Protocol of the Session on July 15, 2014

Es war Usus, sich in Bezug auf die Redezeiten zu verabreden, und auch da haben die Oppositionsfraktionen gesagt: Die kann man reduzieren. – Es gab sogar schon Einbringungen von Gesetzentwürfen ohne Aussprache durch die Parlamentsfraktionen, weil Rücksicht auf Fraktionsveranstaltungen genommen wurde. Das ist überhaupt nicht der Punkt.

Ich weiß aber in der Tat, dass eine Opposition für die Regierung möglicherweise immer störend und lästig ist. Das mag ein bisschen systemimmanent sein. Was Sie aber in den letzten Monaten praktiziert haben – da wird eine mündliche Anhörung abgelehnt, da wird eine schriftliche Anhörung auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben, da werden klassische Oppositionsrechte entweder vollständig negiert oder in das Nirwana geschoben –, ist ein Stil, den wir nicht akzeptieren können und nicht akzeptieren wollen.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und der FDP)

Ihr Credo „Mehrheit ist Wahrheit“ – das ist kein ganz neuer Grundsatz, den kennen wir als hessische SPD-Fraktion schon ein bisschen länger – wird dadurch, dass es jetzt von Ihnen als schwarz-grüner Regierung praktiziert wird, nicht besser.

Der Punkt ist viel tiefgehender und unabhängig von inhaltlichen Fragen. Inhaltlich kann und wird man unterschiedlicher Auffassung sein. Aber es geht nicht, dass Grundregeln des Parlamentarismus ausgesetzt werden, wie Sie es augenscheinlich vorhaben. Der Gipfel war die Ansage eines

grünen Abgeordneten im Ältestenrat: Ihr verzichtet auf eine dritte Lesung, sonst gibt es eine verkürzte Redezeit.

(Zurufe von der SPD: Hört, hört!)

Wenn wir so miteinander umgehen, dann verlassen wir den Boden parlamentarischer Demokratie. Mit uns ist das jedenfalls nicht zu machen.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und der FDP)

Frau Kollegin Erfurt hat zur Geschäftsordnung das Wort.

(Zurufe der Abg. Norbert Schmitt (SPD) und Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE))

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben mehrfach versucht, uns darüber zu verständigen, was heute in welcher Form gelesen wird und in welcher Art und Weise wir mit der Tagesordnung umgehen.

Es war bisher Brauch, dass bestimmte – ich sage einmal – Zwänge von Fraktionen am Ende einer Tagesordnung berücksichtigt werden. Das ist in alle Richtungen passiert. Heute erlebe ich in der Tat zum ersten Mal, dass die Opposition versucht, das ein bisschen als Erpressungspotenzial zu nutzen – ich formuliere es einmal so.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zurufe von der SPD und der LINKEN – Gegenruf des Abg. Manfred Pentz (CDU): Das wollt ihr nicht hören!)

Das ist meine Empfindung. Das mag Ihnen nicht passen, aber es ist meine Empfindung, und so kommt es bei mir an.

(Minister Stefan Grüttner: So ist es auch gemeint!)

Zur Sache zurück: Es ist nicht verboten und immer schon Usus gewesen, sich im Vorfeld darüber abzustimmen, ob eine Fraktion eine dritte Lesung eines Gesetzentwurfs haben möchte. Das ist in diesem Hause schon immer so passiert. Das haben wir zugesagt, als wir noch in der Opposition waren, das hat die SPD schon einmal zugesagt, und das haben auch die Kollegen von der FDP und von der LINKEN schon einmal zugesagt. Das ist ein ganz normaler Vorgang.

(Zurufe von der SPD)

Ich habe großes Verständnis dafür, dass, wenn in einem Ausschuss gefragt wird: „Ist euch das Gesetz so wichtig, dass ihr eine dritte Lesung haben wollt?“, gesagt wird: Nein, wir wissen es noch nicht recht, wir fragen noch einmal innerhalb der Fraktion nach. – Es fehlt mir aber das Verständnis – das sage ich ganz ehrlich –, wenn in der Geschäftsführerrunde gefragt wird: „Wie ist es denn, habt ihr euch entschieden, wollt ihr eine dritte Lesung haben?“, und dann wieder gesagt wird: Das entscheiden wir irgendwann. – An dem Punkt müssen wir versuchen, die Handlungsfähigkeit zurückzugewinnen.

(Manfred Pentz (CDU): So sieht es aus!)

Ich appelliere an die Oppositionsfraktionen: Versuchen Sie, was die Tagesordnung angeht, mit uns gemeinsam handlungsfähig zu sein. Dass Sie verschiedene Dinge an

ders sehen als die Regierungsfraktionen, liegt in der Natur der Sache, und das finde ich auch richtig und wichtig. Das gehört zum Parlamentarismus. Dass wir uns hier aber um Redezeiten streiten, gehört wirklich nicht zum Parlamentarismus.

(Zuruf des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD) – Weitere Zurufe von der SPD, der LINKEN und der FDP)

Herr Spies, das hätten wir ausräumen können. Herr Bellino und ich haben noch bis zum Beginn der Geschäftsordnungsdebatte versucht, zu sagen: Leute, lasst uns eine Vereinbarung treffen; wir verhandeln über die Redezeiten noch einmal neu. – Es waren alle Angebote auf dem Tisch. Sie sind nicht darauf eingegangen, weil Sie diese Geschäftsordnungsdebatte dazu nutzen wollten, uns ein Stück vor den Knoten zu schieben.

Wir müssen das akzeptieren. Ich kann nur noch einmal sagen: Versuchen wir, uns auf eine vernünftige Art und Weise des Umgangs zurückzubesinnen und bei der heutigen Tagesordnung kein Chaos anzurichten. Ich glaube, das liegt in unserem Interesse. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Meine Damen und Herren, es ist ein Antrag zur Geschäftsordnung vorgelegt worden, die Redezeit zu Tagesordnungspunkt 5 von fünf Minuten auf zehn Minuten zu verlängern. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der FDP und der SPD und die Fraktion DIE LINKE. Wer lehnt diesen Antrag ab? – Das sind die Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Antrag abgelehnt. Es bleibt bei fünf Minuten Redezeit.

Gibt es noch Anträge zur Geschäftsordnung? – Dann ist die Tagesordnung so gebilligt – mehrheitlich, davon gehe ich aus –, oder wünscht jemand eine Abstimmung darüber?

(Günter Rudolph (SPD): Mehrheitlich!)

Mehrheitlich, das habe ich gesagt. – Dann haben wir vor dem Hintergrund, um 14:30 Uhr mit der Aussprache beginnen zu wollen, doch Zeit verloren.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Fragestunde – Drucks. 19/569 –

Frage 75, Herr Abg. Schaus.

Ich frage die Landesregierung:

Wieso wurde beim diesjährigen Hessentag in Bensheim, anders als beim letztjährigen Hessentag in Kassel, anfragenden Parteien die Erteilung einer Standgenehmigung auf der Hessentagsstraße oder der Festmeile versagt?

Herr Staatsminister Wintermeyer.

Herr Präsident, Herr Abg. Schaus, meine Damen und Herren! Ich darf die Frage wie folgt beantworten: Rechtlich ist die ausrichtende Hessentagsstadt, die in diesem Fall durch den Zweckverband Kommunalwirtschaft Mittlere Bergstraße vertreten war, für die Vergabe zuständig.

Zum Sachverhalt selbst: Es ist die Rückkehr zu der langjährig geübten Praxis, dass die im Hessischen Landtag vertretenen Fraktionen, in der Regel mit Unterstützung der sie tragenden Parteien, während des Hessentags mit einem Stand in der Landesausstellung vertreten sind und nicht noch zusätzlich einen Stand in der Hessentagsstraße, also auf der Festmeile, betreiben.

Zusatzfrage, Herr Abg. Schaus.

Herr Staatsminister, können Sie mir dann erklären, wieso die Stadt Bensheim es abgelehnt hat, den anfragenden Parteien einen Stand zu geben, mit dem Hinweis, das sei seitens der Landesregierung bzw. der Staatskanzlei nicht gewünscht? Können Sie mir auch erklären, wieso die Piratenpartei dennoch kurzfristig eine Standgenehmigung erhalten hat?

Herr Staatsminister Wintermeyer.

Herr Abg. Schaus, ich habe eben schon darauf hingewiesen, dass die ausrichtende Gemeinde für die Vergabe rechtlich zuständig ist und wir deren Aussagen Ihnen gegenüber – die wir nicht kennen – hier nicht kommentieren können.

Ich darf trotzdem versuchen, Ihre Frage zu beantworten, indem ich sage: Es entspricht der Auffassung der Landesregierung, dass der Hessentag, der seinem Charakter nach ein Volks- und Brauchtumsfest ist, nicht zur parteipolitischen Werbung genutzt werden sollte. Die Entscheidung über die Genehmigung eines Stands außerhalb der Landesausstellung trifft nicht die Hessische Landesregierung.

Grundsätzlich – so ist es mir bekannt – wurde die Linie verfolgt, den im Hessischen Landtag vertretenen Fraktionen eine Darstellungsmöglichkeit für ihre politischen Inhalte und für ihre politischen Köpfe in Halle 1 der Landesausstellung zu bieten. Alle in diesem Haus vertretenen Fraktionen nehmen das wahr. Die diese Fraktionen tragenden Parteien sollten nach den eingangs erwähnten grundsätzlichen Überlegungen keine weiteren Stände auf dem Hessentag betreiben.

Darüber hinaus – so ist es uns bekannt – mietete die Freie Wählergemeinschaft in Halle 3 der Landesausstellung Standfläche an. Seitens der Piratenpartei wurde eine Standfläche auf der Hessentagstraße beantragt, was offensichtlich schließlich von der Gemeinde genehmigt wurde. Weitere Anträge von politischen Parteien, die nicht in der Lan

desausstellung vertreten waren, lagen unserer Erkenntnis nach der Stadt Bensheim nicht vor.

Zusatzfrage, Herr Kollege Eckert.

Herr Minister, wie bewerten Sie dann den Stand der Jungen Union, die einer Partei zumindest relativ nahesteht, auf der Hessentagsstraße?

(Manfred Pentz (CDU): Sehr guter Stand!)

Herr Staatsminister Wintermeyer.

Herr Abg. Eckert, das ist keine Brauchtumspflege. Wir können auch noch einmal auf die Junge Linke zu sprechen kommen. Ich vermute, das werden wir hier sicherlich sehr bald, nämlich in den nächsten Tagen, machen. Bei der Jungen Union handelt es sich um eine nach Satzung und Mitgliederschaft von der Partei der CDU Deutschlands unabhängige Organisation.