Protocol of the Session on November 27, 2014

In Hessen haben wir schon öfter über die Härtefallkommission diskutiert. Und wir haben auch schon öfter gemeinsam in verschiedenen Rollen über Verbesserungen gerungen. Ich muss auch zugeben, dass ich in den Jahren 2008 und 2009, als wir eine andere Härtefallkommission beschlossen hatten, in der erstmals nicht nur Abgeordnete, sondern auch zivilgesellschaftliche Gruppen, Kirchen und Ministerien vertreten waren, skeptisch war, dass überhaupt noch Abgeordnete dieser Kommission angehören.

Im Laufe der Arbeit haben wir gesehen, dass es ganz gut ist, dass auch Abgeordnete in der Härtefallkommission und neben den Ministerien auch die Kommunalen Spitzenverbände vertreten sind. Ebenso gehören Frauenrechtsorganisationen und Menschenrechtsorganisationen mit ihrem Fachwissen in die Härtefallkommission. Es ist eine sehr große Kommission, die insgesamt 23 Mitglieder hat. Das ist in anderen Bundesländern nicht der Fall. Von daher war es uns GRÜNEN wichtig, aus der Arbeit heraus Verbesserungen zu erzielen. Das heißt z. B., das Zweidrittelquorum abzuschaffen und durch eine einfache Mehrheit zu ersetzen. Das ist ein Erfolg, den möchte ich auch heute feiern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ein zweiter Punkt, den wir in der Härtefallkommission durch das gemeinsame Mitarbeiten immer wieder festgestellt haben, ist die Situation von Familien, von kranken Personen oder aber auch von alleinerziehenden Müttern, die bisher über den Rechtsweg keinen Aufenthalt bekommen haben. Sie hatten nun über die Härtefallkommission die Hoffnung, endlich einen gesicherten Aufenthaltstitel zu bekommen. Sie haben teilweise auch gearbeitet, konnten aber ihren Lebensunterhalt nicht vollständig sichern.

In der Härtefallkommission haben wir oft gemeinsam gerungen, wie wir dieser Personengruppe helfen können. Es ist aus der Situation heraus klar geworden, wenn wir den Härtefällen gerecht werden möchten, müssen wir es auf jeden Fall hinbekommen, die vollständige Sicherung des Lebensunterhalts abzuschaffen bzw. abzumildern und zu ändern in die überwiegende Sicherung des Lebensunterhalts.

Das machen wir mit diesem Gesetz. Jetzt gilt es, das Gesetz zu verabschieden, es in der Praxis auszuprobieren und zu sehen, in wie vielen Fällen es den Menschen helfen wird. Ich bin mir sicher, dass es viele Fälle sein werden. In vielen Fällen müssen wir überhaupt nicht über den Lebensunterhalt diskutieren, weil die Menschen eigene Arbeit gefunden haben und ihren Lebensunterhalt selbst sichern können.

Wir müssen uns nicht in irgendwelche Streitereien oder hypothetische Auseinandersetzungen begeben, sondern wir vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind dafür, dieses Gesetz zu verabschieden, um für viele Menschen eine konkre

te Verbesserung zu erreichen. Dann kann man schauen, wo es noch hakt, und dann kann man auch noch einmal darüber reden. So, wie es jetzt in die Wege geleitet wird, ist es gut und richtig und entspricht auch dem humanitären Bedürfnis der Menschen und auch unserer humanitären Verantwortung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich möchte noch kurz etwas zu dem Punkt Dublin III sagen. Herr Roth, es ist richtig, dass in unserem Petitionsverfahren die „Dublin-Dreier“ keine Berücksichtigung finden. Aber man darf auch nicht verleugnen, dass diese Fälle im Petitionsverfahren auf Bundesebene bearbeitet werden. Solange eine rechtliche Situation nicht verändert wird und solange rechtlich von der Bundesebene im Aufenthaltsgesetz die Dinge nicht verändert werden, wird es auch über die Härtefallkommission für die Dublin-Fälle keine gute Lösung geben.

Wenn man es gut machen will, wäre es deswegen wichtig, dort anzusetzen, wo auch die Ursache liegt. Das ist nun einmal das Aufenthaltsgesetz des Bundes. Dann muss auf der Bundesebene nachgearbeitet werden. Ich bin eher dafür, dass wir uns in der Härtefallkommission in Hessen auf die Fälle von Personen konzentrieren, die seit Jahren hier leben, die seit Jahren ihren Lebensmittelpunkt in Hessen gefunden haben und die aufgrund besonderer Härte noch keinen Aufenthalt bekommen konnten. Jetzt ist es mit dem neuen Härtefallgesetz wohl auch gut für den Minister und auch besser für die Härtefallkommission, wenn freier entschieden werden kann.

Im Großen und Ganzen ist es ein sehr gutes Gesetz, was hier heute verabschiedet wird. Ich hätte es gern im November in der zweiten Lesung verabschiedet gewusst, jetzt ist es nun einmal die dritte Lesung – Hauptsache, es geschieht noch in diesem Jahr und unsere Koalitionsvereinbarungen werden mit Blick auch auf die humanitären Fragen rasch umgesetzt.

Dies tun wir hier. In diesem Sinne ist es ein Erfolg, den wir gemeinsam feiern können. Ich hätte mir gewünscht, dass auch die Opposition es mitgetragen hätte. Wie dem auch sei, es ist Ihre Entscheidung. Wir sind damit sehr zufrieden und freuen uns über die Verbesserung der humanitären Situation in Hessen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Das Wort hat der Abg. Greilich, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann es relativ kurz zusammenfassen, nachdem wir heute zum dritten Mal über diesen Gesetzentwurf reden. Zunächst einmal kann man feststellen – es wurde bereits gesagt –: Die erste Erkenntnis bei der Beratung dieses Gesetzentwurfs besteht darin, dass wir vor fünf Jahren ein gutes Gesetz in der schwarz-gelben Koalition zur Regelung der Härtefallkommission gemacht haben. Aber nach fünf Jahren Erfahrung gibt es natürlich die eine oder andere Stelle, an der man nachjustieren kann. Das wird in Teilen

durch den heute zur Schlussabstimmung stehenden Gesetzentwurf geleistet.

Ich will nur zwei wesentliche Punkte hervorheben – es gibt noch zwei weitere, aber die sind schon ausreichend gewürdigt worden –: Das eine ist die Änderung, dass es künftig bei der Anordnung der Verlängerung oder Erteilung der Aufenthaltserlaubnis auch ausreicht, wenn der Lebensunterhalt nicht vollständig, sondern nur überwiegend gesichert ist. Unter humanitären Aspekten ist dies eine wichtige Verbesserung.

Das zweite ist ein weiterer Ausnahmetatbestand, dass nämlich die Voraussetzungen für die Erteilung des Aufenthalts auch dann gegeben sein können, wenn die Erwerbsfähigkeit bzw. die Unterhaltssicherung überhaupt nicht gegeben ist, etwa durch Einschränkung der Erwerbsfähigkeit aufgrund von Krankheit oder Behinderung.

Dies sind wichtige humanitäre Fortschritte, die allerdings – und das ist der Nachteil Ihres Gesetzentwurfs – nicht konsequent zu Ende gedacht sind. Wenn ich das eine tue, kann ich natürlich das andere nicht lassen. Es ist bedauerlich; denn eigentlich ist es in dieser schwarz-grünen Koalition umgekehrt üblich, aber hier ist es nun einmal so, dass die CDU ihre Position gegenüber den GRÜNEN durchgesetzt hat, die als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet sind.

Gerade da hätte man sich gewünscht, dass die GRÜNEN einmal ihre Positionen durchsetzen, nämlich bei der Frage des Härtefallfonds, der es ermöglicht, solche Fälle überhaupt zu finanzieren. Wenn Sie diese humanitären Erleichterungen ins Gesetz einbauen, müssen Sie auch sagen, woher das Geld dafür kommen soll. Das war der Änderungsantrag der SPD-Fraktion, den Sie abgelehnt haben.

In der Vergangenheit waren die GRÜNEN noch diejenigen, die mit am lautesten – Frau Kollegin Öztürk habe ich hier schon einmal zitiert – genau dies gefordert haben, jetzt aber wollen Sie davon nichts mehr wissen. Das ist bedauerlich.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Das ist genauso bedauerlich wie beim zweiten Punkt, bei dem die GRÜNEN umgefallen sind – die SPD hat es in ihren Änderungsantrag aufgenommen –, nämlich die Frage der Abschaffung der Voraussetzungen für die Anrufung der Härtefallkommission, zunächst ein Petitionsverfahren abgeschlossen zu haben. Frau Kollegin Wallmann hat es in ihrer altbekannten Position verteidigt.

Es ist tatsächlich so. Da waren wir uns bzw. sich die GRÜNEN miteinander noch einig – sagen wir es so herum, wir sind mittlerweile davon überzeugt, dass sie mit dieser Forderung recht hatten –: Wenn es keinen Sinn macht, erst das Petitionsverfahren durchzuspielen, muss man es auch nicht als Voraussetzung ins Gesetz schreiben.

Meine Damen und Herren von den GRÜNEN, da hätte ich mir gewünscht, dass Sie einmal konsequent geblieben wären und da, wo es sinnvoll ist, etwas durchsetzen, nicht nur dort, wo es dem Land schadet, wie bei der A 49.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Wir sind es ja gewohnt, dass es hier grundsätzlich keine ordentlichen Positionen gibt, sondern dass die GRÜNEN so durchs Plenum eiern; das haben wir jetzt wieder drei Tage lang erlebt. An anderen Stellen eiert die CDU.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das müssen Sie gerade sagen!)

Was dabei herauskommt, Herr Kollege Frömmrich, sind Ihre fadenscheinigen Koalitionskompromisse. Sie sagen immer wieder einmal A, aber für B reicht es dann nicht mehr. Deshalb können wir diesem unzureichenden Gesetzentwurf leider nicht zustimmen. Wir müssen uns leider enthalten.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat Herr Innenminister Beuth.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein Ausdruck von Humanität, den diese Koalition in dieses Härtefallgesetz noch zusätzlich mit hineinlegt. Insofern glaube ich, dass wir einen guten Entwurf gemacht haben.

Wir haben – um nur wenige Argumente noch einmal kurz aufzugreifen und zu beleuchten – ein Petitionsverfahren, das dazu dient, einen Sachverhalt in einer ausländerrechtlichen Angelegenheit, die uns insbesondere betrifft, auszuleuchten. Dafür gibt es das Petitionsverfahren. Darin werden alle rechtlichen Möglichkeiten geklärt, die es gibt, um jemandem ganz konkret zu helfen.

Wenn es dann nicht möglich ist, jemandem auf dem geordneten Wege zu helfen, dann ist das Ausnahmeverfahren bzw. das Härtefallverfahren dasjenige, was wir heranziehen wollen. Das hat sich in Hessen bewährt, und deswegen werden wir das auch in Zukunft fortsetzen.

Es ist schon gesagt worden: Die Änderung der Quoren haben wir genauso festgelegt, wie wir das Thema Sicherung des Lebensunterhalts noch einmal etwas konkreter gefasst und das Regel-Ausnahme-Verhältnis in einen, wie ich finde, sehr guten und ausgewogenen Ansatz gebracht haben. Darüber hinaus haben wir das Thema Entbürokratisierung im Widerspruchsverfahren mit aufgenommen.

Lassen Sie mich zuletzt noch einen Punkt loswerden, der mich bewegt – der Kollege Roth hat es angesprochen –, nämlich das Thema Dublin. Wir haben bei den DublinVerfahren die Situation, dass ausländerrechtlich nun einmal nicht wir zuständig sind, sondern der Bund, Herr Kollege Roth.

(Zuruf des Abg. Ernst-Ewald Roth (SPD))

Und wenn eine Zuständigkeit nicht bei uns liegt, können wir sie auch nicht am Ende über das Härtefallkommissionsgesetz an uns heranziehen. Dafür haben wir keine Kompetenz. Deswegen ist es so, dass die Dublin-III-Verfahren nicht in unsere Härtefallkommission aufgenommen werden können. Das folgt den Regeln des Ausländerrechts. Das mag man beklagen – allerdings an anderer Stelle, nicht hier im Hessischen Landtag.

Ich bin dankbar und froh darüber, dass wir mit der Veränderung des Härtefallkommissionsgesetzes wahrlich einen Ausdruck von Humanität gesendet haben. Darüber bin ich froh und glücklich und freue mich, wenn es jetzt verabschiedet wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Änderung des Härtefallkommissionsgesetzes und des Hessischen Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung.

Wer diesem Gesetzentwurf ich dritter Lesung zustimmen möchte, bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Dann darf ich feststellen, dass der Gesetzentwurf mit den Stimmen von CDU und GRÜNEN bei Enthaltung der übrigen Fraktionen des Hauses angenommen worden ist. Er wird damit zum Gesetz erhoben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, noch eingegangen und an Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Antrag der Fraktion der FDP betreffend Information und Transparenz aufbauen für Waldbesitzer, drohenden Eigentumseingriff verhindern, Drucks. 19/1179. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 90 mit einer Redezeit von fünf Minuten. Wie zu verfahren ist, muss man mir dann noch mitteilen.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, bitte etwas mehr Ruhe, auch während der Redebeiträge.

(Fortgesetzte Unruhe)

Wir sind noch früh dran. Wir haben noch Zeit für eine Unterbrechung. Bitte, meine Damen und Herren.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 84 auf: