Protocol of the Session on April 24, 2018

(Die Rednerin hält ein weiteres Balkendiagramm hoch.)

Blau gekennzeichnet sind die Universitäten, und rot markiert sind die Hochschulen für angewandte Wissenschaften. Da sehen Sie, was es hier für eine krasse Diskrepanz gibt. Wenn man alle drei Förderlinien zusammennimmt, kommt die Uni Frankfurt auf 116 Millionen €. Das ist zwar die größte hessische Hochschule, aber sie ist nicht viermal so groß wie die Uni Kassel. Im gleichen Zeitraum hat die FH Frankfurt gerade einmal 3,5 Millionen € bekommen.

Die Hochschule RheinMain und die Hochschule Fulda, deren Balken man auf die Ferne vermutlich überhaupt nicht sehen kann, haben aus den ersten beiden Förderlinien gar nichts bekommen, nicht einen Cent; die private EBS hingegen schon. Erst bei der dritten Förderlinie wurden Wiesbaden und Fulda überhaupt berücksichtigt, wenn sie mit Unternehmen kooperierten.

Das alles sind Zahlen der Landesregierung. Sie können das im aktuellen LOEWE-Bericht nachlesen, falls Sie meine Balkendiagramme in Zweifel ziehen sollten.

(Michael Boddenberg (CDU): Nein!)

Herr Minister, Sie sprechen von Profilbildung und Differenzierung. Meine Damen und Herren, ich finde, das ist einfach eine verdammt ungerechte Verteilung von Mitteln.

(Beifall bei der LINKEN und der Abg. Dr. Daniela Sommer (SPD))

Sie erklären dann immer, es würde doch so viel Geld in die Hochschulen fließen wie noch nie. Aber gleichzeitig gestalten Sie die Mittelverteilung so, dass Sie einen kleinen

Teil der Hochschulen besonders stark fördern und andere von einem Teil der Hochschulfinanzierung praktisch abschneiden, wie auch die Kunst- und Musikhochschulen. Das ist auch eine Umverteilung innerhalb der Hochschulen, und es ist eine Umverteilung von den Hochschulen weg an die außeruniversitären Forschungseinrichtungen.

Noch ein konkretes Beispiel: Die FH Frankfurt bekam in acht Jahren LOEWE, wie bereits erwähnt, 3,5 Millionen €. Im gleichen Zeitraum bekam das Center for Financial Studies 18 Millionen €. Das ist eine private Wissenschaftseinrichtung, deren Fördermitglieder übrigens die Deutsche Bank, die Commerzbank, Goldman Sachs und viele andere Banken sind.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Einmal im Jahr verleihen sie den Deutsche-Bank-Preis. Im LOEWE-Zentrum SAFE entwickeln sie jetzt Ideen zur Kapitalmarktregulierung und zur Bankenkontrolle. Natürlich, meine Damen und Herren, wer kennt sich mit der Bankenkontrolle besser aus als die Banken selbst?

(Heiterkeit des Abg. Hermann Schaus (DIE LIN- KE))

Lassen wir sie das doch selbst entwickeln. 18 Millionen € an das Center for Financial Studies – und 3,5 Millionen € hat die FH bekommen. Herr Minister, das ist ein krasses Missverhältnis. Diese Politik ist einfach zutiefst ungerecht.

(Beifall bei der LINKEN)

Dann sagen Sie, LOEWE würde doch in alle Landkreise Hessens ausstrahlen, weil ja über die dritte Förderlinie landesweit Unternehmen und Einrichtungen gefördert würden.

Herr Minister, dann schauen wir uns doch einmal die regionale Verteilung der gesamten LOEWE-Mittel von 2008 bis 2016 an.

(Die Rednerin hält ein weiteres Balkendiagramm hoch.)

Die Balkendiagramme können Sie sich anschauen. Ich sage Ihnen gleich die Seitenzahlen. Sie müssen nur die beiden Spalten zusammenrechnen. – 400 Millionen € der 671 Millionen €, also etwa 60 %, gingen nach Frankfurt und Darmstadt. 240 Millionen € gingen allein nach Frankfurt. Nach Gießen ging noch ein ordentlicher Batzen, für Marburg ist es schon deutlich weniger, und Kassel hat nicht einmal ein Zehntel der Mittel bekommen, die nach Frankfurt flossen.

Diesen kleinen Balken hier teilen sich alle anderen hessischen Städte und Landkreise, darunter so völlig unbedeutende Städte wie die Landeshauptstadt Wiesbaden oder Fulda. Herr Minister, ich bin immer wieder fasziniert, wie sehr Ihnen der ländliche Raum am Herzen liegt. Die Landesregierung redet über die Förderung des ländlichen Raumes, und am Ende kommt eine solche regionale Verteilung der LOEWE-Mittel heraus. Das strahlt nicht gerade auf alle Landkreise aus. Meine Damen und Herren, für einige scheint die Sonne sehr viel heller als für andere.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Das sollte vielleicht auch einmal den örtlichen Wahlkreisabgeordneten der CDU zu denken geben. Schöne Grüße

nach Fulda und Wiesbaden, dass man hier völlig benachteiligt wird.

(Michael Boddenberg (CDU): Dazu brauchen wir Sie nicht!)

Aber wenn man schon nicht das ganze Land mit Geld versorgt, dann wenigstens mit Eigenwerbung. Ich darf aus einer Pressemitteilung des Ministers von vor einigen Monaten zitieren:

Wissenschaftsminister Boris Rhein hat heute die nächste Runde der hessenweiten Plakatierung der Wissenschaftsinitiative „Hessen schafft Wissen“ gestartet und dabei selbst ein Plakat in der Wiesbadener Moritzstraße angebracht.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Ist denn das wahr? – Zurufe von der SPD: Uiuiui!)

Wiesbaden hat zwar nur 0,5 % der LOEWE-Mittel bekommen, aber immerhin ein eigens vom Minister aufgehängtes Plakat.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der SPD: Uiuiui!)

Ich zitiere weiter aus der Presseerklärung:

Insgesamt hängen nun an über 430 Stellen in rund 45 Orten Hessens – von Bad Hersfeld bis Bensheim, von Limburg bis Fulda – die Plakate.

Neben mehreren hessenweiten Plakatierungen, gehört zu dem neuen Kampagnenbaustein beispielsweise Straßenbahnwerbung in Frankfurt und Kassel, Big Banner an großen hessischen Bahnhöfen …

In diesem Jahr wurde die Kampagne um einen neuen Baustein unter dem Motto „Wir forschen für Ihren Nutzen!“ ergänzt, die nun vor allem die Bürgerinnen und Bürger auf der Straße erreichen soll.

Ja, welch ein Zufall – ausgerechnet im Wahlkampfjahr. Kann es vielleicht sein, dass es dem Minister im Wahlkampfjahr mehr um die eigene Darstellung als um die der Wissenschaft geht?

(Zurufe von der LINKEN und der SPD: Nein!)

Das Land Hessen – Herr Minister, das kann man in Ihrer Presseerklärung nachlesen – investiert in diesem Jahr 840.000 € in einen Baustein dieser Werbekampagne. Das ist ungefähr die gleiche Summe, die die Hochschule Fulda in acht Jahren aus dem LOEWE-Programm erhalten hat. Diese Summe verbrät der Minister in seiner Kampagne im Wahlkampfjahr.

(Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Schluss mit der Freundschaft, Herr Rhein!)

Ihnen liegen die Hochschulen wirklich am Herzen, aber leider liegen Sie sich selbst ein bisschen mehr am Herzen.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Diese Verteilung von Mitteln ist nur grotesk. Sich dafür zu bejubeln, ist wirklich albern.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Herr Minister, Sie haben eben die Kunsthochschule ausdrücklich erwähnt. Sie haben gesagt, dass sie auch bald in den Genuss von Förderung komme.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Da war was! – Minister Boris Rhein: Wettbewerblich! Alles wettbewerblich!)

Alles wettbewerblich? Was hat die Kunsthochschule denn bekommen? – 220.000 € oder umgerechnet ein Viertel Ihres Werbekampagnenetats allein für dieses Jahr. Das hat die Kunsthochschule in acht Jahren LOEWE bekommen – ja, herzlichen Glückwunsch.

Dann freuen Sie sich, dass es den Hochschulen gelungen ist, über LOEWE Drittmittel einzuwerben. Dabei handelt es sich bei LOEWE-Mitteln formal sowieso um Drittelmittel.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Ja!)

760 Millionen € wurden laut Ihrem Bericht von 2008 bis 2016 eingeworben. Wenn man sich diese Drittmittel anschaut, bemerkt man, dass diese – genauso wie LOEWEMittel – zum allergrößten Teil aus öffentlichen Geldern bestehen. Von diesen 760 Millionen € stammen gerade einmal 50 Millionen € aus der privaten Wirtschaft. 26 Millionen € sind über die Förderlinie 3 direkt wieder in die Wirtschaft zurückgeflossen. Das heißt also: LOEWE ist ein Programm, in das in acht Jahren etwa 1,5 Milliarden € geflossen sind – über 95 % davon bestanden aus öffentlichen Mitteln –, während das Grundbudget an den hessischen Hochschulen nach dem aktuellen Hochschulpakt gerade einmal um 16 Millionen € erhöht worden ist.

Statt dieses Geld dauerhaft und verlässlich an die Hochschulen zu vergeben, wird es über komplizierteste und intransparente Verfahren kurzfristig vergeben.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen May?

Mir läuft ein bisschen die Zeit davon.