Ich habe es im Ältestenrat auch mehrfach gesagt: Frau Kollegin Dorn kam zu mir. Wir haben uns bewusst entschieden, jetzt nicht mit einer Geschäftsordnungsdebatte einzusteigen während der Abstimmungsarie zu den Einzelplänen und zu den einzelnen Initiativen, die dazu aufgerufen wurden. Vielmehr haben wir bewusst entschieden, bis zum Ende dieses Abstimmungsmarathons abzuwarten und dann darauf hinzuweisen, dass wir diesen einen Abstimmungsprozess wiederholen wollen, weil wir es missverstanden haben. – Das ist der Sachstand, und das haben wir in aller Freundschaft und Deutlichkeit vorhin entsprechend dargelegt.
Teile der Opposition sehen dies leider anders. Wir können nur noch einmal wiederholen, dass das ein Missverständnis war und dass wir dies, wie es die Geschäftsordnung vorgibt und wie es auch die Kommentierung regelt, sofort aufgezeigt haben. Deshalb haben wir darum gebeten, die Abstimmung zu wiederholen. Das ist schon mehrfach passiert. Wenn Sie das jetzt hier so hochspielen, dann liegt das an Ihnen. Außer dass wir dieses Missverständnis zu verantworten haben, haben wir uns nichts weiter vorzuwerfen.
Vielen Dank, Kollege Bellino. – Das Wort zur Geschäftsordnung hat Abg. Jürgen Lenders, FDP-Fraktion.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vielleicht auch zum Verständnis für die Gäste auf der Tribüne: Wir haben schon eine lange Sitzungswoche hinter uns und auch noch etwas vor uns. Ich muss sagen, so lange ich auch schon in diesem Parlament bin, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt. Das ist wirklich eine Mammutsitzungswoche. Ebenso waren die Abstimmungen wirklich Mammutabstimmungen.
Insofern muss man verstehen, dass bei solchen Abstimmungen Fehler passieren. Das ist nicht zum ersten Mal passiert. Das hat der Kollege Bellino auch gesagt. Das ist alles menschlich, das kann passieren.
Es ist auch geübte Praxis, dass sich dann die parlamentarischen Geschäftsführer darüber verständigen, wie man damit umgeht. Meistens passiert das auf dem kleinen Dienstweg. Hier ist die Situation aber etwas anders.
Frau Dorn hat vorhin bereits die entsprechende Kommentierung der Verfassung zitiert. Wenn man das einmal herunterbricht, dann muss man zu einem Punkt kommen: Sind wir in dieser Mammutabstimmung noch in einem geschlossenen Tagesordnungspunkt, ja oder nein?
Meine Damen und Herren, zum Verständnis: Wenn wir die Einzelpläne aufrufen und einzelne Anträge mit einbeziehen, kann man die Auffassung vertreten, dass wir bei der jeweiligen Abstimmung aus dem eigentlichen Tagesordnungspunkt hinausspringen und dann wieder hineinspringen. Das kann man so lesen. Oder man kann sagen: Diese Anträge werden dann zu einem geschlossenen Tagesordnungspunkt.
Meine Damen und Herren, all das müssen wir jetzt gar nicht mehr entscheiden, weil das der Sitzungspräsident entschieden hat, und dem sollten wir Respekt zollen.
Ich habe Ihnen im Ältestenrat einen Vorschlag gemacht, um einem Streit aus dem Weg zu gehen. Ich kann mir nicht ernsthaft vorstellen, dass wir deswegen zum Staatsgerichtshof laufen wollen. Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen den Vorschlag unterbreitet, noch heute einen Dringlichen Entschließungsantrag einzubringen und damit diese Entscheidung wieder aufzuheben. Das wäre aus meiner Sicht nach wie vor der beste Weg, um das Ganze sauber zu machen.
Wir sollten aber nicht damit anfangen, die Entscheidungen des Sitzungspräsidenten infrage zu stellen; denn sonst kann es passieren, dass wir hier noch sehr oft und sehr lange tagen müssen und uns an vielen Stellen streiten, obwohl das wirklich nicht nötig ist. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, wir kommen dann zur Wiederholung der Abstimmung. Ich rufe den Dringlichen Antrag der Fraktion DIE LINKE, Drucks. 19/5766, auf. Wer diesem seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Gegenstimmen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Enthaltungen? – Bei Enthaltung der FDP und Nichtbeteiligung von SPD und DIE LINKE abgelehnt.
Mir liegen zwei Wortmeldungen vor, die sicherlich als Erklärungen zur Abstimmung nach § 88 der Geschäftsordnung zu sehen sind. Zunächst Herr Kollege Rudolph und dann Herr Kollege Schaus.
Zur Erläuterung, meine Damen und Herren: Nach § 88 unserer Geschäftsordnung hat jede Fraktion das Recht, ihre Abstimmung zu begründen. Eine Erklärung dazu darf die Dauer von fünf Minuten nicht überschreiten. – Bitte sehr.
Das Nichtabstimmen umfasst das auch. Das nur als Hinweis für diejenigen, die die Geschäftsordnung auch verstehen.
Meine Damen und Herren, ich will das Abstimmungsverhalten der SPD-Fraktion darlegen. Wir sind der Auffassung, der heute Vormittag gefasste Beschluss zu Tagesordnungspunkt 90 ist rechtmäßig zustande gekommen. Deswegen gibt es nach unserer Auffassung keine Grundlage dafür, die Abstimmung zu wiederholen. Deswegen haben wir uns an der wiederholten Abstimmung, die wir für rechtswidrig halten, nicht beteiligt.
Die Kollegin Dorn hat die Kommentierung zu Art. 88 der Verfassung zitiert. Sie müssen aber auch alles zitieren. Ein Irrtum rechtfertigt nicht die Aufhebung von Beschlüssen. Ich möchte, dass das auch im Protokoll des Hessischen Landtags steht. Sie haben das offensichtlich aus inhaltlichen Gründen so angelegt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, deswegen ist nach Auffassung der SPD-Fraktion der erste Beschluss von heute Morgen rechtmäßig zustande gekommen und hat Wirkungskraft erzielt. Deswegen haben wir uns an der Abstimmung, die wir für rechtswidrig und falsch halten, nicht beteiligt. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wir sind der Auffassung, dass heute Morgen eine rechtsgültige Entscheidung zustande gekommen ist. Diese hätte nur über den Weg aufgehoben werden können, den Herr Lenders vorhin skizziert hat. Diesen blamablen Weg wollte die Koalitionsmehrheit offensichtlich nicht gehen.
Das rechtfertigt unserer Meinung nach aber nicht eine erneute Abstimmung. Deswegen hat sich unsere Fraktion nicht an dieser Abstimmung beteiligt, weil das rechtmäßige Ergebnis zu Tagesordnungspunkt 90 heute Vormittag schon entschieden wurde.
Lassen Sie mich an dieser Stelle nochmals aufzeigen – ich hoffe, mit Erlaubnis von Ihnen, Herr Präsident –, dass wir der Auffassung sind, dass der Weg, der jetzt gegangen wurde mit einer erneuten Abstimmung, nachdem der Tagesordnungspunkt verlassen wurde – eindeutig nach dem Wortprotokoll –, eine Frage betrifft, die von so großer rechtlicher Bedeutung ist – nicht der Fall, aber die Frage, wann und wie lange, bis zu welchem Zeitpunkt eine Abstimmung wiederholt werden kann –, die für uns eine zutiefst demokratisch-parlamentarische Grundsatzfrage ist, die unbedingt geklärt werden muss.
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP für ein Zweites Gesetz zur Änderung des Hessischen Kinderund Jugendhilfegesetzbuches (HKJGB) – Drucks. 19/5624 –
Antrag der Fraktion der FDP betreffend Landeselternvertretung der Kindertageseinrichtungen – Drucks. 19/4896 –
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Nach der Geschäftsordnungsdebatte zurück zu politischen Inhalten. Ich hoffe, dass jetzt eine gewisse Beruhigung eintritt, damit wir Zeit und Muße haben, diesem wichtigen Thema zu folgen – wichtig für uns, aber, wie ich glaube, wichtig auch für die anderen Fraktionen im Hessischen Landtag.
Worum geht es? Die Freien Demokraten schlagen in Form eines Gesetzentwurfs vor, dass es künftig auch in Hessen Elternvertretungen auf Kreis- und Landesebene an Kitas gibt. Analog zu den Elternvertretungen an Schulen sollen auch Eltern, deren Kinder eine Kita besuchen, eine Stimme und eine Möglichkeit der Teilhabe am politischen Prozess in einer formalen Struktur bekommen.
Warum ist das notwendig? Warum ist das Verfahren, das wir gewählt haben, notwendig? – Das Verfahren ist notwendig, um den Elternvertretungen an Kitas eine Legitimität zu geben, damit sie für alle Eltern, deren Kinder in diesen Kitas untergebracht sind, sprechen können. Wir wollen ihnen ein formales Gewicht geben, damit sie bei dem, was sie vortragen, ernst genommen werden.
Warum ist es grundsätzlich wichtig, dass die Eltern diese Möglichkeit bekommen? – Es hat sich gezeigt, dass die Themen Kita, frühkindliche Bildung und Betreuung künftig eine große und wichtige Rolle im Hessischen Landtag und in der hessischen Politik einnehmen werden. Das wird mit der Vorlage eines Gesetzentwurfs der Landesregierung im April 2018 nicht beendet sein. Für den intensiven Pro
zess der Befassung mit der Frage, wie wir für unsere Kinder und für die Familien in Hessen die bestmögliche Politik machen können, brauchen wir als Politik Gesprächspartner. Darum ist es wichtig, dass zum dem Gesetzentwurf, den wir heute eingebracht haben, eine breit angelegte Anhörung durchgeführt wird. Wir sind gerne bereit, alle Anregungen aus dem Prozess aufzunehmen, um dann hier eine Regelung zu treffen.
Welche drei Punkte muss der Elternbeirat an einer Kita nach unserer Auffassung nach Möglichkeit erfüllen?
Er soll erstens die Lobbyvertretung der Eltern bei den Trägern und gegenüber der Politik sein. Die Interessen der Kinder in unseren Kitas brauchen eine Lobby. Sie brauchen eine Stimme, und zwar eine laute, durchsetzungsfähige Stimme. Der Beirat soll außerdem im Landesjugendhilfeausschuss beratend vertreten sein, um dort frühzeitig in die Entwicklung von Vorgaben und Verordnungen eingebunden zu werden.
Wir wollen zweitens, dass der Beirat eine Interessenvertretung ist, die bei Anhörungen zu Gesetzen vom Ministerium automatisch eingebunden wird.
Wir wollen drittens erreichen, dass die künftige Landeselternvertretung die Möglichkeit bekommt, im Sinne der Regelung von § 27 Abs. 3 Satz 2 Hessisches Kinder- und Jugendhilfegesetzbuch Schulungen durchzuführen, Weiterbildungen für die Eltern zu organisieren, wobei sie sich natürlich bestimmter Träger bedient. Die Vertretung soll sich überlegen, welche interessanten Weiterbildungsmaßnahmen angeboten werden, und sie soll durch die Beauftragung Dritter die Möglichkeit haben, die Eltern in der Frage voranzubringen, wie sie ihre Rechte sinnvoll wahrnehmen können.