Protocol of the Session on August 23, 2018

Es ist nicht nur so, dass Hessen heute den größten Verkehrsetat in seiner Geschichte hat, d. h., es wurde noch nie so viel in Straßen und Schienen investiert wie heute, son

dern es ist eben auch so, dass es unserem Ministerpräsidenten Bouffier durch schwierige Verhandlungen gelungen ist, auf Bundesebene durchzusetzen, dass Hessen nicht nur wie in der Vergangenheit etwa 7 % der Bundesmittel für den Straßenbau bekommt, sondern über 12 %. Auch das ist ein Erfolg dieser Regierung.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD): Ich bin einmal gespannt, wie viel davon realisiert wird!)

Wir haben eben nicht nur mehr Geld, es wird auch mehr gebaut. Es wird so viel gebaut wie schon lange nicht mehr. Das können wir überall sehen. Natürlich führt die eine oder andere Baustelle, Brückensanierung und Ähnliches auch dazu, dass es Baustellen und damit Staueffekte gibt. Aber auch dieses Themas hat sich die Regierung intensiv angenommen, und deswegen ist es gelungen, im ersten Quartal 2018 die Stauzeiten im Vergleich zum Vorjahresquartal um 30 % zu reduzieren sowie im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahr sogar um 31 %. Das ist ein unglaublicher Erfolg.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Boddenberg (CDU): 30 % weniger Stau!)

Für die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes ist es nämlich wichtig, dass die Menschen nicht auf Autobahnen und Landstraßen im Stau stehen, sondern dass sie schnell an den Arbeitsplätzen und schnell zu Hause sind, dass sie schnell dort sind, wo sie hin möchten.

Deswegen ist uns das Thema besonders wichtig. Wir haben einen aktiven Weg hinter uns. Klar ist nur eines: Wenn Sie sich heute auf den Straßen umschauen, dann stellen Sie fest, in Hessen ist noch eine Menge zu tun. Deswegen ist es notwendig, dass uns die Wählerinnen und Wähler am 28. Oktober erneut den Auftrag geben, damit diese positive Entwicklung in Hessen weitergehen kann. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Rüdiger Holschuh (SPD): Das, was Sie in zehn Jahren nicht hinbekommen haben, werden Sie dann auch nicht schaffen!)

Vielen Dank, Kollege Caspar. – Das Wort hat Frau Abg. Janine Wissler, Fraktion DIE LINKE.

(Clemens Reif (CDU): Jetzt kommt bestimmt die Standardrede! – Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Mal sehen, ob sie eine neue Rede dabei hat! – Heiterkeit bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich will noch einmal darauf hinweisen: Wir hatten uns darauf geeinigt, wenn eine Rednerin oder ein Redner zum Rednerpult geht, dann würden wir das gerne ohne Kommentare zur Kenntnis nehmen. Das hatten wir einmal vereinbart. Das gilt für alle im Hause. Das ist nicht höflich.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die FDP hat eine Aktuelle Stunde zu Staus beantragt mit dem Titel:

„Freizeitverschmutzung endlich beenden“. – Staus sind also Freizeitverschmutzung.

Heute Nachmittag werden wir auf Antrag der FDP über die Gründung einer Agentur für radikale Innovationen reden. Zum Wahlkampfauftakt präsentiert die FDP ein Video, in dem sie für ihren Spitzenkandidaten „René Rock Star“ wirbt. Liebe FDP, ich weiß nicht, welches Zeug Sie derzeit nehmen oder was auf Ihren Fluren so geraucht wird.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Aber das darf man sagen?)

Frau Kollegin Wissler, die Formulierung „welches Zeug Sie nehmen“ ist sicherlich nicht ganz parlamentarisch. Deswegen will ich Sie unter der Stufe der Rüge ganz einfach bitten, sich etwas anders auszudrücken.

(Beifall des Abg. Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Ich wollte auch gerade hinzufügen: Wir sind auch für eine liberale Drogenpolitik. Von daher will ich das gar nicht kommentieren.

(Allgemeine Heiterkeit)

Frau Kollegin Wissler, wenn Sie es jetzt noch ein bisschen doller machen, muss ich Sie rügen. Das kann man nicht machen, so geht es nicht. Ich bitte Sie herzlich, sich nicht nur parlamentarisch zu bewegen, sondern sich auch parlamentarisch auszudrücken.

(Turgut Yüksel (SPD): Sie meinte doch Alkohol!)

Für viele Menschen in Hessen ist Mobilität ein alltägliches Problem. Herr Caspar, das als Ausdruck des Erfolgs darzustellen, dass Menschen täglich viele Stunden im Stau verbringen, ist wirklich etwas lächerlich.

Der Ansatz, immer mehr und immer breitere Straßen zu bauen, führt nachweislich zu mehr Verkehr, bis wir irgendwann jeden Acker asphaltiert haben und immer noch im Stau stehen. Mehr Straßen verursachen mehr Verkehr. Diese Binsenweisheit kann man gar nicht oft genug wiederholen. Wer immer mehr Umgehungen, Abkürzungen und Rennstrecken baut, während der Bau der Schienenstrecken weitgehend stagniert, der macht die Pkw-Nutzung immer attraktiver und natürlich auch den Lkw-Verkehr.

(Zuruf der Abg. Claudia Ravensburg (CDU))

Die Autobahnen um Frankfurt sollen laut Bundesverkehrswegeplan ausgebaut werden, sechsspurig, achtspurig, zehnspurig. So kann es natürlich immer weitergehen, bis wir nur noch Beton und Lärm in Stadt und Land haben. Diese Wachstumslogik ist keine zukunftsfähige Politik, sie löst keine Probleme, keine Verkehrsprobleme, keine Umweltprobleme, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Natürlich müssen wir über den Investitionsstau beim Erhalt der Landesstraßen und insbesondere bei den Brücken reden. Er muss dringend abgebaut werden. Da müssen wir natürlich auch über die Personalsituation bei Hessen Mobil reden. Dort führte ein massiver Stellenabbau zur Überlastung der Mitarbeiter. Gerade hängen die Beschäftigten in der Luft, weil der Bund beschlossen hat, eine Infrastrukturgesellschaft zu gründen, und damit der Privatisierung der Autobahnen Tür und Tor geöffnet hat. Wir haben das abgelehnt. Jetzt ist das Land Hessen gefordert, endlich Sicherheit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schaffen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vor allem müssen wir uns den Gründen widmen, warum die Straßen der Belastung nicht mehr standhalten. Der Personenverkehr explodiert, weil immer mehr Menschen einen immer weiteren Weg zum Job haben – eine Folge veränderter Lebensverhältnisse. Es ist aber auch eine Folge explodierender Mieten in den Städten.

Die Autos werden immer mehr, die Autos werden immer größer, schwerer und PS-stärker. Das bedeutet, dass sie immer mehr Sprit verbrauchen, immer mehr die Umwelt belasten und immer mehr Platz in den Städten wegnehmen.

Natürlich müssen wir auch über den Güterverkehr reden. Auch der Lkw-Verkehr hat sich in den letzten Jahren massiv erhöht. Der Transportaufwand wurde um mehr als 50 % gesteigert. Wir reden über rollende Lagerhäuser auf den Autobahnen und über den zunehmenden Transport von Waren kreuz und quer durch Europa. Auch hier müsste gegengesteuert werden, und das nicht nur aus Natur-, Umwelt-, und Klimaschutzgründen, sondern auch für den Erhalt der Straßen, für die Reduzierung von Staus, aber auch für die Gesundheit und Lebensqualität der Menschen.

(Michael Boddenberg (CDU): Was heißt das jetzt? Staatskontrolle!)

Diesen steigenden Belastungen immer hinterherzubauen zeugt von einer völlig verfehlten Wachstumslogik. Es wird immer gerne gesagt: Das können wir uns alles nicht leisten. – Ich glaube, was wir uns wirklich nicht leisten können, ist, so weiterzumachen wie bisher.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Boddenberg, weil Sie fragen, was man tun soll:

(Judith Lannert (CDU): Sie sind immer nur dagegen! Wo sind denn Ihre eigenen Ideen?)

Die erzwungene Mobilität muss reduziert werden. Möglichkeiten zur fußläufigen Versorgung müssen gefördert werden. Die Pendelei muss begrenzt werden, indem in den Städten die Mieten wieder erschwinglich sind. Dann müssen nicht Hunderttausende in die Stadt pendeln. Wir müssen regionale Wirtschaftskreisläufe stärken, auch durch eine öffentliche Ausschreibungspraxis. Gewerbeansiedlungen müssen klüger gesteuert werden, nicht auf der grünen Wiese, sondern in den Innenstädten, dort, wo die Menschen sind. Natürlich muss man auch den Radverkehr und den ÖPNV stärken.

(Zuruf des Abg. Kurt Wiegel (CDU))

Die meisten Menschen stehen nicht jeden Morgen im Stau, weil sie überzeugte Autofahrer sind, sondern weil die Alternativen nicht so attraktiv sind. Deswegen brauchen wir

natürlich bei den Bahnen dringend attraktive Alternativen, sowohl in der Stadt, in der die Engpässe sind, als auch auf dem Land, wo es oftmals überhaupt kein verlässliches ÖPNV-Angebot gibt. Drei Schulbusse am Tag sind keine Verkehrsinfrastruktur.

Frau Kollegin Wissler, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich habe noch viel zu sagen, aber ich habe ja die Möglichkeit, das in meiner anderen Rede zur Verkehrspolitik weiterzuführen. – Bei der Barrierefreiheit muss noch eine ganze Menge passieren, die Preise müssen reduziert werden.

Frau Kollegin Wissler, ich darf Sie bitten – ich hätte auch noch viel zu sagen –, Sie müssen sich schon an die Redezeit halten.

Das mache ich, Herr Präsident. – Lassen Sie uns dem Straßenverkehr nicht immer weiter hinterherbauen, sondern wirklich die Verkehrswende einleiten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Wissler. – Das Wort hat der Wirtschaftsminister, Staatsminister Tarek Al-Wazir.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mir war klar, dass in den Plenarsitzungen vor der Wahl viel auf die Pauke gehauen wird. Als ich am Montag den Titel der Aktuellen Stunde der FDP gelesen habe, da habe ich mir aber schon gedacht, das ist, vorsichtig ausgedrückt, dreist.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Warum ist das dreist?

(Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))