Protocol of the Session on June 21, 2018

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Ich darf darauf hinweisen, dass allen Fraktionen eine zusätzliche Redezeit von fünf Minuten zugewachsen ist.

Als Nächster spricht Herr Kollege Rudolph für die SPDFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben eine zweigeteilte Rede des Innenministers erlebt. Im ersten Teil hat er die Rolle der beleidigten Primadonna gespielt. Im zweiten Teil hat er sich tatsächlich mit dem Thema Leistungssport auseinandergesetzt.

Herr Innenminister, so viel wollte ich zu dem Thema Respekt sagen. Erstens sagen Sie, wie auch andere Mitglieder der CDU, gerne, vor 1999 habe es keine Sportpolitik gegeben. Das ist natürlich konzentrierter Unsinn. Das sollten Sie vielleicht endlich einmal akzeptieren.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens haben Sie sich hierhin gestellt und gesagt, die Oppositionsfraktionen hätten den Haushaltsentwurf abgelehnt, deswegen würden sie sportpolitische Maßnahmen ablehnen. Das ist ein bisschen dümmlich und unter Ihrem Niveau. Das sollten Sie lassen.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und der FDP)

Wir stimmen einzelnen Maßnahmen zu. Wir stimmen beim Haushaltsentwurf nicht über einzelne Produkte ab. Vielmehr geht es um ihn insgesamt. Wenn Sie keine anderen Argumente mehr haben, ist das Ihr Problem.

Wir wissen um die überragende Bedeutung des Sports, gerade für die Integration, die Inklusion und den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Ich glaube, in den letzten zwei, drei Jahren wurde das mehr als eindrucksvoll von vielen bewiesen.

Der Sport wird aufgrund seiner gesellschaftlichen Kraft auch in Zukunft unsere Unterstützung erhalten. Ich habe das übrigens bei keiner der anderen Fraktionen dieses Hauses vermisst. Das betrifft sowohl den Breiten- wie auch den Leistungssport.

(Beifall bei der SPD und der FDP sowie des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Leider haben sich nicht alle Vorredner mit dem Titel der Aktuellen Stunde auseinandergesetzt. Ich hatte eher den Eindruck, es gab den Ansatz, über den Leistungssport zu reden. Das andere kam kaum vor. Beim Minister kam es am Schluss schon vor.

Am 24. November 2016 haben der Deutsche Olympische Sportbund, das Bundesministerium des Innern – so hieß es damals – und die Sportministerkonferenz ein gemeinsames Konzept zur Neustrukturierung des Leistungssports und der Spitzensportförderung vorgestellt.

Vorausgegangen waren Analysen, warum es auch in medaillenträchtigen Disziplinen bzw. Sportarten in den letzten Jahren zu einem enormen Rückgang in Deutschland gekommen ist. Sie haben eben selbst darauf hingewiesen, dass Sie nah bei den Athleten sind. Herr Innenminister, Sie sind in den letzten Jahren ja nach Rio, nach Sotschi, nach Pyeongchang gereist, wie wir es durch Kleine Anfragen entsprechend bestätigt bekommen haben. Das haben Sie eben noch einmal erläutert.

Wenn es um die Frage des Leistungsports geht, ist vielleicht auch ein ehemals erfolgsverwöhntes Land wie Deutschland an einem Scheideweg. Das gilt nicht nur für den Fußball. Ich weiß gar nicht, wer die politische Verantwortung dafür trägt, wenn wir jetzt möglicherweise schon früher ausscheiden.

(Holger Bellino (CDU): Die anderen sind schuld!)

Die anderen sind schuld. Das ist ein Motto, das wir aus dem einen oder anderen Politikbereich kennen. Aber auch da gilt: Wenn man schlecht spielt, muss man damit leben, dass man möglicherweise verliert. Es könnte auch sein – wie in der Politik –, dass andere Mitbewerber einfach einmal besser sind. Man muss das dann auch einmal akzeptieren. Auch das gehört zu einem Fair Play. – Schauen wir einmal, was der Samstag bringt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei dieser Konzeption, wo es auch in Berlin schon lange hakt, könnte Herr Seehofer seine Kraft doch auch einmal in den Sport investieren. „Heimatmuseum“ sage ich versehentlich schon – das hat er gesagt – nein, Heimatministerium und Wohnen wären Themen, wo man sich stark engagieren könnte. Also, man sollte sich nicht nur auf ein Thema fokussieren; es sei denn, man will das als Unterstützungsprogramm für die AfD machen. Dann ergibt das einen gewissen Sinn. Wir sind sicher gemeinsam in diesem Hause der Auffassung, dass das dem Land wohl nicht guttut.

(Holger Bellino (CDU): Was hat das denn mit dem Thema zu tun? Das ist am Thema vorbei!)

Wir sind bei dem Thema Leistungssport. Ich rede über die Konzeption, die im Jahre 2016 auf den Weg – –

(Holger Bellino (CDU): Siehe Antrag!)

Ja, siehe Antrag. Ich weiß, Sie haben dazu nicht geredet, Herr Kollege. Ich weiß auch, dass die CDU-Kollegin nur ganz am Rande einmal etwas mit zwei Sätzen zum Leistungssport gesagt hat.

Worum geht es? – Da bin ich dem Minister ausdrücklich dankbar. Er hat gesagt, im Mittelpunkt aller unserer Bemühungen müssten die Athletinnen und Athleten stehen. Wir müssen uns über den Aufbau der Trainingsmethoden unterhalten, wir müssen beispielsweise die Deutsche Trainer Akademie in Köln stärken. Das alles sind richtige und wichtige Ansätze. Wir müssen aber auch über die Infrastruktur reden. Sportstätten sind z. B. ein Thema – da geht es nicht nur um Spitzensport, sondern auch um ehrenamtlichen Sport. Meine Damen und Herren, wir müssen mehr in die Sportinfrastruktur investieren, um damit den Städten, Gemeinden und Landkreisen zu ermöglichen, diese Infrastruktur gerade den Ehrenamtlichen kostenlos zur Verfügung zu stellen. Es darf nicht sein, dass wir über Hallenbenutzungsgebühren reden.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Wir müssen berücksichtigen, dass auch Spitzensportler Sport und Beruf in Einklang bringen müssen. Das, was die Bundeswehr, die Polizei in fast allen Bundesländern leisten, sind Möglichkeiten, die andere, die in der Privatwirtschaft sind, nicht haben, nämlich dass man auch nach dem Spitzensport eine berufliche Perspektive hat und nicht ins Bodenlose fällt. Das sind richtige und gute Ansätze, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Wir müssen uns auch dafür einsetzen, dass natürlich der Kampf gegen Doping, gegen Korruption, aber auch gegen sexuelle Gewalt im Sport weiter verfolgt wird. Dafür gibt es auch im Sportbereich in einigen Verbänden durchaus

Bedarf. Auch das sind Themen, die im Zusammenhang mit dem Leistungssport zu behandeln sind.

Außerdem müssen wir beim Sport früh anfangen. Eben hat die Kollegin von Symbolarbeit gesprochen, die zwischen dem Innen- und Kultusministerium stattfinde – sie hat es wahrscheinlich nicht so gemeint. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist jetzt Majestätsbeleidigung, aber ich sage es trotzdem: Solange in Hessen jede fünfte Schulsportstunde ausfällt, kann das Problem der Bewegungsarmut gerade bei jungen Menschen nicht behoben werden. Schulsport ist notwendig.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der FDP)

Dazu braucht man eine Infrastruktur, dazu braucht man übrigens auch Sportlehrer. Da helfen auch keine großen mathematischen Berechnungen, dass im Querschnitt, im Durchschnitt, im Unterschnitt, im Mittelschnitt Sport stattfindet. Nach Berechnungen des Kultusministeriums fällt jede fünfte Sportstunde aus – da hat übrigens der Kultusminister tatsächlich einmal Zahlen. Jede Stunde, die ausfällt, ist genau eine zu viel. Wenn es um das Thema Sport geht, geht es also auch um die Infrastruktur

All das, was Sie präsentiert haben und was Sie auch in Ihrer Pressemitteilung gesagt haben – das Landestrainerprogramm ist eine wichtige Einzelmaßnahme, das Landesprogramm Talentsuche, langfristige Existenzsicherung dank dualer Karriere, Zuwendungen an die Fachverbände, Stärkung des Olympiastützpunkts Hessen –, sind Maßnahmen, die in der Sache gut sind. Wir haben damit überhaupt kein Problem, das auch von diesem Pult aus zu sagen. Das unterscheidet uns möglicherweise von Ihnen, weil Sie ja festgestellt haben, dass es vor 1999 keine Sportpolitik in Hessen gab.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der FDP)

Meine Damen und Herren, wir brauchen aber auch – – Ich habe Sie etwas brummeln hören, aber ich habe es nicht verstanden; es ist auch egal. – Wenn es um den Sport geht, gibt es viele Gemeinsamkeiten. Der Spitzensport steht übrigens im besonderen Fokus. Deswegen haben Spitzensportler auch eine besondere Vorbildfunktion. Wir müssen aber auch aufpassen, dass wir solche Funktionen an der Stelle nicht überhöhen. Auch das kann zu negativen Folgen führen. Deswegen sage ich auch: Das gilt insbesondere für den Fußball-Leistungssport. Wir stellen da Exzesse und Auswüchse fest, wenn es um Prämien, wenn es um Gelder geht, die wir so im Spitzensport bei den normalen Disziplinen, die olympiatauglich sind, nicht feststellen. Da müssen wir schon aufpassen, dass wir Spitzensport nicht mit Profisport gleichsetzen. Ich mache da schon einen Unterschied, weil ich nicht mehr bereit bin, jeden Unsinn, der mit Geld finanziert wird, so zu akzeptieren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, deswegen lohnt es sich durchaus, über die Stärkung des Leistungssports zu reden. Ich bin mir ziemlich sicher: Hessen ist nicht das einzige Land, das dieses Konzept umsetzen will. Da ist der Bund stärker gefordert. Dass Hessen dabei ist, haben wir nicht zu kritisieren. Das finden wir gut. Wir würden das genauso akzeptieren, wenn wir in der Regierung wären und Sie dann die Größe hätten, zu sagen: Ja, beim Sport gibt es

eine große Übereinkunft. – Sie verfügen über die Haushaltsmittel. Deswegen können Sie das natürlich auch zusammen mit dem Landessportbund an der Stelle machen, wenn es dazu beiträgt, den Spitzensport zu stärken.

Am Schluss darf nicht nur die Anzahl der Medaillen entscheidend sein. Wir haben ja gemerkt, was passiert, wenn man zu stark darauf fokussiert ist. Wir erleben das in bestimmten Ländern, wo man mit manipulativen Mitteln versucht, möglichst viele Goldmedaillen zu holen. Der Sport muss sich auch an ethischen Grundsätzen orientieren.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen müssen wir immer eine Abwägung zwischen wünschenswerten Spitzenleistungen von deutschen oder auch anderen Athleten treffen. Hessen leistet einen Beitrag im Rahmen seiner Möglichkeiten. Das finden wir gut. Deswegen können wir mit dieser Maßnahme auch leben, jedoch nicht mit der einen oder anderen polemischen Feststellung des Innenministers. Aber dann ist das eben so. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Vielen Dank. – Ich habe keine weiteren Wortmeldungen. Dann ist die Aktuelle Stunde unter Tagesordnungspunkt 71 abgehalten.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 72 auf:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend eine Aktuelle Stunde (Deutschland ist Europameister bei den Strom- preisen – Hessische Landesregierung muss weitere Ver- teuerung der Energie über den Bundesrat stoppen) – Drucks. 19/6561 –

Erster Redner ist Kollege Rock für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die verfehlte, ideologiegetriebene Energiepolitik in Deutschland, aber auch in Hessen, für die Tarek Al-Wazir in besonderer Weise steht,

(Lachen des Ministers Tarek Al-Wazir)

hat wieder zu neuen Rekorden – aber leider europäischen Negativrekorden – geführt.

(Beifall bei der FDP – Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)

Eurostat hat uns für 2017 bestätigt, dass Deutschland endlich die allerhöchsten Energiekosten für Privathaushalte in Europa hat. – Vielen Dank, Herr Al-Wazir, vielen Dank an die, die diese ideologische Energiepolitik vorantreiben.