Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schork, Sie haben eben zu Recht auf die Arbeit der Regierungskoalition von CDU und FDP in der letzten Legislaturperiode Bezug genommen. Sie haben bewusst – ich bedanke mich dafür – auf die Entscheidung Bezug genommen, die wir beim Thema Schutzschirm gemeinsam getroffen haben.
Ich habe das Gefühl, Sie wissen es auch: Es gibt einen gravierenden Unterschied zwischen der – ich nenne sie jetzt so – Aktion Schutzschirm und der Aktion Erlasse und der Aktion KFA. Bei dem Schutzschirm konnten die Kommunen in eigener Verantwortung entscheiden, wie sie genau und konkret den Konsolidierungsweg gehen wollen.
Bei Ihnen wird es von oben herunter diktiert. Das ist der Unterschied. Und deshalb sind wir dagegen. – Vielen herzlichen Dank.
Herr Kollege Hahn, auch mit dem Herbsterlass und dem, was wir im Zusammenhang damit alles diskutieren, haben wir eben den Kommunen genau nichts vorgeschrieben. § 92 der Hessischen Gemeindeordnung schreibt vor, dass Haushalte jedes Jahr auszugleichen sind.
ein Konsolidierungsprogramm vorzulegen haben. Für dieses Konsolidierungsprogramm, das die Kommunen erarbeiten, ist nicht der Innenminister zuständig. Vielmehr sind dafür die kommunalen Gremien zuständig.
Ich weiß, wovon ich rede. Denn ich bin sowohl Mitglied der Stadtverordnetenversammlung einer Schutzschirmkommune als auch Abgeordneter in einem Schutzschirmkreis. Ich sehe dort, wie hart um das Erstellen der Konsolidierungsprogramme gerungen wird. Das liegt in der Entscheidung der Kommunen, also der Verantwortlichen vor Ort. Sie müssen ein Konsolidierungsprogramm, zugeschnitten auf ihre Gemeinde, erarbeiten.
Wenn dieses Konsolidierungsprogramm zu einem Haushaltsausgleich führt, dann wird es einschließlich des Haushalts von jeder Kommunalaufsicht genehmigt. Wenn diese Konsolidierungsprogramme so aufgebaut sind, dass sie nicht zu einem ausgeglichenen Ergebnis führen, wie es die Hessische Gemeindeordnung vorschreibt, dann ist es die Pflicht der Kommunalaufsicht, die Verantwortlichen in den Kommunen zum Nachbessern aufzufordern.
Nichts anderes steht in dem Erlass. Das ist richtig. Das ist notwendig. Das ist zielführend. Deswegen ist der Innenminister da überhaupt nicht zu kritisieren.
Ceterum censeo, ja, da ist etwas dran. – Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Hoffnung, dass das Alsfeld-Urteil die Landesregierung zwingen würde, den Kommunen eine auskömmliche Finanzierung zu sichern, wurde von der schwarz-grünen Landesregierung brutalstmöglich zunichtegemacht.
Vielmehr geschieht jetzt genau das, wovor wir immer gewarnt haben: Die Landesregierung versucht, die Umsetzung der Schuldenbremse auf Kosten der Kommunen zu erreichen. Sie kürzt den Kommunalen Finanzausgleich und zwingt die Kommunen zu einem rücksichtslosen Streichkonzert bei Sozialem, Bildung und öffentlicher Daseinsvorsorge.
Was SPD und GRÜNE bei der Verankerung der sogenannten Schuldenbremse in der Hessischen Verfassung noch als
Erfolg gefeiert haben, erweist sich nunmehr endgültig als Verfassungsprosa. Es nützt nichts, dass der Inhalt des Art. 137 jetzt zweimal in der Hessischen Verfassung steht. Denn es ist völlig klar, dass die Hessische Verfassung der Landesregierung genügend Freiraum gibt, um die hessischen Kommunen weiterhin schlecht auszustatten.
Ich verstehe, dass die Vertreter der Kommunen erneut den Klageweg beschreiten wollen. Ich habe aber die Befürchtung, dass der Staatsgerichtshof des Landes Hessen kaum geneigt sein wird, dafür zu sorgen, die Finanzausstattung der Kommunen deutlich zu verbessern.
Darum kann es in der Debatte aber auch gar nicht gehen. Letztlich entspricht die Erklärung des hessischen Finanzministers, dass sich der Vorschlag für die Neuregelung des Kommunalen Finanzausgleichs strikt an den Vorgaben des Staatsgerichtshofes orientieren würde, noch nicht einmal der Mindestanforderung. Es müsste schlichtweg eine Selbstverständlichkeit sein, dass eine Regierung nicht andauernd verfassungswidrige Gesetzentwürfe vorlegt. Zumindest gilt das in anderen Bundesländern. In Hessen gelten da schon länger andere Maßstäbe, gerade was den Kommunalen Finanzausgleich angeht.
Es kann doch bei der Neuregelung des Kommunalen Finanzausgleichs nicht allein um das Einhalten der Verfassung gehen. Wir als Mitglieder der LINKEN wissen, dass der Feind im eigenen Land steht. In diesem Fall ist es die Landesregierung in Wiesbaden.
Es geht uns darum, wie die hessischen Kommunen in Zukunft ihre Aufgaben erfüllen können. Es geht darum, wie wir kommunale Selbstverwaltung ausgestalten wollen. Dafür müssen wir mit den kommunal Verantwortlichen und den Bürgerinnen und Bürgern demonstrieren.
Die Hessische Landesregierung hat mit ihrem Vorschlag zur Neuregelung des Kommunalen Finanzausgleichs, der jetzt vorliegt, ganz deutlich gemacht, dass es ihr lediglich darum geht, zu zeigen, wie man die Grenze des Verfassungsgemäßen ausreizen kann. Herr Dr. Schäfer, es ist das eine, dass Sie immer wieder betonen, dass Ihre Reform des Kommunalen Finanzausgleichs im Rahmen der Verfassung zulässig sei. Es ist aber auch eine bewusste politische Entscheidung, dass die Kommunen auch in Zukunft keinen Cent mehr bekommen werden. Dafür sind Sie und die Landesregierung verantwortlich.
Ebenso ist der sogenannte Herbsterlass des hessischen Innenministers Teil der politischen Entscheidung der Landesregierung, die Kommunen und ihre Selbstverwaltung weiterhin auf ein absolutes Mindestmaß schrumpfen zu lassen. Es ist schon geradezu abenteuerlich, dass im Handstreich per Erlass festgelegt wird, dass der Haushaltsausgleich von vielen Kommunen Jahre früher erreicht werden muss, als es bisher vereinbart war. So konnten die hessischen Kommunen, die nicht unter dem Schutzschirmdiktat stehen, noch bis vor wenigen Tagen davon ausgehen, dass sie bis zum Jahr 2020 Zeit haben, um ihre Haushalte auszugleichen.
Nun hat der hessische Innenminister den Kommunen durch den Herbsterlass 2017 als Jahr mit Haushaltsausgleich oktroyiert. Die kurzfristige Vorverlegung dieser ohnehin schwer erreichbaren Vorgaben trifft die Kommunen hart. Sie wissen nicht, wie sie in diesem kurzen Zeitraum dieses Ziel wirklich erreichen können.
Letztlich wird es um die Kommunalaufsicht gehen. Sie wird dann einschreiten. Sie wird den Kommunalpolitikern klarmachen, dass sie eigentlich nur die Statthalter einer kommunalfeindlichen Regierungspolitik in der Landeshauptstadt sind.
Was bleibt den Bürgermeistern und den politisch Verantwortlichen in den Kommunen anderes übrig, als die Erhöhung der Hebesätze, die Erhöhung der Grundsteuer, der Friedhofsgebühren, der Kindergartengebühren, der Spielapparate- und Hundesteuer sowie die Schließung von Bürgerhäusern, Schwimmbädern, Bibliotheken und der Volkshochschulen zu beschließen? In einigen Kommunen wurde die Überlegung angestellt, die Zweitwohnungssteuer einzuführen und anzuheben. Das wird vor allem die Studierenden treffen.
Die Kommunalpolitiker sind die Vollstrecker der bürgerfeindlichen Austeritätspolitik der Hessischen Landesregierung. Dabei beweist sich, dass, wer in Hessen Grün gewählt hat, nicht den Wechsel, sondern die Fortsetzung einer bundesweit beispiellosen kommunalfeindlichen Regierungspolitik gewählt hat.
Herr Hahn, ich muss Ihnen das leider auch noch einmal ins Stammbuch schreiben. Dass die Kommunen im Jahr 2011 rund 344 Millionen € weniger bekommen haben, geschah auch während Ihrer Regierungsverantwortung.
Wie gesagt: Es hat sich seit der Wahlniederlage der FDP nichts geändert. Mit ihrem Dringlichen Antrag wendet sie sich gegen die Erhöhung kommunaler Steuern. Meine Damen und Herren der FDP, wenn Sie sich einmal die Zahlen angesehen hätten, dann hätten Sie verstanden, auf wie dünnes Eis Sie sich begeben haben.
Herr Hahn, denn es ist zwar richtig, dass die jetzige Landesregierung die Kommunen zwingt, die Hebesätze in teilweise ungeahnte Höhen zu treiben. Aber das ist doch in Hessen nichts Neues. Schon in den Verträgen zum Schutzschirm wurde zahlreichen Kommunen die Erhöhung der Grundsteuerhebesätze zum Teil in gigantischen Ausmaßen vom Land aufgedrückt.
Für die Regierungszeit von Schwarz-Gelb weist die Hebesatzstatistik des Statistischen Bundesamtes für das erste Halbjahr 2013 – also genau für die Zeit der Regierungsmitverantwortung der selbst ernannten Steuersenkungspartei FDP – Zahlen aus, die eindeutig belegen, dass, erstens, in Hessen ein klarer Trend zu höheren Hebesätzen besteht und, zweitens, die Schutzschirmkommunen davon besonders betroffen waren. So fielen die Steuererhöhungen in den Kommunen, die unter dem Schutzschirm waren, im Durchschnitt etwa doppelt so hoch aus. Wenn die Mitglieder der FDP heute also erklären, dass sie gegen die Erhöhung der Grundsteuer sind, dann sollten sie auch erklären, warum sie diesen Schutzschirm mitgetragen haben.
Denn das war der erste Schritt zu mehr Belastungen für die Menschen in den Kommunen. Das betraf diejenigen, die es sich am wenigsten leisten können.
Wie gesagt: Den Weg, den Schwarz-Gelb eingeschlagen hatte, geht Schwarz-Grün weiter. Was die Kommunalpolitik angeht, gilt in Hessen: Aus Gelb wurde Grün, ansonsten hat sich nichts geändert.
Wir fordern eine andere Politik, nämlich eine Politik, die die Kommunen als Teil demokratischer Selbstverwaltung ernst nimmt, eine Politik, die darauf ausgerichtet ist, dass in den Kommunen das Gemeinwesen organisiert wird und nicht nur entschieden wird, in welcher Reihenfolge gekürzt wird.
Dafür brauchen wir dann aber natürlich mehr Geld. Denn eine Reform des Kommunalen Finanzausgleichs ohne mehr Geld im System wird nicht funktionieren.
Dafür braucht es aber den Mut, auch auf Bundesebene für eine Erhöhung der Steuern auf große Einkommen, Erbschaften und Vermögen einzutreten.
Ohne mehr Geld in den öffentlichen Kassen wird es weder einen gerechten KFA noch ein gerechtes Hessen geben. Besonders durch die Besteuerung von 19.000 Multimillionären wollen wir das Leben von 80 Millionen Menschen verbessern, auch und gerade in den Kommunen. – Vielen Dank.