Protocol of the Session on July 16, 2014

Den von Ihnen herbeigeredeten Zusammenhang zwischen Ganztagsangebot und hohen Elternbeiträgen gibt es so nicht. Allerdings gilt die Logik, dass die Kindertagesstätte ein Kind zu dessen Wohl und zum Nutzen der Eltern betreut. Der Nutzen für die Eltern steigt natürlich mit der Betreuungsdauer. Deswegen sind entsprechend höhere Elternbeiträge plausibel. Ich kann das hier nur bewerten. Wir bestimmen nicht über die Beiträge der Eltern.

Punkt 11. Sie sind auch mit der besonderen Förderung der Kinder mit Behinderungen nicht zufrieden. Das leistete die Rahmenvereinbarung Integrationsplatz bisher zu allseitiger Zufriedenheit. Das wurde immer wieder gesagt.

Jetzt wird das auch in Zukunft so sein. Das ist doch großartig. Wie bereits vielfach erklärt – das kann man in unserem Dringlichen Antrag auch nachlesen –, wird das Land umgehend die Integrationspauschale, die das Kinderförderungsgesetz vorsieht, um insgesamt 10 Millionen € erhöhen. Wie man schon im Koalitionsvertrag nachlesen kann, war die Bedingung, dass die originär Zuständigen ihre Hausaufgaben machen und die Rahmenvereinbarung auf dem bisherigen Niveau fortschreiben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Was haben wir für Kritik von Ihnen geerntet, auch heute noch einmal! Es zeigt sich, dass das eine intelligente Verabredung war. Sie ist respektvoll hinsichtlich der Verantwortlichkeiten und darin erfolgreich, die Anstrengungen zu bündeln.

Jetzt karten Sie nach und verlangen eine Absicherung dieser soeben erneuerten Vereinbarung im Kinderförderungsgesetz. Herr Merz, das wäre nun wirklich Murks anstelle der von Ihnen zuvor eingeforderten Subsidiarität, also der Verantwortlichkeit vor Ort, die uns wirklich am Herzen liegt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Punkt 12. Das ist der krönende Abschluss, Ihr ceterum censeo. Dies ist die Forderung, zu Gruppen zurückzukehren. Natürlich geht es hier um die Pädagogik. Das ist eine Pädagogik, die jedes einzelne Kind und den Gruppenzusammenhang berücksichtigen muss.

Beim Kinderförderungsgesetz geht es zuerst um Fördergerechtigkeit. Die Gewährung der Fördermittel je Kind behandelt alle Kinder gleich. Das hat eine Praxis beendet, die dazu geführt hat, dass in Gebieten mit einer rückläufigen Zahl an Kindern deutlich kleinere Gruppen mit demselben Förderbetrag des Landes wie die sehr viel größeren in den Städten bedacht wurden. Diese Systematik war ungerecht. Deshalb haben wir sie verändert. Die neue behandelt alle nach einheitlichen Förderkriterien und überlässt es den Trägern, über Gruppengröße und Betreuungsschlüssel jenseits der Mindeststandards zu entscheiden.

Genug davon. Dies ist ein Entschließungsantrag von gestern, der die Kinderbetreuung in Hessen leider nicht voranbringt.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sehr richtig!)

Lieber Herr Kollege Merz, der Hessische Rundfunk zitierte Sie mit folgendem Statement zum runden Tisch:

Wir sollten den runden Tisch ernst nehmen und den Dialog fortsetzen.

Der Hessische Rundfunk interpretiert das als „versöhnlich“. Ich finde, das ist eine viel bessere Lesart. Ich wünsche mir, zusammen mit den Mitgliedern meiner Fraktion und der der GRÜNEN, dass alle Beteiligten die Chance gemeinsam wahrnehmen, die das Kinderförderungsgesetz bietet. Ein guter Anfang ist gemacht. Die Probleme werden angesprochen und gerade nicht unter den Teppich gekehrt, wie Sie in der Öffentlichkeit befürchteten.

Liebe Mitglieder der SPD, das Kinderförderungsgesetz kann sogar noch ein Stück weit Ihr Erfolg werden. Sie müssen sich allerdings entscheiden: Dialog und konstruktive Mitarbeit oder Blockade? Ihr Entschließungsantrag zeigt, dass bis zur Mitarbeit noch eine ganze Wegstrecke zurückzulegen ist. Aber vielleicht wird es noch. Unser Dringlicher Antrag bietet dazu zahlreiche Anknüpfungspunkte. Sie könnten da einfach mitstimmen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN – Manfred Pentz (CDU): Das ist sehr schön gemacht, sehr gut!)

Vielen Dank. – Das Wort zu einer Kurzintervention erhält Herr Kollege Merz.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Wissmann, es liegt mir viel daran, von Ihnen wenigstens nicht missverstanden zu werden. Ich verlange gar nicht, dass Sie mich verstehen. Aber es liegt mir viel daran – –

(Lachen des Abg. Manfred Pentz (CDU) – Zurufe)

Wir haben unterschiedliche Standpunkte. Darum geht es.

(Michael Boddenberg (CDU): Ihr Antrag ist aber ein großes Missverständnis!)

Es liegt mir viel daran, nicht missverstanden zu werden. Ich habe nicht behauptet, dass es der CDU, der FDP und überhaupt irgendjemandem in diesem Haus seinerzeit nicht um die Qualität der Kinderbetreuung ging.

(Manfred Pentz (CDU): Nein!)

Ich habe nur gesagt, dass der Dreh- und Angelpunkt bei der Entwicklung des Kinderförderungsgesetzes eben nicht der war, die Qualität in den Einrichtungen zu verbessern. Der Dreh- und Angelpunkt waren vielmehr die Sätze, die Herr Minister Grüttner immer wieder gesagt hat: Wir fassen alle Förderlinien zusammen. – Das war sozusagen der Versuch einer Vereinfachung. Meiner Ansicht nach ist das gescheitert. Der zweite Punkt war: Es gibt nicht mehr Geld.

Das waren die zwei zentralen Punkte, die Herr Minister Grüttner und auch Sie immer wieder vorgetragen haben – und eben nicht die Verbesserung der Qualität. Das stand nicht im Zentrum dieser Debatte.

Die einzige substanzielle Verbesserung der Qualität – das habe ich aber von diesem Pult aus mehrmals gesagt –, die stattgefunden hat, solange ich im Landtag bin, war die Erhöhung der Personalstandards durch die Mindestverordnung. Der aber – und das ist die zweite Krux, auf die man immer wieder kommen muss – ist keine Finanzierung gefolgt.

Zum anderen. Vielleicht ist das in dem Antrag etwas missverständlich ausgedrückt: Die erhöhten Ganztagsbetreuungsbedarfe werden durch das Land nicht mitfinanziert, weil Sie bei den Pauschalen, im Gegensatz zu den Betreuungsmittelwerten davor, keine Erhöhung mehr vorgesehen haben. Damit erhöht sich automatisch das Delta zwischen Einnahmen und Ausgaben bei den Kommunen. Das wurde am letzten Mittwoch von vielen Seiten mehrmals gesagt: vom Städte- und Gemeindebund, vom Städtetag und von einer ganzen Reihe freier Träger.

Herr Kollege Merz, die zwei Minuten sind zu Ende.

Das haben Sie alles nicht mitbekommen, weil Sie bedauerlicherweise nicht anwesend waren. Ich kann Ihnen gerne meine Notizen zeigen, die habe ich noch da. Das, was ich hier vorgetragen habe, und vieles andere mehr ist am Mittwoch mehr als einmal gesagt worden.

(Beifall bei der SPD)

Kollegin Wiesmann zur Erwiderung, bitte.

Lieber Kollege Merz, auch ich möchte mich mit Ihnen bestimmt nicht missverstehen.

Was den ersten Punkt angeht, Qualität als Absicht: Natürlich ist uns Qualitätsentwicklung und -steigerung für hessische Kindertagesbetreuung ein Kernanliegen. Das ist hier so oft vorgetragen worden, dass Sie einfach unterstellen können, dass die allermeisten Maßnahmen, die wir in diesem Bereich anstreben, auch dies im Auge haben.

Ganz konkret aber tut das Kinderförderungsgesetz gerade dafür wirklich einiges. Erstens führt es spezifische Pauschalen ein, die die Arbeit hinsichtlich der Qualität voranbringen sollen, z. B. mit dem auch von Ihnen immer wieder gewürdigten Bildungs- und Erziehungsplan von 0 bis 10, aber auch mit der besonderen Förderung für Kinder mit Benachteiligungen, jetzt in allen Altersstufen und auch nochmals angehoben. Das alles dient doch der Qualitätsentwicklung, und das ist auch vollkommen richtig so.

Insofern finde ich es wirklich äußerst verkürzt formuliert und auch provozierend, wenn es im ersten Punkt Ihres Antrags heißt, eine Verbesserung der Qualität sei nicht beabsichtigt gewesen. Das kann man nicht anders verstehen, als ich es vorhin kommentiert habe.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Zu den Betreuungsmittelwerten: Es mag sein, dass wir darüber nochmals diskutieren werden. Wenn man aber die Realität der Ganztagsanforderungen in Kinderbetreuungseinrichtungen anschaut, dann weiß man etwas von diesen überlangen Betreuungszeiten. Schon vorher hatten wir einen Betreuungsmittelwert für die Ganztagskinder, der durchaus sehr realistisch, vielleicht sogar großzügig bemessen war. Jetzt gibt es für die Kinder mit überlangen Betreuungszeiten einen vierten Betreuungsmittelwert. Hinter 40 Stunden Betreuung wird nochmals ein Mittelwert angesiedelt, bei 50 Stunden. 50 Stunden pro Woche beträgt dieser Mittelwert. Von vornherein kann man davon ausgehen, dass die Inanspruchnahme dieser überlangen Öffnungsoder Betreuungszeiten unter den Ganztagskindern eher die Ausnahme denn die Regel sein wird, und unter allen Kindern allemal.

Jetzt kann man darüber reden, ob man nochmals darauf eingeht und sagt, man gibt den Trägern dafür noch einen Obolus. Ich halte es eher für vertretbar, zu sagen: Es ist eine Aufgabe der Organisation, die Personalkapazität, die jetzt insgesamt – für die Ganztagskinder, für die Zweidrittelkinder und für die Halbtagskinder – sehr vernünftig berechnet wurde, so einzusetzen, dass man für die wenigen, für die man vielleicht zusätzlich einen, zwei oder drei Einsätze in der Woche benötigt, diese Betreuung aus der Organisation heraus abdeckt und leistet. Diese Vorschrift machen wir nicht. Diese Flexibilität hat die Organisation.

Bitte kommen Sie zum Schluss.

Mein letzter Satz. – Es wird doch weiter einen Dialog geben. Wir sind an den Rückmeldungen auch ehrlich interessiert. Deshalb kann es durchaus sein – und da habe ich gar nichts dagegen –, dass dieser Punkt nochmals aufgerufen wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege Bocklet, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der letzten Woche hat der runde Tisch zur Kinderbetreuung in Hessen stattgefunden. Kinderbetreuung in Hessen ist kein statisches Feld, sondern entwickelt sich weiter. Die gute Botschaft seit letzter Woche ist: Alle Akteure der Kinderbetreuung reden wieder miteinander statt übereinander. Das ist ein gutes Zeichen für Hessen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Wir – GRÜNE, CDU und Hessische Landesregierung – werden die Situation in der Kinderbetreuung weder schönreden, noch werden wir sie dramatisieren. Deswegen haben wir doch diesen runden Tisch einberufen.

Herr Merz, zu Ihnen: Ihre Presseerklärung schon am frühen Morgen, vor dem runden Tisch,

(Gerhard Merz (SPD): 15 Uhr!)

hat diese Veranstaltung als „Placebo“ bezeichnet.

(Gerhard Merz (SPD): Am Tag davor! – Gegenruf des Abg. Manfred Pentz (CDU): Das ist doch peinlich!)

Am Tag davor, Sie geben das sogar zu. Wie peinlich kann es eigentlich noch werden? Ihr Antrag, der heute verhandelt wird, wurde ebenfalls zwei Tage vor dem runden Tisch eingereicht.

(Zuruf des Abg. Horst Klee (CDU))