Ich konnte viele Argumente, die er damals ins Feld geführt hat, unterstützen. Ich halte sie auch immer noch für richtig. Ich weiß nicht, was zwischendurch passiert ist, möglicherweise das Wahlergebnis. Es scheint alles anders gekommen zu sein, seitdem nennt Tarek Al-Wazir den Ministerpräsidenten auch nicht mehr „Prince Charles“, das macht Sinn, und auch nicht mehr „Rechtspopulist“. Da hat sich vieles geändert. Respekt, meine Damen und Herren von den GRÜNEN. Seit heute wissen wir: Sie sind fleißig. – Das scheint ein Prädikat zu sein, das Sie sich in den letzten Monaten wahrlich verdient haben. Großen Respekt an Sie.
(Janine Wissler (DIE LINKE): Anpassungsfähig! – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Solche Prädikate entstehen aus Vergleichen!)
Herr Wagner, das mag sein. Sie wurden in den letzten Wochen von Unionskollegen auch immer wieder für Ihre Kompromissfähigkeit gelobt. Ich bin froh, dass die FDP in dieser Hinsicht nicht gelobt worden ist. Da scheint es noch Unterschiede zu geben.
Ich frage mich schon – Herr Wagner, das wissen Sie auch, das ist ja auch das Problem der löchrigen Glaubwürdigkeit Ihrer Person – –
Herr Wagner, der Parlamentarismus funktioniert seit dem alten Rom doch so: Einer redet vorne und die anderen hören zu. Wenn ein anderer etwas sagen will, kommt er nach vorne. Jetzt stehe ich hier, also scheint die Reihenfolge relativ klar zu sein.
Herr Wagner, stellen wir uns doch einmal vor, was wäre, wenn CDU und FDP weiterhin die Regierung stellen würden.
Wenn es dann die Möglichkeit gegeben hätte, im Landtag einen Antrag zu dem Thema zu stellen: „Wie haltet ihr es mit der AfD?“, dann wären Sie doch der Erste gewesen – das zum Thema Glaubwürdigkeit –, der geschrien hätte: Herr Ministerpräsident, wie sehen Sie es? – Herr Kollege Wagner, Sie wären der Erste gewesen.
Versuchen Sie doch nicht, heute den Eindruck zu erwecken, als sei das alles obsolet. Sie sind doch noch gar nicht so lange in der Regierung. Deswegen kann man doch nicht alles vergessen, was noch im November oder im Dezember für die GRÜNEN richtig gewesen ist.
Herr Boddenberg, jetzt ist es anders gekommen, da haben Sie völlig recht. – Die AfD-Debatte hat in Hessen so begonnen, dass der Ministerpräsident sie eröffnet hat, indem er in einem Interview während des Wahlkampfs – ich weiß es noch genau, weil wir uns als damaliger Koalitionspartner darüber gewundert haben, dass die Diskussion von uns aufgemacht wird –, in einem Gedankenspiel die Koalitionsmöglichkeit nicht vollständig ausgeschlossen hat. Er hat die Debatte nach dem Sturm der Entrüstung selbst wieder geschlossen. Danach haben Kollegen der Union diese Debatte wieder eröffnet.
Wenn man sich die Zahlen anschaut, bemerkt man, dass sich jede Partei davon eine Scheibe abschneiden kann. Alle Parteien haben an die AfD verloren, die Union mit Abstand am meisten, aber auch andere Parteien haben Stimmen verloren.
Deshalb ist es richtig, dass wir uns inhaltlich mit der Frage auseinandersetzen, wofür diese Partei steht, was sie für Positionen vertritt, die scheinbar für Menschen attraktiv sind. Wir werden einer inhaltlichen Debatte nicht ausweichen können.
Diese Partei hat sich in der letzten Zeit auf die großen Probleme gesetzt, die wir in dieser Gesellschaft und in der Europäischen Union haben, und mit einfachen Lösungen – da bin ich bei Kollege Rudolph – versucht, den Leuten zu erklären: Es ist ganz einfach, wir treten aus dem Eurosystem aus, dann gibt es in dieser Frage keine Probleme mehr. – Das sind Lösungsansätze, die in der Sache nicht weiterhelfen, aber scheinbar für viele Menschen attraktiv sind. Deshalb müssen wir uns auch mehr Mühe machen, mit den Menschen darüber zu diskutieren, warum diese Konzepte auf keinen Fall erfolgversprechend sein werden, sondern, im Gegenteil, eigentlich in die wahre Katastrophe führen. Diese Zeit müssen wir uns nehmen.
Ich bin im Wahlkampf auch Diskussionen mit der AfD nicht ausgewichen, weil es wichtig ist, sie zu führen. Wer einen solchen ökonomischen Blödsinn erzählt, muss von uns Demokraten gestellt werden.
Es ist vorhin auch von Herrn Pentz angesprochen worden, es gibt nicht nur einen liberal-libertären Flügel in der AfD, der bezüglich des Euro eine sehr harte Haltung innehatte – ich finde das, wie gesagt, nicht sehr zielführend –, es gibt auch einen sehr konservativen Flügel. Frau Metzger, die früher Mitglied der FDP war, ist ausgetreten worden, weil ihr liberales Gedankengut in der AfD anscheinend keine Heimat hat. Das, was in dieser Partei übrig bleibt, ist eine Struktur – nicht nur bei Frau von Storch, sondern auch bei anderen –, die bei den Themen Werte von Familie, Ablehnung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften – das Wort Familienschutz taucht immer wieder auf – sehr rechtskonservativ agiert und damit natürlich auch ein sehr rechtskonservatives Publikum bedient.
Wenn Sie sich einmal anschauen, für was die AfD in ihren Grundsatzerklärungen steht, neben den Themen Abtreibungsverbot, Verbot von Sterbehilfe, Ablehnung einer EUMitgliedschaft der Türkei, Schutz der christlichen Familie und Ablehnung der Gleichsetzung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften, kann ich jedenfalls für uns feststellen: Liberale Wurzeln hat dieses Programm nicht.
Das ist kein liberales Programm. Herr Lucke sagt – meine Damen und Herren von der Union, darüber müssen Sie nachdenken –: Ich bin kein Liberaler, sondern ich bin Christdemokrat. Meine Werte beruhen auf der christdemokratischen und christlich-sozialen Lehre.
Das kann ja alles sein. Diese Truppe versucht, die Union an dieser Flanke anzugreifen. Der Linksrutsch der deutschen CDU steht für mich fest. Wenn Sie sehen, was die CDU vor zehn Jahren vertreten hat und was sie heute vertritt, dann ist es nicht falsch, das so zu beschreiben. Fakt ist aber, dass es wichtig wäre, dass die Christlich Demokratische Union klarer sagt, wie sie sich von der AfD abgrenzen will.
Meine Damen und Herren von der SPD, es macht wenig Sinn – da bin ich ein bisschen bei Herrn Pentz –, heute Erklärungen zu fordern, dass die CDU nicht mit der AfD koalieren wird. Wenn es solche Erklärungen gäbe, dann würde die CDU heute nicht mit den GRÜNEN koalieren. Das ist alles Schall und Rauch.
Was man erwarten kann, ist eine inhaltliche Auseinandersetzung. Da wäre ich schon dankbar, wenn die Mitglieder der hessischen Union bei den Themen Ablehnung der EUMitgliedschaft der Türkei, Schutz der christlichen Familie und deshalb Ablehnung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften usw. klar erklären würden, dass das nicht ihre Politik ist. Eigentlich kann das gar nicht ihre Politik sein – ich weiß gar nicht, ob das alle so sehen –, denn wer mit den GRÜNEN in Hessen koaliert, muss doch eine klare Ablehnung dieser Positionen erkennen lassen. Ich würde mir wünschen, dass wir ein klares Glaubensbekenntnis für diese demokratischen Werte erfahren.
Zum Abschluss: Ich hoffe, dass wir mit der Debatte über diese Populisten in diesem Landtag nicht aufhören. Herr Kollege Pentz, wenn das gelten würde, was Sie gesagt haben, dann wäre es kein guter Ratschlag gewesen, dass CDU und FDP in den letzten fünf Jahren ca. 15 Anträge gestellt haben, in denen wir uns auch mit der Linkspartei auseinandergesetzt haben.
Ich halte das weiterhin für richtig. Ich halte es für richtig, dass wir uns mit einer Partei auseinandersetzen, die an vielen Stellen mit ihrer totalitären Vergangenheit überhaupt nicht abgeschlossen und diese auch nicht aufgearbeitet hat. Das sollten wir auch diskutieren. Genauso wichtig und richtig ist es, dass wir an dieser Stelle auch über die Frage diskutieren, wie wir es mit der AfD halten, und nicht versuchen, dieses Thema wegzunuscheln. Das reicht nicht aus, wenn man sich mit einer solchen Partei auseinandersetzen will.
Demokraten müssen sich mit Populisten und mit teilweise extremistischen Tendenzen in diesen Organisationen auseinandersetzen. Wer soll es denn tun, wenn nicht wir in diesem Landtag?
Herr Pentz, deshalb ist es wichtig, dass die Union, die die meisten Wähler an die AfD verloren hat, das Thema nicht wegnuschelt, sondern klar zu erkennen gibt, dass diese Partei keine Machtperspektive in Deutschland hat, weil die Union es ausschließt, mit ihr zusammenzuarbeiten. – Vielen Dank.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD, Drucks. 19/505. Wer seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind SPD und LINKE. Gegenstimmen? – CDU und GRÜNE. Enthaltungen? – FDP. Dann ist dieser Antrag abgelehnt.
Zweite Lesung des Dringlichen Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Fünfzehntes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Abgeordneten des Hessischen Landtags – Drucks. 19/517 zu Drucks. 19/440 –
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Ältestenrat empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen von SPD und LINKEN bei Stimmenthaltung der FDP, den Dringlichen Gesetzentwurf in zweiter Lesung unverändert anzunehmen.
Der Vollständigkeit halber möchte ich noch darauf hinweisen, dass zuvor der mündliche Änderungsantrag der Fraktion der SPD mit den Stimmen der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der SPD, der FDP und DIE LINKE abgelehnt wurde. Das Ganze fand in der 7. Sitzung des Ältestenrates am 17. Juni 2014 statt.