teilen, dass wir in diesen Koalitionsverhandlungen vor einigen sehr schwierigen Fragen standen. Gerade auch mit Blick auf die jeweiligen Positionen der Koalitionspartner in der Vergangenheit wird es Sie nicht überraschen, wenn ich sage: Ja, das war eine ganz schwierige und sehr zeitintensive, am Ende aber auch lohnende Kompromissfindung.
Heute steht im Mittelpunkt das Thema der siebenstündigen Lärmpausen, am Rande wurde auch die Weiterentwicklung der Flughafeninfrastruktur erwähnt, Stichwort: Terminal 3. Beide Themen will ich auf eine Stufe stellen, wenn es um die Dimension geht. Das eine ist die nach wie vor – und da erhoffe ich die SPD und alle anderen, natürlich auch die FDP, an unserer Seite – bestehende Absicht, dass wir jede Chance nutzen, um die Situation der Anwohnerinnen und Anwohner und, damit mir nachher nicht vorgeworfen wird, ich hätte einen wichtigen Teil weggelassen, selbstverständlich auch der Umwelt insgesamt, Stichwort: Schadstoffausstoß, zu verbessern.
Wir sollten und müssen uns darauf verständigen, dass wir jede Stellschraube nutzen, die uns dort voranbringt.
Die zweite Frage, das Terminal 3, ist tatsächlich für viele Menschen mit der Frage verbunden: Wie gehen denn die quantitativen Entwicklungen des Flughafens weiter? Stichworte: Passagierwachstum, Wachstum der Anzahl der Flugbewegungen. Sie wissen und kennen die dazu von Fraport jüngst vorgelegten Daten. Es war eine der zentralen gemeinsamen Verabredungen in diesem Koalitionsvertrag, dass die jetzt kritisch hinterfragt werden.
Das sind renommierte Gutachter, aber das erübrigt natürlich nicht die Frage: Ist denn dieser Blick, der teilweise sehr weit in die Zukunft reicht, nicht auch mit Fragezeichen zu versehen, weil von vielen unterschiedlichen Annahmen ausgegangen wird?
Insofern sollten wir uns alle miteinander vornehmen, diese Prüfung abzuwarten. Der Wirtschafts- und Verkehrsminister Tarek Al-Wazir hat völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass diese Prüfung sowohl ergebnisoffen ist als auch so ausführlich und notwendigerweise auch in der Qualität stattfinden muss, dass wir am Ende dem Antrag der Fraport entweder Rechnung tragen können oder an das Unternehmen viele kritische Fragen stellen werden.
Es ist völlig zu Recht darauf hingewiesen worden – auch von dem Vertreter der Liberalen, Herrn Rock –: Hier geht es um eine Zwei-plus-x-Milliarden-Euro-Investition eines Unternehmens. Es wird aber doch wohl möglich sein, dass ein Anteilseigner, der über 30 % der Anteile an diesem Unternehmen hält – zusammen mit der Stadt Frankfurt sogar über 50 % –, die Dinge, die uns vorgelegt werden, hinterfragt. Am Ende bleibt es eine Entscheidung des Unternehmens. Ich maße mir aber an – wir alle sollten uns das anmaßen –, dass wir diese Entscheidung auf ganz viele Prüfstände stellen.
Zurück zu dem, worüber wir heute diskutieren. Ich finde, es ist zunächst einmal notwendig – das tue ich sehr, sehr gerne –, ein herzliches Dankeschön dem Minister, aber ausdrücklich auch dem zuständigen Staatssekretär zu sagen.
Ich konnte aus nächster Nähe beobachten, wie viel Arbeit und wie viel Streit es in dieser Arbeitsgruppe gegeben hat. Sie hat Dutzende von Stunden getagt, um das Ergebnis vorzulegen, das Sie jetzt kritisieren, indem Sie sagen: Das ist ein Ergebnis mit fünf verschiedenen Modellen. – Ich hingegen sage: Ich bin froh, dass ich jetzt die Gelegenheit habe, mit Fachleuten, mit der Regierung, mit der Fluglärmkommission, mit der Deutschen Flugsicherung, mit dem Forum Flughafen und Region darüber zu diskutieren und mir nicht den Vorwurf einzufangen, wir hätten etwas Fertiges vorgelegt, wie wir es letzte Woche beim Bildungsgipfel gehört haben. Herr Schäfer-Gümbel, ich bin froh, dass wir diese Bandbreite an Diskussionen haben. Dabei geht es nicht darum, die Region zu spalten, sondern darum, mit guten Argumenten für eine gute Lösung zu werben und zu kämpfen.
Weil ich schon beim Danke sagen bin: Der Herr Ministerpräsident hat mir vor einigen Wochen gesagt, mein Ruf bei der Deutschen Flugsicherung sei zurzeit nicht der allerbeste. Ich habe zur Deutschen Flugsicherung zugegebenermaßen gesagt – falls sie zuhört, sollte sie jetzt weghören –: Das finde ich nicht so schlimm. – Ich muss mir nämlich nicht den Vorwurf machen – das gilt für die letzte Legislaturperiode, erst recht aber für diese Legislaturperiode –, dass die Union nicht die Frage gestellt hätte: Was geht da noch mehr an Schutz der Bevölkerung, die zu Recht fordert, an jeder Stellschraube zu drehen, auch wenn es große Aufwendungen der Luftverkehrswirtschaft und der Deutschen Flugsicherung bedeutet? Deshalb sage ich – um den Ruf ein wenig zu restaurieren – an dieser Stelle herzlichen Dank an die Vertreter der Deutschen Flugsicherung, bis hin zum Vorstandsvorsitzenden, herzlichen Dank an die Lufthansa, herzlichen Dank an Fraport. Sie haben weit mehr getan, als sie per legem tun müssten. Ich finde, das ist nicht selbstverständlich. Deshalb sollten wir uns darüber freuen.
Ich will gar nicht auf jedes einzelne der Modelle eingehen. Der Herr Minister wird uns heute zu einigen Punkten sicherlich noch sehr informative Beiträge liefern. Ich will nur so viel sagen: Lieber Herr Kollege Rentsch, wir beide haben über das Thema Lärmschutz in dieser und auch in der letzten Legislaturperiode häufig gesprochen, und wir haben, unterstützt durch andere Fraktionen in diesem Hause – das sage ich gleich dazu, damit es keinen Streit gibt –, einiges erreichen können. Aber in der Frage, ob es noch einen Schritt mehr in Richtung der Region geht, in der entscheidenden Frage, ob wir ein wenig mehr Zeit herauskriegen, ob wir von sechs auf sieben Stunden kommen, sind wir nicht weitergekommen – nicht deshalb, weil die FDP nicht wollte, sondern deshalb, das sage ich ganz offen, weil auch mir diese Idee zu dem Zeitpunkt nicht gekommen ist. Daher ist es doch ein gutes Ergebnis, dass wir nach den Verhandlungen mit den GRÜNEN nun einen Kompromiss gefunden haben, der sich an der damaligen Forderung der GRÜNEN orientiert, die auch einige andere hier im Hause teilen.
Herr Schäfer-Gümbel, apropos „einheitliche Meinung der Sozialdemokraten“: Hier ist eben über die Ortsverbände geredet worden. Ich könnte ja einmal über die Haltung der Oberbürgermeister in Frankfurt, Mainz, Offenbach, Hanau und Wiesbaden reden, was die Frage des Nachtflugverbots anbelangt. Für alle, die es nicht wissen: Der Landesverband hat beschlossen, dass es kein achtstündiges Nachtflugverbot geben soll, und die eben genannten Oberbürgermeister sagen genau das Gegenteil. Auch das gehört zu dieser Debatte.
Lieber Herr Kollege Rentsch, lieber Herr Kollege Rock, ich will ausdrücklich sagen, dass ich das, was wir jetzt erreicht haben, für einen ersten wichtigen Schritt dahin halte, dass wir zwei Punkten Rechnung getragen haben.
Erstens. Wir haben den Planfeststellungsbeschluss nicht verändert. Es ist eine freiwillige Leistung aller Beteiligten, aber auch eine ganz besondere Führungs- und Moderationsleistung der Landesregierung. Eben ist ja die Frage gestellt worden, was eigentlich der Beitrag der Landesregierung sei. Diese freiwillige Leistung gilt es jetzt auszuloten.
Zweitens geht es um einen Probebetrieb. Herr Weiß, bevor Sie vom Scheitern reden: Lassen Sie uns doch erst einmal anfangen, beginnend mit dem Sommerflugplan 2015. Ich lerne jeden Tag Menschen kennen, die sich in meinem Wahlkreis, in meiner Region sehr mit der Frage des Fluglärms beschäftigen, weil sie Betroffene sind, die allesamt sagen: „Ich freue mich auf die Zeit, wenn ich abends eine Stunde früher Ruhe habe.“ – Lassen wir das doch bitte ausprobieren. Wir haben schon ganz andere Sachen probiert, die später umgesetzt worden sind: Es wird höher angeflogen, wir haben den Gleitwinkel von 3 auf 3,2 Grad erhöht. Zurzeit arbeiten wir mit Hochdruck an einer neuen Art der Steuerung, genannt GBAS, die ein verbessertes, präziseres Anlanden möglich macht. All das geht nicht von heute auf morgen, aber es gibt viele Potenziale für die Zukunft.
Weil ich gerade von Potenzialen rede: Eines hat niemand von uns versprochen, und das sollten wir uns alle verkneifen, nämlich zu behaupten, wir bräuchten nur auf ein paar Knöpfe zu drücken, und schon hätten wir nur noch die Hälfte an Lärm. Aber die Menschen erwarten von uns, dass wir uns 24 Stunden am Tag mit diesem Thema beschäftigen – statt mit mäkeligen Anträgen, die alles und jedes infrage stellen, die 17-mal Wenn und Aber und Konjunktive enthalten. Die Menschen erwarten, dass die demokratischen Fraktionen in diesem Hause in dieser Frage an einem Strang ziehen. Dazu fordere ich Sie herzlich auf.
Abschließend: Das alles ist keine Frage von PR, lieber Herr Rock. Diesen Vorwurf lasse ich mir gerne gefallen, wenn „PR“ bedeutet, Beziehungen zur Öffentlichkeit herzustellen – durch Dialog, durch gemeinsames Streiten und durch gute Lösungen. Wenn Sie das meinen, dann kann ich mit dem Vorwurf in Ihrem Antrag sehr gut leben. Dass wir am Ende nicht nur darüber reden, sondern viel erreichen, habe ich eben am Beispiel der Anflughöhen dargestellt. Ich kann Ihnen sagen, dass uns die Lufthansa bestätigt hat, dass im nächsten Jahr alle A 319, A 320 und A 321 mit dem sogenannten Wirbelgenerator – wie der bei uns intern heißt – nachgerüstet sind. Der Herr Minister kann ja nachher darstellen, was das ist. Ich habe an diesem Thema fünf,
sechs Jahre intensivst gearbeitet und gesagt: Das Ding muss unter die Flügel, denn es bringt im Frankfurter Süden 1,7 dB(A) weniger Lärm, es bringt in Mainz 4 dB(A) weniger Lärm. Es ist höchste Zeit, dass das umgesetzt wird. – Solche Dinge dauern aber manchmal etwas länger, als ich es gerne hätte. Das will ich einräumen.
Wenn Sie weiterhin mit mir einig sind, dass wir für die Menschen noch viel erreichen können und erreichen sollten, aber dass es auch dabei bleiben wird, dass die Umsetzung manchmal ein bisschen länger dauert, dann haben wir mit dieser Debatte einen kleinen Fortschritt erreicht – im Vergleich zu den früheren Schlachten, die wir hier im Hessischen Landtag geschlagen haben.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mir eigentlich vorgenommen, heute sehr strikt an der Sache orientiert zu argumentieren und mich wirklich mit der Sache zu beschäftigen. Es geht nämlich darum, die Menschen von Fluglärm zu entlasten.
Aber Marius Weiß verleitet mich doch dazu, ein bisschen anders zu beginnen. Ich bin davon überrascht, dass die SPD-Fraktion offensichtlich völlig davon beeindruckt ist, dass das Verkehrsministerium jetzt auch Erklärfilme auf seine Homepage stellen kann. Ich darf noch einmal sagen: Auf www.lärmpausen.de kann man sich das alles noch einmal anschauen. Übrigens: Danke für die Werbung für unseren, wie ich finde, sehr gelungenen Film.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Vizepräsidentin Ursu- la Hammann übernimmt den Vorsitz.)
Ich habe auch, das gebe ich ehrlich zu, meinem Pressesprecher dazu gratuliert, dass er mit einfachen Mitteln etwas Kompliziertes sehr verständlich dargestellt hat.
Mir war bisher nicht aufgefallen, dass man angeblich die Synchronstimme von Angelina Jolie hört, Herr Kollege Weiß. Wenn der Pressesprecher auch das noch geschafft hat, dann würde ich an dieser Stelle noch einmal sagen: Bravo, super gemacht.
Ich kann mir das aber, ehrlich gesagt, nicht vorstellen, weil wir eine sparsame Regierung sind. Aber vielleicht hat An
gelina Jolie schon länger keinen Film mehr gedreht. Herr Kollege Weiß, wenn Sie aber den armen Kollegen Kaufmann mit Angelina Jolie vergleichen, dann muss ich Ihnen antworten: Manche träumen offensichtlich davon, wie Brad Pitt zu sein. Schauen Sie in den Spiegel: Dann werden Sie feststellen, Sie sind und bleiben Marius Weiß.
Zur Debatte um den Flughafen: Ich weiß, dass diese Debatte eine schwierige wird. Das war mir übrigens schon vor der Wahl klar, als ich gesagt habe, dass ich das Amt des Verkehrsministers unter anderem deshalb anstrebe, weil ich will, dass wir an diesem Punkt etwas erreichen. Es ist klar, dass diese Debatte uns seit Jahrzehnten begleitet, und ich sage Ihnen, sie wird uns auch noch länger begleiten. Wir haben nämlich die Situation, dass wir den größten Flughafen Kontinentaleuropas haben, der außerdem in einer dicht besiedelten Region liegt. Das ist ein klassischer Zielkonflikt. Natürlich ist es so – das wäre übrigens nicht anders, wenn es eine andere Koalitionsregierung gäbe –, dass man diesen Zielkonflikt aushalten muss und dass man sich überlegen muss, wie die Antworten auf die Probleme lauten, die wir real haben.
An dem Punkt muss ich sagen: Ich habe von der Opposition heute ziemlich wenige Antworten gehört, eigentlich gar keine.
Ich will an dem Punkt ausdrücklich noch einmal aus dem Koalitionsvertrag zitieren. Wir haben dort folgende Sätze festgelegt:
Der Flughafen Frankfurt hat nicht nur als Standortfaktor und für die dortigen Arbeitsplätze eine große wirtschaftliche Bedeutung weit über das RheinMain-Gebiet und Hessen hinaus. Deshalb wollen die Koalitionspartner, dass er auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleibt. Er liegt allerdings in einer sehr dicht besiedelten Region, sodass sein Betrieb auch mit erheblichen Belastungen für seine Umgebung verbunden ist; demgemäß kann die wirtschaftliche Entwicklung des Flughafens nicht alleiniger Maßstab der Politik sein.
Wir haben gesagt, dass wir Entlastungen in der Zeit von 22 bis 23 Uhr und zwischen 5 und 6 Uhr erreichen wollen und dass es unser Ziel ist, regelmäßig zu Lärmpausen von sieben Stunden in der Nacht zu kommen. Ich kann Ihnen sagen, wir haben jetzt Modelle vorgelegt, die genau das ermöglichen würden. Ich finde, das ist eine gute Nachricht.
Natürlich war mir auch klar, dass die Debatte um diesen Flughafen und die Frage, wie wir dort unter Beibehaltung der Wettbewerbsfähigkeit gleichzeitig zu Entlastungen für die Anwohnerinnen und Anwohner kommen, im wahrsten Sinne des Wortes ein dickes Brett sind. Es war mir klar, dass es dabei wirklich darum geht, dicke Bretter zu bohren – mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich, wie Max Weber gesagt hat. Natürlich ist klar, dass die betroffenen Bürgerinnen und Bürger ein Recht auf größtmögliche Flug
lärmentlastung haben und sich diese wünschen. Es ist auch klar, dass der Flughafen und die Beschäftigten am Flughafen ein Recht auf Wettbewerbsfähigkeit und Planungssicherheit haben.
Deswegen ist es logisch, dass wir versuchen, die Anwohnerinnen und Anwohner gerade in der Nacht von Fluglärm zu entlasten, weil er dort besonders belastend ist. Gleichzeitig besteht die Luftverkehrswirtschaft darauf, dass gerade die Nachtrandstunden für ihre Interkontinentalverkehre besonders wichtig sind. Es ist also ein klassischer Zielkonflikt.
Wir probieren jetzt aus, ob es möglich ist, im betrieblichen Ablauf Veränderungen einzuführen, die einerseits die Menschen entlasten und andererseits die rechtlichen Rahmenbedingungen wahren und den Betrieb nicht einschränken. Genau das trifft für siebenstündige Lärmpausen zu, die über das Nachtflugverbot von 23 bis 5 Uhr hinausgehen würden, wenn man wechselnde Bahnennutzungen arrangiert, durch die die einen von 22 bis 5 Uhr und die anderen von 23 bis 6 Uhr entlastet würden. Was spricht eigentlich dagegen?