Protocol of the Session on August 22, 2018

Danke, Herr Kollege Merz. – Als Nächste spricht nun Frau Kollegin Ravensburg von der CDU-Fraktion. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Rock, sehr geehrter Herr Kollege Merz, wir sind uns einig in der Feststellung, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf enorm wichtig für die Familien, für die Eltern und im Besonderen für alleinerziehende Mütter ist. Deshalb ist es umso wichtiger, dass sie die Möglichkeit haben, ihr Kind mitzunehmen, wenn das sinnvoll und richtig erscheint – das ist immer die Entscheidung der Mutter –, auch in die Kommunen, wo sich der Arbeitsplatz befindet. Wir haben, als wir damals über das KiföG gesprochen haben, festgestellt: Es gibt Kommunen, die lehnen es ab, dass Mütter ihre Kinder mit zur Arbeitsstätte nehmen und dort z. B. in eine Betriebskrippe geben, weil sie keinen Kostenausgleich erhalten. Deshalb ist es nach wie vor richtig und sinnvoll, dass es § 28 HKJGB gibt.

Herr Rock, wir sind uns uneinig in der Frage, ob Ihr Gesetzentwurf die Situation für die Eltern verbessern würde. In dieser Einschätzung unterscheiden wir uns, und deshalb lehnen wir Ihren Gesetzentwurf auch in dieser Lesung ab. Wir haben uns darüber unterhalten, was wir tun können und wie wir für die Eltern die bestmögliche räumliche Betreuung finden. Da gibt es neben dem Arbeitsplatz auch noch andere Gegebenheiten, wenn man z. B. eine Tagesmutter hat, die betreuen soll und in einer anderen Kommune lebt, oder wenn die Großeltern die Betreuung übernehmen. All das sind Situationen, die durch die damalige gesetzliche Neuregelung verbessert worden sind, und wir freuen uns darüber, dass hierfür Lösungen gefunden worden sind.

Sie haben eben gesagt: Ja, aber die Zahl der fremdbetreuten Kinder stagniert. – Dabei haben Sie aber den Hauptgrund völlig außer Acht gelassen. Das hängt nämlich damit zusammen, dass aufgrund des Rechtsanspruches und auch der Unterstützung durch den Bund und durch das Land Hessen die Zahl der Betreuungsplätze in Hessen massiv und flächendeckend ausgebaut worden ist. In der Vergangenheit war es so, dass viele Eltern ihre Kinder in anderen Kommunen mit längeren Betreuungszeiten betreuen lassen mussten

(Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

schauen Sie sich die alten Anhörungsunterlagen noch einmal an –, weil sie in der eigenen Kommune entweder keinen oder keinen passenden Betreuungsplatz bekommen haben. Die Situation hat sich deutlich verbessert, und das ist einer der Gründe dafür, weshalb der Kostenausgleich in vielen Fällen gar nicht mehr notwendig ist, weil die Kinder in der eigenen Kommune betreut werden können.

Dass wir kein einheitliches Bild haben, hat meiner Meinung nach die Diskussion in der Anhörung deutlich widergespiegelt. Herr Rock, ich habe schon in der ersten Lesung zum Ausdruck gebracht, dass wir in der Tat einen sehr schwierigen Kompromiss gefunden haben, um eine faire und auch möglichst einheitliche Kostenausgleichsregelung zu finden. Das hat lange gedauert und intensive Verhandlungen erforderlich gemacht. Da gibt es z. B. den Städte

tag, der immer dagegen ist. Da gibt es den Städte- und Gemeindebund, den Sie hier unterstützen, der eher dafür ist, und da gibt es natürlich die Kommunen, die sagen: Wir haben nichts dagegen, wenn das Land die Kosten übernimmt. – Es gibt die Träger, die kritisieren, dass sie aufgrund des Platzmangels vorrangig Kinder aus der eigenen Kommune aufnehmen können, und es gibt Kommunen, die schon längst Vereinbarungen getroffen haben, die sich beispielsweise gegenseitig gar keine Kosten in Rechnung stellen, weil die Zahl der aufgenommenen und der abgegebenen Kinder etwa gleich hoch ist, sodass keine Notwendigkeit für einen Ausgleich besteht.

Die Anhörung ergab also keineswegs eine deutliche Tendenz, dem Vorschlag der FDP-Fraktion nachzukommen. Deshalb gibt es auch für uns keinen zwingenden Grund, den damals gefundenen Kompromiss aufzubrechen. Im Gegenteil, wir sehen in Ihrem Gesetzentwurf die berechtigten Interessen der Eltern nicht realisiert, auch wenn ich Ihre Bemühungen durchaus anerkenne.

Vom Städte- und Gemeindebund wurde Kritik an dem von Ihnen vorgeschlagenen Betreuungsschlüssel geäußert, der weder das Alter eines Kindes noch die Betreuungszeit berücksichtige. Dazu liegt jetzt ein Änderungsantrag vor. Sie haben die Situation dadurch zwar entschärft, aber weiterhin fehlt z. B. der regionale Bezug der Pauschalen. Uns ist völlig klar: Je mehr Kriterien Sie einbauen, desto komplizierter wird es. Sie werden nie eine Regelung finden, mit der alle Kommunen einverstanden sind. Deshalb rate ich sehr davon ab, diesen Kompromiss wieder aufzubrechen.

Herr Rock, außerdem liegen die Probleme aus meiner Sicht an einer ganz anderen Stelle.

Frau Kollegin, lassen Sie eine Zwischenfrage von Herrn Rock zu?

Nein, ich möchte gerne in meinen Ausführungen fortfahren.

Ich komme zu dem Thema, dass der Gesetzentwurf eine Problemlage gerade der großen Städte in Hessen völlig unberücksichtigt lässt. Da geht es nämlich darum, dass beispielsweise die Stadt Frankfurt jährlich einen Zuzug von weitaus mehr als 10.000 Menschen und damit auch von vielen Kindern zu verkraften hat und sie einen Rechtsanspruch erfüllen muss. Das bedeutet natürlich auch: Sie brauchen weitere Kindertagesstättenplätze in der Kommune.

Es liegt nicht an einer Kostenausgleichsregelung, und es geht auch nicht um Fördermittel; denn die Fördermittel sind vorhanden. Der Engpass besteht darin, dass es schwierig ist, weiterhin neue Kindertagesstättenplätze zu schaffen. Gerade deshalb haben wir z. B. auch das Baurecht geändert. Es muss beispielsweise möglich sein, in einem Gewerbegebiet eine Kindertagesstätte neben einem Betrieb zu bauen, damit die Eltern dort ihre Kinder unterbringen können. Das Land Hessen unterstützt die Städte dabei. Deshalb ist es wichtig, diesen Grund zu beachten.

Zu dem Kritikpunkt, die Pauschale müsse eingeführt werden, weil der Aufwand bei unserer Regelung für die Kommunen zu groß sei. Es ist auch in der Anhörung klar und

deutlich zum Ausdruck gekommen: So etwas muss in eine Excel-Tabelle eingepflegt werden. In die Tabelle werden die Kinderzahlen eingegeben und ruck, zuck hat man die Kosten, die ausgeglichen werden sollen. Der Verwaltungsaufwand ist also ein Problem, das gar nicht existiert.

Deshalb lehnen wir den Gesetzentwurf ab; denn das Land soll die Kosten nicht übernehmen – das kann es auch gar nicht –, schließlich ist die Kinderbetreuung eine kommunale Angelegenheit. Deshalb muss auch der Kostenausgleich dort verortet werden.

Herr Rock, ich kann verstehen, dass Sie Ihre Initiative aus wahltaktischen Gründen heute eingebracht haben und wieder darüber diskutieren,

(Gerhard Merz (SPD): Eingebracht ist sie schon ein bisschen länger!)

aber zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf trägt Ihr Gesetzentwurf nicht bei. Sie sehen an der breiten Ablehnung im Plenum, dass die deutliche Mehrheit im Hause meiner Auffassung ist. Wir können Ihrem Gesetzentwurf nicht zustimmen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Ravensburg. – Als nächste Rednerin spricht Frau Kollegin Schott von der Fraktion DIE LINKE. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Unsere grundsätzliche Kritik an dem Entwurf habe ich schon in der ersten Lesung geäußert. Die Beratungen haben ergeben, dass es insbesondere ein Problem zwischen Offenbach und Frankfurt gibt. Ich finde, diese beiden Städte sollten dieses Problem lösen.

Es kann aber nicht unsere Aufgabe sein, es zu lösen. Durch den Änderungsantrag, den Sie eingebracht haben, ist die Situation deutlich besser geworden – das muss man zugeben –, aber es ist immer noch nicht das, was wir vertreten würden. Deshalb bleibt es bei unserer Positionierung, dass wir diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen können. Wir glauben nicht, dass man damit ein einziges der Probleme löst, die es unbestritten gibt. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke, Frau Kollegin Schott. – Als nächster Redner spricht Kollege Bocklet von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe schon in der ersten Lesung dieses Gesetzentwurfs gesagt, dass die FDP versucht, ein Bild zu malen, das ich nicht nachvollziehen kann. Sie sagen, die Wahlfreiheit der Eltern sei gefährdet, weil sich die Gemeindeverwaltungen

nicht einigen können, wie sich die Pauschalen gegenseitig verrechnen.

Ich sage Ihnen: Uns sind keine Fälle bekannt – ich habe das schon einmal ausgeführt –, in denen Eltern in einer Gemeinde keinen Betreuungsplatz bekommen haben, weil es verrechnungstechnische Probleme gab. Ich gebe zu, es gibt Eltern, die in Gemeinden keinen Betreuungsplatz finden, weil der Träger keine Kinder mehr annimmt, da die Einrichtung voll ist. Das ist überhaupt keine Frage: Natürlich sind viele Einrichtungen knallvoll und nehmen keine neuen Kinder mehr auf. Dabei ist es völlig unerheblich, ob das Kind aus der Nachbargemeinde kommt oder aus dem Quartier selbst.

Die Tatsache, dass Einrichtungen voll sind, ist kein Argument dafür, die Ausgleichszahlung komplett abzuschaffen und die Kosten Dritten – in dem Fall nämlich dem Land – in Rechnung zu stellen. Was ist das für ein System, wenn zwei Gemeinden sich nicht darauf einigen können, zu sagen: „Jetzt schüttet das Land so lange Geld hinein, bis es keinen Ärger mehr gibt“?

(René Rock (FDP): Das habt ihr auch gemacht!)

Wo haben wir das denn gemacht?

(René Rock (FDP): Bei der Betreuung behinderter Kinder in der Kita!)

Bei der Betreuung behinderter Kinder wird dadurch, dass eine Gruppe von 25 auf 20 verkleinert wird, ein Anreiz geschaffen, Kinder mit Behinderungen aufzunehmen. Das sind ein finanzieller Anreiz und eine Erleichterung bei der Betreuung der Kinder. Das ist etwas ganz anderes. Wir wollen, dass Kinder überall betreut werden können. Das ist aber ein Unterschied. Es ist geradezu absurd, wenn sich die Gemeinde A und die Gemeinde B nicht über einen Finanzierungsausgleich einig werden können, zu sagen: Dann bezahlen wir das vom Land. – Wir verschenken dadurch viele Millionen Euro.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich habe es noch einmal nachgelesen – Frau Kollegin Ravensburg hat es schon gesagt –: In der Anhörung haben viele gesagt, dass die Regelung im § 28 des Kinder- und Jugendhilfegesetzbuches, nämlich die damalige Einigung nach vielen Jahren der Verhandlung auf die Pauschalierung, ein guter Abschluss war und dass es in den allermeisten Gemeinden auch reibungslos funktioniert. Dass das ein Aufwand ist, ist unstrittig.

Es würde aber auch nach Ihrem Modell irgendeinen Aufwand geben. Wenn man etwas vom Land einfordert, muss man auch nachweisen, dass man Kinder hat. Irgendeinen Aufwand wird es immer geben. Irgendein Bearbeiter muss eine Statistik erstellen, die er dem Land überreicht. Auch wenn Sie Pauschalen ausschütten wollen, die, wie auch immer, entweder zu knapp oder zu teuer sind – viel Spaß bei der Verrichtung –: Ich finde das System gut, so, wie es ist.

Sicherlich kann man noch einiges vereinfachen. Man muss darüber nachdenken, wie die Gemeinden viel besser miteinander kooperieren können. Ich glaube, dass Ihre Kritik, es gebe keine Wahlfreiheit, weil bestimmte Eltern aus der Gemeinde A keinen Betreuungsplatz für ihre Kinder in der Gemeinde B finden, nicht der Grund dafür ist, dass es so schwierig ist, diese Ausgleichszahlung vorzunehmen. Da widerspreche ich Ihnen ausdrücklich. Ich glaube nicht,

dass ein Betreuungsplatz an ein Kind deshalb nicht vergeben wird, weil die Ausgleichszahlung nicht stattfindet. Ich glaube, das hat andere Gründe, nämlich dass es einfach keine Plätze gibt.

Ich zitiere den Minister: Es ist die originäre Aufgabe der Kommunen, eine bedarfsgerechte Planung für den Ausbau der Kinderbetreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren und für Kinder über drei Jahren zu machen. – Wenn diese vorhanden ist, kann das Argument sicherlich nicht gelten. Dass Sie sagen, die Wahlfreiheit sei gefährdet, halte ich für abenteuerlich. Ich weiß, dass es genug Eltern gibt, die ihr Kind in Nachbargemeinden – warum auch immer – betreuen lassen. Sie tun das z. B., weil sie es besser finden, dass ihr Kind in der Nähe ihres Arbeitsplatzes betreut wird. Das ist ihr gutes Recht. Es ist auch nicht strittig.

(Gerhard Merz (SPD): Na ja!)

Rolf Schmidt hat, wie Sie wissen, zu vielem eine schräge Ansicht gehabt. Er hat alles als Skandal bezeichnet. Sie erinnern sich an die Anhörung: Wissen Sie, was ich meine?

Zu Offenbach und Frankfurt: Man muss die Verantwortlichen beider Städte einfach fragen, was da eigentlich los ist und warum Offenbach die Ausgleichszahlung nicht bekommt. Aber insgesamt ist das System von den Kommunalen Spitzenverbänden ausgehandelt. Auch der Vertreter der Stadt Eschborn – die viele Kinder aus Frankfurt aufnimmt und umgekehrt nach Frankfurt schickt – hat nochmals betont, dass es kaum ein Problem gibt. Die Abschaffung des § 28 des Kinder- und Jugendhilfegesetzbuches würde das Problem nur noch verschärfen.

Wir teilen diese Ansicht. Wir halten an dieser Praxis so lange fest, bis es einen besseren Vorschlag gibt, wie man es noch einfacher machen kann. Aber sie ganz abzuschaffen und dann das Land löhnen zu lassen, ist geradezu absurd. Dafür haben wir wirklich Wichtigeres zu tun. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Bocklet. – Für die Landesregierung spricht nun Staatsminister Grüttner. Bitte schön, Sie haben das Wort.

(Gerhard Merz (SPD): Regierungserklärung!)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! – Herr Merz, dazu bedarf es keiner Regierungserklärung.

(Gerhard Merz (SPD): Schade eigentlich!)

Das, was ich gestern in der Regierungserklärung gesagt habe, stelle ich jetzt an den Anfang meiner Ausführungen: Es ist die ureigene Aufgabe der Gemeinden, für die Kinderbetreuung verantwortlich zu sein. Die Folge der Verantwortung für diese Aufgabe ist letztendlich auch die Finanzierungsverantwortung. Somit sind für Fragen des Kostenausgleichs die Gemeinden die richtigen Ansprechpartner.