Vielen Dank, Frau Kollegin Bächle-Scholz, für die Berichterstattung. – Erster Redner ist Kollege Merz für die SPD-Fraktion.
(Michael Boddenberg (CDU): Können Sie noch einmal etwas zu den Ereignissen der letzten drei, vier Jahre sagen?)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In diesen Tagen wird viel von historischen Ereignissen geredet. Ich sage Ihnen, was die frühkindliche Bildung angeht und auch was viele andere Fragen in diesem Land angeht, ist das maßgebliche historische Datum der 28. Oktober 2018.
Am 28. Oktober 2018 werden die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes unter anderem darüber abstimmen, ob es in diesem Land tatsächlich für die frühkindliche Bildung einen großen Schritt nach vorn geht oder nicht, ob sie eine Kraft wollen, die die Kraft und die Energie und die Bereitschaft hat, einen großen Schritt nach vorne zu gehen, die die Kraft und die Bereitschaft hat, Eltern tatsächlich von den Gebühren für den Besuch von Kindertagesstätten freizustellen, und zwar nicht nur die Drei- bis Sechsjährigen, sondern auch die Ein- bis Dreijährigen und auch die Kinder im Hort. Diese Freistellung soll nicht nur sechs oder bis zu sechs Stunden umfassen – eine nach wie vor ungeklärte Frage, ich will es nur noch einmal gesagt haben, an der wir auch weiter bohren werden, Herr Minister, nur dass Sie nicht glauben, Sie würden an der Stelle in Ruhe gelassen –, sondern für alle Kinder, unabhängig vom Betreu
Punkt zwei. Die Menschen können darüber abstimmen, ob sie Qualitätsverbesserungen durch mehr qualifiziertes Personal in unseren Kindertageseinrichtungen haben wollen; ob sie dringend notwendige, aus Sicht der Eltern vielleicht dringender notwendige Verbesserungen als die Gebührenbefreiung, aber mindestens genauso wichtige Veränderungen im Bereich der Qualität, meinethalben der Strukturqualität – ich bleibe dabei, Herr Minister, die Strukturqualität ist die Voraussetzung für Prozessqualität –, dadurch haben wollen, dass es 20 % Zuschlag auf die normale Personalausstattung für mittelbare Pädagogik gibt, inklusive der dringend erforderlichen Elterngespräche; ob es auskömmliche Ausfallzeiten gibt, die dazu führen, dass eine Kindertagesstätte nicht den Betrieb einstellen muss, auch wenn eine Grippewelle herrscht.
Punkt drei. Die Menschen können über eine Leitungsfreistellung abstimmen, die den Aufgaben, die eine Kita-Leitung heute mehr denn je hat, tatsächlich gerecht werden kann.
Die Menschen können darüber abstimmen, ob all dies durch das Land vernünftig und zukunftssicher finanziert werden kann, dadurch, dass das Finanzierungssystem auf eine sichere Grundlage gestellt wird.
Auch das habe ich schon dargestellt, und wenn Sie mir zugehört haben – was Sie meistens tun, wie ich weiß –, dann haben Sie das sicher noch alles im Kopf.
Ich habe mehrmals erklärt: Erstens. Unsere Vorschläge seinerzeit waren als erster Schritt gedacht. Zweitens. Auch unter dem Eindruck der Anhörungen, die es zu diesem Gesetzentwurf und dem Gesetzentwurf der LINKEN gegeben hat, dem wir damals vor allem aus Finanzierungsgründen, aber auch aus systematischen Gründen, weil er noch auf Basis des KiföG operiert hat, nicht zugestimmt haben, sind wir damals da gewesen, wo wir gewesen sind.
Wir haben uns seither in der Debatte weiterentwickelt. Auch die finanzielle Lage des Landes hat sich weiterentwickelt, und zwar zum Guten. Deswegen können wir heute über diese Angelegenheit anders reden als zu Beginn des Jahres 2016. So ist das. Wir sind über zwei Jahre weiter.
Herr Kollege, unsere Diskussion hat sich immer um die Frage gedreht: Wie kriegen wir die Gebührenbefreiung, also die Familienentlastung, auf der einen Seite und die notwendige Verbesserung der Qualität auf der anderen Seite finanziell so organisiert, dass auf der dritten Seite die Kommunen damit leben können? – Das waren die drei Punkte, mit denen wir uns immer geplagt haben.
Vor dem Hintergrund der veränderten finanziellen Situation dieses Landes, insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass eben nach 2016 die Regelung zum Länderfinanzausgleich stattgefunden hat, hat sich da etwas verändert. Das war das, wo Sie alle nervös geworden sind, weil da das Versprechen des Ministerpräsidenten bestand. Deswegen sind Sie doch im letzten Jahr so nervös geworden – genau
weil es den Länderfinanzausgleich gab und weil wir Sie an dieses Versprechen erinnert haben, und zwar aus bestimmten Gründen. Das ist der historische Zusammenhang, und das ist die Differenz zwischen dem Gesetzentwurf von 2016 und dem vom Dezember letzten Jahres.
Ja, es ist einer Fraktion nicht verboten, dazuzulernen. Das haben wir gründlich getan. Wir haben die Realität noch einmal neu eingeschätzt. Wir haben die finanziellen Realitäten noch einmal neu eingeschätzt. Wir kommen zu der Überzeugung und bleiben dabei, dass die Versprechen, die wir mit diesem Gesetzentwurf abgeben, gehalten werden können und dass sie finanzierbar sind. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege Rock für die FDP-Fraktion. Diesen Zettel habe ich bekommen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für uns hat sich seit der zweiten Lesung im Hinblick auf unsere Einschätzung zum Gesetz der SPD zur Verbesserung der Qualität an Kindertagesstätten und deren Finanzierung durch die Kommunen nichts geändert.
Dieses Gesetz hat mehrere sehr gute Ausprägungen. Es hat allerdings auch einige Bestandteile, die wir nicht teilen. Was uns an dem Gesetz besonders gut gefällt, ist, dass an den wichtigen Qualitätsmerkmalen Hand angelegt wird und Verbesserungen vorgesehen sind, also gerade beim Thema Leitungsfreistellung und beim Thema Vorbereitungszeiten. Dort wird Geld investiert. Das finden wir sehr gut. Es gibt auch den aus unserer Sicht wichtigen Hinweis zum Thema Landeselternbeirat Kita. Auch das ist an dem Gesetzentwurf positiv einzuschätzen.
Wo wir nicht mitgehen können, ist die Frage der grundsätzlichen Struktur der Gruppenbezogenheit. Da stehen wir weiter bei der kindbezogenen Förderung. Es gibt natürlich auch noch einige weitere Punkte, wie z. B. den Schwerpunkt bei der Kommunalfinanzierung, was wir so nicht sehen. Wir glauben weiter, dass in der jetzigen Situation und bei der jetzigen qualitativen Situation der Kindertagesstätten ganz besonders die Qualität im Mittelpunkt stehen sollte und dass sowohl die Kommunen und das Land als auch der Bund erst einmal ihre gesamte Energie darauf verwenden sollten, diese Qualität zum Wohle unserer Kinder herbeizuführen, der Kinder dieses Landes und deren Zukunft.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Noch einmal eine ganz kurze Replik zu den Anmerkungen von Herrn Kollegen Merz: Wenn die Bürgerinnen und Bürger am 28. Oktober die Beitragsbefreiung noch ausreichend würdigen und wenn sie entscheiden, ob sie das gut finden, dass die Elternbeiträge abgeschafft wurden, oder ob sie das nicht gut finden, und daran denken, wer das gemacht hat – die schwarz-grüne Landesregierung –, dann können wir eigentlich den Wahlen sehr optimistisch entgegensehen.
Nun zu Ihrem Gesetzentwurf. Da hat sich der Sachverhalt in den letzten zwei Tagen natürlich nicht wesentlich geändert. Wir bleiben dabei: Dieses Gesetz ist schlichtweg nicht finanzierbar. Wenn man sagt, da geht es um über 1 Milliarde €, dann ist das auf jeden Fall richtig, ohne sich auf einen genauen Betrag festlegen zu müssen. Es ist ein Betrag von mehr als 1 Milliarde €, und das ist eben nicht finanzierbar. Es bleiben einfach leere Versprechungen.
Darüber hinaus halten wir es auch für systematisch falsch, dass man sagt: Wir werden nicht den Kommunen eine Pauschale geben, sondern wir werden alle Kosten übernehmen, genauer gesagt, 82,5 % der Personalkosten. – Das halten wir vom Ansatz her für falsch, weil es dazu führen würde, dass das unkalkulierbar wäre und dass dann über kurz oder lang in die Gestaltungsfreiheit der Einrichtungen eingegriffen werden müsste.
Insofern halten wir unseren Gesetzentwurf, der eben verabschiedet worden ist, für den deutlich besseren. Die Opposition hat in der Sache auch gar keine Gegenargumente vorgetragen. Es wurde erst in der Geschäftsordnungsdebatte diskutiert, welcher Gesetzentwurf zuerst diskutiert werden sollte – ein ganz wichtiger Punkt. Dann sind Sie sehr breit auf die Historie eingegangen, wer was einmal gesagt hat, als die Voraussetzungen durch den Spielraum im Rahmen des Länderfinanzausgleichs noch gar nicht da waren. Da haben Sie sehr lange zitiert. Aber Sie haben hier nicht gesagt, dass Sie die Beitragsfreiheit nicht wollen. Das haben Sie nicht gesagt.
Im Grunde genommen halten Sie es ja auch für richtig. Ich will jetzt nicht noch einmal Herrn Oberbürgermeister Feldmann zitieren.
Das sieht man auch daran, dass wirklich alle Kommunen des Landes Hessen, einschließlich der sozialdemokratisch regierten Kommunen, hier mitmachen werden. Auch die finden das also gut.
Insofern würde ich sagen: Wir freuen uns über das verabschiedete Gesetz von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ
Frau Präsidentin! Mal sehen, ob ich die Wette gewinne, dass ich Herrn Merz noch einmal in eine Kurzintervention treibe. Es ist in der Tat so, dass wir mit dem Gesetzentwurf der SPD – ich habe das im Ausschuss schon sehr ausführlich besprochen – bei der seriösen und der – das Wort sage ich noch dazu – eher konservativen Schätzung, aufsetzend auf die 400 Millionen €, die jetzt schon in den Etat fließen, bei 800 Millionen € angelangen. Er hat tatsächlich in Betracht gezogen, dass der Länderfinanzausgleich etwa 500 Millionen € für Hessen bedeutet. Dann weiß man, dass man jeden Euro nur einmal verfrühstücken kann. Aber die Argumentation der SPD lässt das außer Acht. Das ist wenig verwunderlich bei den Kosten, die Sie ansetzen.
Die Übernahme von 82 % der Personalkosten wird konservativ auf Mehrkosten von 600 Millionen € geschätzt. Die Personalverbesserungsvorschläge, Leitungsfreistellung, mittelbare pädagogische Arbeit: nochmals rund 400 Millionen €. Dann übersteigt die weitere Beitragsfreiheit es noch einmal um geschätzte einige Hundert Millionen Euro. Die letzte Zahl, die ich gehört habe, war 280 Millionen €.
Wenn man das alles addiert, kommt man auf einen Betrag von über 1 Milliarde €, und dann kann man nicht auf den Länderfinanzausgleich rekurrieren, der bereits bei der Anhebung des Doppelhaushalts berücksichtigt wurde. Man würde im Zweifel eine Rechnung machen, von der Sie genau wissen, dass es so nicht geht. Aber wir sind uns in diesem Saal wohl alle einig, dass es Mehrkosten von rund 1 Milliarde € wären.
Ich glaube – das habe ich auch gesagt –, dass man Ihre Vorschläge insgesamt inhaltlich ernsthaft diskutieren muss und in den nächsten Jahren auch schrittweise angehen wird, etwa die Abwägung bei der Qualitätsverbesserung, wie man mit Gruppengrößen umgeht, oder auch die Frage der Leitungsfreistellungen und vieles andere mehr. Darüber werden wir weiter diskutieren. Der Doppelhaushalt ist verabschiedet, er hat sich dafür entschieden: 50 Millionen € für Qualität, 86 Millionen € für den Ausbau, 310 Millionen € in der Endausbaustufe für die Beitragsfreiheit. Damit wurde ein seriöser Schritt gegangen. Der nächste, der zu gehen ist, wird neu zu diskutieren sein.