Protocol of the Session on May 22, 2014

Persönliche Betroffenheit kann ich nachvollziehen. Es tut manchmal weh. Aber ich sage Ihnen: Das Ministerium kommt nicht zurück. Das ist vorbei.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Florian Rentsch (FDP): Wenn Sie es sagen! Sie müssen es wissen!)

Ich sage Ihnen, beides hat seinen Reiz. Herr Rentsch, glauben Sie es mir. Ich weiß, wovon ich spreche. Sie sagten damals:

Jeder in Hessen wisse,

so sagten Sie damals –

dass die GRÜNEN den Straßenbau zurückfahren wollten. Zudem habe Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) durch sprudelnde Steuereinnahmen einen Überschuss von rund 1 Milliarde €

ein bisschen haben Sie das schon gekürzt –

für das Jahr 2013 verbucht. Somit stehe genügend Geld zur Verfügung, um Straßenbauprojekte wie geplant zu verwirklichen.

Da beschlossen Sie, Ihren Antrag zu stellen. Aber eine Seite weiter haben Sie gesagt:

„Es ist ein Irrglaube zu meinen, die Kassen seien voll, jetzt kann verteilt werden“, betont Rentsch. Statt in Wohlgefallen und Wahlgeschenken zu schwelgen, brauche Hessen einen klaren wirtschaftsund finanzpolitischen Kurs …

Ja, was jetzt?

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Interview dauerte vielleicht 20 Minuten. Im Abstand von acht Minuten widersprachen Sie sich diametral. Das ist schon bemerkenswert. Auf der einen Seite heißt es: „Her mit dem Geld für den Straßenbau, der Minister hats“, und dann: „Die müssen endlich richtig anfangen, zu sparen“. Das wirkt nicht sehr glaubwürdig.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Worum geht es denn in Wirklichkeit? In Wirklichkeit geht es darum, dass der Minister – wie ich finde – sehr klug und strategisch geschickt agiert hat. Ein neuer Minister muss einen Kassensturz machen. Er muss schauen, womit er vor die Bürger treten kann. Er hat es sich angeschaut und gesagt: Von den 204 Projekten, die wir gern durchführen würden, kann ich 141 realisieren, 63 nicht.

Es ist halt ärgerlich, wenn diese Vorurteile irgendwie nicht funktionieren. Dann muss man sich einfach neu orientieren. Aber in Hessen ist eben eine Neuorientierung angesagt. Dann sagt die FDP: Ja, da sieht man es wieder, die bauen keine Straßen. – Entschuldigung, es ist aber sogar dazu gesagt worden, wir würden diese Straßen, die jetzt nicht realisiert werden, im Jahr 2015 mit höchster Priorität realisieren.

(Heiterkeit bei der FDP – Timon Gremmels (SPD): Ach, so ist das!)

Es wird keine Straße nicht gebaut.

(Timon Gremmels (SPD): Ach so!)

Es wird kein Projekt gestrichen. – Ich muss Ihnen sagen: Ihr Bild vom grünen Straßenfresser passt nicht. Es funktioniert nicht.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Es ist keine Million gekürzt worden; es ist auf keine Million verzichtet worden. Minister Al-Wazir hat genauso wie Sie keinen Entsperrungsantrag gestellt, aber das wollen wir Ihnen jetzt ersparen, weil wir dann über das Handeln der letzten Regierung reden würden. Ich weiß auch nicht, wie Sie das machen wollen. Wir haben insgesamt eine Haushaltssperre. Kommt dann der Verkehrsminister und sagt: „Meine Projekte sind wichtiger als alles andere, und ich hebe die Sperre auf“? – Das geht halt nicht.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Prioritäten setzen! – Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Wenn ich das große Ziel der Haushaltssperre verfolge, dann muss ich das auch gemeinsam tragen; und das geschieht.

(Beifall bei der CDU)

Dann muss ich die Prioritäten richtig setzen; und diese finde ich richtig: Verkehrsunfallschwerpunkte, die Entlastung von Bürgern durch Umgehungsstraßen – dabei ist der Lärmschutz hoch relevant, das wissen wir doch alle – und Verträge, mit welchen Kooperationen mit anderen geschlossen worden sind, wo die eine Maßnahme von Vereinbarungen mit anderen abhängt, sind natürlich auch prioritär. All das halte ich für richtig. Ich halte diese Prioritätensetzung eines grünen Ministers für völlig richtig. Ich sehe da keinen Unterschied.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist bedauerlich, dass wir nicht mehr Geld haben. Aber ich finde es richtig, mutig, vorausschauend und transparent, dass wir dem Bürger reinen Wein einschenken und ihm sagen, was geht und was nicht geht. Ich halte dies für eine Politik, die die Bürger als glaubwürdig empfinden werden. Sie werden sehen, dass die Infrastruktur bei dieser Regierung gut aufgehoben ist und dass wir mit den Prioritätensetzungen und den Belastungen, die wir haben, unsere hessischen Straßen nicht vernachlässigen werden – nicht so, wie Sie es in Ihrer Zeit mit 29 Millionen € getan haben.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Es hilft ja nichts, man muss sich den Realitäten stellen. – Wir haben in den nächsten Jahren eine schwierige Zeit vor uns, und das wird auch dazu führen, dass nicht alle Wünsche Realität werden. Ich glaube aber, dass wir im Straßenbau die richtigen Prioritäten setzen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Banzer. – Für eine Kurzintervention hat sich Kollege Rentsch von der FDP-Fraktion zu Wort gemeldet. Sie haben zwei Minuten lang Zeit. Herr Kollege Rentsch, bitte.

Frau Präsidentin! Herr Kollege Banzer, ich will hierzu zwei bis drei Punkte ausführen:

Erstens. Ich habe in diesem Interview über den Landesstraßenbau geredet. Ich habe darüber geredet, was wir den Menschen gemeinsam versprochen haben. Ich sehe mich

mit diesem Versprechen den Menschen gegenüber im Wort. Ich denke wie auch andere, die die CDU vertreten.

Zweitens. Ich habe in diesem Interview darüber gesprochen, dass das Land aus dem Stand mehr ausgibt, ohne irgendetwas einzusparen, z. B. bei der Verkürzung der Arbeitszeit der Beamten. Es werden allein sozusagen 2.000 Lehrerstellen konsumiert, ohne irgendeinen Euro zu sparen. Man gibt mit dieser Maßnahme also mehr aus. Das hätten Sie zitieren können, Herr Kollege.

(Beifall bei der FDP)

Wer sich den Haushaltsplan für 2014 anschaut, wird feststellen, dass es deshalb einen Zusammenhang gibt: Die geplante Nettokreditaufnahme beträgt 960 Millionen €, die Entnahme aus der Weimar-Rücklage 108 Millionen € und die Entnahme aus der allgemeinen Rücklage 191 Millionen €; bei einem Defizit für diesen Haushalt in Höhe von 1,259 Milliarden € kann man nicht definitiv sagen, dass das gespart ist. Aber ich habe immer gedacht, dass das, was wir den Menschen versprochen haben, sowohl die Bildung als auch der Straßenbau, für uns sakrosankt ist. Ich bin davon ausgegangen, dass wir zu unserem Wort stehen.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb sind es nicht 100 Millionen €, wenn man von diesem Landtag einen Haushalt von 100 Millionen € und eine Liquiditätssperre von 10 Millionen € beschließen lässt. Dagegen habe ich mich gewehrt.

Drittens. Herr Kollege Al-Wazir, ein letzter Punkt, weil das gerade auch von anderen Vertretern angesprochen worden ist. Es ist etwas sehr Persönliches. Ich war eigentlich der Auffassung, dass wir es geschafft haben – auch nach langen Debatten, denn wir kennen uns nun wirklich schon sehr lange, in diesem Landtag – eine Übergabe zu machen, die, wie ich glaube, sehr transparent, sehr offen und schon fast freundschaftlich war.

Die Pressekonferenz, die es am 4. April gegeben und die ungefähr 24-mal – ich habe unseren Pressesprecher gefragt – das Wort „Rentsch“ beinhaltet hat, nach dem Motto, ich sei für alles verantwortlich, ist, nachdem Sie versucht haben, den Landesstraßenbau jedes Jahr zu kürzen, nicht nur unglaubwürdig, sondern auch – das sage ich auch sehr persönlich – keine gute Antwort auf die Frage, wie man in Zukunft in diesem Landtag zusammenarbeitet.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Rentsch. – Herr Kollege Banzer, Sie hätten die Möglichkeit, zwei Minuten lang zu erwidern. Sie verzichten darauf. Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. – Ich rufe jetzt die Landesregierung, Herrn Staatsminister Dr. Schäfer, auf. Bitte schön.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe das große Vergnügen, sowohl in der letzten Legislaturperiode der Landesregierung als auch der neuen Landesregierung als Finanzminister angehört zu haben.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Es ist schön, dass Sie das als Wert an sich begreifen. Dafür bin ich sehr dankbar.

(Heiterkeit bei der CDU)

Ich hatte damit die Gelegenheit, Zeuge eines Ablaufs gewesen zu sein, der nunmehr Gegenstand sowohl der öffentlichen Erörterung als auch der parlamentarischen Debatte geworden ist. Gestatten Sie mir deshalb, dass ich zum Sachverhalt rückwärtsgewandt einige Bemerkungen mache.

Sie erinnern sich, dass wir den Doppelhaushalt der Jahre 2013 und 2014 Ende 2012 verabschiedet haben, basierend auf den Daten der Steuerschätzung aus dem Mai des Jahres 2012. Diejenigen, die sich ein bisschen mit Finanzpolitik beschäftigen, werden sich auch erinnern, dass wir im November 2012 eine Steuerschätzung hatten, die uns Mehreinnahmen in Höhe von 200 Millionen € prognostiziert hatte.

Als wir dann am 31. Dezember einen Kassensturz gemacht hatten, haben wir festgestellt, dass wir auf der Steuereinnahmenseite des Jahres 2012 nicht 200 Millionen € mehr, sondern 200 Millionen € weniger verbuchen mussten als geplant.