Protocol of the Session on September 25, 2014

Die Variante „kurzes Rohr zur Weser“ einfach abzulehnen, ist vom Kreistag ziemlich vorschnell gedacht. Andererseits: „Langes Rohr zur Nordsee“ ist deutlich teurer, braucht längere Planung und hat politischen Gegenwind vom Land Niedersachsen.

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, wir müssen heute feststellen, dass der Widerstand in Niedersachsen nicht schwächer, sondern stärker geworden ist. Nicht nur der Ministerpräsident, sondern auch der Umweltminister und der für die Raumordnung zuständige Minister haben sich eindeutig gegen eine Pipeline zur Nordsee ausgesprochen.

Wir müssen außerdem feststellen, dass es mit dem von uns angedachten Einleitungspunkt am Jadebusen ein Problem gibt, das wir nicht auf dem Schirm hatten. Es gibt den sogenannten Generalplan Wesermarsch; durch den soll verhindert werden, dass die Brackwasserzone noch weiter in die tiefer liegenden Äcker und Weiden eindringt. Dieser Generalplan des Landes Niedersachsen, unter dem früheren Ministerpräsident McAllister ins Leben gerufen, würde durch die Einleitung von K+S-Abwässern ad absurdum geführt.

Zum Dritten hat eine Meeresbiologin aus Wiesbaden inzwischen gutachterlich festgestellt, dass industrielle Salze und das Salz im Meer doch nicht ein und dasselbe sind

(Marjana Schott (DIE LINKE): Das ist doch nicht zu fassen! So viel Erkenntnisgewinn!)

und dass man die Auswirkungen einer Einleitung im Moment noch gar nicht abschätzen kann.

Jetzt liegt uns eine Ökoeffizienzanalyse vor. Ich will daraus nur einen einzigen Punkt ansprechen – zu finden auf Seite 92 –: Die Ewigkeitslasten für die Nordseepipeline werden auf 2,4 Milliarden € geschätzt. – Der eine oder andere von Ihnen wird vielleicht wissen, dass das Unternehmen im Augenblick einen Börsenwert von rund 4,5 Milliarden € hat. Das Unternehmen müsste sich also zur Hälfte selbst verkaufen, um die notwendigen Rückstellungen zu bilden. Wir wissen aber auch, dass im Augenblick am Kalimarkt große Umbrüche stattfinden und dass das Unternehmen im Jahre 2013 eine Reduzierung seines Börsenwertes um 40 % hinnehmen musste.

Das ist nur ein Aspekt, den ich hier vortragen will, um zu erklären, warum wir am Ende sagen müssen: Die lange Pipeline scheitert an den eben von mir vorgetragenen Gründen, auch wenn sie eine tolle Lösung wäre, weil sie zumindest bei uns alle Probleme abräumen würde.

(Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Liebe Frau Schott, wenn Sie den niedersächsischen Landtag, den Thüringer Landtag, den Hessischen Landtag, den Landtag Nordrhein-Westfalen, den runden Tisch, also sozusagen alle Beteiligten, als von dem Unternehmen K+S gekauft hinstellen, weil sie bisher die lange Pipeline favorisiert haben, wenn Sie immer K-UTEC als das alleinige Allheilmittel anpreisen, dann sage ich Ihnen:

(Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Sie werden hier von Ihrer eigenen Vergangenheit eingeholt, denn K-UTEC ist aus der Kali-Versuchsanstalt der DDR hervorgegangen.

(Beifall bei der CDU – Hermann Schaus (DIE LIN- KE): Dann kann es natürlich nichts sein! – Unruhe)

Bis vor Kurzem wusste ich das nicht. Ich finde es bezeichnend, dass Sie das Verfahren von K-UTEC hier immer als Problemlösung vortragen.

Wenn wir heute also feststellen, dass die Situation so ist, wie ich sie eben beschrieben habe, dann stehen wir vor der Aufgabe, zu einer Neubewertung zu kommen, wenn wir die beiden Ziele „Entlastung der Umwelt“ und „Nichtgefährdung des Unternehmens durch Verzicht auf überzogene oder nicht zu finanzierende Forderungen aus dem Bereich des Umweltschutzes“ gleichzeitig verfolgen wollen. Wir müssen schauen, was angesichts der nun vorliegenden

Erkenntnisse möglich ist, und müssen darauf aufbauend eine neue Entsorgungsstrategie entwickeln.

Ich sage an dieser Stelle aber auch – –

Herr Kollege Landau, Sie müssen zum Schluss kommen. Sagen Sie es noch, und dann ist Schluss.

Ich muss K+S den Spiegel vorhalten. Ich bin enttäuscht von dem Unternehmen.

(Zurufe von der SPD: Wir auch!)

Es hat viel Zeit verstreichen lassen. Es hat immer wieder verzögert. Es hat immer wieder Unterlagen vorgelegt, die nicht bearbeitungsfähig waren. Ich glaube, K+S sollte den Ernst der Lage endlich begreifen und unter den neuen Bedingungen sehr schnell ein für uns und auch alle anderen akzeptierbares Lösungskonzept vorlegen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Kollege Landau. – Das Wort hat Frau Abg. Erfurth, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Schott, ich fand es schon sehr enttäuschend, wie Sie zur Untermauerung Ihrer Argumente erst einmal den runden Tisch kräftig diskreditiert haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Der runde Tisch ist ein Gremium, das aus vielen, vielen Experten der Umweltbewegung, unseres Bundeslandes, der Anrainerländer und der Kommunen zusammengesetzt ist. Dieser runde Tisch hat viel, viel Transparenz in das Verfahren gebracht. Nur deshalb, weil das Ergebnis, das der runde Tisch 2010 veröffentlicht hat, nicht Ihrer Linie entspricht, jetzt zu sagen, er sei von K+S „gesteuert“, finde ich schon starken Tobak. Ich glaube, diese Behauptung sollten Sie nicht weiter in die Welt setzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Es gibt in diesem Hause keinen Antrag, der zu K+S verabschiedet worden ist, bei dem nicht zum Ausdruck gebracht wurde, wie wichtig uns der Erhalt der Arbeitsplätze im Kalirevier ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Für die GRÜNEN kann ich sagen: Wir haben immer wieder betont, dass es darum geht, Ökonomie und Ökologie zusammenzubringen. Es geht um den Erhalt zukunftsfähiger Arbeitsplätze und um eine umweltverträgliche Entsorgung der Abfälle aus der Kaliindustrie. Das ist das erklärte Ziel der Koalition. An diesem Ziel arbeiten wir, und an diesem Ziel arbeitet auch Umweltministerin Priska Hinz.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich gebe gerne zu, dass wir GRÜNE uns gewünscht hätten, dass die Empfehlungen des runden Tisches, die ja aus dem Jahre 2010 stammen, schon in der Umsetzungsphase wären. Leider hat es die schwarz-gelbe Vorgängerregierung nicht vermocht, hierfür ein tragfähiges Umsetzungskonzept zu entwickeln.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Für uns GRÜNE und für viele andere – dazu gehören Kollegen aus der CDU, der SPD und auch der FDP – war die Nordseepipeline das Mittel der Wahl. Es gilt immer noch: Die Fernleitung an die Nordsee würde das Versalzungsproblem am allerbesten lösen, wenn man es unter ökologischen Gesichtspunkten betrachtet. Wohlgemerkt: unter ökologischen Gesichtspunkten. Das haben die Beratungen der Flussgebietsgemeinschaft Weser ergeben, und das war auch die Ansicht der Mehrheit am runden Tisch, bei dessen letzter Sitzung ich – genau wie Frau Schott – anwesend war.

Leider ist eine solche Fernleitung nicht das ökoeffizienteste Mittel. Das ist der Haken. Das hat jetzt die Studie ergeben, die vom Umweltministerium in Auftrag gegeben wurde.

Die schwarz-grüne Landesregierung steht jetzt vor der Herausforderung, ein umsetzbares Konzept vorzulegen, das den Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie entspricht, das das Unternehmen K+S bezahlt und das dafür sorgt, dass die Werra wieder ein Süßwasserfluss wird und dass die Arbeitsplätze im Kalirevier erhalten bleiben. Das sind vier wichtige Voraussetzungen, die aus unserer Sicht erfüllt werden müssen, um Ökologie und Ökonomie zusammenzubringen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Die Umweltministerin hat sich dieser Aufgabe mit großem Engagement gewidmet. Ich gebe zu, das erste Ergebnis kann mich als GRÜNE nicht besonders froh stimmen; denn es lautet, dass die Nordseepipeline unter den Gesichtspunkten der Ökoeffizienz aus dem Lösungskanon ausscheidet. Das war erst einmal ein harter Brocken, und es heißt, jetzt muss nach anderen Lösungswegen geschaut werden. Jetzt muss begonnen werden, an wirklich tragfähigen und umsetzbaren Lösungen zu arbeiten.

Das muss auch rasch passieren. Da teile ich durchaus die Ansicht des Kollegen Landau – wir waren in Fragen der Werraversalzung häufig einer Meinung, auch schon in früheren Zeiten –: Das Unternehmen K+S hat seine Hausaufgaben nicht gemacht. Es muss endlich mehr Drive hinein, damit das Unternehmen vernünftige und tatsächlich umsetzbare Lösungen vorlegt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Die Frau Ministerin hat am Dienstagabend im Umweltausschuss erklärt, dass ernsthafte Verhandlungen mit dem Unternehmen geführt werden, dass das natürlich auch im Lichte der neuen Lage beleuchtet wird und dass sich Vereinbarungen abzeichnen, die demnächst auch in der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Ich bin mir sicher, es wer

den Lösungen sein, die Ökologie und Ökonomie zusammenbringen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Erfurth. – Das Wort hat der Abg. Frankenberger, SPD-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Landau, eigentlich hatte ich heute angesichts der Situation, vor der wir stehen, bei diesem Thema von einem Mitglied der Regierungsfraktion, die seit 1999 hier die Verantwortung trägt, etwas anderes erwartet.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Meine mir angeborene Zurückhaltung und Höflichkeit gebietet es mir, jetzt hier andere Worte zu gebrauchen; aber, Herr Kollege Landau, mir fällt da ein Spruch ein, den ich zu Beginn meiner Mitgliedschaft im Landtag immer wieder gehört habe. Er hieß:

(Michael Boddenberg (CDU): Jetzt keine Schmonzetten!)

Regieren muss man nicht nur wollen, regieren muss man auch können.

(Michael Boddenberg (CDU): Deswegen machen wir das seit 15 Jahren!)

Meine Damen und Herren, wenn man diesen Maßstab beim Handeln der Landesregierung anlegt, stellt man fest: Sie können bei K+S nicht vernünftig regiert haben.