Protocol of the Session on January 31, 2018

Nein, wir haben uns ausdrücklich anders entschieden. Wir haben uns ausdrücklich anders entschieden, und wir haben es vor allem von Beginn an transparent gemacht. Mit jeder einzelnen potenziell betroffenen Kommune ist ausführlich gesprochen worden und wird ausführlich gesprochen. Ich habe ausdrücklich auch im Haushaltsausschuss des Landtags – und, ich glaube, auch von diesem Pult aus – gesagt, dass wir den Gesetzentwurf möglichst spät einbringen wollen, um möglichst viele der Erfahrungen aus diesen Einzelgesprächen mit einfließen zu lassen. Was dort für die Kommunen an Flexibilisierung und an Möglichkeiten, Ratenzahlungen zu verschieben, hineingekommen ist, ist Ergebnis genau dieser Gespräche gewesen.

Nun mag das für manchen Parlamentspuristen eine ungewöhnliche Vorstellung sein, was dort passiert ist. Aber wir haben versucht, möglichst nah an der Basis, möglichst nah an der kommunalen Familie und mit der kommunalen Familie die Dinge so zu erarbeiten, dass daraus ein Konzept wird, das am Ende trägt – gemeinschaftlich, kommunale Familie und Land –, um die größte kommunale Entschuldung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland zu administrieren.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Hahn möchte etwas sagen.

Herr Abg. Hahn.

Vielen Dank. – Herr Staatsminister, ich habe noch nie das Wort „Parlamentspurist“ gehört. Ich bitte um eine Definition.

(Holger Bellino (CDU): Wir haben heute ja sonst nichts zu tun! – Weitere Zurufe)

Herr Staatsminister.

Ich glaube, das eignet sich sicherlich für eine wunderbare Aussprache im Ältestenrat, einmal über die Definition nachzudenken.

(Norbert Schmitt (SPD): Nein, hier!)

Lassen Sie uns einen Augenblick weiter über die Sache reden, weil ich nämlich das Gefühl habe, dass Sie ein hohes Interesse daran haben, auf Nebenkriegsschauplätze auszuweichen, um eben nicht über die Sache reden zu müssen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Den Umstand, dass der Betrag von 6 Milliarden € kein fixer ist, sondern Bestandteil der Überprüfungen in den Gesprächen mit den Kommunen, haben wir von Beginn an transparent gemacht. Auch im Haushaltsausschuss des Hessischen Landtags habe ich Ihnen die Grafiken gezeigt – zwischen gemeldeten Kassenkrediten und dem, was unsere Kreditprüfer in der ersten Runde festgestellt haben, nämlich rund 5,1 Milliarden €.

Lieber Kollege Hahn, dann heute hier so zu tun, als sei das eine völlig neue Information: Es war Ihnen, den Mitgliedern des Haushaltsausschusses des Hessischen Landtags, der Öffentlichkeit und vor allem auch den Kommunalen Spitzenverbänden hinlänglich bekannt, dass dies so ist. Insofern wäre es etwas seriöser gewesen, auf diesen Umstand hinzuweisen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube, vor uns liegt noch eine Menge Arbeit. Nachdem die Kolleginnen und Kollegen auf dem Weg sind, sich über die genaue Gestaltung des parlamentarischen Verfahrens zu verständigen – ich habe großes Verständnis dafür, wenn Parlamentarier um ein bisschen mehr Zeit bitten –, haben wir jetzt darüber zu reden, was es am Ende des Prozesses bedeutet, wie viel Zeit die Kommunen dann zusätzlich brauchen, nachdem das Gesetzgebungsverfahren ein bisschen später endet. Denn am Ende darf mehr Beratungszeit hier nicht zulasten der Beratungszeit in den Kommunen gehen. Deshalb werden wir darüber sicher zu reden haben.

Zweiter Punkt. Wir werden sicherlich auch erneut – das habe ich übrigens von Beginn an gesagt – über die Zusammensetzung der Refinanzierung reden müssen, wenn die 6 Milliarden € nicht vollständig benötigt werden. Ich habe auch gesagt, dass dann, wenn es Möglichkeiten gibt, einzelne Finanzierungselemente zurückzufahren, nicht primär die Landesanteile zurückgefahren werden, sondern dass wir dann über die kommunalen Finanzierungsbeiträge in der Art, wie wir es mit den Kommunalen Spitzenverbänden immer tun, in den entsprechenden Gremien zu sprechen haben, um nach Möglichkeit eine Verständigung darüber zu erzielen.

Meine Damen und Herren, das werden wir in aller Ruhe und Gelassenheit tun; denn wir können es erst dann tun, wenn nicht nur die bisher 173 Gespräche mit den Kommunen stattgefunden haben, sondern auch die noch ausstehenden weiteren 50 Gespräche, und wir ziemlich präzise wissen, welcher Liquiditätsablösungsbetrag am Ende stehen wird.

Genauso werden wir in der Anhörung aufmerksam zuzuhören haben, wenn Kommunen sagen: Ja, wir sind finanzstärker als der Durchschnitt, aber von der Finanzkraft von Bad Homburg oder Eschborn noch ein ganzes Stück weit weg. Wir werden aber im Gesetzentwurf gleich behandelt; denn es gibt keine Investitionsmittel. – Da werden wir genau zuzuhören haben, welche Argumente vorgetragen werden und wie man möglicherweise damit vernünftigerweise in einem Prozess umgehen kann.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich wiederhole es: Wir werden ganz sicherlich über die Refinanzierungsinstrumente noch einmal reden müssen, um die Dinge ge

meinschaftlich vernünftig hinzubekommen. Ausdrücklich sage ich: Wir werden den Weg weitergehen, gemeinschaftlich mit der kommunalen Familie die Dinge so auf den Weg zu bringen, dass am Ende ein möglichst breit getragener Gesetzesbeschluss des Hessischen Landtags stehen kann.

Lassen Sie mich das zum Schluss sagen: Ich wage die Prophezeiung, dass es ähnlich sein wird wie beim Schutzschirm. Hier im Landtag wird es eine sehr kontroverse Diskussion und Abstimmung geben. Ein nicht unerheblicher Teil derjenigen, die hier im Landtag dagegen stimmen werden, werden auf der kommunalen Ebene, wenn sie dort Verantwortung tragen, in der Verantwortung für ihre eigene Gemeinde am Ende mit der gleichen Überzeugung zustimmen, wie sie hier dagegen gestimmt haben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das habe ich nicht zu bewerten, aber beim Schutzschirm haben wir es gesehen: hier die Backen aufblasen und dagegen votieren, aber vor Ort genau wissen, dass das für die jeweilige Kommune von enormem Profit ist und deshalb dort zustimmen.

(Zurufe von der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist ein Umstand, den ich Ihnen jedenfalls in der Debatte – –

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Ja, Herr Kollege Schmitt, getroffene Hunde bellen. Sie sind auch durch die Lande gezogen und haben versucht, Ihre Partei vor Ort gegen die Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs in Stellung zu bringen.

(Manfred Pentz (CDU): So ist es! – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Irgendwann haben Sie Ihre Informationsveranstaltungen abgebrochen, weil keiner zuhören wollte, weil die meisten Kommunen in Hessen von der Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs profitiert haben. So ist die Wahrheit.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD): Warum lügen Sie denn? Wenn ein Minister lügen muss, ist das schlimm genug!)

Ein spannender Wettbewerb zwischen unangemessenen Zwischenrufen und dem Applaus für den Redner.

(Norbert Schmitt (SPD): Wenn ein Minister lügen muss, ist es schlimm genug! – Zurufe von der CDU)

Entschuldigen Sie, Herr Minister. – Herr Abg. Schmitt, bitte mäßigen Sie Ihre Wortwahl. – Herr Schmitt, ich rede mit Ihnen.

(Zurufe von der CDU – Gegenruf des Abg. Günter Rudolph (SPD): Dass es reicht, stimmt schon länger hier! – Manfred Pentz (CDU): Na, na, na!)

Herr Minister.

Nachdem wieder Ruhe eingekehrt ist und der Kollege Schmitt es geschafft hat, seinen Zwischenruf ins Protokoll

zu bringen: Ich glaube, dass wir eine sehr gute Chance haben, im weiteren parlamentarischen Verfahren die Dinge noch weiter zu konkretisieren, weiter zu verfeinern und sicherzustellen, dass am Ende nicht nur ein gemeinsam mit der kommunalen Familie getragener Entwurf steht, sondern dass wir danach sagen können: Kassenkredite gehören in hessischen Kommunen ab dem Spätsommer dieses Jahres der Vergangenheit an.

Herr Kollege Warnecke, dann ist der Vergleich nicht mehr mit Rheinland-Pfalz oder Nordrhein-Westfalen, sondern dann sind wir besser als Bayern, und das ist unser Maßstab.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Staatsminister. – Für die FDP-Fraktion hat sich Dr. h.c. Hahn zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss gestehen, Herr Finanzminister, dass Sie meine Frage offensichtlich vollkommen falsch eingetütet haben. Mir geht es bei der Äußerung „Parlamentspurist“ nicht um den Ältestenrat. Aber ich will schon gerne wissen, was ein Staatsminister, der auch Mitglied des Parlaments ist, darunter versteht.

(Günter Rudolph (SPD): Welches Staatsverständnis er hat!)

Das ist ein bisschen zu einfach gewesen, die Kurve zu machen, wie Sie sie eben zu drehen versucht haben.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Aber wir können das gerne nachher bei Wein, Kaffee oder Wasser, wie auch immer – wir können auch gemeinsam Tee trinken, wie das Kollege Rock und der Ministerpräsident machen –, klären. Ich glaube, es ist schwierig, als Mitglied der Landesregierung – vorwurfsvoll war es gemeint – von Parlamentspuristen zu reden. Aber das hat nichts mit dem Ältestenrat zu tun. Es war das vollkommen falsche Schublädchen, in dem Sie meine Frage zu verstecken versuchten.

Ich bin dankbar, dass Sie – bis auf den allerletzten Teil – im letzten Teil Ihrer Rede eine etwas perspektivischere Funktion übernommen haben. Ich nehme jetzt mit, will es aber mit diesem Redebeitrag in das Protokoll des Hessischen Landtags, wie man so schön sagt, hineindiktieren – ich bitte die Stenografen um Entschuldigung, wenn ich dieses Wort nehme –, dass uns ganz offensichtlich der Finanzminister hat sagen wollen: Alles mit der Hessenkasse ist im Fluss. Wir brauchen jetzt diesen Gesetzentwurf, weil wir Fristen zu beachten haben. – Es gibt nichts Sehnlicheres als Ihren Wunsch, dass das noch vor der Sommerpause umgesetzt wird, damit Sie mit dem entsprechenden Tatütata in den Landtagswahlkampf gehen können.

(Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Kaufmann, ich war bei Ihnen so friedlich, und es fällt manchmal trotzdem immer noch schwer.

(Torsten Warnecke (SPD): Stimmt!)