Auch das Schülerticket und die Freifahrtberechtigung für Landesbedienstete, die Sie hier kleinreden wollen, sind Erfolgsprojekte, die dazu beitragen werden, dass mehr Menschen Bus und Bahn nutzen und vom Individualverkehr umsteigen werden. Damit werden auch die Straßen entlastet.
Natürlich werden die Angebote sukzessiv angepasst; aber wie man bereits jetzt zur Kenntnis nehmen kann, wird das Schülerticket gerade im ländlichen Raum stark nachgefragt. Da kann man nicht von Überlastung des ÖPNV-Systems reden.
Gerade in Waldeck-Frankenberg sind überproportional viele Karten im Freiverkauf verkauft worden, weil es dort erstens kein entsprechendes Angebot gab und zweitens die gute Kurhessenbahn fährt, die sehr gut angenommen wird und jetzt mit dem Schülerticket noch besser ausgelastet ist. Ich frage Sie also: Was wollen Sie?
Das Thema Radverkehr machen Sie immer nur lächerlich. Sie haben auch immer gesagt, das sei für Sie kein Thema. Das sehen Sie nicht als Landesaufgabe.
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Frau Müller, Sie saßen im Plenarsaal, als wir darüber gesprochen haben!)
Durch die Verbesserung des Radwegeausbaus an den Landesstraßen und auch durch die aktive Unterstützung von schnellen Radwegeverbindungen engagiert sich diese Landesregierung, um auch Wegstrecken auf den Radverkehr zu verlagern. Für den Radweg an Landesstraßen stehen im aktuellen Entwurf 1 Million € für 2018 und 2 Millionen € für 2019 mehr zu Verfügung.
Auch in den Kommunen, in denen Sie oft Verantwortung tragen, z. B. im Landkreis Kassel – das ist in Ihrer Studie nachzulesen –, ist beim Bus-, Bahn- und Radverkehr gar nichts passiert; aber auch das geht jetzt stückweise voran. Die AG Nahmobilität unterstützt die Kommunen. Wir haben die Bagatellgrenze sogar auf 20.000 € heruntergesetzt, damit die Kommunen noch einfacher und leichter in den Radverkehr investieren können. All das sind Erfolgsgeschichten, die Sie aber nicht zur Kenntnis nehmen wollen.
Wir haben die sogenannten Entflechtungsmittel verstetigt. Im aktuellen Landeshaushalt stehen bereits 100 Millionen € zur Verfügung, die eine Hälfte davon für den ÖPNV und die andere Hälfte für den kommunalen Straßenbau. Auch das wird uns in diesem Bereich weiterbringen. Ebenfalls könnten Sie das Thema Elektromobilität zur Kenntnis nehmen. Wie Baden-Württemberg unterstützt das Land Hessen die Busbeschaffung. Als zweites Bundesland stellen wir große Summen für die Kommunen zur Verfügung, um die Elektromobilität voranzubringen. Das alles könnten Sie zur Kenntnis nehmen, wenn Sie es nur wollten; aber Sie wollen es nicht, denn dann würde Ihnen ein Thema fehlen – was sowieso niemanden interessiert.
Das wird unser Land nicht voranbringen. Wir wollen gestalten und unser Land mit einer modernen Mobilitätspolitik voranbringen, die alle Verkehrsträger in den Blick nimmt und den Menschen mehr Mobilität gewährleistet. Deswegen werden wir diesen Weg weitergehen und uns von Ihrem Gemeckere nicht aufhalten lassen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Staatsminister Al-Wazir, Sie haben ein neues Konzept für die Verkehrspolitik in Hessen und für den Ausbau der Infrastruktur etabliert. Damit können Sie eben nicht mehr – wie Sie es ansonsten so gerne machen – darauf verweisen, dass die Schuld bei Ihren liberalen Vorgängern liegen mag. Sie haben ein neues Konzept eingeführt, das „Sanierung vor Neubau“ heißt. Dieses Konzept endet im Stau.
Ich werde das auch begründen. Wenn Sie bei der Sanierung möglichst viele Baustellen hintereinander errichten und die Baustellendichte auf den Autobahnen so sehr verstärken – Sie sind der Meinung, Sie tun etwas Gutes –, bleibt der Verkehr am Ende tatsächlich im Stau stecken, weil er nicht mehr durchgängig fließen kann.
Ich will nicht behaupten, dass das Ihre Absicht war; aber ich gehe davon aus, dass Sie es billigend in Kauf genommen haben, weil Sie den Autoverkehr damit einfach unattraktiv machen. Welche Folgen das hat, volkswirtschaftlich und aus der Umweltbilanz heraus gesehen, kann jeder jeden Tag erleben, der auf Hessens Autobahnen unterwegs ist.
Herr Al-Wazir, Sanierungen sind gut, aber Sie müssen gleichzeitig auch den Neubau vorantreiben, um die Entlastungsstrecken überhaupt möglich zu machen, um Verkehre anderweitig abwickeln zu können. Was Sie gemacht haben, ist: Sie haben Hessens Bürger auf den Straßen stehen gelassen.
Herr Al-Wazir, die GRÜNEN haben einen weiteren, neuen Aspekt eingebracht: Seelenheil mag jetzt der ÖPNV sein. – Der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten, Herr Schäfer-Gümbel, hat Ihnen eben gesagt, wo das Problem liegt: Auch hier hätten Sie sich zunächst um die Kapazitäten kümmern müssen.
Meine Damen und Herren, ob das an den Fahrzeugen oder der Infrastruktur liegt, ist zweitrangig; denn ein Zug hat nur eine bestimmte Länge, und die Züge stehen schon an den Bahngleisen und sind von vorne bis hinten rappelvoll. So ist es unattraktiv, mit dem ÖPNV zu fahren. Sie haben dieses Problem nicht nur mit dem Schülerticket verschärft; jetzt haben Sie auch noch allen Beamten einen kostenlosen Fahrschein gegeben, um den Anreiz zu schaffen, umzustei
gen. Sie hätten zunächst die Kapazitäten erhöhen müssen, um das Problem nicht weiter zu verschärfen. So wird das mit dem ÖPNV als Alternative nichts.
Meine Damen und Herren, Sie haben gesagt: Dann muss das die Nahmobilität retten. – Darauf bin ich einmal gespannt. Erklären Sie demjenigen, der in Tann wohnt und in Frankfurt arbeitet, dass er erst einmal mit dem Fahrrad von der Rhön bis nach Frankfurt fahren soll, um dann in den Zug zu steigen und in Frankfurt seine Arbeit zu machen. Mit dem Fahrrad werden Sie diese Probleme nicht lösen.
Das führt zu dem nächsten Problem, weil Ihr Konzept der Nahmobilität in der Tat mittlerweile zu einem Konflikt zwischen Fußgängern und Fahrradfahrern führt. Frau Müller, ich habe Ihnen aufmerksam zugehört. Sie haben am Anfang Ihrer Rede gesagt, Ihre Lösung liege eher in der Vernetztheit. Sie haben das nur kurz gestreift. Ich habe gedacht, Sie würden dazu, was denn Digitalisierung im Verkehr bedeutet, noch ein bisschen mehr sagen.
Frau Müller, ja, Vernetzung könnte eine echte Chance sein. Die Digitalisierung, das autonome Fahren, intelligente Fahrzeuge könnten dazu führen, dass wir die Herausforderungen in Bezug auf die Mobilität in den nächsten Jahren ein bisschen besser stemmen können. Ich verstehe aber nicht, dass diese Landesregierung aus dem HoLM, also dem Instrument, das wir in Hessen haben, um dieses zukunftsweisende Feld wissenschaftlich zu begleiten, aus dieser wirklich innovativen Idee von Roland Koch, nichts anderes gemacht hat als einen Hauseigentümer, der jetzt nichts anderes zu tun hat, als seine Räume zu vermieten.
Frau Müller, Sie haben die Idee des HoLM verraten, und Sie werden denjenigen, die Ihnen dabei helfen könnten, die Idee der Digitalisierung umzusetzen, nicht gerecht.
(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was haben wir denn damals vom FDPMinister vorgefunden? Nichts!)
Wir haben 120.000 km Stau in Hessen; das sagt der ADAC. Das ist eine Verdoppelung der Stauzeiten in den letzten Jahren. Ich habe von der Landesregierung vor einigen Wochen die konkrete Staustrecke erfragt; und dazu hieß es dann, zu den am stärksten belasteten Strecken gehöre die A 3. – Meine Damen und Herren, der achtstreifige Ausbau dieses Abschnitts ist nun im Bundesverkehrswegeplan drin, aber auch nur, weil regionale Bundestagsabgeordnete die Hochstufung in den Vordringlichen Bedarf durchgesetzt und weil sich die Bürgermeister und die Industrie- und Handelskammer dafür eingesetzt haben.
Aber was macht der Verkehrsminister in Hessen? – Er sagt, er beplane nicht. 45 % aller Landstraßen sind in einem desolaten Zustand. Er hat darauf hingewiesen, dass keine Planungskapazitäten vorhanden seien. Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen dazu nur sagen: Dass die Landstraßen in einem schlechten Zustand sind, ist wirklich kein neues Phänomen. Dass aber diese Landesregierung, von der CDU geführt, noch nicht einmal mehr so viele Landesmittel in den Haushalt einstellt – Frau Müller, Sie haben eben eine Erfolgsbilanz verkündet –, dass wir zumindest den Abschreibungsbedarf darstellen könnten, zeigt: Diese Landesregierung fährt beim Landesstraßenbau auf Ver
schleiß. Bei den GRÜNEN kann ich das verstehen; sie wollten noch nie Straßen bauen. Dass aber die CDU hierbei tatenlos danebensteht, kann ich wirklich nicht begreifen.
Wir haben von Frau Müller gerade gehört, was in Ansätzen eine Bilanz darstellen soll. Ich habe mich ein bisschen gefragt, was dabei der Plan sein soll; die CDU hat jetzt ja einen „Hessenplan“. Ich würde einmal sagen: Außer einer Domain haben Sie nichts. – Das ist mir noch einmal aufgefallen.
(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Andere haben noch nicht einmal eine Domain, Herr Kollege!)
Ich finde, was Sie dort gemacht haben, ist ein sehr kleines Karo; das ist schon ein bisschen peinlich. Meine Damen und Herren, wir werden Ihnen daher eine Hessen-Agenda entgegenstellen. Wir wollen die Digitalisierung im Verkehrsbereich massiv vorantreiben, um Mobilität schneller, sicherer und effizienter zu machen.
Wir wollen in Hessen Modellprojekte für autonome und vernetzte Fahrzeuge. Wir wollen einen Prototyp intelligenter Straßen, der mit Fahrzeugen und Verkehrsteilnehmern kommuniziert, um heute zu wissen, wie wir die Straßen von morgen bauen müssen. Wir wollen die Digitalisierung der Verkehrsverbünde vorantreiben, damit der Pendler jederzeit weiß, mit welchem Verkehrsträger er am besten vorankommt. Das wäre eine Agenda. – Sie haben einen Plan mit nichts drin.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Bestandsaufnahme der SPD stimmt. Die Straßen, Brücken und Bahnhöfe zerfallen in Hessen mangels ausreichender Investitionen. Die Straßen, gerade im Ballungsraum RheinMain, sind überlastet von Pendlern und Lkw. Auch die Bahnlinien sind vielerorts an der Belastungsgrenze oder schon darüber hinaus angekommen. Das ist die Bestandsaufnahme, die wir hier haben. Diese Probleme bedingen sich zum Teil gegenseitig, haben aber auch eigene Problemlagen. Natürlich muss hier dringend gehandelt werden. Wir brauchen mehr Investitionen in die öffentliche Infrastruktur.