Es ist jetzt schon vieles gesagt worden; und das Gutachten geht darauf auch an einer Stelle ein. Nach meinem Dafürhalten – ich möchte das betonen – ist der Fachkräftebedarf das zentrale wirtschaftspolitische Thema der nächsten Jahre. Die fehlenden Fachkräfte werden in den nächsten Jahren die größte Bremse für die hessischen bzw. deutschen Unternehmen sein. Herr Boddenberg, von Ihnen fehlen hierzu aber jegliche Antworten. Unter unserer gemeinsamen Landesregierung hatten wir hierzu noch eine Initiative, beispielsweise Spanien. Darüber haben wir uns lange unterhalten. Es ist auch die Aufgabe des hessischen Wirtschaftsministeriums, für die berufliche Ausbildung zu sorgen. Aber zu dieser sehr zentralen Frage fehlen Ihrerseits jegliche Initiativen.
(Beifall bei der FDP – Michael Boddenberg (CDU): Das müssen Sie mir nicht sagen! Wer war denn in der Fachkräftekommission? Wer hat das denn federführend gemacht?)
Es ist nur logisch, dass unter dieser Vernachlässigung von Investitionen besonders der Verkehrsbereich leidet. Mein Gott, die Gutachter stellen fest: 68 % der Unternehmen in Hessen sehen sich durch Probleme im Straßenverkehr negativ beeinflusst – und das auf dem Höhepunkt des Fachkräftebedarfs, Herr Boddenberg. Die Gutachter kritisieren insbesondere, dass preisbereinigt – wir streiten uns ja immer darüber, wie viel denn in Summe im Haushalt steht, und jetzt nenne ich keine Zahl von uns – 20 % weniger an Investitionen in den hessischen Landesstraßenbau flössen als noch im Jahr 2008. Meine Damen und Herren, das ist durchaus bemerkenswert. Wir schlagen immer vor, zumindest einmal die Abschreibungsquote einzustellen; denn, wenn man sich die Zahlen der Gutachter anschaut, stellt man fest, dass man in den Haushalt deutlich mehr einstellen müsste.
Wir brauchen eine Trendwende; und jetzt machen Sie mir nicht wieder den Vorwurf, wir würden nur auf Straßen setzen. – Nein, meine Damen und Herren, den gleichen Bedarf haben Sie in der Schieneninfrastruktur. Ich frage mich immer: Wo ist das große Projekt dieser Landesregierung, um die Infrastruktur wirklich nach vorne zu bringen? Was ist mit der Südtangente? Was ist mit der Osttangente? Was ist mit einem Ring um Frankfurt herum? – Meine Damen und Herren, die Menschen stehen jeden Tag im Stau. Sie stehen aber nicht nur auf der Straße im Stau, sondern oft auch auf der Schiene.
Ja, Herr Al-Wazir, da müssen Sie nicht die Nase rümpfen und nicht stöhnen, sondern Sie müssen irgendwann einmal etwas angehen und sagen, welches Ihr Infrastrukturprojekt ist, um den Verkehrskollaps in Hessen endlich aufzulösen. – Jede Landesregierung hatte im Verkehrsbereich immer große Visionen. Jede Hessische Landesregierung hat auch etwas nach vorne gebracht. Der letzte Ministerpräsident, der wirklich einmal etwas bewegt hat, war Roland Koch. Meine Damen und Herren, es wird Zeit, dass es wieder einmal einen Ministerpräsidenten gibt, der sich an die Speerspitze der Innovationen, an die Speerspitze der Investitionen begibt und das Wirtschaftswachstum in Hessen tatsächlich wieder nach vorne bringt. – Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP – Janine Wissler (DIE LINKE): Bitte nicht Roland Koch! –Abg. Michael Boddenberg (CDU): Wer soll es denn werden?)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die FDP hat also Sehnsucht nach Roland Koch. Damit hat diese Debatte doch noch etwas Neues aus den Reihen der Opposition erbracht.
Am 28. Oktober wird ein neuer Landtag gewählt; und das hat man dieser Debatte angemerkt. Ich frage mich, da ich die Redebeiträge der Opposition gehört habe: Wie hätten Sie eigentlich geredet, wenn Hessen in dieser Studie wirklich schlecht abgeschnitten hätte? Wie hätten Sie dann wohl geredet? Denn ein Steigerungspotenzial gab es angesichts des Bildes, das Sie von Hessen gezeichnet haben, schlicht und ergreifend nicht. Was steht denn in dieser Studie drin? – Es hilft ja, sie zu lesen. Auf Seite 4 steht:
Nach fünf Jahren Amtszeit unseres grünen Wirtschaftsministers hat uns dieses Ergebnis der Studie ausdrücklich gefreut.
Herr Kollege Boddenberg hat schon einige Daten angesprochen; wir sind in dieser Studie immer mit Bayern und Baden-Württemberg führend dabei. Ich will aber noch einige Punkte ergänzen, die in dieser Studie nicht stehen, die uns GRÜNEN aber besonders wichtig sind: Wir haben in Hessen die niedrigste Arbeitslosigkeit seit 37 Jahren;
das ist auch das Ergebnis einer Wirtschaftspolitik, die auf dem Arbeitsmarkt offenkundig höchst erfolgreich ist.
Wir haben auch bei den Langzeitarbeitslosen einen Rückgang zu verzeichnen. Es gibt ja oft die Entwicklung, dass die wirtschaftliche Entwicklung zwar positiv ist, aber an einigen, vor allem an den Langzeitarbeitslosen, vorbeigeht. Deshalb freut es uns als GRÜNE besonders, dass wir auch
Da die Opposition ein Gutachten des Instituts der deutschen Wirtschaft als Kronzeugen heranzieht, lassen Sie uns doch einmal über dieses Gutachten und die darin getroffenen Setzungen und Zukunftsperspektiven reden. Diese müssen Sie sich dann auch zuschreiben lassen.
Meine Damen und Herren, ich bin, ehrlich gesagt, sehr verwundert, dass die Kollegen der Sozialdemokratie ihre Wirtschaftspolitik jetzt auf das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft stützen und nicht mehr auf den DGB. Das hat mich doch sehr überrascht.
Offenkundig ist im Wahlkampf jedes Argument recht; und man schaut eben nicht mehr auf die konzeptionelle Ausrichtung.
Dabei lohnt es doch, über die konzeptionelle Ausrichtung unseres Landes zu reden. Wie ist das denn mit den Investitionen? Was wird denn in diesem Gutachten vorgeschlagen? Herr Schäfer-Gümbel, wollen Sie sich wirklich zu eigen machen, was in diesem Gutachten steht? – Dort wird vorgeschlagen, das Land Hessen solle mehr investieren. Es solle deutlicher Altschulden abbauen, und es solle die Steuern senken.
Meine Damen und Herren, das ist schlicht und ergreifend nicht realistisch. Wir müssen auch politische Prioritäten setzen. Wenn die Sozialdemokratie in diesem Haus antritt und Wahlversprechen von 4 Milliarden € macht und gleichzeitig ein Gutachten eines Instituts begrüßt, das sagt, es solle nicht mehr in konsumtive Ausgaben investiert werden, dann passt das vorne und hinten einfach nicht zusammen.
Welcher Investitionsbegriff liegt diesem Gutachten denn zugrunde? – Der Investitionsbegriff lautet: Investition ist es nur, wenn es Beton ist.
Dieses Gutachten kritisiert ausdrücklich die Investitionen – für uns sind das Investitionen –, die diese Landesregierung in den Bereichen Bildung, Kinderbetreuung, kostenfreie Kindertagesstätten vorgenommen hat. Das alles kritisiert dieses Gutachten. Man sollte es nicht zum Kronzeugen der Anklage machen, wenn es einen solch falschen Investitionsbegriff zugrunde legt. Es ist eine Wirtschaftspolitik von gestern, die in diesem Gutachten postuliert wird, und keine von morgen.
Für die Entwicklung zukunftsfähiger Arbeitsplätze, für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft sind gut ausgebildete junge Menschen entscheidend. Dann darf man nicht sagen, dass das konsumtive Ausgaben sind, wenn wir in
unsere Schulen investieren, wenn wir in unsere Hochschulen investieren, wenn wir in unsere Kitas investieren. Dann muss man sagen: Auch das gehört zu Investitionen in einen attraktiven Standort, aber nicht dieser Uralt-Investitionsbegriff einer Wirtschaftspolitik von gestern.
Die FDP kritisiert den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in Hessen. Auch da lohnt sich ein Blick in das Gutachten.
Der Zustand der hessischen Landesstraßen ist im Vergleich mit denen in Bayern oder NordrheinWestfalen recht gut, …
Es hilft auch, das Gutachten zu lesen, auf das man sich bezieht. Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, besonders interessant ist die Passage auf Seite 23, da geht es um den Bundesverkehrswegeplan und darum, wie er in Hessen genutzt wird:
Das zeigt sich beispielsweise an der sehr schlechten Umsetzungsquote im Rahmen des letzten Bundesverkehrswegeplans... Kein anderes Flächenland schnitt bei der Umsetzung des zwischen 2003 und 2013 laufenden Bundesverkehrswegeplans so schlecht ab wie Hessen.
Ich glaube, in der im Jahr 2013 noch andauernden Legislaturperiode hat die FDP den Verkehrsminister gestellt.