oder der einzelne Richter nicht gerade überlastet sind, weil so gut wie selten etwas auf ihren Schreibtischen landet, weil es in den Prozessen davor, nämlich der Bearbeitung der Akten, so wenig Personal gibt, dass – und das sage ich in aller Deutlichkeit –, wenn dieser Prozess so weitergeht, eine zeitnahe Rechtsprechung

im Lande Hessen unmöglich wird. Und das ist ein Problem.

(Beifall bei der LINKEN und der Abg. Heike Hof- mann (SPD))

Ich will auf ein zweites Problem hinweisen. Hessen leistet sich noch immer die Besonderheit einer privatisierten Haftanstalt. Nun haben wir immer wieder gesagt bekommen, dass es da natürlich nicht um den Vollzug gehe, der hoheitliche Aufgabe bleibe. Aber ich will darauf hinweisen, dass wir mit diesem Vollzug in der privatisierten Haftanstalt Hünfeld eben doch große Probleme haben, beispielsweise in dem Moment, wenn wir in eine Werkstatt hineinsehen. Dort sind auf einmal keine Vollzugsbeamten mehr, sondern nur private Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Meister oder irgendwelche anderen Anleiter. Wenn es zu einem Problem kommt, stehen sie unter tierischem Druck, weil sie eben keine hoheitlichen Aufgaben wahrnehmen dürfen. Das ist eine Abstrusität, die sich Hessen weiter leisten will. Wir aber fordern, dass das endlich abgestellt wird, zumal – das ist mehrfach nachgewiesen worden – diese private Justizvollzugsanstalt teurer ist als eine staatliche Anstalt.

(Beifall bei der LINKEN und des Abg. Torsten War- necke (SPD))

Herr Honka, ich will Ihnen in einem Punkt ausdrücklich recht geben, nämlich wenn Sie sagen, dass die befristeten Stellen nun endlich entfristet werden sollen. Das finden wir ausdrücklich richtig. Das Blamable aber ist doch, dass Sie überhaupt einmal so angefangen haben. Es kann nicht sein, dass Aufgaben in unserem Staat, die erfüllt werden müssen, mit befristeten Stellen bedacht werden. Das ist grundsätzlich abzulehnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Lassen Sie mich noch zwei Sätze zu den beiden mit aufgerufenen Anträgen sagen. Zum einen zu der Abschiebehaft: Sie wissen, dass wir als Partei und Fraktion der Auffassung sind, dass Abschiebung kein Haftgrund ist, sie also überhaupt nicht zu inhaftieren sind. Wenn es denn aber die Rechtslage so hergibt, macht es natürlich Sinn, sich mit anderen Ländern kurzzuschließen und zu kooperieren, sodass darüber endlich das bestehende Trennungsgebot von Abschiebehäftlingen zu anderen Häftlingen eingehalten wird.

In diesem Zusammenhang möchte ich in Erinnerung rufen, dass das alles rechtmäßig kein Problem war, solange wir die Anstalt in Offenbach hatten, die Sie ohne jedweden Grund geschlossen haben, sodass dann eben die Gefangenen in Frankfurt-Preungesheim waren.

Eine allerletzte Bemerkung zur Bewährungshilfe. Sie haben sich mit der sogenannten Risikoorientierung in der Bewährungshilfe durchgesetzt. Wir werden nicht müde, Sie darauf aufmerksam zu machen, dass das eine eindeutige Verschlechterung der Bedingungen für die in der Bewährungshilfe Tätigen und die Betreuten ist. Ich will Sie daran erinnern oder vielleicht erst einmal darauf aufmerksam machen: Die Bewährungshelfer selbst sehen das mehrheitlich ganz eindeutig so und fordern uns in der Politik auf, diese falsche Entscheidung zu korrigieren. Ich hoffe und werde darum werben, dass wir das in diesem Hause machen können. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Wilken. – Das Wort hat Frau Abg. Müller, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ja, in der Tat ist auch der Einzelplan nicht von den Sparvorhaben ausgenommen, um die Schuldenbremse einzuhalten. Dennoch werden wir hier Schwerpunkte setzen. Es wird mit Augenmaß gespart. Wir verfolgen eine Politik des Gestaltens und nicht des Rasenmäherprinzips – auch hier im Einzelplan 05.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Sicher ist es immer richtig, dass bei den einen das Glas halb voll ist und bei den anderen halb leer. Aber ich bin doch ein bisschen enttäuscht, dass Sie fast wortgleich die gleiche Rede wie vor zwei Jahren zum Haushalt 2013/14 gehalten haben, Frau Hofmann, und noch nicht einmal auf die Schwerpunkte eingegangen sind.

Im IT-Bereich – Sie haben es angesprochen – kommen große Herausforderungen auf die Justiz zu.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Aber genau dafür – Herr Honka sagte es bereits – werden 5 Millionen € eingestellt und 17 zusätzliche Stellen geschaffen.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Herr Rentsch, wir können gern einmal einen Kaffee trinken gehen und das im Zwiegespräch erledigen, wenn Sie immer so dazwischenblubbern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Bisher bauen wir noch das alte Stellenkontingent bis 2015 ab. Ab 2016 beginnt das neue Abbaukonzept.

(Zuruf von der SPD)

Genau, mit Augenmaß. – Ich will aber noch auf einen Bereich eingehen, den Sie auch angesprochen hatten, und zwar den Justizvollzug. Dort werden 14 Stellen des allgemeinen Vollzugsdienstes und 10 des mittleren Dienstes eingespart. Wenn man sich den Rückgang der Gefangenenzahlen anschaut – 2005 waren es noch 5.542 Gefangene, und im Jahr 2013 waren es 4.913 –, erkennt man einen Rückgang von 11,3 %. Man hat es nicht gleich vollständig kompensiert, weil klar ist, dass die Problemlagen immer vielfältiger werden und die Situation der Gefangenen belastender ist; den Krankenstand haben Sie angesprochen.

Umso bemerkenswerter ist es aber, dass bei einem Rückgang der Gefangenenzahl und einer Erhöhung der Problemlagen ganz viel im Bereich der Bildung und Ausbildung geleistet wird. Es wurden 3.330 Teil- oder Vollzeitbildungsmaßnahmen in den Justizvollzugsanstalten durchgeführt, und das bei durchschnittlich 4.913 Gefangenen. Ich muss sagen, das ist eine ziemlich beachtliche Zahl.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Dass dieser Weg richtig ist, wurde noch einmal von einer Studie der Bertelsmann Stiftung bescheinigt, aber auch von einer Studie, die Hessen in Auftrag gegeben hat und die den Zusammenhang zwischen Bildung und Kriminalität belegt. Ohne Hauptschulabschluss steigt das Potenzial zur Kriminalität. Auch wird die Wahrscheinlichkeit für Drogen, Alkohol und Schulden höher durch mangelnde Abschlüsse. Deshalb ist das oberste Ziel, Ausbildung in den Justizvollzugsanstalten anzubieten und das nachzuholen, was vorher nicht geschafft worden ist. Das leisten die Justizvollzugsanstalten in hervorragender Weise.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Herr Honka hat schon die seelsorgerische Betreuung erwähnt. Es gibt ein Projekt für deutschsprachige Muslime in den JVAs. Es gibt verschiedene Besuchsprojekte. Sie haben die Anfrage selbst gestellt; ich denke, Sie haben die Antwort gelesen, wie vielfältig die Resozialisierungsmaßnahmen in den Justizvollzugsanstalten sind.