Protocol of the Session on April 26, 2018

Berichterstatter ist Herr Abg. Bauer. Zunächst hat Herr Bauer das Wort. Bitte schön.

Beschlussempfehlung und zweiter Bericht des Innenausschusses zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für das genannte Gesetz zur Anpassung des Hessischen Datenschutzrechts an die Verordnung der EU und zur Umsetzung der Richtlinie zur Informationsfreiheit: Der Innenausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN gegen die Stimmen von SPD, DIE LINKE und FDP, den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Änderungsantrags Drucks. 19/6300 und des mündlich eingebrachten Änderungsantrags in dritter Lesung anzunehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, wir sind wieder in der akustischen Delle am Donnerstagnachmittag. Wir können da hinten noch so viel steuern. Die Redner werden leiser, und Ihr Gerede wird lauter. Das ist nun einmal so. Ich bitte also um mehr Aufmerksamkeit. Ich mache erst weiter, wenn hier Ruhe einkehrt.

Das Wort hat als erster Redner Herr Abg. Dr. Hahn für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie alle können sich sicher noch an die lebhafte Diskussion erinnern, die wir am Dienstag hier bei der zweiten Lesung geführt haben und die dann dazu geführt hat, dass sich der Innenausschuss in einer gemeinsamen Sitzung mit dem Unterausschuss für Datenschutz noch einmal mit dem Thema in einer nächtlichen Sitzung gegen 22:40 Uhr beschäftigt hat.

Ich lasse alles das weg, was bisher seitens der Freien Demokraten gesagt wurde, weil Sie das alles schon zwei- bis fünfmal gehört haben und alles wissen.

Heute vertun wir eine große Chance, dass weiterhin der Satz gilt: „Im Datenschutz ist Hessen vorn“. Diese Chance wird heute vertan.

(Beifall bei der FDP)

Ich will überhaupt nicht sagen, dass es alles schlecht ist, was hier vorliegt. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Aber es war in dem einen oder anderen Punkt verbesserungsfähig. Es war in dem einen oder anderen Punkt auch notwendig, dass Verbesserungen hineingebracht werden. Ich sage nur – auch im Namen meines für die Innenpolitik zuständigen Kollegen Wolfgang Greilich, der das auch im Ausschuss noch einmal hervorgehoben hat –: Es kann nach unserem Verständnis nicht sein, dass es eine generelle Bereichsausnahme für Polizei und Verfassungsschutz gibt, Herr Innenminister. Das hat mit einer transparenten und liberalen Gesellschaft nichts zu tun.

(Beifall bei der FDP)

Da hilft es Ihnen auch nicht, noch einmal vorzulesen, wie Sie es in der zweiten Lesung getan haben, wo überall sonst es so gemacht wird. Dazu sage ich: Dann ist das in unseren Augen auch dort datenschutzrechtlich nicht korrekt.

(Beifall bei der FDP)

Wir werden deshalb Ihrem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Was wir überhaupt nicht verstehen – damit werden Sie sich noch einmal auseinandersetzen müssen, entweder heute hier, und wenn Sie Ihre Meinung ändern, dann ist es gut, oder aber in der Diskussion mit den Kammern und mit den freien Berufen, und zwar in jeder einzelnen Besprechung –: Sie selbst schreiben in der Begründung zu Ihrem Gesetzentwurf, dass es Bereichsausnahmen für die besonderen Aufgabenstellungen im Bereich der berufsständischen Selbstverwaltung geben müsse. – Ja, da haben Sie recht. Nur, wer A sagt, muss auch weiter argumentieren.

(Beifall bei der FDP)

Dann können Sie nicht einfach stehen bleiben, nur weil Sie es vergessen haben. Das ist ja der wahre Grund, ich habe mit dem einen oder anderen Kollegen der Koalitionsfraktionen gesprochen. Sie haben es nur vergessen. Sie wollten es ja nicht – aber Sie haben es nunmehr erreicht, dass die Versorgungswerke der freien Berufe in dieser Bereichsausnahme nicht mehr bzw. überhaupt nicht vorkommen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, aber auch von den GRÜNEN, das ist schlicht und ergreifend falsch.

(Beifall bei der FDP)

Es passt nicht in Ihre Argumentation hinein, und es provoziert weitere verfassungsrechtliche Probleme.

Wie soll das denn eigentlich funktionieren, wenn ein Vorstandsmitglied – das ist mir am nächsten – z. B. der Rechtsanwalts- oder Notarkammer seiner gesetzlich normierten Verschwiegenheitspflicht gemäß § 76 Abs. 1 BRAO nachkommt – für die Nichtjuristen: das ist sogar durch § 203 StGB strafrechtlich flankiert, das ist nicht nur „mal so“, wenn man dagegen verstößt, sondern das ist eine Straftat –, und dieselbe Person soll in demselben Zusammenhang – nur, weil das Label ein etwas anderes ist – auf einmal gegenüber jedermann Informationen sagen, obwohl er gegenüber jedermann der Verschwiegenheit, strafrechtlich sanktioniert, verpflichtet ist? Das ist nicht möglich. Sie merken, Sie werden da verfassungsrechtliche Probleme provozieren.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Ja, das passt vielleicht zum Abschluss dieser Plenarwoche, in der wir uns auch ein bisschen mit Jamaika beschäftigt haben. Also, die Ampel in Rheinland-Pfalz löst das besser.

(René Rock (FDP): Hört, hört!)

Die Ampel in Rheinland-Pfalz hat genau das aufgenommen, was wir meinen, was richtig ist, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Union. Stehen denn die Sozialdemokraten den freien Berufen näher als die Union?

(Zuruf)

Wir werden diese Frage jedenfalls bei jeder Veranstaltung stellen müssen.

Ich appelliere an Sie alle, den Änderungsantrag Drucks. 19/6334 der FDP-Fraktion zu diesem Thema positiv zu bescheiden. Auch wenn Sie es nicht tun, werden wir Ihrem Gesetzentwurf die Zustimmung verweigern, aber wir werden uns der Stimme enthalten. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Kollegen Holschuh von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann fast nahtlos an das anknüpfen, was Dr. Hahn schon vorgetragen hat. Natürlich haben wir in der Sitzung des Innenausschusses am Dienstagabend noch einmal versucht, uns mit dem auseinanderzusetzen, was noch an Änderungsanträgen gekommen ist.

Wir hatten natürlich auch die Hoffnung, dass gerade von den Regierungsfraktionen entsprechende Änderungen vor

gelegt würden, aber leider ist das nicht passiert. Es kamen jede Menge Änderungen, 15 Seiten, aber die waren meist redaktioneller Art und haben inhaltlich eigentlich überhaupt nichts verändert. Deshalb bleibt auch die Kritik an dem, was hier vorgelegt wurde, bestehen.

Ich will es noch einmal klarstellen, weil es in der letzten Diskussion so auszulegen versucht wurde: Das ist keinesfalls die Kritik an denjenigen, die Ihnen diesen Gesetzentwurf geschrieben haben. Es ist eher die Kritik, dass Sie all das, was in der Anhörung vorgetragen wurde, eben nicht aufgegriffen und nicht umgesetzt haben

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE))

in diesem ganzen Beratungsprozess, der uns nun schon über einen längeren Zeitraum begleitet.

Dass manche darüber genervt waren, dass wir noch eine dritte Lesung machen: geschenkt. Aber Sie selbst haben gezeigt – mit Ihren 15 Seiten an Änderungen und dann auch noch in der Sitzung des Innenausschuss mündlich vorgetragenen Änderungen –, dass handwerklich das eine oder andere an der ganzen Erstellung dieses Gesetzes hätte verbessert werden müssen. Deshalb war natürlich auch diese dritte Lesung notwendig, sonst hätten Sie Ihre mündlichen Änderungen ja gar nicht mehr einbringen können.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte das eine oder andere noch einmal herausgreifen, insbesondere rund um das Landesamt für Verfassungsschutz. Auch dazu haben Sie noch Änderungen hereingenommen. Da stellt sich aber die Frage, wenn wir in den nächsten Wochen ein Verfassungsschutzgesetz komplett neu auf die Füße stellen, was jetzt die Änderungen an dieser Stelle sollen. Das bringt doch überhaupt nichts, das hätte man auch in dem Verfahren an der richtigen Stelle umsetzen können.

(Beifall der Abg. Heike Hofmann (SPD))

Dass Sie jetzt Datenschutzerklärungen in dem Bereich des Verfassungsschutzes einführen – wir haben ja heute Morgen gehört, dass Sie die Big-Brother-Award-Gewinner sind – und das in diesem Gesetz in der nächsten Zeit auch wieder kassieren, das verstehe ich an dieser Stelle überhaupt nicht. Es legt auch den Verdacht nahe, zumindest könnte es so sein, dass das Verfassungsschutzgesetz bis zum Ende dieser Legislaturperiode überhaupt nicht mehr in die Gänge kommt. Auch das könnte man daraus ableiten.

(Beifall bei der SPD)

Ein anderer Bereich ist § 20 HSOG. Das ist auch ein sehr sensibler Bereich, in dem es um die Verhältnismäßigkeit und die Bestimmtheit solcher Regelungen geht. Auch da haben Sie – wir haben es in der Anhörung herausgearbeitet – überhaupt kein Fingerspitzengefühl gezeigt, z. B. im Bereich des Gefahrenbegriffs. Sie haben jetzt eine Ordnungswidrigkeitsvorsorge eingeführt. – Es tut mir leid, aber auch das können wir an dieser Stelle nicht nachvollziehen. Auch die Aufgabenzuweisung beim HSOG erscheint mir in diesem Zusammenhang überhaupt nicht klar.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, die Hauptkritik richtet sich natürlich gegen das Informationsfreiheitsgesetz. Das haben wir in den letzten beiden Lesungen, aber auch schon zuvor immer wieder thematisiert. Auch in der dritten Lesung

möchte ich hierauf noch einmal einen Schwerpunkt legen, weil es natürlich nicht so ist, dass Sie beim Thema Informationsfreiheit überhaupt ein Stück weitergekommen wären, sondern Sie haben uns etwas vorgelegt, was deutlich zeigt – so hat es ein Anzuhörender formuliert –, dass der vorgelegte Entwurf ein Beispiel dafür sei, dass Bündnispartner aus Fraktionsdisziplin ein Informationsfreiheitsgesetz formulieren und vorlegen würden, ohne Informationsfreiheit oder Transparenz tatsächlich anzustreben.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE))

Genau das ist es, was Sie uns vorgelegt haben, und eben keine Konsequenz und kein Entschluss und kein Entwickeln eines modernen Transparenzgesetzes, wie es die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land gerne gehabt hätten und wie es in anderen Bundesländern auch regelhaft zur Anwendung kommt.

Für mich als Angestellten einer kleinen Kommune ist noch ein Punkt besonders wichtig. Dass wir gerade die Städte und Gemeinden in der Anwendung komplett herauslassen, ist einfach falsch. Dass sich die Kommunen dort selbst eine Satzung geben müssen, führt dazu, dass wir in Hessen einen Flickenteppich bekommen – nicht nur in der Ausgestaltung, sondern unter anderem auch in dem Bereich der Kostenregelungen. Sie haben bestimmte Verfahren, die mehrere Kommunen betreffen: Die eine Kommune hat eine Satzung, die anderen beiden Kommunen haben unterschiedliche Satzungen, jede hat noch eine eigene Kostenregelung. – So etwas ist doch völlig weltfremd und überhaupt nicht das, was auch im Grundsatz eines Informationsfreiheitsgesetzes enthalten sein muss, dass es eben für die Bürger eine Vereinfachung ist, die man entsprechend vor Ort leben kann, indem man sich Informationen für seinen Umgang mit politischen Entscheidungen in der Behörde besorgt.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren der Regierungsfraktionen, Sie zitieren in der letzten Zeit immer den Begriff „historisch“.

(Günter Rudolph (SPD): Ja, einmalig!)

Ja, „einmalig“ kommt auch ab und zu vor. – Aber in diesem Fall haben Sie den Begriff „historisch“ in gewisser Weise erfüllt. Mit dem vorgelegten Entwurf wird Hessen die historische Chance verpassen, ein eigenständiges, modernes Transparenzgesetz vorzulegen, das unser Land als Vorreiter im Datenschutz verdient hätte