Protocol of the Session on June 21, 2018

Deswegen ist es völlig unangemessen, dass Sie diesen Antrag eingebracht haben. Über das Thema selbst ist hier im Parlament schon zigmal diskutiert worden. Der einzige Grund, warum Sie das Thema jetzt hochziehen, ist, dass Sie meinen, wenige Monate vor der Landtagswahl insbesondere die grünen Ministerien angreifen zu müssen. Das ist das einzige Motiv für diesen Antrag. Es geht Ihnen überhaupt nicht um die Sache. Was aber noch schlimmer ist: Obwohl sich die Luftqualität in den Städten derart verbessert hat, wie ich Ihnen dargelegt habe, wollen Sie mit den Ängsten der Menschen hinsichtlich ihrer Gesundheit bewusst politische Stimmung machen – zulasten der in diesen Fragen außerordentlich engagierten grünen Ministerin und des grünen Ministers.

(Marjana Schott (DIE LINKE): Sie ignorieren die Ängste der Menschen!)

Beides ist völlig unangemessen. Das ist bloß ein Wahlkampfmanöver. Das hat meiner Ansicht nach überhaupt keine sonstige Funktion. Wir alle haben das durchschaut. Es hat schließlich einen Grund, dass keine andere Fraktion Ihrem Antrag zustimmen will.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Caspar. – Für die Landesregierung hat sich Staatsminister Al-Wazir zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Linksfraktion hat am 24. Januar 2018 einen Antrag eingebracht, hat ihn – wie formuliert man das beim Metzger? – gut abhängen lassen

(Heiterkeit bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

und jetzt, im Juni, zum Setzpunkt gemacht. Ich glaube, an dieser Stelle wird klar – es ist eben schon gesagt worden –, dass das eher etwas damit zu tun hat, dass Frau Kollegin Schott denkt, sie müsse die Linkspartei als die besseren GRÜNEN positionieren. Das wird nicht gelingen, Frau Kollegin Schott. Mehr muss man dazu nicht sagen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN – Hermann Schaus (DIE LINKE): Nicht die besseren GRÜNEN, sondern die bessere Umweltpartei! Das ist ein Unterschied!)

Ich bin trotzdem dankbar, dass Sie das zum Setzpunkt gemacht haben, weil es mir Gelegenheit gibt, über zukunftsfähige Mobilität zu reden. Über dieses Thema haben Sie nämlich nicht geredet.

Wenn wir über zukunftsfähige Mobilität reden, dann ist völlig klar: Wir haben ein Stauproblem, wir haben ein Ka

pazitätsproblem im öffentlichen Personennahverkehr, und wir haben die Aufgabe, die Luft in unseren Städten zu verbessern. Am Ende ist eine Veränderung unseres Mobilitätsverhaltens erforderlich. Das funktioniert aber nicht, indem man im Landtag einen Antrag stellt, sondern nur durch harte Arbeit an ganz vielen unterschiedlichen Punkten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Tobias Eckert (SPD): Fangen Sie damit an!)

Deswegen haben wir mit dieser Arbeit begonnen. Erinnern Sie sich an unsere „Hessenstrategie Mobilität 2035“. Darin haben wir an unterschiedlichen Punkten klargemacht, was das in den nächsten Jahren und Jahrzehnten bedeuten wird: von der Digitalisierung, die wir dann nutzen werden, bis zum Ausbaus der Infrastruktur, vor allem der Schieneninfrastruktur – darüber haben wir heute Morgen geredet –, um am Ende sowohl den Fernverkehr als auch den Regionalverkehr und den Stadtverkehr besser darstellen zu können.

Ich mache es gern an einem sehr konkreten Beispiel fest. Im Großraum Tokio und im Großraum Kairo leben ungefähr gleich viele Menschen. Versuchen Sie einmal, in Tokio von der einen auf die andere Seite der Stadt zu gelangen, und versuchen Sie das Gleiche in Kairo. Dann werden Sie feststellen, dass es deutliche Unterschiede gibt, wie lange Sie dafür brauchen. Was ist der Unterschied? – In dem einen Großraum gibt es ein perfektes Schienensystem, in dem anderen gar keines. Das ist der entscheidende Unterschied.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ja, wir müssen natürlich auch den Verbrennungsmotor sauberer machen. Das sage ich ausdrücklich. Das ist die Aufgabe, die wir haben. Das ist, ehrlich gesagt, auch nichts Neues. Es gibt ein Grundproblem: Wenn man Öl raffiniert und verbrennt, hat man Abgase.

In den Achtzigerjahren – die älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger erinnern sich – ging es um den Wintersmog. Damals ging es um die Nachrüstung mit Katalysatoren. Da gab es übrigens auch schon eine Plakette, eine G-Kat-Plakette; diese war achteckig. Manche können sich daran erinnern. In den Neunzigerjahren ging es um den Sommersmog – Stichwort: Ozon. Auch da hat man am Ende reagiert. In den Nullerjahren ging es um den Feinstaub. Dagegen hat man mit dem Partikelfilter gearbeitet. In den Zehnerjahren – wenn ich sie so nennen darf – geht es um die Stickoxide. Dazu muss ich ausdrücklich sagen: Herr Kollege Lenders, es stimmt, dass die Luft besser geworden ist. Das Problem ist nur, sie ist deutlich langsamer besser geworden, als es hätte sein müssen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir uns die Messwerte angeschaut haben, haben wir uns schon immer gefragt, warum eigentlich nichts passiert ist, obwohl Euro-5-Motoren und Euro-6-Motoren auf den Markt kamen. Wir wissen es jetzt: weil schlicht betrogen worden ist. Das muss man so deutlich sagen. Deswegen müssen wir uns über die Frage Gedanken machen, wie wir den Verbrennungsmotor besser machen können bzw. wie wir dafür sorgen können, dass das, was eigentlich schon längst im Gesetz steht, auch umgesetzt wird.

Ich sage es ausdrücklich: Wir müssen aus Gründen der Luftreinhaltung auch Alternativen zum Verbrennungsmotor fördern, alleine schon weil Öl endlich ist. Wenn wir in Zukunft mobil bleiben wollen, brauchen wir Alternativen. Wir brauchen sie aus vielen Gründen: aus Gründen der Luftreinhaltung, aber auch aus Gründen der zukunftsfähigen Mobilität.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen: Frau Strube, ich lade Sie herzlich ein, wir können den Bus der RhönEnergie gemeinsam einweihen. Ja, es stimmt, es dauert ewig, bis wirklich der erste Bus fährt. Man muss aber ehrlicherweise sagen: Wir waren das erste Bundesland, das E-Busse gefördert hat; darüber hat der Bund damals noch nicht einmal nachgedacht.

Ich kann nichts dafür, dass viele den Schlaf der Gerechten geschlafen haben und es am Ende schlicht so ist, dass man diese Busse noch gar nicht in ausreichender Zahl kaufen kann, weil die europäischen Hersteller sie nicht liefern können. Da liegt nämlich das größte Problem. Ich glaube, dass wir jetzt etwas angestoßen haben, sodass in den nächsten Jahren das Angebot hoffentlich besser wird.

Ich glaube, es ist auch wichtig, dass wir über die Infrastruktur reden. Natürlich ist klar: Es geht um bessere Infrastruktur, auch bei der Elektromobilität. Auch dazu haben wir jetzt ein neues Programm. Wir fördern jetzt die Unternehmen, wenn sie Ladeinfrastruktur für ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf dem Betriebsgelände anbieten. Schaut man sich an, wo sich Autos die meiste Zeit befinden, stellt man fest, das normale Auto fährt nicht 24 Stunden. Das Auto müsste eigentlich eher „Stehzeug“ als „Fahrzeug“ heißen.

(Heiterkeit der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Es fährt im Schnitt eine Stunde und steht 23 Stunden. Wo steht es? – Es steht zu Hause oder am Arbeitsplatz. Das sind die beiden Plätze, an denen das Auto am meisten steht. Deswegen ist die Frage, wie man Arbeitgeber dazu bringen kann, für ihre Arbeitnehmer Ladeinfrastruktur anzubieten, entscheidend dafür, dass Elektromobilität nicht nur bei den Fahrrädern – da ist es schon längst passiert –, sondern auch bei den Pkw zum Durchbruch kommt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu dem öffentlichen Personennahverkehr: Selbst wenn alle Autos Elektroautos wären, die Grundfläche der Innenstädte ist nicht vergrößerbar. Das heißt, das Stauproblem kriegen wir damit nicht in den Griff. Deswegen glaube ich, dass wir viel dafür tun müssen, den öffentlichen Personennahverkehr attraktiver zu machen.

Ich will auf das eingehen, was Frau Schott gesagt hat. Sie sagten, wir hätten nichts für die Verkehrswende getan: Wir haben den Zuschuss für die Verkehrsverbünde um 24 % im Jahr erhöht. So viel Geld für die Verkehrsverbünde in Hessen gab es noch nie.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben neue Tickets eingeführt. Das Schülerticket ist an dieser Stelle eine Blaupause. Das sage ich Ihnen ganz ausdrücklich.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Schülerticket zeigt nämlich – das sieht man an der Erhöhung der Zahl der sogenannten freien Verkäufe –: Wenn man ein attraktives Angebot macht, wird dieses Angebot auch angenommen, und es trägt damit dazu bei, dass man eine Preissenkung realistisch darstellen kann; denn am Ende gewinnt man durch die Preissenkung zusätzliche Kunden, die ihren Teil zur Gegenfinanzierung beitragen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Insofern: Wenn man den Nulltarif fordert, aber keinen Satz dazu sagt, woher das Geld kommen soll – wir reden alleine in Hessen über eine Summe zwischen 1 und 2 Milliarden € –, kann man auch versprechen, dass die Linkspartei dafür sorgen wird, dass die Sonne in Zukunft abends aufgeht.

(Michael Boddenberg (CDU): Das wäre ein bisschen zu viel verlangt von den LINKEN, dass sie sagen, wo das Geld herkommen soll!)

Wenn man solche Forderungen erhebt, muss man auch überlegen, wie man dahin kommt. An dieser Stelle kann ich Ihnen sagen: Ich verstehe, warum Sie nicht regieren wollen; denn wenn Sie einmal regieren würden, würden Sie dermaßen auf die Nase fallen, weil Sie all das, was Sie versprechen, niemals in die Realität umsetzen könnten. Nun weiß ich, warum Sie lieber in der Opposition bleiben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abg. Rock zu?

Herr Rock, ausnahmsweise lasse ich die Frage zu.

(Michael Boddenberg (CDU): Aber bei mir nicht, was? – Allgemeine Heiterkeit)

Herr Minister, können Sie uns vielleicht einmal erhellen und uns mitteilen, wie viele Elektroautos es auf den hessischen Straßen gibt?

Ich kann Ihnen die aktuelle Zahl nicht nennen. Reine Elektroautos gibt es noch vergleichsweise wenige. Es handelt sich um ein paar Tausend. Bei den Hybridfahrzeugen ist es inzwischen deutlich besser geworden, wobei man sagen muss: Die Hybridfahrzeuge sind, je nachdem, wie sie eingesetzt werden, bei der Sparsamkeit nicht die allerbesten.

Es ist so, dass wir bei den Pkw noch lange keinen Durchbruch der Elektromobilität haben. Ich sage jedoch ausdrücklich: Es gibt einen Bereich, bei dem es ohne jeden staatlichen Zuschuss funktioniert hat. Das sind die E-Bikes

und die Pedelecs, von denen wir in Deutschland inzwischen knapp vier Millionen haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese verändern die Mobilität ebenfalls. Wir denken jetzt beispielsweise über Radschnellwege nach. An dieser Stelle kann ich Ihnen also sagen: Die Entwicklung ist noch nicht so weit, wie wir sie gerne hätten. Aber genau deswegen müssen wir uns Gedanken machen, wo es aus unserer Sicht funktioniert und was wir als Land beeinflussen können. Genau deswegen habe ich gesagt, dass Hessen als erstes Land E-Busse gefördert hat.

Herr Minister, ich muss Sie auf die Redezeit hinweisen.

Ich will noch ganz kurz etwas zu dem öffentlichen Personennahverkehr sagen – Stichwort: Schülerticket. Das günstige Angebot des Schülertickets hat z. B. dafür gesorgt, dass wir im Nordhessischen Verkehrsverbund auf einmal da steigende Zahlen im freien Verkauf haben, wo wir es nicht erwartet haben, nämlich dort, wo man von Kassel am weitesten entfernt ist: im Landkreis Hersfeld-Rotenburg und im Landkreis Waldeck-Frankenberg.

Das Ergebnis war, der NVV hat gemerkt, dass es durchaus Tarife geben kann, die so hoch sind, dass die Leute sagen, sie fahren lieber mit dem Auto. Er hat die Preisstufen 9 und 10 abgeschafft. Es kann Tarife geben, die zu teuer sind, sodass man am Ende gar nichts mehr einnimmt, weil die Leute sagen: Dann nehme ich es nicht mehr in Anspruch.