Protocol of the Session on March 22, 2018

(Heiterkeit und Beifall des Abg. Holger Bellino (CDU))

Diese Aktuelle Stunde ist nun beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 54 auf:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend eine Aktuelle Stunde (Internationale Woche gegen Rassismus: Hessen lebt Vielfalt, Toleranz und Solidarität) – Drucks. 19/6182 –

Das Wort hat der Kollege Frömmrich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Internationale Wochen gegen Rassismus sind ein guter Anlass, heute in der Aktuellen Stunde über dieses wichtige Thema zu reden. Wir erleben derzeit in unserem Land permanente Grenzüberschreitungen, Verbreitung von Hass, Diskriminierung und offenen Rassismus. Im Internet, bei Facebook, bei Twitter oder auch auf öffentlichen Veranstaltungen werden Kübel von Dreck über Menschen ausgeschüttet, die eine andere Hautfarbe haben, die aus anderen Ländern zugewandert sind, die einem anderen Glauben angehören oder die eine andere Form des Zusammenlebens gewählt haben. Dieser Form von Rassismus treten wir entschieden entgegen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie der Abg. Janine Wissler (DIE LIN- KE))

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Hessen ist ein weltoffenes und tolerantes Land. Wir leben Internationalität und Vielfalt in unserem Land. Wir lassen uns von Rassisten und Nationalisten unseren Lebensstil nicht nehmen, und wir verteidigen diejenigen, die von diesen Rassisten bedroht, beschimpft und angegriffen werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie der Abg. Janine Wissler (DIE LIN- KE))

Die Prinzipien unseres Grundgesetzes gelten für alle hier lebenden Menschen. Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit und die Menschenrechte gelten universell. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, heißt es in Art. 1 unseres Grundgesetzes – die Würde des Menschen, nicht des deutschen Menschen, nicht des hellhäutigen Menschen, nicht des christlichen Menschen. Dieser Satz in unserem Grundgesetz ist sozusagen der moralische Imperativ, den die Väter und Mütter unseres Grundgesetzes in dieses Grundgesetz geschrieben haben, weil sie die Lehren aus dem Nationalsozialismus und der Entmenschlichung der Nazidiktatur

gezogen haben. Nie wieder sollen Menschen wegen ihres Glaubens, wegen ihrer Rasse oder wegen ihrer Lebensweise verfolgt und umgebracht werden. Das ist der Auftrag, den uns die Väter und Mütter des Grundgesetzes gegeben haben. Deshalb ist es so wichtig, dass wir uns gemeinsam diesem Treiben, dieser Hetze, diesem offenen Rassismus entgegenstellen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir fragen nicht: Woher kommst du? Vielmehr fragen wir: Wohin willst du?

Hessen und Deutschland sind bunt, sind vielfältig. In Frankfurt hat etwa die Hälfte der Einwohner einen Migrationshintergrund. Vielfalt macht uns stark. Das haben viele Unternehmen längst begriffen. Mit Diversity-Management haben sie dafür gesorgt, dass viele unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Perspektiven und Ideen ihren Erfolg stärken. Gerade in Hessen leben Menschen aller Nationalitäten, Religionen und Hautfarben. Frankfurt ist Bankenmetropole, Sitz internationaler Firmen und Institutionen. Die hessischen Hochschulstädte vereinen Studierende aus allen Ländern der Welt. Hessens Wirtschaft lebt von der Internationalität.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Weltoffenheit verteidigen wir gemeinsam gegen Hetzer und Spalter. Vielfalt ist das Gegenmittel zum Gift der Einfalt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Es gibt gerade eine Diskussion über Muslime und darüber, ob der Islam zu Deutschland gehört. Natürlich gehören die Muslime zu unserem Land. Bundespräsident Steinmeier stellt daher auch völlig richtig klar: Muslime gehören in Deutschland dazu. Nicht den Wettbewerb der Ausgrenzung, sondern das Werben für Zusammenhalt, Gemeinsinn, für Vielfalt sollten Politikerinnen und Politiker leben. Deshalb würde ich mir von einem Verfassungsminister auch wünschen, dass er zusammenführt und nicht Wasser auf die Mühlen derer lenkt, die diese Gesellschaft spalten wollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der CDU, der SPD und der LINKEN)

„Hesse ist, wer Hesse sein will“ – das ist der Satz von Georg August Zinn. Dieser Satz hat auch heute noch Gültigkeit. Der Kampf gegen Diskriminierung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, also eine Aufgabe von Politik und Zivilgesellschaft. Wir brauchen die vielen Menschen, die sich ehrenamtlich in Vereinen und Verbänden organisieren und sich dort engagieren. Wir brauchen diese Zivilgesellschaft als Multiplikator, der diesen Kampf auch in die Gesellschaft trägt. Ohne dieses Engagement der Zivilgesellschaft sind die politischen Anstrengungen letztlich chancenlos.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Hessen ist ein weltoffenes und tolerantes Land. Wir kämpfen gemeinsam mit der Zivilgesellschaft gegen Rassismus, gegen Antisemitismus und gegen Diskriminierung. Das ist der Auftrag, den wir haben. Ich hoffe, dass wir gemeinsam nach außen gehen und diesen Kampf nach außen tragen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie der Abg. Janine Wissler (DIE LIN- KE))

Vielen Dank, Kollege Frömmrich. – Das Wort hat der Abg. Ismail Tipi, CDU-Fraktion.

Hochverehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lieber Kollege Frömmrich! Die Internationale Woche gegen Rassismus ist ein guter Anlass, über Themen wie Toleranz, Vielfalt, Respekt, aber auch über Integration und Extremismus zu sprechen. Dass ein friedliches und harmonisches Miteinander keine Selbstverständlichkeit ist, mussten wir leider in den letzten Jahren wieder deutlich erfahren. Viele Menschen mit unterschiedlichster Herkunft, Kultur oder Religion sind in unser Land gekommen. Das hat bei manchen Bürgern Ängste hervorgerufen und Rassismus, aber auch extreme Aussagen und rechtsradikalen Populismus gefördert. Dem müssen wir in der Politik, aber auch als Gesellschaft entschieden entgegentreten.

Meine Damen und Herren, wir dürfen auf keinem Auge blind sein. Rassistische oder auch extremistische Aussagen, Hass und Hetze von linken, rechten oder religiösen Extremisten haben in unserer Gesellschaft keinen Platz.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Deshalb hat die rechtsstaatliche Gewalt- und Extremismusbekämpfung in alle Richtungen in Hessen höchsten Stellenwert. Wir, die Christdemokraten, stehen für ein klares Wertefundament und lehnen jeglichen Extremismus, Rassismus, Diskriminierung, Ausgrenzung, Gewalt und Hass entschieden ab.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das macht die Hessische Landesregierung auch immer wieder deutlich. In diesem Jahr hat sie die Fördersumme für die Extremismusprävention weiter kontinuierlich auf mittlerweile rund 5,7 Millionen € ausgebaut. Auch haben wir unter dem Dach des Hessischen Informations- und Kompetenzzentrums gegen Extremismus bundesweit das erste Präventionsnetzwerk gegen Salafismus eingerichtet; denn jeder Extremist, Gefährder oder Dschihadist ist einer zu viel.

Die CDU ist sich der Verantwortung aller Demokratinnen und Demokraten zur Bekämpfung jeder Form des Extremismus bewusst. Für ein friedliches, sicheres und tolerantes Land braucht es eine Gesellschaft, die sich klar von jeglicher Form des Extremismus, von Rassismus und Diskriminierung abgrenzt. Intoleranz dürfen wir nicht tolerieren.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, für Extremismus jeglicher Art gibt es in Hessen keinen Rabatt. Deshalb ist und bleibt die Bekämpfung des Rechtsextremismus ein Schwerpunkt der hessischen Strategie gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Auf der anderen Seite gehen wir aber auch gegen Linksextremismus mit allen uns zur Verfügung stehenden

rechtsstaatlichen Mitteln vor. Unsere Linie war und ist klar: Mit Extremisten – links wie rechts oder religiös – kann man keinen Staat machen.

(Beifall bei der CDU)

Den Bereich der Flüchtlinge und ihrer Integration dürfen wir dabei nicht außer Acht lassen: Natürlich setzen wir im Umgang mit geflüchteten Menschen auch in Zukunft auf Mitmenschlichkeit. Gleichzeitig müssen wir auf klare Regeln setzen und deren Einhaltung von all denen, die zu uns kommen, erwarten und auch einfordern.

(Beifall bei der CDU)

Denn beispielsweise die Gleichheit von Mann und Frau oder die Akzeptanz aller Glaubenseinrichtungen sind Werte, die für uns nicht verhandelbar sind.

(Beifall bei der CDU – Janine Wissler (DIE LIN- KE): Die Gleichheit zwischen Mann und Frau war schon immer ein Anliegen der Union?)

Meine Damen und Herren, die schleichende Zunahme des Antisemitismus ist ein absolutes No-Go.

(Beifall bei der CDU)

Solche Aussagen gehören nicht in unsere Gesellschaft. Nennen möchte ich in diesem Zusammenhang auch den Hessischen Aktionsplan für Akzeptanz und Vielfalt und die Antidiskriminierungsstelle, um Benachteiligungen zu verhindern und mehr Chancengleichheit für alle herzustellen. Außerdem möchte ich die Rechtsstaatsklassen erwähnen. Sie sollen den Flüchtlingen unsere Grundwerte, unsere Gesetze näherbringen und deutlich machen, woran sie sich in diesem Land halten müssen, wenn sie dauerhaft hier leben möchten.

Wer das nicht tut oder sogar aus religiösem Fanatismus heraus Straftaten vorbereitet oder in Hasspredigten dazu anstiftet, muss unser Land schnellstmöglich verlassen,

(Janine Wissler (DIE LINKE): Wissen Sie eigentlich, wie der Titel der Aktuellen Stunde heißt?)

wie es in der letzten Woche erstmalig in Hessen bei einem tunesischen Hassprediger auf der Grundlage der neuen Antiterrorgesetzgebung erfolgt ist. Der konsequente Umgang mit dem Missbrauch unserer Gastfreundschaft ist ebenfalls ein wichtiger Beitrag im Kampf gegen Rassismus, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Wir dürfen darüber hinaus aber nicht aus falsch verstandener Toleranz unsere eigenen Werte verbannen;

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das macht auch keiner!)

denn unsere Werte sind ein wichtiger Schlüssel für ein friedliches Zusammenleben. Dazu gehört auch der Respekt untereinander. Nur wenn wir alle wieder mehr Respekt und mehr Freundlichkeit leben sowie unsere Werte hochhalten, können wir ein friedliches Zusammenleben aller Kulturen erreichen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU – Janine Wissler (DIE LIN- KE): Schlechte Rede!)

Vielen Dank, Kollege Ismail Tipi. – Das Wort hat der Abg. Lenders, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kollegen! Ich weiß, dass der Kollege Frömmrich immer in der Lage ist, sehr schnell von null auf 100 zu schalten. In seiner Rede klang etwas mit, wo ich mich gefragt habe, an wen sich die Rede denn so ein bisschen richtet.

(Zustimmung bei der SPD)