Protocol of the Session on December 13, 2017

Der Ministerpräsident hat gestern gesagt, Hessen habe die höchste Pro-Kopf-Wirtschaftskraft bundesweit. Dann müsste Hessen eigentlich so viel Geld für die Hochschulen ausgeben wie kein anderes Bundesland. Das ist aber nicht so.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Qualität der Lehre wird schlechter. Konkrete Zahlen der Betreuungsrelation an der Uni Frankfurt: Im Jahr 2012 kamen auf einen Professor 83 Studierende. Jetzt ist das Verhältnis 1 : 92. Es hat sich noch einmal verschlechtert, obwohl wir im Jahr 2012 schon einen schlechten Stand hatten.

Frau Wolff, ich bin schon etwas erschrocken über das, was Sie gesagt haben. Sie haben gesagt, Sie gingen davon aus, die Studierendenzahlen würden nicht weiter steigen, sondern stagnieren. Vorsicht vor solchen Einschätzungen. Ich will Sie daran erinnern, dass sich diese Landesregierung bei der Prognose der Schülerzahlen für das Schuljahr 2023 um 80.000 Schüler vertan hat, Herr Kultusminister. 15 % mehr Schüler werden im Jahr 2023 an den Schulen sein, als diese Landesregierung dachte. Komisch, oh Wunder, die Prognosen haben nicht gestimmt, jetzt haben wir Lehrermangel. Ich will jetzt nicht sagen, wir hätten es gesagt, aber es entspräche der Wahrheit. Wir haben nämlich immer gesagt, dass dieser ganze Unsinn der demografischen Rendite so nicht eingerechnet werden kann.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt will ich dem Wissenschaftsminister nur einen kleinen Tipp geben: Wenn die Schülerzahlen steigen – merken Sie etwas? –, könnten auch die Studierendenzahlen weiter steigen. – Ich sage das nur deshalb, damit Sie in ein paar Jahren nicht wieder völlig überrascht sind, dass die Studierendenzahlen weiter steigen. 80.000 Schüler mehr im Jahr 2023 – prognostiziert – könnten bedeuten, dass ein größerer Teil davon auch an die Hochschulen kommt. Deswegen: Vorsicht mit solchen Prognosen, Frau Wolff.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Wolff, die Prognosen dieser Landesregierung haben eigentlich nie gestimmt. Sie müssen die Hochschulen ausbauen und sich darauf einstellen, dass es sehr viel mehr Studierende geben wird.

Wir wollen die ausufernde prekäre Beschäftigung zurückdrängen. Die kommt davon, wenn die Hochschulen immer mehr mit Drittmitteln planen müssen und es immer mehr kurzfristige Projekte und befristete Beschäftigungen gibt. Wir wollen, dass junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der Hochschule eine langfristige Perspektive bekommen und sich nicht von einem befristeten Vertrag zum nächsten hangeln müssen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Studierendenwohnheime fehlen. Wir haben bundesweit eine der schlechtesten Quoten. Wenn Wohnheime geschaffen werden, dann oft zu Preisen, die sich kein normaler Student leisten kann. Die Studierendenwerke sind weiterhin unterfinanziert. Wir beantragen seit Jahren, dass die Mittel erhöht werden.

Wir haben auch mehr Mittel für Kultur- und Künstlerförderung beantragt. Auch hier brauchen wir vor allen Dingen eine verlässliche Finanzierung, damit die Kultureinrichtungen langfristig planen können und nicht von einer Projektfinanzierung in die nächste gehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein Letztes möchte ich noch ansprechen, ich habe leider nicht so viel Zeit. Es kann nicht sein, dass das Wissenschaftsministerium immer mehr zum Auffangbecken für gescheiterte CDU-Oberbürgermeisterkandidaten wird.

(Heiterkeit des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Das ist Herr Rhein, das ist Herr Burghardt.

(Minister Boris Rhein: Dann sind Sie ja auch dem- nächst bei uns willkommen! – Heiterkeit – Gegenruf des Abg. Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Sie gewinnt das!)

Bitte keine Zwischenrufe von der Regierungsbank.

Vielen Dank für das Angebot, Herr Minister Rhein. Ich glaube aber, dass ich nicht so sehr scheitern werde, dass ich auf Ihr Angebot zurückkommen werde. – Ich weiß nicht, ob Sie schon eine Abteilungsleiterstelle für Frau Weyland freigeräumt haben.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD – Heiterkeit des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Frau Kollegin, Sie müssten zum Ende kommen.

Ich komme zum Schluss. – Im Gegensatz zur Staatssekretärin Weyland, das will ich nur anmerken, habe ich mich nicht für den Oberbürgermeisterwahlkampf in den einstweiligen Ruhestand versetzen lassen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Frau Präsidentin, ein Absatz zum Abschluss. – Zusammengefasst: Weniger Versorgung der eigenen Parteifreunde und etwas weniger Werbung für die Landesregierung. Man kann ja kaum noch ins Kino gehen, ohne dass ein Spot mit einem Minister auftaucht. Mehr Mittel für die Hochschulen, die Studierendenwerke und für die Kultur. Das wäre so grob die Richtung, in die man gehen könnte, Herr Minister.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Danke, Frau Kollegin Wissler. – Als nächster Redner spricht nun Kollege May von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als wir 2013 den Koalitionsvertrag zwischen CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgeschlossen haben, hatten wir in der Wahlperiode zuvor von den Hochschulen gespiegelt bekommen, dass sie gern mehr Planungssicherheit hätten. Sie hätten gern mehr Planungssicherheit hinsichtlich der Hochschulfinanzen. Sie wollten mehr Grundfinanzierung, und sie wollten Planungssicherheit hinsichtlich des Mittelaufwuchses.

Deswegen hat Hessen mit der Koalition aus CDU und GRÜNEN als erstes Bundesland die Forderungen der großen Wissenschaftsorganisationen aufgenommen und den Hochschulen zugesichert, die Grundfinanzierung 1 % oberhalb der Teuerungsrate zu steigern. Das haben wir in den Haushalten, die jetzt vorliegen, 2018/2019, fortgeschrieben. Wir haben das schon in den letzten Jahren gemacht. Das hat zu erheblichen Aufwüchsen der Grundfinanzierung gesorgt. Wir hatten das im Koalitionsvertrag angekündigt, und wir haben das jetzt mit dem Haushalt 2018/2019 durchgeführt und damit Wort gehalten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

In Zahlen bedeutet das: Wir haben bei der Grundfinanzierung der Hochschulen über 24 Millionen € im nächsten Jahr und noch einmal über 43 Millionen € im Jahr 2019; insgesamt sind es rund 68 Millionen € mehr für die Grundfinanzierung der Hochschulen. Das zeigt, dass wir die Forderungen der Hochschulen aufgenommen und die Grundfinanzierung für die Hochschulen massiv gesteigert haben.

Jenseits des Koalitionsvertrags gehen wir natürlich offenen Auges durch die Welt und reagieren auf neue Herausforderungen und Lagen. Deshalb haben wir beispielsweise den Hessenfonds für geflüchtete Nachwuchswissenschaftler aufgelegt. Diejenigen, die in ihrer Not hierhergekommen sind und Talent mitbringen, können besondere Unterstützung erhalten. Auch das ist Inhalt dieses Haushalts.

Wir haben massiv neue Studienplätze geschaffen. Wir haben einen großen Aufwuchs der Studierendenzahl erreicht – im Vergleich zu den Zahlen von vor zehn Jahren um rund 50 %. Trotz der Aufwüchse ist die Betreuungsrelation schlechter geworden. Aus diesem Grund haben wir eine Sonderzuweisung von 85 Stellen, die eigentlich im Jahr 2018 abgängig gestellt waren, und von noch einmal 78 Stellen im Jahr 2019. Diese Sonderzuweisung von 2 Millionen € führen wir dem Hochschulhaushalt zusätzlich zu, um etwas für die Betreuungsrelation zu tun. Das zeigt, dass wir auf die Herausforderungen im Hochschulbereich aktiv reagieren.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben uns für die Jahre 2018/2019 weiter vorgenommen, im Bereich der Profilbildung Akzente zu setzen. Beispielsweise wollen wir an der Universität Kassel den Aufbau des außeruniversitären Forschungsinstituts zum documenta-Institut zusätzlich unterfüttern. Deswegen haben wir für die Universität Kassel drei Professuren eingestellt, um an dieser Stelle die Möglichkeit eines außeruniversitären Forschungsinstituts im Bereich der documenta zu unterstützen und damit die Profilierung und den Ausbau des Wissenschaftsstandorts Kassel weiter voranzubringen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben noch einen besonderen Schwerpunkt bei der sozial-ökologischen Forschung gesetzt: Wir haben das ISOE, das Institut für sozial-ökologische Forschung in Frankfurt, das Pionier in der sozial-ökologischen Nachhaltigkeitsforschung ist, noch einmal besonders gestärkt. Wir haben den Mittelansatz, den der Regierungsentwurf bereits erhöht hatte, noch einmal zusätzlich um 110.000 € gestärkt; denn angesichts der Klimakrise und der daraus folgend notwendigen ökologischen Transformation der Gesellschaft ist es richtig, dass wir in diesem Bereich der Forschung besonde

re Akzente setzen. Daher halte ich es für richtig, dass wir das ISOE beim Aufbau eines Forschungsschwerpunktes „Grundlagenforschung der sozialen Ökologie“ unterstützen, dass wir das ISOE besonders im Bereich des Ausbaus der Wissenschaftskommunikation und des Wissenstransfers fördern; denn ich glaube, dass dies die zentrale politische Frage ist. Auf die ökologische Krise müssen wir auch im Bereich der Wissenschaft reagieren, und das tun wir mit diesem Akzent.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Natürlich wissen wir, dass gute Studienbedingungen ein gutes soziales Umfeld benötigen. Deswegen ist es vollkommen klar, dass, wenn die Studierendenzahl an den Hochschulen wächst, auch die Aufgaben der Studierendenwerke wachsen. Deswegen haben wir in den vergangenen Jahren die Studierendenwerke immer gestärkt, und deswegen haben wir als Fraktion hier noch einmal einen Akzent gesetzt und die Zuweisung an die Studierendenwerke um jährlich 1 Million € erhöht.

Trotz der guten Nachrichten, die es zweifelsohne aus dem hessischen Wissenschaftsministerium für die Hochschulen in diesem Land gibt, droht natürlich auch Ungemach, nämlich das Auslaufen des Hochschulpakts 2020 des Bundes, der mit rund 150 Millionen € Bundeszuweisungen für uns ganz erheblich ist; besonders die Hochschulen für angewandte Wissenschaften profitieren davon. Daher ist es äußerst ärgerlich, dass wir an diesem Punkt, an dem es schon ein Verhandlungsergebnis zwischen den Jamaikasondierern gab, doch nicht weitergekommen sind.

(Minister Boris Rhein: So ist es!)

Es gibt da viele ärgerliche Punkte, aber an dieser Stelle leiden jetzt die hessischen Hochschulen unter der Verantwortungslosigkeit der Lindner-FDP.

(Zurufe von der FDP)

An dieser Stelle kommen wir nicht weiter, an dieser Stelle brauchen wir den Bund. Daher ist es besonders verantwortungslos, was die FDP hier getrieben hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der FDP)

Ich will noch einmal ganz klar sagen: Diese Koalition steht für eine Anschlussfinanzierung für den Hochschulpakt 2020 bereit. Wir warten auf ein Angebot vom Bund, wir stehen Gewehr bei Fuß, und wir warten darauf, dass der Bund auf uns zukommt, weil die Hochschulen hier Planungssicherheit brauchen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von der FDP)

Noch ein Wort zu den Änderungsanträgen der Opposition: Insgesamt ist dort wenig vorzuweisen – die SPD hat ja noch nichts eingereicht, aber auch zu den Hochschulen nichts angekündigt. Da ist die Wertschätzung der Hochschulpolitik in etwa proportional zur Redezeit, die die Fraktionen dem Einzelplan noch gelassen haben. Aber auch bei der Linkspartei, die ja in allen Bereichen mit Fantastillionen nur so um sich wirft, kann ich eine gewisse Inkonsequenz erkennen; denn Frau Wissler, Sie sagen: Die Hochschulen sind unterfinanziert, die wollen mehr Stellen für Nachwuchswissenschaftler. – Aber in diesem Bereich haben Sie nichts beantragt. Das heißt doch, dass Sie mit

dem, was wir hier auf den Weg bringen, einverstanden sind.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Als ob Sie einem unserer Vorschläge zugestimmt hätten!)

Wenn Sie meinen, das sei der entscheidende Punkt, um Änderungsanträge zu stellen, dann frage ich mich, wieso Sie überhaupt noch etwas einreichen.