Protocol of the Session on November 27, 2014

den Beratungsstellen und den Notrufen so engagiert aufrechterhalten haben.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Ab- geordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Hilfe suchenden Frauen sind mehr geworden. Das bestehende Angebot an Frauenhausplätzen reicht nicht aus. Wir haben als Zielvorgabe des Europarates die Bemessungsgrundlage aufgrund der Einwohnerzahl, nämlich den Einwohnerschlüssel für Frauenhausplätze. Hessen hält diese Bemessungsgrundlage nicht ein. 2013 hat der Sozialminister das damit begründet, dass das keine verbindliche Vorgabe, sondern lediglich eine Orientierung sei.

Wir haben die Erkenntnis, dass es neue Bedarfe gibt und dass die Problemlagen vielfältiger geworden sind. Neben der häuslichen Gewalt, der sexuellen Diskriminierung sowie der physischen und psychischen Gewalt kommen neue Themen wie Cybermobbing oder K.-o.-Tropfen hinzu.

Es gibt dringende Bedarfe für Frauen mit Behinderungen. Wir alle wissen, dass sie besonders von Gewalt betroffen sind. Um gerade auf diese Frauen verstärkt zuzugehen, haben wir noch keine richtige Angebotsstruktur in Hessen. Wir wissen, dass Geld für die Betreuung der Kinder der betroffenen Frauen fehlt. Wir wissen, dass es keine Schutzraumwohnungen für Frauen gibt, deren Söhne älter als zwölf Jahre sind, die eben nicht mit in das Frauenhaus aufgenommen werden können. Wir wissen von Problemlagen illegaler Flüchtlingsfrauen, obdachloser Frauen, Prostituierter, auf die die Frauenhäuser versuchen zu reagieren, es aufgrund der finanziellen Notlagen aber nicht schaffen.

Frau Ravensburg hat die Akutversorgung nach Vergewaltigung erwähnt, die die Frankfurter Beratungsstelle Frauennotruf im Verbund mit den Kliniken initiiert und aufgebaut hat. Es ist doch wirklich fraglich, ob mit dem, was Sie jetzt zur Verfügung stellen, solche Angebote hessenweit finanziert werden können.

Sie haben viele Versprechungen gemacht, was Sie alles finanzieren wollen. Sie haben bei den Frauen, die in den Frauenhäusern und Beratungsstellen arbeiten, Hoffnungen geweckt, dass sich die Situation verbessert, auch die Personalsituation, dass es jenseits der Tagesfinanzierung eine verbindliche Finanzierung gibt. Diese haben gehofft, dass sie damit die Grundbedarfe besser abdecken können und auf all das, was ich an neuen Bedarfen aufgezählt habe, auch reagieren können. Aber davon wird nichts übrig bleiben; denn aufgrund der finanziellen Situation der Städte, Gemeinden und Landkreise ist es doch voraussehbar, dass die kommunale Seite ihre Mittel um die zurückschraubt, die jetzt zusätzlich in den Topf der kommunalisierten Mittel kommen sollen.

Wir sind der Auffassung, dass das Land wieder eine stärkere Verantwortung übernehmen muss; denn wir leben – das zeigen alle Zahlen, die die Kolleginnen vorhin erwähnt haben – in einer zutiefst frauenfeindlichen Gesellschaft. Das zeigen auch die abscheulichen Pick-up-Seminare in Frankfurt. Ich bin froh, dass alle rechtlichen Mittel geprüft werden, um dagegen vorzugehen.

Frau Kollegin Gnadl, Sie müssen jetzt wirklich zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss. – Das Land muss stärker Verantwortung übernehmen, wir dürfen die Verantwortung nicht weiter nach unten abgeben. Die zur Verfügung gestellten Mittel werden am Ende nicht bei den Betroffenen ankommen. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank. – Für die Landesregierung spricht Herr Staatssekretär Dr. Dippel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn ich den Applaus insgesamt vernehme, dann denke ich, wir sind uns einig darüber, das Thema „Schutz vor Gewalt gegen Frauen“ stärker in den Mittelpunkt zu stellen, und zwar nicht nur, wenn etwas passiert ist, auch wenn wir alle die gräuliche Tat im Hinterkopf behalten werden. Deshalb kommt Ihnen die Hessische Landesregierung – auch aufgrund der Koalitionsvereinbarung – natürlich entgegen.

Bei der finanzpolitischen Diskussion sollten Sie Folgendes im Hinterkopf haben – das ist bei den Haushaltsberatungen schon deutlich geworden –: Wir werden bei dieser Thematik mehr als 8 Millionen € einsetzen. Das Sozialbudget ist schon genannt worden. Ich will es nur auszugsweise ansprechen, ohne genaue Zahlen zu nennen – die kann man dann ja nachvollziehen –: Das Thema „Schutz vor Gewalt, Frauenhäuser, Beratungsstellen gegen sexuelle Gewalt“ ist im Sozialbudget im geschützten Bereich verankert. Wir müssen aber auch die gesamtpolitische Verantwortung sehen. Ich nehme die Kosten der gesundheitlichen Versorgung von Gewaltopfern hinzu, die im Sozialbudget verankert sind, und ich nehme auch die ganzen Bereiche der Jugendhilfe dazu. Auf diesen Kreislauf müssen wir so früh wie möglich aufmerksam machen, da müssen wir im Grunde genommen auch verstärken.

Viele von Ihnen hier im Parlament werden auch kommunale Verantwortung tragen. Ich gehe davon aus, dass Sie sich bei den anstehenden Haushaltsberatungen auf der kommunalen Ebene sehr stark dafür einsetzen werden, dass genau das Thema, das Sie angesprochen haben, Frau Schott – von der Lenkung bis zur Umsetzung –, neben vielen anderen Dingen als Priorität Nummer eins in den Haushalt einfließen wird. Dazu können wir alle gemeinsamen einen Beitrag leisten, indem wir sagen: Die Landesregierung fördert den Bereich insgesamt, wir möchten das vor Ort umsetzen. – Da sind wir alle aufgefordert. Die Beratungen sind im Gange. Ich glaube, wir sind da auf dem richtigen Weg.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie kennen die berühmte Thematik der Zielvereinbarungen. Darüber kann man natürlich lenken und steuern. Aber eines ist auch klar: Die kommunal Verantwortlichen werden sicherlich überlegen, wie sie bei dem Thema voranschreiten können. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir diese Dinge – das geht nur in Kooperation – auf den Weg bringen werden.

Ich will noch ein Weiteres sagen: Der Landesaktionsplan ist angesprochen worden. Er muss weiter evaluiert werden. Es ist immer die Aufgabe, zu sehen: Wo stehen wir? Wo wollen wir hin? Ein Ziel muss es sein, gerade die Anstrengungen in der Prävention zu verstärken. Es gibt gute Beispiele in Hessen, die auch deutschlandweit aufgenommen worden sind.

Weiterhin sind genannt worden – ich gehe da nicht ins Detail – die Schutzambulanz Fulda, Frauennotruf in Frankfurt, und das Ministerium hat das „Ärztliche Praxishandbuch Gewalt“ vorgelegt. Das ist doch deutschlandweit übernommen worden. Maßgebliche medizinische Institutionen beraten, regen an und helfen uns insgesamt. Also: Es ist viel verändert worden. Ich weiß, es reicht insgesamt noch nicht. Aber ich denke, die Regierung und das Haus sind auf dem richtigen Weg.

Deshalb wundert es mich, Frau Schott, dass Sie jetzt schon wissen, dass all das leere Worte sind; so steht es in Ihrer Presseerklärung, ich habe sie hier vorliegen. Ich gehe nicht davon aus. Wir betreiben auch keine Augenwischerei. Wir haben Gespräche mit den Frauenverbänden geführt, und ich hatte das Gefühl, dass wir auch da Einigung erzielen werden.

Ich sage Ihnen noch eines: Vergessen Sie bitte nicht, dass die Mittel verdoppelt worden sind. Bei den schwierigen Rahmenbedingungen ist das ein besonderer Schwerpunkt der Regierung, der Koalition insgesamt. Ich denke, dass wir das dann im Verfahren, im operativen Geschäft auf den Weg bringen werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Staatssekretär, herzlichen Dank. – Damit ist Punkt 64, die Aktuelle Stunde auf Antrag der LINKEN, beraten.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 65 auf:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend eine Aktuelle Stunde (Kein erneuter Wortbruch gegenüber hessi- schen Beamtinnen und Beamten – kein Besoldungsdik- tat der Hessischen Landesregierung gegenüber ihren Beschäftigten) – Drucks. 19/1145 –

Das Wort hat der Kollege Günter Rudolph, SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Wirtschafts- und Verkehrsminister Al-Wazir! Wir haben gleich noch die Gelegenheit, uns auszutauschen – ich mich mit Ihnen, Sie ja nicht.

Für das Haushaltsjahr sieht die schwarz-grüne Landesregierung im Bereich der Beamtenbesoldung keinerlei Erhöhungen vor. Darüber hinaus sind Einschnitte bei der Beihilfe um rund 20 Millionen € vorgesehen. Stattdessen bleibt allerdings die Wochenarbeitszeit mit 42 Stunden bundesweit am höchsten. Das ist sicherlich sehr erfreulich für die Landesregierung, weniger erfreulich für die hessischen Beamtinnen und Beamten.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Dank für eine gute Mitarbeit sieht jedenfalls anders aus, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und der FDP)

Nehmen wir einmal den fiktiven Regierungshauptsekretär A 8, wir nennen ihn Peter B., beschäftigt in der Landesverwaltung, Herr Innenminister.

(Heiterkeit bei der SPD und der FDP)

Dieser Regierungshauptsekretär hat in den letzten Jahren einiges im Bereich der Beamtenbesoldung, der Arbeitszeit durchgemacht. Unter Roland Koch, Herr Boddenberg, der Wortbruch: „Es gibt keine Sonderopfer für hessische Beamte“ – im Rahmen der „Aktion düstere Zukunft“ 2003 Erhöhung der Wochenarbeitszeit von 38,5 auf 42 Stunden.

(Holger Bellino (CDU): „Sichere Zukunft“ heißt das!)

In der Zeit wurde die Weihnachtszuwendung auf 60 % gekürzt und das Urlaubsgeld komplett gestrichen. Das bedeutete, wenn wir von dem fiktiven Regierungshauptsekretär Peter B. reden, einen Einkommensverlust von 3.000 €. In den letzten Jahren machte das zusammen fast 11.000 € aus. Rechnen wir dann die Erhöhung der Arbeitszeit ebenfalls in Geld um, sind wir insgesamt bei fast 50.000 €, die Sie diesem Regierungshauptsekretär in den letzten zehn Jahren genommen haben. Wir finden, so kann man nicht mit hessischen Beamtinnen und Beamten umgehen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie des Abg. René Rock (FDP))

Und es geht genau so weiter: eine Nullrunde für 2015, in den nächsten Jahren 1 % – übrigens eine Regelung, die in befreundeten und benachbarten Bundesländern auch angewandt wurde. Was war das für ein Gedöns auf der Seite der CDU, wie man so etwas machen könne: „beamtenfeindlich pur“ – also Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen –, und jetzt macht man genau die gleichen Regeln.

(Nancy Faeser (SPD): Genau so ist es!)

Das riecht ja förmlich nach Heuchelei, nein, das ist Heuchelei, meine sehr verehrten Damen und Herren, vor allem von der CDU.

(Beifall bei der SPD und des Abg. René Rock (FDP) – Zurufe der Abg. Michael Boddenberg und Manfred Pentz (CDU))

Herr Boddenberg, ich kann Sie aber beruhigen: Am 3. Dezember wird die mündliche Verhandlung im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens stattfinden. – Herr Pentz, was haben Sie Unbedeutendes zu sagen? Nichts? Danke.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, am 3. Dezember findet die mündliche Verhandlung im Normenkontrollverfahren in Karlsruhe dazu statt,

(Zuruf des Abg. Manfred Pentz (CDU) – Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

ob eine solche Regelung verfassungskonform ist. Wir sind sehr gespannt, wie das in Karlsruhe ausgehen wird.

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) – Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, was hat der heutige Koalitionspartner – Herr Al-Wazir, ich halte, was ich verspreche – alles vor der Landtagswahl 2013 dazu gesagt? Wir waren gemeinsam auf der Tagung des Hessischen Beamtenbundes in Fulda. Ich habe eine CD davon, die haben Sie auch. Sie haben das verdrängt. Das ist zulässig. Ich empfehle: Schauen Sie, hören Sie rein. Der Kollege Al-Wazir – – Das war so gut, als hätte ich es selbst gesagt.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Ich muss schon sagen, wenn die Sache nicht so ernst wäre – –

(Manfred Pentz (CDU): Ei, ei, ei!)