Protocol of the Session on June 20, 2018

Fakt ist auch, dass Sie außer Sonntagsreden wenig zu liefern haben. Schwarz-Grün ist letztlich eine Allianz gegen bezahlbares Wohnen. Das Polizeipräsidium in Frankfurt steht stilbildend für das, wie Sie sich in den letzten Jahren aufgestellt haben. Es war Ihnen wichtiger, im Landeshaushalt große Einnahmen zu generieren, statt Landesflächen großzügig und günstig so anzubieten, damit bezahlbarer Wohnraum für normale Mieter entstehen kann.

Gleichzeitig fordern Sie die Kommunen auf, genau das zu tun. Ich sage Ihnen: Eine solche Politik ist nicht nur halbherzig, sondern sie ist im Kern verlogen.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))

Die Wohnungsbauministerin hat jetzt erklärt, dass sie gegen eine 40-%-Quote bei gefördertem Wohnraum ist. Der Mieterbund hat darauf hingewiesen, dass die halbherzigen Hilferufe der Landesregierung mit Blick auf die Flächenversorgung und die Bereitstellung von Landesflächen mit Blick auf die Aufrufe in Richtung der Kommunen nicht in Ordnung seien und dass die Ministerin offensichtlich nicht verstanden hat, das die geforderte Wohnraumquote von 40 % nicht bedeutet, dass das alleine Sozialwohnungen sind, sondern dass es um eine vernünftige Durchmischung geht.

Aber auch das ist klar: Sie haben an der Stelle kein Verhältnis zu Themen des bezahlbaren Wohnraums. Das wundert auch nicht, weil Sie es 19 Jahre ignoriert haben. Und wer es 19 Jahre ignoriert hat, kann niemandem belegen,

dass er es im 20., im 21. oder im 22. Jahr wirklich ändern will.

(Beifall bei der SPD)

Hinzu kommt jetzt – ich freue mich jetzt schon auf den Zwischenruf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –, dass das Regierungslager jetzt versucht, die Mindestabstände im Landesentwicklungsplan mit Blick auf die erforderlichen Stadtteile in Frankfurt so auszulegen, dass der 400-m-Abstand ohne Einzelprüfung, ohne Abwägungsprüfung dazu führen wird, dass Neubauten in Frankfurt deutlich schwieriger werden. Wir wissen um die Problematik des Themas. Aber deswegen wäre es wichtig gewesen, in den Landesentwicklungsplan – so wie es die IHKs und der Mieterbund gemeinsam von Ihnen erwarten – eine Regelung aufzunehmen, dass eine Einzelfallabwägung vorgenommen werden kann, damit Stromtrassen in Frankfurt nicht zu einem Verhinderungsmoment werden.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos) – Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Sie haben das selbst gefordert!)

Herr Wagner, Sie haben die Briefe auch bekommen, und die Hinweise waren ziemlich eindeutig. Die Spitze dessen, was jetzt auf Regierungsseite passiert, ist allerdings das, was fast in APO-Manier von Herrn Banzer organisiert wird.

(Heiterkeit bei der SPD)

Es wird angekündigt, einen Sternmarsch gegen einen neuen Stadtteil und bezahlbare Wohnungen in Frankfurt zu organisieren. Jürgen Banzer erklärt, dass man jetzt Demonstrationen, einen Sternmarsch organisieren will, um Planungen, die in Frankfurt vor dem Hintergrund der Wohnungsnot und des Bedarfs an bezahlbarem Wohnraum auf den Weg gebracht wurden, am Ende zu verhindern.

Dass Sie sich an die Spitze derer stellen, die jetzt demonstrieren, dass bezahlbarer Wohnraum nicht entsteht, das ist der Treppenwitz von 19 Jahren Ignoranz gegenüber diesem Thema.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))

Herr Banzer, ich zitiere in diesem Raum selten die „FAZ“, weil sie normalerweise in politisch-inhaltlichen Fragen eher bei Ihnen steht. Aber was Matthias Alexander dieser Tage dazu kommentiert hat, ist so brillant und bringt es derartig auf den Punkt, dass ich es Ihnen heute gerne in voller Länge vortragen möchte:

Die Vergrünung der CDU schreitet unaufhaltsam voran. Jetzt rufen führende Politiker der Union aus Umlandgemeinden schon zu einem Sternmarsch nach Frankfurt auf, um gegen ein geplantes Neubaugebiet auf der Gemarkung des großen Nachbarn zu protestieren. Wenn das so weitergeht, werden sich die vom früheren Landesminister und Landrat Jürgen Banzer angeführten Christdemokraten demnächst zu Sitzblockaden vor dem Frankfurter Römer versammeln, wenn dort über Planungsvorhaben diskutiert wird.

Die CDU Bad Homburg ist natürlich auch dabei. Wohlmeinende könnten sagen, dass ihre Haltung nur konsequent sei. Schließlich hat der von ihr gestellte Oberbürgermeister Alexander Hetjes vor einigen

Wochen klargestellt, dass auch auf Feldern im Süden der Champagner-Luft-Stadt kein Wohn- und Gewerbegebiet entstehen werde – und das, bevor seine Mitbürger in der geplanten öffentlichen Debatte über das Stadtentwicklungskonzept Stellung nehmen konnten.

Hinter der plötzlich entdeckten Sorge um Kaltluftschneisen, Landschaftsbild und Versorgung mit regionalen Produkten steckt der nackte Egoismus: In der Kurstadt und ihrer unmittelbaren Umgebung soll alles so bleiben, wie es ist. Die positiven Auswirkungen, die die Prosperität der Rhein-Main-Region mit sich bringt, nimmt man gerne mit. Die damit verbundenen Belastungen in Form von Neubaugebieten sollen dagegen andere schultern. Und mit den Nachbarn im Süden von Oberursel über Steinbach bis Eschborn ließ sich schnell eine Koalition der Unwilligen schmieden.

Die CDU Frankfurt, auch das gehört zur Wahrheit, wird sich über das Vorgehen der Parteifreunde aus dem reichen Taunus nicht beschweren dürfen. War es doch ihr Landtagsabgeordneter und Landesminister Boris Rhein, der im Jahr 2014 in einer Preungesheimer Kleingartenkolonie einen Apfelbaum pflanzte, um damit gegen ein Neubauvorhaben an dieser Stelle zu protestieren. Zwei Jahre später wiederholte die CDU diesen symbolischen Akt auf dem Pfingstberg im Norden des Stadtgebiets, wo die Frankfurter SPD ein Neubaugebiet errichten wollte.

Noch ein paar Apfelbäume der Sorte „Egoismus“ mehr, und man wird in wenigen Jahren einen Apfelwein namens „St. Florian“ keltern können. Er wird manchem noch sauer aufstoßen.

Herr Banzer, ich sage ausdrücklich, Herr Alexander hat recht.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))

Ihre Bilanz lautet: Spekulationen durch das Land, Stimmungsmache und Falschinformation statt Bauoffensive. Schwarz-Grün ist und bleibt eine Allianz gegen das bezahlbare Wohnen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, weil das so ist, gefährden Sie auch den sozialen Zusammenhalt in der Region. Denn diejenigen, die am Ende die Zeche dafür zahlen, sind nicht diejenigen, die von einem Transfereinkommen leben, oder die, die sich in Bad Homburg oder anderswo höchste Mieten leisten können. Den Preis für diese Ignoranz der letzten 19 Jahre zahlen vielmehr vor allem diejenigen Familien, bei denen die Menschen jeden Tag hart arbeiten, aber keinen Reichtum nach Hause bringen. Das sind die jungen Berufseinsteiger mit normalem Einkommen.

(Beifall bei der SPD)

Das sind die Menschen, die im Erwerbsleben gutes Geld verdienen, aber am Ende bei der Rente Abstriche machen müssen. Deswegen brauchen wir eine Offensive für den Wohnungsbau der öffentlichen Hand. Darauf haben wir wiederholt hingewiesen.

Ich will das am Ende meiner Rede noch einmal sagen: Wir haben in den letzten fünf Jahren eine ganze Reihe an Vorschlägen immer und immer wieder eingebracht. Einen ein

zigen Punkt haben Sie bei dem Thema Eigenkapital der Nassauischen Heimstätte aufgenommen.

Ich sage Ihnen: Weil es die soziale Frage der nächsten Jahrzehnte ist, wird es ein zentrales Thema bleiben. Es wird für die Landtagswahl am 28. Oktober 2018 ein zentrales Thema werden, weil wir Korrekturen in der Wohnungsbaupolitik, und zwar der Wohnungsbaupolitik der öffentlichen Hand, brauchen, die vor allem darauf setzt, dass wir Wohnungen bauen, bauen und nochmals bauen. Da haben Sie in den letzten 19 Jahren schlicht und einfach versagt.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und der Abg. Mür- vet Öztürk (fraktionslos) – Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Herr Kollege Boddenberg für die CDU-Fraktion.

(Norbert Schmitt (SPD): Ja, er hat es auch nicht einfach!)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf den Beitrag konnte ich mich gut vorbereiten. Denn Herr Schäfer-Gümbel hat eben fast 1 : 1 die Parteitagsrede wiederholt. Die konnte man in der Zeitung lesen.

Sehr geehrter Herr Kollege Schäfer-Gümbel, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, ich glaube, wir sollten das schon einmal ein bisschen sortieren. Wir sollten zunächst einmal feststellen: Wir haben heute Morgen über die finanzielle Situation dieses Landes gesprochen.

(Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)

Zunächst einmal möchte ich feststellen, dass diese Landesregierung, getragen von CDU und GRÜNEN, 1,7 Milliarden € in den sozialen Wohnungsbau steckt. Das sind 15.000 Wohnungen für 50.000 Menschen.

Ich komme gleich noch einmal auf die Bauland-Offensive zu sprechen. Herr Schäfer-Gümbel, ich will aber zunächst einmal eines feststellen – da haben wir möglicherweise etwas unterschiedliche Auffassungen –: Der Staat wird das Problem nicht lösen. Er kann dabei helfen, das Problem zu lösen.

(Beifall des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Die Zahlen kennt so gut wie niemand.

Wir haben in Hessen, seitdem wir die Regierungsverantwortung tragen, einen Zuwachs von 300.000 Wohnungen. Es waren 2,7 Millionen. Jetzt sind wir bei 3 Millionen Wohnungen. Das ist ein Zuwachs von 300.000 Wohnungen.

Herr Schäfer-Gümbel, das haben Sie zu Recht angesprochen. Wir sind, was die Zahl der Sozialwohnungen anbelangt, jetzt bei 3,5 bis 4 %. Von 100 Wohnungen sind 3, 3,5 oder 4 Wohnungen Sozialwohnungen.

Damit liegen wir genau im Durchschnitt. Wir sind teilweise noch besser als andere Bundesländer. Ich könnte Nordrhein-Westfalen nennen. Ich könnte auch Brandenburg nennen.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Die brauchen in Brandenburg auch so viele Sozialwohnungen!)

Ich könnte Bremen und andere mehr nennen. Wir liegen bundesweit im Durchschnitt.

Übrigens ist ein Teil der Erklärung auch der, dass wir mehr Menschen haben, die sich Wohnungen auf dem nicht geförderten Markt leisten können. Wir reden nicht nur über die Ballungsräume. Vielmehr reden wir auch über ländlichere Strukturen.

Ich sage es noch einmal: Diese Zahlen belegen doch eindeutig, worauf wir den Schwerpunkt unserer Aktivitäten legen müssen. 97 % der Wohnungen in diesem Land sind privat finanziert.

Sie haben auf Ihrem Landesparteitag erklärt, Sie wollten 100.000 m2 zur Verfügung stellen. Spontan kam mir die Frage, in welchem Portfolio Sie die haben. Das erklären Sie vielleicht bei anderer Gelegenheit einmal. Das sind 10 ha.

Ich will nur einmal die Größenordnung nennen, über die wir allein im Rhein-Main-Gebiet reden. Wir haben im Planungsverband für den Flächennutzungsplan eine Größenordnung von 2.300 ha für die Kommunen verabredet. 10 ha sind der große Wurf von Herrn Schäfer-Gümbel auf dem Parteitag der SPD gewesen. Zur Verfügung stehen 2.300 ha in der Region. Davon werden 300 ha zurzeit erschlossen. Ich kann die Zahlen nur circa nennen. Die Fläche wird also baureif gemacht. Das ist entschieden zu wenig.

Den Hinweis auf Kollege Banzer und den Sternmarsch will ich natürlich aufgreifen. Ich glaube, die Abgeordneten aller Fraktionen, die hier sitzen, müssen mit den Vertretern auf der kommunalen Ebene sprechen. Herr Schäfer-Gümbel, ich könnte Ihnen eine ganze Reihe SPD-geführter Kommunen nennen, in denen SPD-Bürgermeister in dieser Hinsicht ihren Job nicht machen. Ich kann Ihnen Rodgau nennen. Ich kann Ihnen Schöneck nennen. Ich kann Ihnen Butzbach nennen. Ich kann Ihnen Hanau nennen. Ich kann Offenbach sagen.

Herr Merz, wenn Sie hinschauen, sehen Sie, dass Sie bei Veränderungen zunächst einmal eine massive Beteiligung der kommunalen Ebene haben. Das finde ich gut. Es ist aber unser Job, dafür zu sorgen, dass daraus eine konstruktive Beteiligung zur Lösung des Gesamtproblems wird.