Protocol of the Session on September 28, 2017

und dann glauben, es applaudiert jemand. Sie haben das auch nicht zu Ende gedacht. Wenn Sie sechs Stunden freistellen, dann ist es egal, ob im Gesetz steht: „Nach sechs

Stunden ist der Anspruch da.“ – Dann ist es zwingend notwendig, dass die Kinder die Möglichkeit zum Mittagessen haben. Das hat in vielen Kommunen entsprechende investive Wirkungen. Das müssen Sie berücksichtigen. Darauf müssen Sie auch eingehen. Reden Sie von daher zuerst einmal mit den Betroffenen, bevor Sie einen Gesetzentwurf einbringen. Vielleicht gehen Sie auch noch einmal in sich und schauen, wo die Priorität liegt. Niemand kann sagen: „Ich hätte gern einen kostenfreien Kitaplatz“, wenn er gar keinen Platz hat. Als Erstes brauchen die Familien einen Betreuungsplatz. Dann können wir über alles Weitere reden. Darum muss die Priorität klar sein: Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf steht im Mittelpunkt. Die Kommunen müssen das Geld für die Investitionen haben. Das, was Sie tun, wirkt dem entgegen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Rock. – Als Nächste hat Frau Kollegin Wiesmann für die Fraktion der CDU das Wort.

Erlauben Sie mir, dass ich Ihnen vor Ihrer Rede herzlich und sicherlich auch im Namen des ganzen Hauses zu Ihrer Wahl in den Deutschen Bundestag gratuliere. Ich vermute, dass das Ihre letzte Rede hier im Haus sein wird. Man wird diese bestimmt besonders aufmerksam verfolgen. Verabschiedet werden Sie heute Abend durch den Landtagspräsidenten. Deswegen sage ich eingangs nur diese wenigen Worte. – Bitte sehr, Sie haben das Wort.

(Allgemeiner Beifall)

Verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank, lieber Herr Merz, ganz besonders für die Gelegenheit, heute noch einmal hier zu sprechen. Ich hatte gar nicht damit gerechnet. Insofern musste die heiße Nadel herhalten.

Sie haben Ihrer heutigen Aktuellen Stunde eine Überschrift gegeben. Mit ihr möchte ich mich auseinandersetzen. Sie lautet: „Schwarz-grüne Landesregierung gefährdet die Qualität in der Kita – Hessens Kommunen müssen entlastet und nicht belastet werden“. – Das ist Ihre Überschrift.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Sie haben dargelegt, was Sie damit meinen. Ich will jetzt einfach darauf antworten. Lieber Herr Merz, liebe SPD, ich habe mir vorgenommen, bei meiner heutigen letzten Rede das Positive, das Gemeinsame zu sehen. Das erste Positivum, das ich nennen möchte, lautet: Hessische Kinderbetreuung ist von guter Qualität, sonst müssten Sie ja nicht befürchten, dass sie in Gefahr sei.

(Beifall bei der SPD)

Tatsächlich sehen wir das so und haben als CDU die Qualität der frühen Bildung schon vor Langem auf die Tagesordnung gesetzt. Das ist lange vor meiner Zeit gewesen, aber einige damals handelnde Personen sind noch im Raum. Sie haben über lange Jahre viel dafür getan. Ich nenne jetzt nur stichwortartig den Bildungs- und Erziehungsplan, den Sie selbst auch oft genug gewürdigt haben, die Mindestverordnung als ersten Mindeststandard, die anspruchsvolleren Mindeststandards in der Kinderbetreuung durch das KiföG und die dazugehörige Anreizsystematik,

die ohne Zwang auskommt, aber doch sehr effektiv dafür gesorgt hat, dass der BEP heute Standard ist.

Die Landesregierung schreibt den BEP und die dazugehörigen Qualifikationsmodule übrigens gerade fort, um neuen Anforderungen, z. B. an inklusive Erziehung, an Sprachförderung von Anfang an und vieles mehr, Rechnung zu tragen.

Ich nenne die Förderung für besonderen Bedarf mithilfe der Schwerpunkt-Kitapauschale. Sie gilt übrigens analog zum Sozial- und Integrationsindex in der Lehrerzuweisung. Es hat also manches auch seinen Sinn und Zusammenhang. Ich nenne die nochmalige Anhebung der I-Pauschalen, die es uns erlaubt, nun den Kommunalen die nötigen Hinweise zu geben, dass sie ihren Anteil an der Rahmenvereinbarung „Integration“ auch tatsächlich erfüllen.

Schließlich nenne ich noch einmal einen ganz anderen Baustein, nämlich die Einführung der Tagespflege als ergänzendes, flexibles und familiennahes Angebot, die wir stets ermutigt, gefördert und ausgebaut haben, und der wir nun wiederum über das KiföG den notwendigen Qualifikationsstandard gegeben haben.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

All das war und ist CDU-Qualitätspolitik mit unseren liberalen und grünen Partnern. Dass sie wirkt, kann man an vielem sehen, z. B. daran – viel Zeit ist gar nicht –, dass trotz des gigantischen Aufwuchses der Platzzahlen der rechnerische Betreuungsschlüssel bei den Null- bis Sechsjährigen aktuell bei 1 : 5,6 liegt. Das haben wir aus der Antwort auf die von Ihnen gestellte Große Anfrage gelernt. Das ist wirklich ein guter Wert, wenn man bedenkt, dass der Mindeststandard nur im U-3-Bereich bei 1 : 5 liegt.

Für all das werden wir – ich sage noch „wir“, aber Sie werden es sein – in den kommenden Jahren rund eine Dreiviertelmilliarde Euro per annum bereitstellen. Ich nehme nur die 100 Millionen € aus 2006. Dies ist auch mit den Anforderungen der Schuldenbremse vereinbar. Das ist eine Selbstverständlichkeit für eine stabilitätsorientierte CDUgeführte Landesregierung; denn auch Solidität ist eine Frage der Qualität im Sinne von Dauerhaftigkeit und Verlässlichkeit der Politik im Bereich der Kinderbetreuung. Bei alldem respektieren wir die originäre Zuständigkeit der Kommunen für die Kinderbetreuung nach dem jeweiligen Bedarf vor Ort. Das will ich auch nicht vergessen.

(Zuruf von der SPD: Das ist eine nette Formulie- rung!)

Ich halte dies für eine verantwortungsvolle Politik im Hinblick auf Plätze und auch auf Qualität.

Die zweite Gemeinsamkeit zu Ihrem Titel lautet: Kommunen sollen entlastet werden. – Ja, das tun wir; denn wir entlasten die Kommunen schon seit geraumer Zeit. Auch dazu nenne ich nur Stichworte: Kommunaler Schutzschirm, KIP I, KIP II, Hessenkasse mit Entschuldungshilfen von rund 6 Milliarden €, dazu ein reformierter KFA auf Rekordhöhe, der noch weiter wachsen wird, soweit man das heute sehen kann, sodass die Schlüsselzuweisungen eben nicht sinken, sondern voraussichtlich sogar steigen werden.

(Beifall bei der CDU)

Eines habe ich schon mehrfach gesagt. Das ist ein sehr wichtiger Punkt für mich: Das Schwankungsrisiko trägt jetzt zu 90 % das Land – und eben nicht mehr die Kommu

nen –, sodass man davon ausgehen kann, dass alles auch eine gewisse Dauerhaftigkeit behält. Das sind alles aufwendige und gute Maßnahmen zur Unterstützung der Handlungsfähigkeit von Kommunen bei der Wahrnehmung ihrer wichtigen Aufgaben.

Jetzt gibt es sogar noch einen kommunenfreundlichen Schwenk bei der Finanzierung der Freistellung der Eltern von den Kindergartenbeiträgen. Stammten die Mittel für das beitragsfreie letzte Kindergartenjahr bislang ausschließlich aus dem KFA – Sie mögen es kritisieren –, so wird jetzt eine hälftige Finanzierung vorgesehen. Sie haben immer von der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe gesprochen. In diesem Politikbereich kommt Mitverantwortung nun wirklich zum Ausdruck.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin, ich nehme an, Sie kommen langsam zum Ende.

Ich will es jetzt würdigen. In Ihrem Setzpunktantrag vom Mai hatten Sie drei Punkte in der Überschrift.

(Zuruf des Abg. Horst Klee (CDU))

Damals haben Sie noch gesagt: Eltern entlasten. – Das haben Sie dieses Mal in der Überschrift für diese Aktuelle Stunde weggelassen. Wir machen es nämlich jetzt, und zwar über eine Summe von 5.000 € je Kind über die gesamte Kindergartenzeit. Ich freue mich, dass Sie es gemerkt haben, Sie dürften es dann vielleicht auch einmal sagen.

Ein Letztes zum Schluss: Ich bedanke mich für viel Aufmerksamkeit für meine bescheidenen Beiträge von dieser Stelle aus zu dem Bereich Familienpolitik. Wir sind in Hessen auf einem guten Weg. Ich wünsche mir, dass Ihr Engagement für Familien und Kinder, die so zerbrechlich sind und gleichzeitig eine so starke Bank für die Zukunft unseres Landes darstellen, bleibt und nicht nachlässt.

Persönlich sage ich Ihnen nach fast neun Jahren der mehr als nur kollegialen Zusammenarbeit besten Dank. Ich war ausgesprochen gerne Abgeordnete dieses Hohen Hauses. Ich habe mich stets gerne an dieses Pult gestellt, mit Freude über Ihre und eigene Ideen debattiert. Bleiben Sie wohlauf, bleiben Sie munter, bleiben Sie ernsthaft engagiert. Das ist auch eine Qualität, die uns gut- und unserem Land nottut. – Vielen herzlichen Dank.

(Lang anhaltender allgemeiner Beifall)

Vielen Dank, Frau Kollegin Wiesmann. Ich nehme an, Sie haben gemerkt, dass fraktionsübergreifend geklatscht wurde. Alles Gute für Sie. Ansonsten warten wir auf die Verabschiedung durch den Landtagspräsidenten heute Abend. – Als Nächster in der Debatte hat Herr Kollege Bocklet für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Wiesmann hat es richtig angesprochen, der Titel lautet: Die gute Qualität der Kitas in Hessen nicht gefährden. – Auch wir glauben, dass sich in den letzten vier Jahren sowohl der Ausbau wie auch die Quantität und Qualität verbessert haben. Die Überschrift hat es impliziert. Das begrüßen wir.

(René Rock (FDP): Kinderförderungsgesetz!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden konsequent an dem Dreiklang in Hessen weiterarbeiten. Der Dreiklang lautet: Weiterer Ausbau von Betreuungsplätzen im U-3-Bereich und im Ganztagsbereich, und auch in den Grundschulen wird es weitere Betreuungsplätze geben. Wir halten daran fest, dass wir auch weiter an der Qualität arbeiten werden. Wir werden 50 Millionen € zur Verfügung stellen, damit die Qualität nochmals verbessert wird. Auch der Ausbau ist mit 86 Millionen € unterlegt. Daran halten wir fest. Dieser Dreiklang ist richtig. Wir kommen jetzt zu dem letzten Punkt des Dreiklangs: Auch wir wollen, dass Eltern entlastet werden. CDU und GRÜNE haben die Zeichen der Zeit erkannt. Das ist ein richtiger Dreiklang.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wenn bei dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe der Kinderbetreuung jetzt davon gesprochen wird – wir alle wissen, dass die Kinderbetreuung nach SGB VIII eine kommunale Aufgabe ist, und man weiß, dass das Land über 750 Millionen € ab 2019 zur Verfügung stellt –, dass das auf dem Rücken der Kommunen passiert, dann ist das geradezu absurd.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Sie haben einen bedeutungsschwangeren Appell an CDU und GRÜNE gerichtet. Sie fordern uns auf, mit den Experten, den Kommunalen Spitzenverbänden, den Akteuren und allen Menschen zu sprechen. – Frau Kollegin Wiesmann, ich habe fast den Eindruck, wir hätten noch nie mit Experten gesprochen.

(Abg. Bettina Wiesmann (CDU) schüttelt den Kopf.)

Zweite Bemerkung: Herr Merz, wenn es einen Gesetzentwurf gibt, sollten Sie sich auch darüber im Klaren sein: In den seltensten Fällen verlässt ein Gesetzentwurf in der dritten Lesung das Haus so, wie er zur ersten Lesung eingereicht worden ist.

(Unruhe bei der SPD)

Natürlich gibt es an fast jedem Gesetzentwurf Veränderungen. Wir sind offen für alle Anregungen und für vieles Kleingedruckte, was noch zu planen ist. Das ist überhaupt kein Problem.

(Lachen des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Was aber feststeht, und das ist ein gutes Zeichen: Das Land Hessen wird 310 Millionen € zur Verfügung stellen, damit die Kommunen und damit auch die Eltern im ersten, zweiten und dritten Kindergartenjahr entlastet werden können. Das ist ein wichtiges Signal für alle Eltern in Hessen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich kann auch verstehen, dass FDP und SPD überrascht waren. Ich habe drei Tage vorher noch Pressemitteilungen und ein Presseinterview von Herrn Schäfer-Gümbel gelesen, die das gefordert haben.

(Zuruf des Abg. René Rock (FDP))