Kein anderes Bundesland hat in Ihrer Verantwortung so schlecht abgeschnitten wie Hessen. Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, das reicht noch nicht. Auf Seite 24 des Gutachtens steht dann, dass dieser Anteil – nämlich das, was vom Bundesverkehrswegeplan an Investitionen nach Hessen fließt – unter der Verantwortung dieses Verkehrsministers von 7 % der Bundesmittel auf 12 % der Bundesmittel gestiegen ist. – Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, peinlicher geht Ihre Kritik in der Infrastrukturpolitik wirklich nicht mehr.
Reden wir doch über die Zukunftsperspektiven. Die Weichenstellung dieser Koalition „Sanierung geht vor Neubau“ war ausdrücklich richtig. Wir haben in den vergangenen Wochen gesehen, wohin es führen kann, wenn man die Infrastruktur weiter auf Verschleiß fährt, wie das viele Politikerinnen und Politiker in den vergangenen Jahrzehnten gemacht haben. Deswegen ist es richtig, dass wir uns um den Erhalt des bestehenden Straßennetzes kümmern und nicht auf immer neue Neubauprojekte setzen, wenn wir uns nicht vorher darum gekümmert haben, dass die Straßen, die Infrastruktur, die Schienen, die es gibt, auch tatsächlich instand gehalten werden. Das ist ein zukunftsweisender Ansatz, den realisieren wir; auch den kritisiert dieses Gutachten.
Wenn die FDP jetzt die Schieneninfrastrukturprojekte anspricht – Regionaltangente West, Ausbau der S-Bahn nach Friedberg, der S 6, Gateway Gardens,
ICE-Verbindung über Darmstadt und Mannheim, ICE-Verbindung durch das Kinzigtal, Nordmainische S-Bahn –, dann kann ich nur erwidern: Nichts ist in Ihrer Verantwortung geschehen. Dieser Verkehrsminister hat all die Projekte auf die Tagesordnung geholt. Ja, das Ziel der GRÜNEN ist ein Schienenring im Rhein-Main-Gebiet. Wir haben das im Wahlprogramm stehen, bei allen anderen lese ich es nicht. Wir werden an diesem Projekt konsequent arbeiten, damit wir es auch verwirklichen können.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): S 6, das ist die Unwahrheit!)
Ich frage die SPD, wenn Sie sich auf dieses Gutachten beziehen: Ist das Ihre Perspektive für die Energie- und Klimaschutzpolitik in unserem Land, was in diesem Gutachten steht? – In diesem Gutachten steht, dass der eingeschlagene Weg in das Zeitalter der erneuerbaren Energien ein falscher Weg ist.
Wenn Sie sich das zu eigen machen, dann thematisieren Sie das. Jeder, der etwas für den Wirtschaftsstandort Hessen tun will, muss eine Antwort auf die Frage der zukünftigen Energieversorgung haben.
Diese Antwort heißt: weiter mit den erneuerbaren Energien. Sie darf auf keinen Fall bedeuten: zurück zu Atom und Beibehaltung der Kohle.
Dieses Gutachten verfolgt einen völlig falschen Ansatz. Deswegen lohnt es sich, das Gutachten nicht nur zu zitieren, wenn es passt, sondern über die Zukunftsfragen zu reden. Wir wollen eine Energieversorgung aus erneuerbaren Energien. Das ist die Zielsetzung.
Entschuldigung, Herr Kollege Rock, bei Energie muss ich immer an die Wenden des Kollegen Rentsch denken. – Herr Kollege Rock, wer gar kein energiepolitisches Konzept hat, der schadet mit Sicherheit dem Wirtschaftsstandort am meisten. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! „Die Wirtschaft des Landes hat die Aufgabe, dem Wohle des ganzen Volkes und der Befriedigung seines Bedarfs zu dienen.“ So steht es in der Hessischen Verfassung. Daran muss man ab und zu erinnern.
Für die meisten Menschen im Land ist es gar nicht entscheidend, ob wir nun eine dynamischere Entwicklung als Bayern und Baden-Württemberg haben oder nicht, worüber wir jetzt eine Stunde lang diskutiert haben. Für sie ist doch entscheidend, was sie vom gesellschaftlichen Reichtum abbekommen, was vom gesellschaftlichen Wohlstand real bei ihnen ankommt.
Der Wirtschaftsminister hat bereits eine Bilanz seiner Amtszeit gezogen. Auf der Webseite des Ministeriums liest man Superlative – natürlich kein Wahlkampf. Der Ministerpräsident zieht durch die Lande und erklärt: Hessen geht es gut.
Die Frage lautet doch: Wer ist denn eigentlich „Hessen“? – Die entscheidende Standortfrage lautet doch: Ist Hessen ein Standort für ein gutes Leben, und zwar für alle Menschen, die hier leben? – Darüber sollten wir in allererster Linie reden, nämlich was bei diesen Menschen ankommt.
Das Statistische Bundesamt hat kürzlich verglichen und festgestellt, dass die hessischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer 3.500 € brutto verdienen, im Mittelwert. Herr Boddenberg hat vorhin darauf hingewiesen. Ja, das klingt erst einmal gut. Es ist aber eben nur ein Mittelwert, d. h., 50 % der Hessen haben weniger. Es gibt sehr große regionale Unterschiede. Die Menschen im Werra-MeißnerKreis verdienen signifikant weniger als die Menschen in Frankfurt.
Die Zahl der Einkommensmillionäre steigt immer weiter. Ihre Zahl ist in nur einem Jahr um 13 % gestiegen, auf 1.600. Deren Einkünfte sind sogar um über 30 % in nur einem Jahr gewachsen. Man stelle sich vor, was los wäre, wenn Gewerkschaften derart hohe Tarifforderungen stellen würden. Forderungen nach 5 % mehr Lohn werden meist schon als völlig überzogen abgetan.
Der wachsenden Zahl an Einkommensmillionären stehen immer mehr Menschen gegenüber, die arm oder von Armut gefährdet sind. Das zeigt auch der Landessozialbericht der Landesregierung: Jeder siebte Mensch in Hessen ist von Armut bedroht; 500.000 Menschen arbeiten zu Niedriglöhnen. Ja, es gibt mehr Arbeitsplätze als vor einem Jahr – das Problem ist nur, dass man von vielen Arbeitsplätzen nicht mehr leben kann. Die Zahl der Menschen, die zu Niedriglöhnen arbeiten, ist in den letzten Jahren enorm angestiegen. Die Kinderarmut nimmt zu, die Altersarmut nimmt in Hessen zu. – Das steht alles im Landessozialbericht der Landesregierung, das habe ich mir nicht ausgedacht. Mittlerweile gibt es 53 Tafeln im reichen Hessen, Tendenz steigend, und das trotz guter Wirtschaftslage.
Deswegen: Ja, natürlich ist Hessen ein wirtschaftlich starkes Bundesland. Aber wir haben ein Verteilungsproblem, und über das müssen wir reden, meine Damen und Herren.
Gerade hat der Sozialverband VdK Forderungen veröffentlicht, unter anderem die Wiedereinführung der Vermögensteuer, die Bekämpfung von Niedriglöhnen, die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 €. Dem können wir uns nur anschließen.
An dieser Stelle sage ich auch, dass das, was der DGB und was der VdK fordert, für uns um einiges relevanter ist als die Forderung der VhU, die jahrelang den Mindestlohn bekämpft hat und die Deregulierung und Steuersenkungen fordert.
Auch auf Landesebene kann man etwas für gute Arbeit tun. Ein wirksames Tariftreue- und Vergabegesetz könnte Lohndumping bekämpfen und verhindern. Mit gesetzlichen Personalmindeststandards könnte man die Beschäftigten in der Pflege entlasten. Hier könnte das Land etwas für gute Arbeit tun. Diese ganze Frage aber ist bei SchwarzGrün eine Leerstelle, und das ist das Problem Ihrer Regierung, meine Damen und Herren.
Eine bezahlbare Wohnung zu finden, ist in vielen hessischen Regionen ein massives Problem, und zwar längst nicht nur in Frankfurt. Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat erst diese Woche erneut Alarm geschlagen: Die Zahl der öffentlich geförderten Wohnungen wurde in den letzten 25 Jahren mehr als halbiert, weil immer mehr Wohnungen aus der Sozialbindung fallen und nur wenige neu gebaut werden. Im Rhein-Main-Gebiet werden Baugrundstücke und Wohnungen von Investoren abgegrast und für immer höhere Preise erworben, die durch Mieteinnahmen in einer Lebenszeit kaum noch zu erwirtschaften sind. Aber darum geht es ja nicht, es geht vor allem um die Wertsteigerung durch Bodenspekulation und gar nicht um die Einnahmen aus Vermietung.
In der Folge schnellen die Mieten in die Höhe, und über 45.000 Menschen in diesem Land suchen derzeit eine Sozialwohnung. Noch viel mehr Menschen hätten ein Anrecht darauf, weil bezahlbares Wohnen nicht nur ein Thema für Geringverdiener ist, sondern ein Thema bis weit in den Mittelstand hinein, bei Leuten, die ein durchschnittliches Einkommen haben und die bei den hohen Mieten einfach keine Wohnung mehr finden.
In Frankfurt hätten mittlerweile zwei von drei Mietern Anspruch auf öffentlich geförderten Wohnraum. Davon aber gibt es viel zu wenig. Warum? – Weil sich der Staat in den letzten Jahren immer weiter aus der Verantwortung für das Wohnungsangebot zurückgezogen und es den Marktkräften überlassen hat, was ein schwerer Fehler war.
Deshalb ist es auch so wichtig, dass sich in Frankfurt ein Bündnis zusammengeschlossen hat, das einen Mietentscheid vorbereitet, um zu erreichen, dass die Stadt Frankfurt und die städtische Wohnungsbaugesellschaft mehr geförderten Wohnraum schaffen. Wir als LINKE unterstüt
Wohnen ist ein Menschenrecht, keine Ware, kein Spekulationsgut. Öffentlicher Wohnraum muss endlich Priorität erhalten. Statt Filet-Grundstücke wie das Frankfurter Polizeipräsidium an den meistbietenden Investor zu verkaufen, müssen endlich genug bezahlbare Wohnungen entstehen – mindestens 10.000 Sozialwohnungen jährlich, und ein hoher Anteil davon barrierefrei und altersgerecht.
Das hilft nicht nur den Menschen, die dort einziehen, sondern das senkt insgesamt das Mietniveau. Die beste Mietpreisbremse ist mehr sozialer Wohnungsbau; den brauchen wir.
Aber in der schwarz-grünen Regierungszeit sind fast 30.000 Sozialwohnungen verloren gegangen. Zum Vergleich: 1.650 wurden neu geschaffen. Das heißt, diese schwarz-grüne Landesregierung vergrößert die Probleme, statt sie zu lösen, und deshalb brauchen wir einen Politikwechsel in der Wohnungspolitik, damit wir endlich wieder bezahlbare Wohnungen haben.