Für ein Ausbremsen der Energiewende gibt es keinen Anlass, ganz im Gegenteil: Wind und Sonne stehen kostenlos und unbegrenzt zur Verfügung und müssen – anders als Kohle, Gas, Öl und Uran – nicht erst in aufwendigen Prozessen abgebaut bzw. gefördert werden. Sie sind auch nicht endlich.
Wenn wir die Klimaschutzziele erreichen wollen – was die FDP ja gar nicht will –, wenn wir einen vollständigen Umstieg auf die erneuerbaren Energien wollen, dann muss die Energiewende beschleunigt werden, aber doch nicht ausgebremst.
Dafür brauchen wir eine Optimierung des EEG. Wir brauchen einen Zubau erneuerbarer Energien. Vor allem brauchen wir eine sozial gerechte Verteilung der Lasten.
Letzter Satz, Herr Präsident. – Dafür brauchen wir aber auch eine Entmachtung der Energiekonzerne und die Rekommunalisierung der Energieversorgung. Der ökologische Umbau der Gesellschaft kann nur gelingen, wenn die soziale Frage mitgedacht wird.
Aber der FDP geht es leider um keines von beidem. Deswegen ist das hier nur wieder Ihre übliche Polemik gegen die Energiewende. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Wissler. – Für die Landesregierung spricht Herr Staatsminister Al-Wazir. Bitte schön.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss mit einem Bekenntnis beginnen: Ich glaube an die Vernunft, ich glaube an die Aufklärung. Deswegen werde ich auch zum gefühlt 30. Mal in dieser Legislaturperiode versuchen, dem Kollegen Rock zu erklären, wie es wirklich ist.
Wobei: Da es das gefühlt 30. Mal ist, weiß ich, dass es keinen Sinn hat. Aber ich tue es trotzdem, weil ich an die Vernunft und an die Aufklärung glaube.
Es ist natürlich klar, dass wir in dieser Aktuellen Stunde über den immer wiederkehrenden Kampf der FDP gegen die Energiewende reden. Ich will an dieser Stelle an einem Punkt ansetzen – Stichwort: Ich glaube an die Vernunft und an die Aufklärung. Herr Rock, Sie haben gesagt, die Energiewende sei erfolglos, weil der CO2-Ausstoß in Deutschland nicht zurückgehe. Das ist einfach falsch, was Sie da gesagt haben.
Im Bereich der Stromerzeugung sind wir sehr erfolgreich, was den Rückgang des CO2-Ausstoßes angeht, wenn man sich die letzten Jahre und Jahrzehnte anschaut, seit die Energiewende begonnen hat.
Wir haben trotzdem ein Problem, weil nämlich der CO2Ausstoß aus dem Verkehrsbereich steigt. Unter dem Strich bleibt die Zahl dann gleich.
Nein, Sie haben nicht recht, weil das mit der Energiewende im Strombereich nichts zu tun hat. Wir haben steigenden CO2-Ausstoß im Verkehrsbereich. Wenn Sie daraus jetzt die Konsequenz zögen, dass auch Sie für die Verkehrswende wären, dann hätten Sie recht.
Zweitens. Stichwort: Geld. Ja, das kostet Geld. Die Energiewende kostet Geld, weil sie ein Umbau eines Energiesystems ist. Aber die Kosten verteilen sich über einen vergleichsweise langen Zeitraum.
Der Punkt ist: Würden wir die Energiewende nicht umsetzen und stattdessen auf endliche Stoffe setzen, beispielsweise auf Kohle und Uran – selbst Uran ist endlich –, dann wäre das unter dem Strich viel teurer, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Manfred Pentz (CDU))
Deswegen gibt es nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus ökonomischer Sicht keine Alternative zur Energiewende. Wenn Sie sich einmal anschauen, wie sich das entwickelt hat, seitdem wir in Deutschland mit der Energiewende begonnen haben, dann werden Sie feststellen, dass sich inzwischen die ganze Welt in diese Richtung bewegt, nur die FDP nicht. Das sollte Ihnen zu denken geben.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Wortmeldung des Abg. René Rock (FDP))
Dritter Punkt. Ja, die EEG-Umlage ist gestiegen. – Keine Zwischenfragen, sonst sagen Sie wieder, ich rede zu lange. – Ja, die Energiewende kostet Geld. Aber ausdrücklich, auch das gehört dazu, Herr Rock:
Die Dynamik des Anstiegs der EEG-Umlage ist seit ungefähr 2014 gebrochen, weil Ausschreibungen eingeführt worden sind. Wenn Sie sich einmal die Ergebnisse der letzten Ausschreibungen anschauen, stellen Sie fest, dass wir bei Wind und Fotovoltaik Ausschreibungsergebnisse zwischen 4,3 und 5,7 Cent/kWh haben. Das heißt, die erneuerbaren Energien sind längst kein Preistreiber mehr.
Im Gegenteil: Die Preise für Strom aus Braunkohle oder Steinkohle liegen zwischen 4 und 9 Cent/kWh. Beim Atomstrom liegen die Betriebskosten bei 4 bis 6 Cent/ kWh. Wenn man sich aber alles zusammen anschaut, die Subventionen und die Endlagerkosten einrechnet – all das wird ja vom Steuerzahler getragen –, betragen die Kosten, je nach Studie, zwischen 1 € und 2,7 €/kWh. Wenn man die Aufwendungen insgesamt betrachtet, kann doch niemand behaupten, dass die Energiewende teuer sei.
Der vierte Punkt, der mir in dieser Frage wichtig ist: Wir werden im Jahre 2020 erleben – Herr Rock, habe ich Ihre Aufmerksamkeit? Vielen Dank –,
dass die Anlagen, die ab 2000 gefördert wurden, Schritt für Schritt aus der Förderung fallen werden. Das heißt, ab 2020 werden die Zusatzkosten aus der EEG-Umlage sinken, weil die teuren Anlagen, die zu Anfang gelaufen sind, aus der Förderung fallen.
Der fünfte Punkt ist der eigentlich entscheidende. Die EEG-Umlage ist ja nur ein Teil des Problems. Problemati
scher sind die Netzentgelte. Bei den Netzentgelten haben wir zwar ein Problem, aber auch hier gilt: Wenn man nichts tut, wird es teurer.
1,4 Milliarden € war die Zahl aus dem letzten Jahr. – Das liegt aber nicht an der Energiewende, sondern daran, dass wir mit dem Netzausbau nicht vorankommen.
Ich sage Ihnen: Wir brauchen neue Leitungen. Wir haben die Bundesregierung aufgefordert, an der Stelle Tempo zu machen, und wir haben außerdem gesagt – das war ein konkreter Vorschlag des Landes Hessen im Bundesrat –, dass man die bestehenden Netze ertüchtigen sollte. Das geht schnell, erfordert wenig Aufwand, ist kostengünstig und überbrückt die Zeit.
Ein letzter Punkt, der mir wichtig ist. Denn ich nehme die Höhe der Stromkosten sehr ernst. Die Stromsteuer ist zu einem Zeitpunkt eingeführt worden, als die Kosten bei ungefähr 17 bis 18 Cent/kWh lagen.