Protocol of the Session on September 25, 2014

Wir fordern die Hessische Landesregierung auf, sich vom runden Tisch zu verabschieden und auf dessen sofortige Beendigung zu dringen. Bei der Entsorgungsfrage steht die Hessische Landesregierung jetzt vor den Trümmern ihrer Politik. Die aktuelle Genehmigung für die umweltschädliche Verpressung der Salzlauge gilt nur noch bis November 2015. Die Einleitung in die Werra verstößt gegen die Wasserrahmenrichtlinie, ist aber noch bis 2020 genehmigt. Die Salzhalden verursachen mehr Umweltprobleme, als dass sie Teil der Lösung wären. Darüber hinaus hat die EUKommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet, weil aus den Wasserbewirtschaftungsplänen nicht ersichtlich sei, wie bis 2015 ein guter ökologischer Gewässerzustand in Werra und Weser erreicht werden solle.

Dieses Debakel war abzusehen. Die Landesregierung hat die Vorgehensweise der Leitung des runden Tisches billigend in Kauf genommen, wohl wissend, dass dies Teil einer Verhinderungsstrategie des K+S-Konzerns ist. Eine Prüfung der Entsorgungsoption unabhängig vom runden Tisch und damit unabhängig von K+S ist seit Jahren überfällig. Wir haben sie mehrfach gefordert.

(Beifall bei der LINKEN)

In der von der Landesregierung in Auftrag gegebenen Ökoeffizienzanalyse werden alle möglichen und unmöglichen Maßnahmenoptionen, die am runden Tisch diskutiert wurden, untersucht. Zur Option der Eindampfung der flüssigen Abfälle vor Ort mittels Abwärme, z. B. aus der Stromproduktion, findet man jedoch kein einziges Wort. Warum ist diese Alternative nicht geprüft worden?

Schon jetzt höre ich: Das ist zu teuer. Das dauert zu lange. Das ist nicht machbar. – Aber in Spanien hat der Oberste Gerichtshof von Katalonien dem Kaliproduzenten Iberpotash, einen Konkurrenten von K+S, dazu verpflichtet, die Salzhalden zurückzubauen. Für die Haldenlaugen soll noch in diesem Jahr eine Eindampfanlage fertiggestellt werden. Diese Anlage erzeugt Industriesalz. Sie benutzt das Vakuumkristallisationsverfahren und wird deshalb besonders energiesparend arbeiten.

In Kanada baut Veolia ebenfalls eine Vakuumkristallisationsanlage zum Eindampfen der Solelauge. Und jetzt hören Sie genau, für wen: nämlich für K+S.

(Abg. Janine Wissler (DIE LINKE): Aha!)

Was in Spanien und Kanada geht, kann doch wohl in Hessen nicht unmöglich sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber es liegt doch auf der Hand: In Kanada soll noch viele Jahre lang produziert werden, aber in Hessen ist das Ende absehbar. Hier will man sparen.

Wir fordern eine ergebnisoffene Prüfung der Entsorgung der flüssigen Abfälle vor Ort durch Eindampfen auf der Basis einer umweltökonomischen Gesamtbilanz. Die Abfälle müssen wieder unter Tage gebracht werden. Der versatzlose Abbau in Hessen – und in Thüringen – muss ein Ende haben.

Das Land Hessen ist als zuständige Genehmigungsbehörde in der Pflicht, endlich eine praktikable Lösung für den künftigen Umgang mit den Produktions- und Haldenabwässern auf den Weg zu bringen und K+S stärker in die Verantwortung zu zwingen.

Das meine ich auch, aber das, meine Damen und Herren, insbesondere von den GRÜNEN, stammt nicht von mir, sondern von Hans-Joachim Janßen, naturschutzpolitischer Sprecher der GRÜNEN in Niedersachsen.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Kollegin Schott, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich komme zum Ende.

Zu sagen, diese Entsorgungsprobleme seien nicht zu lösen, und dann eine kurze Pipeline in die Werra zu wollen, das spielt K+S noch mehr in die Hände. Weitere Einleitungen in die Werra verstoßen gegen das Verschlechterungsverbot der Wasserrahmenrichtlinie.

Sie müssen hier endlich dafür sorgen, dass die Arbeitsplätze gesichert werden. Was in Spanien geschieht, ist auch hier in Hessen möglich. Wir brauchen die Arbeitsplätze, wir brauchen die Kaliproduktion, und wir brauchen den Umweltschutz. – Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schott. – Das Wort hat der Abg. Lenders, FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Frau Schott, mit Ihren Verschwörungstheorien kommen Sie an dieser Stelle nun wirklich nicht weiter.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Dass Sie der alten und der neuen Landesregierung die großen Hoffnungen in die Pipeline und damit in eine nachhaltige Lösung der Entsorgungsprobleme absprechen wollen, ist ein bisschen hanebüchen. Jetzt recht haben zu wollen, nach dem Motto, die LINKE habe es schon immer gewusst, ist wirklich abenteuerlich.

(Marjana Schott (DIE LINKE): Das können Sie nachlesen!)

Frau Kollegin, ich will Ihnen sagen: Wenn Sie jetzt den Menschen wiederum Hoffnung machen wollen, dass mit dem Verfahren der Firma K-UTEC etwas in Gang gesetzt werden könnte, mit dem wir die Probleme einfach in Luft auflösen, so machen Sie den Menschen damit wieder eine Hoffnung, die am Ende nicht einlösbar sein wird. Wir brauchen praxisnahe Lösungen, um die Arbeitsplätze in Hessen und in anderen Bundesländern zu sichern.

(Beifall bei der FDP und der CDU sowie bei Abge- ordneten der SPD)

Ja, dieses Gutachten sagt eindeutig, diese Pipeline sei „nice to have“, aber sie ist nicht finanzierbar. In der Ökobilanz ist sie schlechter als andere Lösungen. Das heißt, am Ende muss man sich von der Idee verabschieden, eine Pipeline entweder zur Oberweser oder zur Nordsee zu bauen. Man darf dem Unternehmen auch nicht zumuten, weiterhin Geld in diese Planungen und in das Genehmigungsverfahren zu stecken. Wir müssen jetzt an andere Lösungen denken.

Wir müssen dringend nochmals darüber nachdenken, worin das ursächliche Problem besteht. Zum größten Teil sind das die Haldenwässer, am Produktionsstandort Neuhof und an anderen Stellen. Meine Damen und Herren, auch wenn wir morgen die Produktion bei K+S einstellen: Neuhof wird 700 Jahre lang Haldenwässer haben. Damit müssen wir uns beschäftigen.

Wie also sieht eine Lösung aus? Können wir noch über eine Abdeckung der Halde, zumindest in Teilen, nachdenken? Kann man die Halde so umbauen, dass Abdeckungen möglich werden?

(Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Diese Fragen werfen sich neu auf. Das andere ist die Frage der Trockenproduktion – nicht in Neuhof; in Neuhof wird trocken produziert. Aber lässt sich das Produktionsverfahren auch an andere Produktionsstandorte übertragen? Das muss weiterhin geprüft werden, und mit K+S muss dann auch in einen harten Dialog eingetreten werden.

Meine Damen und Herren, die damalige Anhörung beim Regierungspräsidium in Kassel hat eindeutig gezeigt, dass wir dazu kommen müssen, eine möglichst gleichmäßige Einleitung der Lauge zu erreichen. Entscheidend ist die Steuerung – nicht so sehr die Menge, sondern die möglichst gleichmäßige Steuerung der Einleitung. Da wird man sich über Rückhaltebecken unterhalten müssen.

Dazu gehört auch die Frage, welche Bewirtschaftung sich der Bund für die Werra vornimmt. Welchen Bewirtschaftungsplan möchte der Bund bei der EU anmelden? Es gehört zur Ehrlichkeit dazu, zu sagen: Wir werden uns davon verabschieden müssen, immer zu sagen, die Werra wird irgendwann wieder zu einem naturnahen Gewässer.

Die Frau Ministerin hat im Ausschuss schon erklärt, dass man jetzt das Ziel hat, dort Süßwasserqualität zu erreichen. Von einem naturnahen Gewässer oder sogar von Trinkwasserqualität ist das aber noch weit entfernt. Das hat damit wenig zu tun.

Meine Damen und Herren, man muss auch beim Bund vorstellig werden und ihm sagen: Wir sehen für die Werra eine andere Nutzung.

Zur Versenkung. In diesem Gutachten wird ziemlich eindeutig klargemacht, dass für eine Interimslösung die Versenkung gebraucht wird. Dann gehört es zur Ehrlichkeit dazu, den Menschen zu sagen: Wir brauchen eine Zeitachse, bei der die Versenkung weiter möglich gemacht wird.

Meine Damen und Herren, dass das das allerletzte Mittel ist, das die FDP-Fraktion will, das weiß, wer sich daran erinnert, was Kollege Heinrich Heidel hier einmal gesagt hat: Die Versenkung der Lauge, die Verpressung ist das allerletzte Mittel. – Aber der Ehrlichkeit halber muss man sagen: Auch das muss man in Betracht ziehen.

Meine Damen und Herren, alles in allem dient das dazu – die Situation ist nicht einfach –, die Arbeitsplätze an den

Standorten zu erhalten, und zwar bei einem Unternehmen, das in einem sehr schwierigen Marktumfeld tätig ist. Am Ende aller Tage geht es darum, ob wir in Deutschland noch in der Lage sind, Rohstoffe zu produzieren. Die Rohstoffe Deutschlands stecken nicht nur in den Köpfen unserer jungen Menschen,

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ich habe keinen Rohstoff im Kopf!)

sie liegen eben auch unter unseren Füßen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Kollege Lenders. – Das Wort hat der Abg. Landau, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich mit einer Schmonzette beginnen. Bei der Zeitungslektüre fand ich heute Morgen eine Anzeige von Exxon Mobil Europe. Darin sprach man sich unter dem Titel „Lassen Sie uns über Fracking reden“ für die Anwendung dieses Verfahrens in Deutschland aus. Die Begründung: Wir müssen hierbei keine salzigen Wässer entsorgen.

(Timon Gremmels (SPD): Darüber kann keiner lachen!)

Herr Gremmels, Sie sind humorlos, das ist alles.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ihr Humor kommt auch bei den eigenen Leuten nicht an! – Unruhe)

Meine Damen und Herren, als wir uns im Jahre 2007 das erste Mal mit diesem Thema im Hessischen Landtag beschäftigt haben, haben wir die Situation noch nicht so eingeschätzt, wie wir es heute tun. Wir haben im Jahre 2007 mit keinem einzigen Wort die Versenkung von Salzabwässern angesprochen. Im Nachhinein mussten wir uns dieser Problematik annehmen. Das heißt, wir mussten zu einer Neubewertung der Situation kommen.

Heute sind wir an einem ähnlichen Punkt, wo wir sagen müssen: Wir haben das eine oder andere an zusätzlichen Informationen, die uns in den zurückliegenden Jahren noch nicht zur Verfügung standen, und müssen die Situation jetzt neu bewerten.

In diesem Zusammenhang will ich aus einem Leserbrief in der „HNA“ von einem Herrn Reinhardt aus Kassel aus dem Jahre 2011 zitieren:

Die Variante „kurzes Rohr zur Weser“ einfach abzulehnen, ist vom Kreistag ziemlich vorschnell gedacht. Andererseits: „Langes Rohr zur Nordsee“ ist deutlich teurer, braucht längere Planung und hat politischen Gegenwind vom Land Niedersachsen.