Protocol of the Session on December 17, 2014

Herr Honka hat schon die seelsorgerische Betreuung erwähnt. Es gibt ein Projekt für deutschsprachige Muslime in den JVAs. Es gibt verschiedene Besuchsprojekte. Sie haben die Anfrage selbst gestellt; ich denke, Sie haben die Antwort gelesen, wie vielfältig die Resozialisierungsmaßnahmen in den Justizvollzugsanstalten sind.

Diesen Bereich wollen wir weiter ausbauen. Es gibt ein Projekt „Auftrag ohne Antrag“, das Sie auch kennen und das hervorragende Arbeit leistet, um den Aufenthalt in der Justizvollzugsanstalt zu vermeiden, sondern das durch gemeinnützige Arbeit aufzufangen oder durch Ratenzahlungen und, und, und. Das Projekt ist so erfolgreich, dass wir in diesem Haushalt 200.000 € mehr dafür zur Verfügung stellen.

Einen weiteren Schwerpunkt, den Jugendarrestvollzug, kann man auch unter den Bereich Resozialisierung fassen. Wir haben in diesem Haushalt 400.000 € mehr für den Jugendarrestvollzug. Wir haben im letzten Plenum das Gesetz diskutiert. Wir werden die Anhörung haben. Es werden 50.000 € für eine Erstausstattung für Bekleidung zur Verfügung gestellt und jährlich 350.000 €, um die Betreuung an den Wochenenden und die Zusammenarbeit mit den externen Einrichtungen zu verstärken.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Weiterhin wird es ein weiteres Haus des Jugendrechts geben. Auch der Abbau der befristeten Stellen ist schon benannt worden.

Insgesamt kann man sagen: Trotz knapper Mittel gestalten wir Politik, wir meckern nicht nur. Ich denke, diesen Weg werden wir weiter fortsetzen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Müller. – Das Wort hat Herr Abg. Florian Rentsch, Fraktionsvorsitzender der FDP.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Müller, das Angebot auf die Tasse Kaffee nehme ich selbstverständlich an.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielleicht ist noch ein Stück Kuchen dabei!)

Das muss nicht sein, lieber Kollege Frömmrich. Ich finde es schon nett, wenn Frau Kollegin Müller mir einen Kaffee anbietet. Das nehme ich selbstverständlich an. Wir kommen beide aus Nordhessen, und da ist ein ordentlicher, freundschaftlicher Umgangston üblich. Frau Kollegin Kühne-Hörmann kommt auch aus Nordhessen. Vielleicht sollten wir heute ein kleines Nordhessen-Treffen kurz vor Weihnachten machen.

Aber wir wollen nicht zu viel Besinnlichkeit einkehren lassen, Frau Kollegin Müller, sondern wir debattieren heute über den Haushalt des Justizministeriums. Die Rechtsstaatlichkeit ist eines der wichtigsten Grundprinzipien unseres Landes. Wenn der Rechtsstaat nicht funktioniert, dann funktioniert vieles andere auch nicht. Frau Müller, ich möchte ausdrücklich loben, dass die GRÜNEN mittlerweile Projekte loben, die wir Liberale damals gemeinsam mit der Union auf den Weg gebracht haben, die Sie damals gar nicht so gut fanden, von denen Sie aber mittlerweile sagen, dass Sie sie genau richtig finden.

(Zuruf der Abg. Karin Müller (Kassel) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Da merkt man eine Weiterentwicklung, und deshalb nehme ich gerne den Kaffee an, wenn das ein Stück Entschuldigung sein soll, dass Sie es damals so kritisiert haben. Das finde ich richtig; vielen Dank dafür.

(Beifall bei der FDP – Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Wil- ken (DIE LINKE))

Ich wollte damit ausdrücken – nehmen Sie es mir bitte so ab –: Ich fand es einfach nett, und jetzt nehme ich den Kaffee an.

Frau Ministerin, wir haben beim Justizministerium eine Reihe inhaltlicher Projekte. Ich sage ausdrücklich, dass ich es für richtig halte, dass sie fortgesetzt wurden. Wir haben damals wirklich darum gestritten, ob Häuser des Jugendrechts oder der Warnschussarrest – ich werde gleich noch etwas dazu sagen – richtig sind. Ich halte es für richtig, dass diese Prinzipien weiter hochgehalten werden.

Ich will aber auch sagen, dass der Justizbereich in den letzten Jahren unter Führung eines FDP-Ministers massiv gespart hat durch Strukturveränderungen, die uns damals alles andere als Applaus eingebracht haben, wenn es darum ging, Gerichtsstandorte zu überprüfen und gegebenenfalls zu schließen. Nach dem derzeitigen Stand kann man immerhin von jährlich 10 Millionen € strukturellen Einsparungen sprechen, ohne die Einmaleffekte durch den Verkauf der Liegenschaften. Ich glaube, das ist beispielgebend, wie man einen Haushalt richtig saniert: indem man Strukturen anpasst und verändert, indem man schaut, wo öffentliche Verwaltung, auch die Justiz, in der Fläche vertreten sein muss, auch wenn das vor Ort sicherlich eine schwierige Diskussion ist, wenn man den Menschen klarmachen muss: Es geht vielleicht nicht so weiter, wie es bislang ging.

Das Justizministerium profitiert stark von den Strukturveränderungen, die gemacht worden sind, und setzt das jetzt ein bisschen fort. Aber ich halte es für richtig, dass Sie diesen Weg gehen.

Insgesamt ist die hessische Justiz gut ausgestattet. Es war immer das Ziel, dass Polizei und Justiz in einer guten Verfassung sind. Deshalb kann man auch sagen: Das fortzusetzen, das kann von der Opposition nicht kritisiert werden,

im Gegenteil. Ich will aber auch sagen, Frau Ministerin, dass wir – –

(Clemens Reif (CDU): Wo sind wir denn, bei Justiz?)

Ja, wir sind bei Justiz. Das stimmt, Herr Reif, bei der Justiz, einem der wichtigsten Bereiche unseres Landes. Sie sind kein Jurist, Herr Reif. Deshalb fehlt Ihnen die ganz intensive Fachkenntnis in dem Bereich.

(Günter Rudolph (SPD): Er ist auch nicht so häufig anwesend!)

Aber Justiz ist auch für die Wirtschaft ein wichtiger Punkt, wenn es darum geht, Strukturen vorzubereiten,

(Günter Rudolph (SPD): Das schätzte ich an den Juristen: die Bescheidenheit!)

damit z. B. Vertragsprozesse schnell ablaufen können. Insofern, glaube ich, sind wir uns an der Stelle einig. Ich wollte aber gerade – deshalb vielen Dank für den Zwischenruf, Herr Reif – etwas Kritisches sagen.

(Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Wir haben schon geschaut, wo die Landesregierung im Justizhaushalt gespart hat. Ich muss feststellen: Der Bereich der Rechtsreferendare ist der Steinbruch für alle anderen Bereiche. Es werden 180 Rechtsreferendarstellen vom Einzelplan 05 umgesetzt in den Einzelplan 03, in Polizeikommissaranwärterstellen. Es werden zusätzlich 17 Stellen zugunsten der IT-Stelle herausgenommen. Das wird ebenfalls durch die Rechtsreferendarstellen kompensiert.

Frau Ministerin, ich frage: Gibt es in Zukunft keine Juristenausbildung mehr in unserem Land? Ist das der zukünftige Steinbruch, dass die Rechtsreferendare und ihre Stellen dafür herhalten müssen, dass in anderen Bereichen kompensiert wird? Das halte ich für falsch und auch für eine falsche Entwicklung für die Zukunft dieses Landes. Denn wir brauchen Volljuristen, gerade auch für den öffentlichen Dienst. Deswegen sind diese Stellen aus meiner Sicht sehr wichtig.

(Beifall bei der FDP)

Es macht wenig Sinn, wenn wir uns bei der Ausbildung gegenüber anderen Ländern zurückhalten und dann den Kollegen aus Rheinland-Pfalz sagen: Kommt doch nach Hessen. – Die dürfen nicht für uns ausbilden, sondern wir müssen für unseren eigenen Bedarf in diesem Bereich ausbilden. Dieser eigene Bedarf ist deutlich mehr als das, was in diesem Haushalt ausgewiesen ist.

Frau Ministerin, insofern glauben wir, dass das eine falsche Schwerpunktsetzung, wenn man das so bezeichnen darf, ist, wenn Sie in diesem Bereich massiv kürzen. Das ist ein Fehler.

Ein zweiter inhaltlicher Punkt. Das Haus des Jugendrechts wird fortgeführt und ausgebaut. Das halten wir im Vergleich zu den Kürzungen im Referendarbereich für ausdrücklich richtig. Wir haben vorhin über einen Fall diskutiert, der in den letzten Tagen hochgekommen ist: ein Übergriff von Fußball-Hooligans auf einen Polizisten. – Natürlich sind die Häuser des Jugendrechts auch deshalb besonders wichtig, weil gerade die Koordination von unterschiedlichen Stellen in der Strafverfolgung und der Prävention hier realisiert werden kann, wir es aber auch schaffen, eine Beschleunigung verschiedener Verfahren herzu

stellen. Das ist auch eines der Ziele, dass wir in diesen Bereichen schneller werden. Insofern ist es richtig, das fortzusetzen. Da packen wir das Übel an der Wurzel, und deshalb muss es auch fortgesetzt werden.

(Beifall bei der FDP)

Wir sind überrascht – es ist nicht das erste Mal, dass wir das sagen –, dass die Beibehaltung des Warnschussarrests möglich war. Es gab kaum ein Feld, wo die GRÜNEN sich so gewehrt haben wie beim Warnschussarrest. Deshalb haben wir gedacht, auch dort werden sich die GRÜNEN im Koalitionsvertrag durchsetzen. Das war aber ein Punkt, wo sie sich nicht durchgesetzt haben. Für den Rechtsstaat ist das definitiv richtig, Frau Kollegin Müller, weil der Warnschussarrest immer noch besser ist als alles andere, was Sie bisher vorgeschlagen haben. Er packt auch das Übel an der Wurzel. Es muss so sein: Strafe muss auf dem Fuß folgen. Der Warnschussarrest ist immer noch besser als viele andere Mittel, die wir in diesem Bereich haben. Insofern ist auch das ein richtiger Schritt, dass das seitens der Landesregierung fortgesetzt wird.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben einen wichtigen Bereich, den ich in der Öffentlichkeit bisher für eher unterbewertet halte. Wir haben deshalb als FDP-Fraktion einen Änderungsantrag gestellt. Hier geht es um den Kampf gegen die Ausbreitung des Salafismus. Der Ministerpräsident hat gestern in seiner Rede sehr zutreffend auf die Gefahren hingewiesen, die wir dort haben, die eine Herausforderung für den Rechtsstaat, aber auch eine Herausforderung für diese Gesellschaft sind. Denn der Rechtsstaat kann nichts abwehren, was eine Gesellschaft goutiert oder wo sie vielleicht wegschaut.

Beim Thema Salafismus stehen wir einer sehr aggressiven und am stärksten wachsenden Radikalisierung gegenüber, der man sich entgegenstellen muss, die aus unserer Sicht dringend von öffentlicher Seite, aber auch von dieser Gesellschaft bekämpft werden muss.

(Beifall bei der FDP)

Ich halte das für eines der drohendsten Probleme, die wir im Bereich des Rechtsstaates haben. Deshalb müssen wir auch dafür sorgen, dass wir in allen Verästelungen, wo Salafismus auftritt, wo Salafisten sich in dieser Gesellschaft öffentlich zu produzieren versuchen, dem entgegenstehen. Das ist zunächst einmal eine Aufgabe für Zivilcourage, für die Menschen an sich, die sich z. B. Schariapolizisten in Innenstädten entgegenstellen und sagen, dass es so etwas in einem deutschen Rechtsstaat nicht geben kann. Genauso sind die öffentlichen Stellen gefordert, von der Polizeiarbeit über die Gerichte und die Justiz, die in diesem Bereich dringend ihr Zeichen setzen müssen.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Thorsten Schäfer- Gümbel (SPD))

Wir haben einen Bereich, der ein bisschen außerhalb der Öffentlichkeit läuft. Es sind Menschen mit muslimischem Glauben in unseren Gefängnissen. Deshalb haben wir auch – der Herr Staatssekretär war dabei – im Unterausschuss Justizvollzug gemeinsam debattiert, wie wir mit dem Thema umgehen können. Wir haben die Beschwerde eines Häftlings gehabt, der muslimischen Glaubens ist. Er hat kritisiert, dass die Seelsorge für muslimische Gefangene deutlich weniger – man kann sagen: viel zu wenig – stattfindet im Vergleich zu den christlichen Religionen.

Jörg-Uwe Hahn hat damals als Justizminister diesen Bereich überhaupt neu aufgemacht und mit 50.000 € ausgestattet. Wir wissen, das ist nicht viel Geld, aber es war die Erkenntnis des Problems. Frau Ministerin, vielleicht stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu. Wir haben jetzt gesagt, wir wollen diesen Ansatz erhöhen, damit wir auch muslimische Seelsorge in den Gefängnissen haben, damit sich diese Gefangenen keine eigenen religiösen Vorturner suchen, die möglicherweise im Rahmen des Salafismus Angebote machen, die wir gar nicht beabsichtigen können.

Deshalb ist es wichtig, diesen Ansatz zu erhöhen und alles dafür zu tun, dass nicht ein falscher Islam gelehrt wird, der auf Radikalität und auf Menschenverachtung ausgerichtet ist, und nicht, wie wir es wollen, der friedliche Islam, wie er wirklich auch im Koran steht.

Deshalb brauchen wir an dieser Stelle eine Verstärkung. Wir müssen in diesem Bereich auch in unseren Gefängnissen dafür Sorge tragen, dass es keine Strukturen außerhalb des Rechts gibt. Insofern wollen wir diesen Ansatz erhöhen. Wir glauben, dass es auch dringend erforderlich ist, diese Ansätze zu erhöhen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Diese zusätzlichen Mittel könnten ebenfalls eingesetzt werden, um einen Beitrag für das bundesweite Programm „Abschied von Hass und Gewalt“ zu leisten, welches unter anderem in Wiesbaden läuft. Kollegin Hofmann kennt das. Wir haben darüber auch diskutiert. Das wäre ein wichtiger Punkt, um sich hier einzuschalten. Wir wollen, dass in diesem Bereich nicht weggeschaut wird, sondern sich aktiv gewehrt wird.

Präventionsarbeit ist nie etwas, womit wir viele Blumen von außen nach dem Motto gewinnen: Was macht ihr dort? – Ergebnisse kann man nicht immer sofort sehen. Aber wir wissen, dass diese Präventionsarbeit mit Sicherheit einer der zentralen Punkte ist.

Frau Ministerin, Sie haben ein hervorragendes Ministerium vom Kollegen Hahn übernommen. Wir sind aller Hoffnung, dass Sie dieses hervorragende Ministerium mit hervorragenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den angeschlossenen Landesbehörden weiterhin positiv führen. Wir werden Ihnen gerne Unterstützung liefern, wenn wir der Auffassung sind, es läuft nicht richtig. Insofern gehe ich davon aus, dass die Landesregierung auch die Änderungsanträge der FDP an dieser Stelle unterstützt. – Vielen Dank.