Protocol of the Session on November 27, 2014

Dritte Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Änderung des Härtefallkommissionsgesetzes und des Hessischen Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung – Drucks. 19/1097 zu Drucks. 19/947 zu Drucks. 19/499 –

Berichterstatterin ist Frau Kollegin Wallmann. – Ich erteile Ihnen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Zur Beschlussempfehlung: Der Innenausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung von SPD, LINKEN und FDP, den Gesetzentwurf in dritter Lesung unter Berücksichtigung des Änderungsantrags, Drucks. 18/944, anzunehmen.

Danke schön, Frau Kollegin Wallmann. – Dann erteile ich Ihnen für die Fraktion der CDU das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach der ersten und zweiten Lesung, einer ausführlichen Anhörung und weiteren Beratungen im Innenausschuss werde ich mich heute bei der dritten Lesung entsprechend kurz fassen. Die Regierungsfraktionen werden mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die Arbeit der Härtefallkommission im zehnten Jahr ihres Bestehens vereinfachen und für gut integrierte Flüchtlinge die Chance, als Härtefall anerkannt zu werden, erhöhen.

Dazu wird die Senkung des Quorums zur Anerkennung eines Härtefalls ebenso beitragen wie die Lockerung hinsichtlich der Anforderungen, den Lebensunterhalt selbstständig zu sichern. Diese Regelungen machen den Kern der Gesetzesänderung aus. Sie fanden sowohl in der Anhörung als auch im Plenum breite Zustimmung. Wir setzen hiermit einen weiteren Punkt der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN um.

Es gab natürlich auch weitgehendere Forderungen. Diese haben wir aus guten Gründen abgelehnt. Man muss sich bei diesem Thema immer vor Augen führen, dass die Härtefallkommission einen Ausnahmecharakter hat. Sie verschafft – das ist ganz entscheidend – vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern, die nach geltendem Gesetz kein Aufenthaltsrecht besitzen, ein Bleiberecht, wenn der Innenminister dem Härtefallersuchen stattgibt. Das ist genau der Unterschied zum Petitionsausschuss.

Der Petitionsausschuss kann sich nicht über die geltende Gesetzeslage hinwegsetzen; er ist an das Recht gebunden und kann davon nicht abweichen. Das heißt, die Härtefallkommission hat ganz besondere Möglichkeiten, um sich über das Recht hinwegzusetzen. Mit diesen Möglichkeiten muss man sehr verantwortungsbewusst umgehen – verantwortungsbewusst bei der Abwägung im Einzelfall, verantwortungsbewusst aber auch insofern, dass die demokratisch legitimierte Wertung des Gesetzgebers, der in den der Kommission vorliegenden Fällen gerade kein Aufenthaltsrecht vorsieht, nicht ausgehebelt wird.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sehr richtig!)

Die Erfahrung zeigt, dass die Arbeit der Härtefallkommission gut läuft und dass die Entscheidungen sehr ausgewogen sind. Das hat die Vergangenheit bestätigt.

Wir sind gleichwohl aber nicht der Meinung, dass das Petitionsverfahren nicht mehr vorgeschaltet sein sollte, das wä

re auch unlogisch. Ich habe eben erläutert, das Petitionsverfahren ist an Recht und Gesetz gebunden, und die Härtefallkommission kann Ausnahmeregelungen schaffen.

Es macht keinen Sinn, erst die Ausnahme und dann die Gesetzeslage zu prüfen. Zudem stimmt das Argument, dass die Fälle dadurch schneller bearbeitet würden, natürlich nicht. Selbstverständlich würde jeder Betroffene, der von der Härtefallkommission abgelehnt werden würde, im Anschluss auch ein Petitionsverfahren anstreben. Es würde das Verfahren also eher verlängern.

Wir sehen ebenso keinen Änderungsbedarf hinsichtlich der Zusammensetzung der Härtefallkommission. Man darf nicht vergessen, dass es sich hierbei gerade nicht um einen Parlamentsausschuss handelt.

Wichtig ist für mich, am Schluss noch einmal Folgendes festzuhalten: Die Betroffenen setzen berechtigte Hoffnungen in die Härtefallkommission. Das hat die Arbeit in der Vergangenheit auch bestätigt. Mit den jetzt neu hinzugefügten Änderungen wird die Arbeit noch einfacher, und die Betroffenen können noch mehr Hoffnungen in die Arbeit haben. Ich glaube, man kann der Härtefallkommission für die bisherige Arbeit – wir befinden uns, wie gesagt, im zehnten Jahr ihres Bestehens – an dieser Stelle ein Wort des Dankes aussprechen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu der Frage, Dublin-III-Verfahren in die Härtefallkommission mit einzubeziehen, sage ich abschließend nichts mehr. Das habe ich damals, in der ersten und zweiten Lesung, begründet. Das will ich heute nicht noch einmal ausführen. Darüber haben wir bereits im Ausschuss diskutiert. Ich glaube, dass wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf einen guten Weg gefunden haben. Wir haben auch zu den vielen Forderungen, die es gegeben hat, einen Kompromiss gefunden. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie unserem heutigen Gesetzentwurf zustimmen würden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Frau Abg. Cárdenas für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die jetzt zur Abstimmung stehenden Neuerungen des Härtefallkommissionsgesetzes gehen zwar in die richtige Richtung, im Großen und Ganzen bleiben sie aber weit hinter den Erwartungen zurück, die mit einer solchen Novelle verbunden waren und sind.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Vielleicht sind es falsche Erwartungen!)

Die Absenkung der Hürde zur Feststellung eines Härtefalls auf die einfache Mehrheit als notwendiges Quorum ist beispielsweise eine wichtige Änderung, für die auch wir in unserem Änderungsantrag geworben hatten. Wir hatten weitere Änderungsvorschläge gemacht, die der Härtefallkommission mehr Gewicht verliehen, ihre Arbeit erleichtert und den Antragstellerinnen und Antragstellern eine

faire Chance geboten hätten, ihre Härtesituationen zu meistern.

Dass sich der Petitionsausschuss zuvor mit den Fällen befasst haben muss, damit die Härtefallkommission sich mit ihnen beschäftigen darf, ist z. B. ein solch überflüssiges Hindernis, das wir und viele andere, wie man in der Anhörung gehört hat, gerne beseitigt hätten. Ebenso ist nicht nachvollziehbar, warum nicht alle Fraktionen des Hessischen Landtags in der Kommission vertreten sind. Es hätte zu einer größeren gesellschaftlichen Akzeptanz der Härtefallkommission beigetragen, wenn das gesamte politische Spektrum des Landtags in der Kommission abgebildet wäre.

Meine Damen und Herren, in manchen Lebenssituationen sind es ausgerechnet die Vorschriften des Härtefallkommissionsgesetzes selbst, die zu Härtesituationen führen können. Hier sind insbesondere die Ausschlussgründe zu nennen, die unter anderem überflüssige Anforderungen an die finanzielle Situation der Antragstellenden stellen, die in der Lage sein müssen, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

Wir hatten in unserem Änderungsantrag die komplette Streichung dieser Ausschlussgründe gefordert und auf die Diskrepanz zwischen der humanitären Zielsetzung des Gesetzes und der Ausgrenzung von Personen hingewiesen, die ihren Lebensunterhalt eben nicht sichern können.

Wenn der Lebensunterhalt nunmehr überwiegend gesichert sein muss, wird diese Situation nur teilweise entschärft. Es verbleib ein breiter Interpretationsspielraum und Unsicherheitsfaktor, wovor übrigens auch Amnesty International in der Stellungnahme gewarnt hat.

Die zentralen Probleme der Härtefallkommission werden nicht angegangen. Die Chance zu einer umfassenden Reform wird leider nicht genutzt. Einem solchen Gesetz können wir daher nicht zustimmen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Kollege Roth, Sie haben das Wort für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der dritten Lesung des Härtefallkommissionsgesetzes wissen alle, die am Verfahren beteiligt sind, wie das Gesetz am Ende aussehen wird. Ich habe nicht die Hoffnung, dass die dritte Lesung an dem Gesetzestext etwas Wesentliches verändert. Deswegen in aller Kürze drei Hinweise.

Kollege Merz hat es schon bei der ersten Lesung und Kollegin Gnadl bei der zweiten Lesung vorgetragen: Die Veränderung des Gesetzes ist an zwei Punkten von großer Bedeutung. Der eine Punkt ist das Quorum. Das macht es für die Härtefallkommission deutlich einfacher, in der einen oder anderen Situation mit einfacher Mehrheit zu entscheiden und nicht die Zweidrittelmehrheit erzielen zu müssen.

Der zweite Punkt ist die Frage des Lebensunterhalts. Jetzt steht im Gesetz, dass der Lebensunterhalt überwiegend gesichert sein muss. Es wird sich zeigen, wie wir in den nächsten Monaten mit diesem „überwiegend“ in der Härtefallkommission umgehen.

Drittens. Hierbei geht es um zwei wesentliche Dinge, die in der Gesetzesänderung fehlen. Wir haben das durch einen eigenen Änderungsantrag in dem Gesetzgebungsverfahren eingebracht. Nach der ersten Lesung ist der Änderungsantrag im Ausschuss abgelehnt worden. Ich will dennoch, bevor wir dieses Gesetz verabschieden, auf diese beiden Punkte deutlich hinweisen.

Wir schließen mit dem Gesetz, wenn wir es so beschließen, eine Gruppe von Menschen, die derzeit in Hessen leben, aus. Das sind all diejenigen, die sich im Dublin-Verfahren befinden.

(Beifall bei der SPD)

In der Vergangenheit hatten wir diese Gruppe im Härtefallverfahren, weil wir auch im Petitionsausschuss für diese Fragen zuständig waren. Mit der Neuordnung des DublinVerfahrens wird jeweils dafür der Petitionsausschuss des Bundestags zuständig sein.

(Alexander Bauer (CDU): Das ist doch nicht schlecht!)

Wenn aber für den Härtefallantrag ein abgeschlossenes Petitionsverfahren im Hessischen Landtag vorausgesetzt ist, dann können diese Personen keinen Härtefallantrag mehr stellen. Herr Kollege Bauer, das ist in der Tat deutlich schlechter.

(Beifall bei der SPD – Alexander Bauer (CDU): Sie können in Berlin als Härtefall anerkannt werden!)

Der andere Punkt bezieht sich noch einmal auf die Sicherung des Lebensunterhalts. Wir glauben aufgrund von ganz wenigen konkreten Entscheidungsfällen, die ich hier nicht öffentlich nenne, die wir in der Härtefallkommission beraten und entschieden haben, dass es gut wäre, wenn wir in ganz bestimmten Situationen – das kann ganz eng gefasst sein und das macht keine ganz große Summe aus – einen Härtefallfonds hätten, um denjenigen zu helfen, die die Lebensunterhaltssicherung aus eigenem Antrieb nicht in vollem Umfang hinbekommen. Ihnen das fehlende Delta durch einen Härtefallfonds zu finanzieren, wäre ohne Weiteres möglich.

(Beifall bei der SPD)

Ich reagiere noch einmal auf den Zwischenruf des Kollegen Bauer. Das gibt mir Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass das Bundesland Hessen das einzige Bundesland ist, das ein vorgeschaltetes Petitionsverfahren vor dem Härtefallverfahren hat.

(Alexander Bauer (CDU): Wir schieben auch nicht ab, da sind wir auch die Einzigen, die das machen!)

Wir sind dennoch die Einzigen, die das vorgeschaltete Petitionsverfahren haben. Das macht es nicht einfacher für die Gruppe, die jetzt davon ausgeschlossen ist.

Die Gesetzesänderung geht an zwei Stellen in die richtige Richtung. Zwei aus unserer Sicht wesentliche Punkte fehlen aber. Deshalb werden wir uns bei der Abstimmung über diesen Gesetzentwurf enthalten.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Frau Abg. Öztürk für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ist die dritte Lesung des Härtefallkommissionsgesetzes, das wir gemeinsam als CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verändern wollen. Ich freue mich sehr, wenn wir heute endlich nach der dritten Lesung dieses Gesetz verabschieden können, damit viele Menschen draußen, die auf eine Verbesserung warten, diese dann auch erhalten können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

In Hessen haben wir schon öfter über die Härtefallkommission diskutiert. Und wir haben auch schon öfter gemeinsam in verschiedenen Rollen über Verbesserungen gerungen. Ich muss auch zugeben, dass ich in den Jahren 2008 und 2009, als wir eine andere Härtefallkommission beschlossen hatten, in der erstmals nicht nur Abgeordnete, sondern auch zivilgesellschaftliche Gruppen, Kirchen und Ministerien vertreten waren, skeptisch war, dass überhaupt noch Abgeordnete dieser Kommission angehören.