Wenn klar ist, dass Geheimdiensttätigkeit kaum zu unterbinden ist – und ich sage auch sehr klar: gerade im Hinblick auf verschiedene weltpolitische Situationen sollten wir uns nichts vormachen, denn Geheimdienstarbeit ist auch notwendig –, dann ist es viel spannender, wie wir als Bundesrepublik Deutschland und wir als Hessen mit dieser Situation umgehen. Da gibt es in der Tat immer wieder überraschende Erkenntnisse neben der, dass die rot-grüne Bundesregierung diesen Zugriff erlaubt hat.
Ich finde es unglaublich, dass wir bis heute nicht in der Lage sind, unseren innerdeutschen Datenverkehr auch so zu organisieren, dass nicht alles über ausländische Provider und ausländische Internetknoten läuft. Wir müssen zusehen, dass wir es organisiert bekommen, wenigstens den innerhalb Deutschlands laufenden Verkehr über Server in Deutschland laufen zu lassen und nicht über das Ausland, und dass wir europäischen Datenverkehr in Europa über Server laufen lassen und nicht außerhalb. Das ist wieder etwas, was mich frappiert hat. Ich bin davon ausgegangen, dass wir vieles von dem, was geschieht, natürlich nicht wissen und dass wir ansonsten vorsichtig mit Fernmeldeverkehr und E-Mail-Verkehr umgehen müssen. Aber dass der Deutsche Bundestag seinen gesamten Internet-Traffic über einen Provider rootet, der eng mit NSA und GCHQ zusammen arbeitet, macht mich doch wieder fassungslos. Es gibt so einfache Dinge, die man einfach einmal vernünftig regeln muss. Wenn das nicht passiert, dann greift man sich an den Kopf.
Das von uns geforderte No-Spy-Abkommen mit den USA ist bekanntlich nicht zustande gekommen. Das ist keine
Option mehr. Umso wichtiger ist es, dass wir auch über die europäischen Grenzen hinaus den Datenschutz gewährleisten und dass wir deswegen mit den Amerikanern sehr genau über ein transatlantisches Datenschutzabkommen reden, und zwar im Zusammenhang mit dem verhandelten transatlantischen Freihandelsabkommen. Ich sage das bei dieser Gelegenheit sehr deutlich.
Wer hier den Abbruch der Verhandlungen mit den USA fordert, der handelt genau kontraproduktiv. Der Antrag der LINKEN ist in diesem Zusammenhang, auch wenn darin der eine oder andere Satz steht, den wahrscheinlich jeder unterschreiben könnte, insgesamt eine Sammlung von Polemik, Antiamerikanismus und ähnlichem.
Deswegen kann man diesem Antrag sicherlich nicht zustimmen. Lassen Sie uns gemeinsam überlegen, wie wir unsere Daten in Zukunft besser schützen können. Damit haben wir genug zu tun.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Das in vielen Presseartikeln geschilderte Verhalten der NSA in der Vergangenheit hat zweifelsohne Anlass zu Sorge und Aufregung gegeben. Wir wissen – das muss auch einmal gesagt werden –, dass fast jede Nation, die es sich finanziell leisten kann, und sicher auch eine Vielzahl von Nationen, die es sich eigentlich nicht leisten können, Geheimdienste haben. Ich gehe davon aus, dass die Notwendigkeit solcher Institutionen – das betone ich – hier überwiegend nicht in Zweifel gezogen wird.
Die Frage, die uns seit Wochen beschäftigt, ist doch die: Wie weit geht die demokratische Legitimation solcher Institutionen? – Das gilt übrigens auch für den KGB und hat früher auch für die Abteilung Aufklärung bei der Stasi gegolten.
(Beifall bei der CDU – Zurufe von der LINKEN – Zurufe des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU) – Gegenrufe der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))
Genau: Guck und horch. – Nach den vorliegenden Presseberichten scheint die NSA Grenzen überschritten zu haben, die nicht hinnehmbar wären und die es dann neu zu justieren gelte.
Aber die Frage ist doch: Wer justiert dieses Verhältnis zwischen Staaten? Mit Verlaub: Hessen oder ein anderes Bundesland jedenfalls nicht.
Wie Ihnen allen sicherlich bekannt sein dürfte, ist die Rechtsgrundlage für die Stationierung verbündeter Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland der im Jahre 1954 mit den USA und sieben weiteren Vertragsstaaten ge
schlossene Aufenthaltsvertrag. Dieser gilt nach dem im Jahre 1990 geschlossenen Zwei-plus-Vier-Vertrag fort. Als weitere rechtliche Grundlage für die Präsenz ausländischer Streitkräfte in Deutschland kommen das im Jahre 1951 geschlossene NATO-Truppenstatut und diverse weitere Vereinbarungen hinzu.
Meine Damen und Herren, es kann daher keinem Zweifel unterliegen, dass der Regelungsinhalt dieser internationalen Abkommen eindeutig dem Bund im Rahmen seiner ausschließlichen Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten sowie für den Verteidigungsbereich zugewiesen ist.
Vor diesem verfassungsrechtlich vorgegebenen Hintergrund liegt es daher schlicht in der Natur der Sache, dass Ansprech- und Verhandlungspartner für die betreffenden Regierungsbehörden der USA und anderer Nationen nicht etwa die Landesregierungen – auch nicht Hessische Landesregierung –, sondern ausschließlich die Bundesregierung ist.
Ich stimme dem „FAZ“-Journalisten Badenhop ausdrücklich zu, der in seinem Kommentar in der „FAZ“ vom 23. Juni dieses Jahres darauf hingewiesen hat – ich zitiere mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten –:
… dass die entscheidenden Protagonisten in diesem Spiel nicht in Wiesbaden sitzen, sondern in Berlin und in Washington. Dort müssen die grundsätzlichen Fragen geklärt werden, die der NSA-Skandal aufgeworfen hat.
Dass die Fraktion DIE LINKE trotz dieser eindeutigen Faktenlage, die ihr nicht unbekannt sein dürfte, dennoch glaubt, die Landesregierung hier der – ich sage bewusst: negativen – Ahnungslosigkeit bezichtigen zu können, dürfte daher wenig überzeugend sein.
Es belegt vielmehr, dass es der LINKEN-Fraktion in dieser für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes sehr wohl bedeutenden Angelegenheit überhaupt nicht um eine Aufklärung in der Sache selbst geht, sondern ausschließlich um den Versuch einer Skandalisierung aus rein parteipolitischem Kalkül, entweder zur Ablenkung von früherem Verhalten der Geheimdienste ihrer Vorgängerpartei SED oder aus blankem Amerikanismus.
Meine Damen und Herren, in dem Weg über die Bundesregierung – so sind auch meine Schreiben zu verstehen – sehe ich die einzige Möglichkeit für uns als Landesregierung, in dieser Angelegenheit Aufklärung zu bekommen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich mit einem Auszug aus dem Kommentar von Peter Badenhop in der „FAZ“ schließen. Ich zitiere mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten:
Ob die amerikanischen Geheimdienstler nun in Stuttgart, Darmstadt oder im neuen Europa-Hauptquartier der Army in Wiesbaden ihr Geschäft betreiben, spielt am Ende keine Rolle. Jene Stimmen aus der hessischen Landeshauptstadt, die bei jeder neuen
Snowden-Information aufschreien, nur weil sich das Geschehen in der direkten Nachbarschaft abspielt, tragen wenig zur Lösung der gesamten Problematik bei.
Wir kommen zur Abstimmung über den Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Geheimdiensttätigkeit in Hessen, Drucks. 19/554. Wer stimmt zu? – Die LINKE. Wer ist dagegen? – CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die FDP. Wer enthält sich? – Die SPD. Damit ist dieser Dringliche Entschließungsantrag abgelehnt.
Antrag der Fraktion der FDP betreffend eine Aktuelle Stunde (Mindestlohn vernichtet Zukunftschancen jun- ger Menschen in Hessen – Einstieg in den Arbeitsmarkt wird unnötig erschwert) – Drucks. 19/537 –
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Unter dem Label „soziale Gerechtigkeit“ soll nächste Woche in Berlin ein Gesetz beschlossen werden, das in Wahrheit der Beginn der politischen Lohnfestlegung und damit die Aushöhlung der Tarifautonomie ist und das zudem zu einem massiven Wegfall von Arbeitsplätzen führen wird.
Herr Kollege, weil Sie schon jetzt dazwischenrufen: Ich will mit Ihnen heute gar nicht darüber diskutieren,
warum es nicht sinnvoll ist, einen flächendeckenden, einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn zu haben, sondern mir geht es vor allem darum, dass man, wenn man schon ein solches Gesetz macht, es handwerklich wenigstens so machen sollte, dass nicht auch noch die Zukunftschancen Tausender junger Menschen in unserem Land vernichtet werden.
Herr Kollege Schmitt, ich diskutiere das hier, weil ich es mehr als traurig finde – meine Fraktion hat eine entsprechende Anfrage an die Landesregierung gestellt –, dass diese Landesregierung stumm bleibt, wenn in Deutschland die Chancen junger Menschen vernichtet werden,
und zwar durch die Zustimmung zu einem Gesetzentwurf, der vorgibt, gerade diesen Menschen helfen zu wollen.
Verheerend sind insbesondere die Regelungen zu Förderprogrammen zur Vorbereitung auf Ausbildung, die Regelung zu den Altersgrenzen und die Regelung zu den Praktika. Wir werden sehen, dass durch diesen Gesetzentwurf Förderprogramme für schwache Jugendliche – also solche mit einem schlechten oder gar keinen Schulabschluss –, die sie auf reguläre Ausbildung vorbereiten sollen, wegfallen, weil solche Förderprogramme häufig von Betrieben oder von den Sozialpartnern – also auch von den Gewerkschaften – organisiert werden, aber von der Mindestlohnregelung nicht ausgenommen sind.