Dieser Zielsetzung dienen auch die Strafvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes, und durch das Betäubungsmittelgesetz soll die Verfügbarkeit von Drogen, die als ein wesentlicher Risikofaktor für den Einstieg in den Drogenkonsum gesehen wird, beschränkt werden.
Grundsätzlich strebt das Betäubungsmittelgesetz die Verhinderung des Drogenkonsums an. Aber es geht darüber hinaus. So gibt das Betäubungsmittelgesetz als generalpräventive Maßnahme Hilfen an die Hand, wie die Auflage zur Teilnahme an Drogenberatungsgesprächen oder an Frühzeitinterventionsprogrammen. Außerdem finden sich therapeutische und schadensmindernde Ansätze, z. B. Regeln zu Drogenkonsumräumen oder die Möglichkeit von – das kennen die allermeisten – Therapie statt Strafvollstreckung.
Schließlich ist das Gesetz nicht auf Verbote beschränkt – das will ich ausdrücklich betonen –, sondern es ermöglicht im Sinne des Gesundheitsschutzes auch den kontrollierten Zugang zu Substanzen, die unter anderem in ärztlichen Behandlungen ihren Einsatz finden.
Dies alles zeigt, dass das Betäubungsmittelgesetz weit mehr ist als ein reines Strafgesetz und nicht, Frau Kollegin Schott, wie Sie es im Antrag formuliert haben, mit strikter Repression verbunden ist, sondern ganz andere Ansätze hat, die auch der Prävention dienen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will darauf hinweisen, dass das Bundesverfassungsgericht 1994 entschieden hat, dass das BtMG verfassungsrechtlich unbedenklich ist. Hin und wieder hört man, auch jetzt in den Debatten, dass verfassungsrechtliche Probleme bestünden. Dieses Urteil des Bundesverfassungsgerichts spricht eine andere Sprache.
Ich möchte, weil es beim Antrag der LINKEN nicht nur um die Entkriminalisierung von Cannabis, sondern von allen Bereichen geht, als Justizministerin darauf hinweisen, dass es verschiedene Modelle gibt, die entweder kultursoziologisch geprägt sind oder ökonomische Ansätze haben, die dem Ziel dienen, die Normalität des Drogenkonsums oder die Austrocknung des Schwarzmarktes in den Blick zu nehmen.
Ich will nur ein paar Stichworte nennen, die natürlich auch in den Anhörungen auf Bundesebene eine Rolle spielen. Es wird gefordert: freier Markt für alle Drogen, staatliches Drogenmonopol für alle Drogen, eine kontrollierte Teilliberalisierung, die Freigabe sogenannter weicher Drogen oder weitere Entkriminalisierungsmodelle, die damit gemischt werden.
Wenn man sich die Zahlen anschaut – das haben eben einige Kollegen schon erwähnt –, sind nach der Statistik des Jahrbuches Sucht aus dem Jahr 2013 von 80 Millionen Einwohnern 2,4 Millionen Cannabisnutzer und -konsumenten. Nebenbei bemerkt: Frau Kollegin Schott, der Konsum von Cannabis oder anderer Drogen ist nicht strafbar, sondern der Besitz, der Anbau und die Weiterverbreitung sind strafbar.
Ja, das ist ein großer Unterschied, weil der Konsum, wenn man es selber nimmt – zu welchem Zweck auch immer, zur Selbstschädigung wie bei allen andern –, nicht unter Strafe steht, sondern das andere, was als Umfeld damit zusammenhängt.
Insofern kann jemand nicht bestraft werden, bei dem ausschließlich der Konsum im Vordergrund steht. Und wenn man über Repression redet, muss man das sehr genau auseinanderhalten.
Zu den Zahlen. Bei 80 Millionen Einwohnern gibt es 2,4 Millionen Cannabiskonsumenten und 645.000 Konsumenten anderer illegaler Drogen. Wir haben, was die Zahlen angeht, einen Rückgang. Man könnte sagen, die generalpräventive Wirkung des Betäubungsmittelgesetzes hat gewirkt. Die Zahlen sind nämlich nicht gestiegen, sondern gesunken.
Ich will darauf hinweisen, dass es ein richtungsweisendes Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom Juli 2014 gibt, nach dem Kräutermischungen und deren synthetische Zusätze nicht dem Betäubungsmittelgesetz unterliegen und auch nicht nach dem Arzneimittelgesetz verfolgt werden können. Das heißt, wir haben eine ganz neue Debatte, die sich auftut.
Deshalb hat die Justizministerkonferenz im Herbst 2014 einen Beschluss gefasst. Derzeit ist es nämlich so, dass der Rechtsprechung zur Folge Herstellung und Vertrieb sogenannter Legal Highs, also synthetischer Cannabinoide, derzeit nicht strafbar sind.
Diese neuen psychoaktiven Substanzen unterfallen weder dem Betäubungsmittelgesetz noch dem Arzneimittelgesetz. Das heißt, der Markt in diesem Bereich, wo man es legal im Internet kaufen kann, hat zugenommen. Ich darf mit
1. Die Justizministerinnen und Justizminister sind sich einig, dass der Konsum von sogenannten neuen psychoaktiven Substanzen (NPS) unkalkulierbare gesundheitliche Schäden hervorrufen kann und ein effektiver und umfassender Schutz der Gesundheit von Konsumentinnen und Konsumenten wesentlich davon abhängt, dass die Herstellung und der Vertrieb dieser Substanzen wirksam unterbunden werden. Hierfür bedarf es strafrechtlicher Sanktionsmöglichkeiten.
2. Mit dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 10. Juli 2014 zur Frage der Einstufung von NPS als Arzneimittel ist eine Strafbarkeitslücke offenkundig geworden.
3. Die Justizministerinnen und Justizminister bitten den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz, im Benehmen mit dem federführenden Bundesminister für Gesundheit Regelungsvorschläge vorzulegen, etwa zur Einführung einer Stoffgruppenstrafbarkeit.
Zum Schluss will ich sagen, das Betäubungsmittelgesetz hat sich grundsätzlich bewährt. Die strafrechtlichen Verbote im Betäubungsmittelgesetz sind ein notwendiger und unverzichtbarer Bestandteil der auf vier Säulen basierenden Drogenpolitik der Repression, Prävention, Therapie und Schadensreduzierung. Ich freue mich auf die Beratungen im Rechtsausschuss.
Nach dieser Debatte möchte ich noch einmal auf zwei Dinge eingehen. Herr Dr. Bartelt, dass Sie als Mediziner hier in dieser Art und Weise zum Thema Cannabis und Gesundheit argumentiert haben, hat mich tatsächlich erschüttert.
Ich weiß nicht, was dieser Zwischenruf jetzt soll. – Sie müssten sich ein einziges Mal die Mühe machen, mit betroffenen Menschen zu sprechen, die Cannabis als Medizin haben möchten, mit all den Hindernissen.
Ich möchte Ihnen die Geschichte einer krebskranken Frau erzählen, die nach ihrer Operation eine Chemotherapie hatte und als Ergebnis dieser Chemotherapie unerträgliche Tage und Stunden mit Sich-Übergeben und grauenvollen Schmerzen verbracht hat. Der Versuch, ihren Arzt davon zu überzeugen, dass Cannabis das Mittel der Wahl wäre, dieses Erbrechen einzudämmen, war völlig erfolglos. Sie finden in der Regel keinen Arzt – auch wenig Fachärzte –, erst recht nicht im ländlichen Bereich, der bereit ist, sich darauf einzulassen. Sie tun es schlicht nicht.
Sie tun es aber nicht. Das ist die Realität. Die Realität ist deshalb so, weil wir uns immer im halblegalen Raum bewegen und deswegen auch die Ärzte Angst haben. Diese Ängste werden nachdrücklich geschürt.
dass die Patienten ohne Probleme diese Medikamente bekommen können. Wenn Sie hier so tun, als ob es das Problem nicht gibt, dann verleugnen Sie einfach eine Tatsache. Mit dieser Verleugnung führen Sie genau die Haltung fort, die Sie in Ihrem gesamten Antrag an den Tag gelegt haben.
(Ismail Tipi (CDU): Sie machen Menschen falsche Hoffnung! – Gegenruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE): Was?)
Es geht nicht darum, dass ich Menschen falsche Hoffnungen mache, sondern es geht darum, dass Sie Menschen Hilfe verweigern.
Die Art und Weise, wie Sie damit umgehen, ist eine Ignoranz, die ich unerträglich finde. Sie sollten einmal mit den betroffenen Menschen sprechen.
Der zweite Punkt an der Stelle. Sie sollten einmal über die Kosten dieser Medikamente nachdenken und darüber, wer bezahlen muss. Es gibt nämlich eine erhebliche Gruppe von Menschen, die es sich überhaupt nicht leisten kann, und zwar nicht im Entferntesten leisten kann, diese Medikamente zu nehmen.
Auch hier können Sie einmal mit den Betroffenen reden. Ich glaube nicht, dass Sie jemals im Leben mit einem solchen betroffenen Menschen gesprochen haben, sonst würden Sie hier nicht sagen, dass das, was ich sage, peinlich ist,
(Holger Bellino (CDU): Vielleicht sollten Sie einmal ein Beruhigungsmittel nehmen! – Fortgesetzte Zurufe von der CDU)
Ich weiß ja nicht, was Sie für einen Umgang mit Beruhigungsmitteln haben. Aber Sie sollten sich hüten, anderen Leuten solche Mittel zu empfehlen.
(Holger Bellino (CDU): Holen Sie doch einmal Luft, bevor Sie überventilieren! – Weitere fortgesetzte Zurufe von der CDU)
Meine Damen und Herren, es ist die Gepflogenheit hier im Haus, dass die Rednerin das Wort hat, und ich bitte um mehr Aufmerksamkeit,