Protocol of the Session on September 24, 2014

(Zuruf von der SPD: Das brauchen Sie auch nicht!)

Aber den Vorwurf an die Opposition, dass sie etwas plötzlich gut findet, was sie bisher nicht gut gefunden hat und eigentlich immer noch nicht gut findet, nur weil sie versucht, daran zu arbeiten, finde ich ziemlich weit hergeholt.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wenn man es nicht tun würde, wäre das kindische Bockbeinigkeit. Da wir in der Opposition aber nicht kindisch oder bockbeinig sind, setzen wir uns mit den Dingen auseinander, die gesetzlich Fakt sind. Dazu gehört auch das KiföG. Dadurch, dass wir uns damit auseinandersetzen, wird es noch keinen Strich besser. Es ist und bleibt Murks.

(Lachen und Zurufe der Abg. Michael Boddenberg und Holger Bellino (CDU))

Das an der Stelle erst einmal zur Klarstellung. Es ist nämlich merkwürdig, wenn so uminterpretiert wird.

Es wird der runde Tisch gelobt. Das wird ja nun allenthalben getan. Aber ich erinnere mich nicht, dass am runden Tisch die Stimmung herrschte, dass Menschen gesagt haben: „Wunderbar, dass wir dieses KiföG haben. Wir haben keine Probleme, und es ist alles großartig“, sondern ich erinnere mich, dass es eine Menge Schwierigkeiten gab und dass sie dort benannt wurden.

(Zuruf von der SPD: So ist es!)

Die Tatsache, dass sich die Landesregierung diese Schwierigkeiten anhört, ist für mich noch keine besondere Heldentat, sondern das ist ihre Pflicht und Schuldigkeit.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Es gibt nun einmal Stellen in diesem Gesetz, bei denen man nicht ein oder zwei oder noch mehr Jahre abwarten muss, um festzustellen, wo es klemmt. Die kann man sich ausrechnen. Dazu gehören die Randbetreuungszeiten und die Finanzierung derselben.

Wenn man mit den Menschen in den Einrichtungen vor Ort redet – ich habe das in diesem Sommer sehr ausführlich und an verschiedenen Orten in Hessen getan –, bekommt man immer dieselben Sachen gesagt. Dazu gehört genau dieses Problem. Ich kann auch nicht verstehen, warum Sie sagen: Wir machen dann vielleicht in einem Jahr ein Gesetz, in dem wir genau das regeln, was in diesem Entwurf drinsteht. – Ich möchte, dass wir uns sachlich mit diesem Entwurf auseinandersetzen und dass wir eine Anhörung machen. Dann werden wir sehen, was diejenigen, die von diesem Gesetz betroffen sind und mit ihm arbeiten und leben müssen, dazu sagen werden.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Genau!)

Ich denke, dann sind wir an dem Punkt, dass die SPD ihren Entwurf verändert, wenn es denn Veränderungsbedarf gibt, oder dass die Regierung einsieht, dass es dringend notwendig ist, an dieser Stelle zu handeln. Ich glaube, Letzteres wird der Fall sein: dass sie es einsehen müsste, aber dass sie es – gemäß den Erfahrungen – vermutlich leider nicht einsehen wird. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schott. – Als nächster Redner spricht Kollege Rock für die FDP-Fraktion. Bitte schön, Herr Kollege. Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Merz, Sie ermöglichen mir, sozusagen als Ersatz von Herrn Decker beim Thema Mindestlohn, jede Plenarrunde etwas zum KiföG zu sagen.

(Heiterkeit des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Das ist aber auch schön, weil wir feststellen können, dass vieles von dem, was Sie uns bei diesem Gesetz prophezeit haben, nicht eingetreten ist. Wenn sich Verbände oder Kommunen mit dem KiföG beschäftigen, melden sie mir immer zurück: Oh, ist das teuer, wir müssen die Standards erhöhen.

Was Sie uns hier immer wieder vorgehalten haben, nämlich dass das Kinderförderungsgesetz in Hessen dazu führen würde, dass Standards abgesenkt werden müssten, ist keinesfalls der Fall. Wenn wir es endgültig evaluiert haben, wird deutlich werden, dass wir eher die Kritik bekommen, zu wenig Geld ins System gegeben zu haben, und nicht die, dass hessenweit Standards gesenkt werden müssten.

Vielmehr bekomme ich von überall die Botschaft: Es wird teurer, wir müssen Leute einstellen, wir müssen die Gruppen verkleinern. – Das sind die Botschaften, die ich bekomme, mit einer Ausnahme, nämlich den ganz kleinen Kindergärten auf dem Land. Das gestehe ich Ihnen zu. Das war uns aber auch immer klar.

Frau Wiesmann, Sie können als Mitglied der Regierungsfraktion hier vorne natürlich immer sagen: Der Gesetzentwurf der Opposition kommt zu früh. – Drei Monate später würden Sie sagen, er kommt zu spät. Das ist immer das gleiche Spiel.

(Günter Rudolph (SPD): Ja!)

Aber bei dieser Vorlage gibt es zwei Punkte, die wir sicherlich jetzt schon regeln könnten. Das ist zum einen die Frage des Förderstichtags. Vielleicht teilt uns der Herr Minister auch mit, dass er eine andere Lösung gefunden hat, die jetzt schon greift; denn es bringt nichts, wenn wir das Problem in drei Jahren gelöst haben und in Hessen vielleicht jedes Jahr noch drei neue Gruppen im U-3-Bereich entstehen. Das ergibt natürlich keinen Sinn. Von daher wäre es ganz interessant, wenn uns der Herr Minister heute hier sagen könnte: „Da passiert schon etwas“, oder: „Im nächsten Haushalt passiert etwas“, damit da Bewegung hineinkommt.

Zum anderen könnte man auf jeden Fall das Problem lösen, die vierte Pauschale mit Geld zu hinterlegen. Es ist kein Geheimnis – das habe ich schon in meiner letzten Rede hier gesagt; ich glaube, alle, die damals dabei waren, wussten das –, dass wir diese vierte Pauschale auf Wunsch der betroffenen Kommunen eingeführt haben. Aber es war nicht ausreichend Geld im System, um sie auch im Gesetz mit Geld zu hinterlegen.

Das war schon in der ersten Phase der Debatte immer ein Thema. Es ist völlig unsystemisch, dass man dort kein Geld hinterlegt hat. Die Frage ist, woher es kommt. Ich denke, wir brauchen nicht darüber zu diskutieren, ob es in das Gesetz gehört und ob es für die Kommunen notwendig ist. Die Frage ist: Wie finanziert das Land die zusätzlichen Kosten? Ich glaube, diese Fragen müssen die regierungstragenden Fraktionen in ihren Koalitionsgesprächen oder mit dem Finanzminister klären. Aber das gehört schon hinein.

(Beifall bei der FDP)

Herr Merz, bei der Rahmenvereinbarung schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Sie haben recht: Eine Rahmenvereinbarung ist kein Gesetz, und es gibt in Hessen Kommunen, die da nicht mitspielen und versuchen, sich mit den Trägern hinauszustehlen. Es gibt allerdings auch einen gesetzlichen Anspruch der Eltern der Kinder, den durchzusetzen man versuchen kann. Aber das ist aufwendig und schwierig. Die meisten wissen es gar nicht oder können es gar nicht finanzieren. Das ist tatsächlich ein Thema, über das man sich einmal Gedanken machen muss.

Auf der anderen Seite ist es so: Das Land Hessen hat relativ viel Geld in die Hand genommen, um die Kommunalen Spitzenverbände davon zu überzeugen, dass sie bei der Aufgabe, für die sie zuständig sind – nicht das Land Hessen –, den Standard halten, den sie die ganze Zeit hatten. Der Standard ist nicht neu; er ist schon einige Jahre alt. Vor dem Hintergrund der Inklusionsdebatte hat mich das gestört. Ich habe das hier oft genug gesagt. Zu sagen: „Die eine Hälfte gibt man dafür, dass die Kommunen mitmachen, die andere Hälfte dafür, dass man die Standards zumindest symbolisch verbessert“, war anscheinend gegenüber den Kommunen nicht durchsetzbar. Das ist ein Punkt, der mir bei dem Thema immer noch ein bisschen aufstößt.

Ich fände es interessant, was eine Anhörung zu einem solchen Vorschlag bringen würde. Da dies eigentlich nicht unsere Aufgabe ist und wir aufpassen sollten, was wir da regeln, bin ich gespannt auf das, was wir da erfahren können. Ich würde aber nicht von vornherein hundertprozentig ausschließen, dass das einmal in das Kinderförderungsgesetz aufgenommen werden könnte.

Dann bleibt noch die Kleingruppenpauschale. Da wird es wirklich notwendig sein, die Evaluierung abzuwarten. Davon bin ich überzeugt. Das ist notwendig.

(Beifall bei der FDP)

Es besteht keine direkte Gefahr für die Kita vor Ort. Sie wissen genau, die haben einen Rahmenvertrag oder eine Vereinbarung mit der Kommune, und an wenigen 100 € mehr oder weniger – wir sind an der Finanzierung der Kindergärten nur zu 8 oder 9 % beteiligt, das ist ein bisschen unterschiedlich; diese 8 oder 9 % wiederum werden um 2, 3 oder 4 % reduziert – wird keine Einrichtung im Kindergartenbereich scheitern. Bei den Krippen ist es etwas anders.

Was die Kindergärten betrifft, kann ich mir nicht vorstellen, dass eine Kommune bei den Beträgen, um die es dann geht, erklärt: „Wir machen die Einrichtung zu“, wenn das Land in Aussicht stellt, das zu evaluieren und vielleicht in einem Jahr die entsprechenden Pauschalen zu erhöhen. Ich habe keine wirkliche Vorstellung davon, ob wir gut lagen mit dem, was wir festgelegt haben, oder nicht.

Von daher finde ich: Einiges von dem, was Sie hier vorgetragen haben, könnte man regeln. Die Frage ist, ob es sinnvoll ist, das zu regeln, wenn vielleicht noch andere, größere Komplexe hinzukommen. Das wird von der Regierung anders bewertet als von der Opposition. Ich finde es gut, dass man das, was man regeln könnte, zügig angeht.

Ich begrüße natürlich auch, dass Sie sich nach einer Phase der grundsätzlichen Kritik am Kinderförderungsgesetz jetzt konstruktiv mit den Auswirkungen auseinandersetzen. Irgendwann kommt dieser Punkt. Das ist auch gut so. Ich bin auch sehr froh, dass sich die Prophezeiung im letzten Wahlkampf „Wählen Sie X oder Y, dann ist das Gesetz weg“ nicht erfüllt hat. Zumindest die GRÜNEN haben sich jetzt geschlossen hinter dieses gute Gesetz gestellt und damit gewährleistet, dass es in seiner Grundstruktur dauerhaft Bestand haben wird.

Wir haben immer gesagt, das ist weiterhin ein Investitionsbereich, und wir haben immer gesagt, müssen es evaluieren und weiterentwickeln. Das unterstützt aus unserer Sicht den Weg, aus Kindertagesstätten Bildungseinrichtungen zu machen. Das ist der richtige Weg, auf dem wir zusammen weitergehen müssen. Wir müssen immer wieder dafür kämpfen – auch gemeinsam als Sozialpolitiker –, dass da mehr Geld hineinkommt. In der letzten Legislaturperiode gab es einen richtigen Schluck aus der Pulle, um die Qualität zu verbessern. Das ist ein Ansporn für die neue Legislaturperiode. Wir werden schauen, ob es einen solchen Zuschlag noch einmal geben kann.

Von daher sage ich: Wir begleiten Ihren Gesetzentwurf. Wir vermuten, dass er keine Mehrheit finden wird. Aber wir werden ihn begleiten, und vielleicht wird es in der Anhörung gerade bei dem Thema Rahmenvereinbarung einen Erkenntnisgewinn geben. Von daher sind wir gespannt darauf, und wir sind dankbar, wieder einmal die Vorteile des Gesetzes loben zu dürfen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Rock. – Für die Landesregierung spricht nun Staatsminister Grüttner. Bitte schön, Herr Staatsminister, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich begrüße es ausdrücklich, dass sich zu dem Thema „frühkindliche Bildung und Kinderbetreuung in Hessen“ ein konstruktiver Dialog entwickelt hat. Dieser wichtige Bereich ist es nämlich wert, dass man sich für ihn einsetzt und sich mit ihm auseinandersetzt. Die verschiedenen Aspekte der frühkindlichen Bildung und Betreuung müssen kontinuierlich beobachtet, bewertet und weiterentwickelt werden; denn da, wo die Zukunft geprägt wird, darf man der Zeit nicht hinterherhinken.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb stehe ich dem ausdrücklich positiv gegenüber, dass sich auch die Fraktion der SPD mit konstruktiven Vorschlägen zur Änderung des Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuches an dem durch den Runden Tisch Kinderbetreuung in Hessen angestoßenen Dialog beteiligt.

Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass der heute vorgelegte Gesetzentwurf eine Reihe von substanziellen Änderungen des gerade erst am 1. Januar dieses Jahres in Kraft getretenen Kinderförderungsgesetzes beinhaltet. Wesentliche Änderungen zu Regelungen in dem Gesetz können ihre Wirkung frühestens ab dem Herbst 2015 entfalten, da eine Übergangsregelung den Trägern ausreichend Zeit zur Anpassung an die neue Rechtslage gewährt. Derzeit arbeitet, wie Sie alle wissen, nur ein kleiner Teil der hessischen Einrichtungen nach den neuen Regelungen.

Das Hessische Kinderförderungsgesetz selbst sieht einen sehr frühen Evaluierungszeitraum vor. Viel schneller als üblich soll eine Evaluierung vorgenommen werden. Ein Bericht ist dem Hessischen Landtag bereits zum 31.12.2016 vorzulegen. Es ist ein Fachbeirat eingerichtet worden, der die Evaluierung begleitet, und es ist auch vereinbart worden, dass in einer zweiten Runde des Runden Tischs Kinderbetreuung, also bereits im nächsten Jahr, erste Ergebnisse der Voruntersuchung der Evaluation diskutiert werden.

Bei aller Notwendigkeit, die auch ich sehe, die frühkindliche Bildung und Betreuung kontinuierlich weiterzuentwickeln, zu fördern und unerwarteten Problemen im Einzelfall lösungsorientiert zu begegnen, rate ich dazu, erst einmal die gesetzlichen Regelungen abzuwarten und sehr behutsam mit den Änderungen umzugehen; denn Behutsamkeit und Verlässlichkeit sind nicht nur im Umgang mit Kindern, sondern auch im Umgang mit ihrer frühen Bildung und Betreuung unverzichtbar. Vor diesem Hintergrund sind auch die vorgelegten Vorschläge zu bewerten.

So schlägt beispielsweise der Gesetzentwurf der SPD vor, die maximale Gruppengröße und die Gruppenzusammensetzung bei der Betreuung von Kindern mit Behinderungen gesetzlich zu regeln. Inhaltlich bleibt er damit weit hinter der gerade abgeschlossenen Rahmenvereinbarung zurück. Denn in der neuen Rahmenvereinbarung Integrationsplatz ist nämlich nicht nur die Frage der Gruppengröße geregelt, sondern darüber hinaus auch die Fachkraftausstattung von Gruppen, in denen Kinder mit Behinderungen betreut werden. Dazu sagt der Gesetzentwurf der SPD nichts, sondern nur zur Gruppengröße. Insofern bleibt er deutlich hinter der Vereinbarung, die die Liga der Freien Wohlfahrtspflege zusammen mit den Kommunalen Spitzenverbänden ausgehandelt hat, zurück, weil er sich nur auf einen Teilaspekt beruft.

Eines ist auch klar: Wir haben die Integrationsvereinbarung für den Bereich der Kinder unter drei Jahren gehabt; und seit mehr als 15 Jahren ist an keiner Stelle gesagt worden, dass eine gesetzliche Regelung diese ersetzen müsse. Warum es jetzt, da es auch auf den Bereich der Kinder unter drei Jahren ausgeweitet wird, einer gesetzlichen Regelung bedarf, ist nicht erklärt worden. Es ist aber auch in Zukunft das Selbstbestimmungsrecht derjenigen, die Träger von Kindertagesstätten, die Vereinbarungspartner sind, zu wahren. Insofern ist der Vorschlag zwar gut gemeint, aber wir wissen, dass gut gemeint noch lange nicht gut ist.

Auch die Festlegung eines Betrags, mit dem behinderte Kinder in Kindertagesstätten gefördert werden, und die Forderung, diesen zu verdoppeln, ist ein Ansatz, über den sich diskutieren lässt. Allerdings ist es auch an dieser Stelle wichtig, auf die Bedürfnisse der Träger Rücksicht zu nehmen – genauso auf freie wie auf kommunale Träger. Diese sind zum jetzigen Zeitpunkt beide in der Situation, ein sehr viel ausdifferenzierteres System der Förderung zu

vereinbaren. Wenn dieses ausdifferenzierte System von beiden Verhandlungspartnern gemeinsam konstatiert ist, dann wird dieses System auch in Gesetzesform übernommen werden.

Wir werden das Gesetz natürlich anpassen; aber wir werden das Gesetz auf der Grundlage einer Einigung der Verhandlungspartner anpassen. Dies werden wir im nächsten Jahr abbilden; und in diesem Jahr werden wir dafür sorgen, dass die Landesmittel, die zur Verfügung stehen, den Trägern sehr unbürokratisch und schnell zur Verfügung gestellt werden. Die Träger haben sich auch damit einverstanden erklärt, die Zeit nutzen zu wollen, bis sie sich gemeinsam auf eine neue Fördersystematik geeinigt haben. Insofern ist der Vorschlag einer Verdoppelung schlicht und einfach verfrüht und nimmt die Verhandlungen vorweg, die erst geführt werden sollen.