Wenn jetzt die Beitragsbefreiung wieder teilweise aus dem Kommunalen Finanzausgleich finanziert werden soll und den Kommunen die Elternbeiträge nicht vollständig ersetzt werden, dann geht die Konnexität vollständig zum Teufel. Das kann nicht das Ziel sein, wenn Sie hier sagen, Sie wollen Kommunen und Eltern entlasten. Sie können nicht die einen zulasten der anderen entlasten, und Sie selbst sind fein raus, und das Ganze machen Sie fünf Wochen vor einer Wahl.
Es gäbe noch eine Menge mehr zu sagen zum Thema Inklusion. Es gäbe noch eine Menge mehr zu frühkindlicher Pädagogik und Elternvertretungen zu sagen, die sie in diesem Land auch nicht wollen. Überall sonst gibt es Elternvertretungen landesweit. Sorgen Sie dafür, dass das auch in Hessen möglich wird. Dann werden die Dinge ein bisschen ernsthafter zu betrachten sein. Aber ich nehme an, Sie haben auch davor ein bisschen Schiss.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ein sehr umfangreicher Fragenkatalog, der der Großen Anfrage hier zugrunde gelegen hat. Natürlich gab es zwischenzeitlich die Vorlage des Evaluationsberichts zum Kinderförderungsgesetz. Insofern hat sich eine Reihe von Dingen überschnitten, die letztendlich auch durch den Evaluationsbericht schon beantwortet gewesen sind und die an dieser Stelle dann eben auch im Kontext mit diesem Bericht zu sehen sind. Ich will auf ein paar Punkte eingehen.
Zum einen ist eine sehr grundsätzliche Aussage darüber zu machen, wie unterschiedlich wir gewisse Dinge sehen. Das hängt immer wieder damit zusammen, wo Verantwortungsbereiche sind.
Herr Merz hat gerade davon gesprochen, man brauche eine Landesbedarfsplanung. Das ist wieder der ursozialdemokratische Wunsch nach einer zentralen Steuerung und nicht die Berücksichtigung von individuellen Bedürfnissen vor Ort.
Wir gehen in eine andere Richtung. Es ist Aufgabe der Städte und Gemeinden, ihre Bedarfsplanung darzustellen und diese in ihre örtlichen Jugendhilfeplanungen einzubauen. Sie müssen die Bedarfe anmelden und sehen, wie sie tatsächlich gedeckt werden. Dazu bedarf es Quantität – das
hängt in allererster Linie mit der Schaffung von Plätzen zusammen – und natürlich Geld. Es gibt nicht eine einzige Klage einer Kommune, dass nicht ausreichend Investitionsmittel und Investitionskostenzuschüsse seitens des Landes und des Bundes oder nur des Bundes vorhanden seien. Nein, wir mussten sogar intensivst in mehreren Anschreiben an die Kommunen dafür werben, dass sie die zur Verfügung stehenden Investitionsmittel überhaupt abrufen. Dann zu sagen, dass man seiner Verantwortung, den kommunalen Bedarf zu decken, nicht nachkommen bzw. ihn einfach negieren würde, das ist schlicht und einfach falsch. Das geht an der Realität vorbei.
Der zweite Punkt ist: Die Kommunen sind geradezu dankbar dafür, dass sie vor dem Hintergrund der Möglichkeiten, ihren Bedarf zu decken, in der Zwischenzeit die Chance haben, nur mit einer Rahmenbetriebserlaubnis für Plätze zu arbeiten, um sowohl im U-3- als auch im Ü-3-Bereich, als auch in der Frage der Auslastung entsprechend flexibel handeln zu können. Das haben die Kommunen gewünscht, und das haben wir ihnen damit ermöglicht.
Das begrüßen sie ausdrücklich. Daraus abzuleiten, dass es deswegen keinen Ü-3- und keinen U-3-Gesamtplan gibt, kann ich nicht nachvollziehen. Das ist immer noch kommunaler Bereich.
Dann wird ganz wild mit Zahlen hantiert, je nachdem, wie es passt. Ich habe heute Morgen eine Presseerklärung der Freien Demokraten gelesen, in der sie wieder die Bertelsmann-Zahlen von 23.000 fehlenden Plätzen zugrunde gelegt haben, die dauernd genannt worden sind. Jetzt akzeptiere ich, dass die Landkreise keine Plätze schaffen, sondern das ist überwiegend die Aufgabe der Städte und Gemeinden, im Wesentlichen der kreisangehörigen, weil sie größer sind. Dann verweise ich auf die Antwort auf die Große Anfrage, in der der Hessische Städte- und Gemeindebund ausführt:
Zur Frage zum Ausbaubedarf bei Betreuungsangeboten für Kinder unter drei Jahren ist mitzuteilen, dass die Städte und Gemeinden in unserem Mitgliederbereich den in der Tendenz durchaus wachsenden Bedarf bei Betreuungsangeboten für Kinder unter drei Jahren haben befriedigen können und absehbar auch weiter befriedigen werden.
Das ist die Auskunft von Städten und Gemeinden. Diese Aussage ist sehr hoffnungsfroh und positiv. Das hat aber nichts mit irgendwelchen Bedarfen zu tun, die numerisch festgestellt sind.
An der Stelle wird auch deutlich: Das numerische Feststellen von Bedarfen führt zu nichts, sondern wir müssen das vor Ort sehen. Es ist doch vollkommen klar, dass der Bedarf in Ballungszentren deutlich höher ist als beispielsweise in ländlichen Bereichen. Dann mit der Gießkanne daranzugehen, um jedem das Gleiche über eine Landesplanung, eine Landesförderung par excellence anbieten zu können, wird an einem qualitativen und quantitativen Ausbau von Betreuungsangeboten vorbeigehen.
Genau die gleiche Aussage, die der Städte- und Gemeindebund getroffen hat, hat im Übrigen auch der Städtetag getroffen. Er hat gesagt: Wir würden uns nur wünschen, dass es auch entsprechende Investitionsprogramme für U 3 gäbe. Dem sind wir mit unseren Förderrichtlinien für das jetzt gestartete Förderprogramm 2017 bis 2020 gefolgt.
Hier können auch die Mittel für den Platzbedarf von unter Dreijährigen abgerufen werden, sowohl was den Neubau als auch den Umbau anbelangt.
Das ist auch gut. Ein steigender Bedarf hat ja etwas damit zu tun, dass bei den Eltern auch ein Mentalitätswechsel stattgefunden hat. Die Betreuung von Kindern und Jugendlichen in der Kindertagesstätte wird nicht nur als Aufbewahrung und Betreuung, sondern in der Zwischenzeit zum Glück als frühkindliche Bildung angesehen. Da haben wir doch unglaublich viel erreicht, auch unter dem Gesichtspunkt, dass sich die Auffassungen von Eltern geändert haben.
Dass wir bei der Umsetzung des Rechtsanspruchs von U 3 innerhalb kürzester Zeit auf jetzt über 50.000 betreute Kinder gekommen sind, ist doch ein Erfolg, den man nicht kleinreden muss. Dass in diesem Kontext natürlich auch der Bedarf der über Dreijährigen steigt, ist doch klar. Früher sind die Kinder häufig zu Hause betreut worden und dann irgendwann, als sie ca. dreieinhalb waren, im Kindergarten angemeldet worden, weil es gerade mit dem Kindergartenjahr so passte. Heute wird doch kein Kind, das in der Krippe war, abgemeldet und später im Kindergarten angemeldet, sondern der Übergang ist fließend. Je mehr Kinder wir im U-3-Bereich haben, desto mehr werden es später im Ü-3-Bereich sein, und diese Entwicklung ist gut so.
Das Land trägt dazu ganz erhebliche Mittel bei, die immer zur Unterstützung einer Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltung dienen und nicht etwa eine Aufgabe ersetzen sollen. Das ist nicht die Aufgabe des Landes. Das bleibt nach wie vor so, wie es war.
Dann sind wir bei der Frage von Fachkräften. Ich finde, es ist ein Erfolg, dass wir in der Zwischenzeit mit 8.500 in Ausbildung befindlichen Schülerinnen und Schülern einen historischen Höchststand erreicht haben. Hier wird irgendetwas mit Wahlkampf erklärt. Das finde ich witzig.
Ich habe heute eine Erklärung von drei bedeutenden SPDFrauen gelesen – Frau Barley, Frau Dreyer und Frau Nahles –, die das Aktionsprogramm „Soziale Berufe stärken“ aufgelegt haben. Wunderbar, das finde ich gut. Dann habe ich mir einmal angeschaut, was sie denn machen wollen. Sie wollen die Vergütung von Erzieherinnen und Erziehern und in sozialen Berufen Tätigen stärken, erhöhen. Ich frage mich: Wie wollen sie das denn machen? Wollen sie jetzt jedem Anstellungsträger 5 € pro Stunde mehr für eine Erzieherin geben, damit er mehr bezahlen kann?
Als Nächstes heißt es dort: Wir wollen, dass diejenigen, die in sozialen Berufen tätig sind, ihre Karriere fördern, und damit wollen wir die Attraktivität des Erzieherinnenberufs und der sozialen Berufe steigern. – Dann wurden dort noch drei blödsinnige Forderungen aufgestellt. Ich sage: Wenn ich auf einer solchen Ebene diskutiere, um Fachkräftemangel zu beseitigen, dann brauche ich – –
Frau Barley hat es gesagt. Sie haben doch gerade von Wahlkampf gesprochen. In solchen Tagen muss man sich immer anschauen, was solide ist und was nicht.
Wenn ich die Aussagen in diesem Kontext ins Verhältnis zu der Diskussion darüber setze, wie man die Attraktivität des Erzieherinnenberufs steigern, wie man mehr Fachkräfte bekommen kann, dann stelle ich sehr deutlich fest: Das, was die Landesregierung auf den Weg gebracht hat zur
Stärkung der Ausbildung, zur stärkeren Anerkennung von Erzieherinnern und Erziehern, mit der weiteren Bereitstellung von Ausbildungsplätzen, ist solide und gut. Den Weg werden wir in Zukunft weitergehen und nicht irgendwelche Luftversprechungen machen.
Deshalb will ich schon sehr deutlich sagen: Wir haben über das Maßnahmenpaket zur Kindertagespflege und die Inanspruchnahme des Bildungs- und Erziehungsplans im Hinblick auf die qualitative inhaltliche Arbeit unglaublich viel gemacht. Wir haben in Bezug auf die Weiterentwicklung von der Integration zur Inklusion zusätzliche Mittel im HKJGB gesetzlich festgeschrieben.
Ich finde es nach wie vor erstaunlich, wenn der Vorsitzende des Landesjugendhilfeausschusses in seiner Eigenschaft als Vorstand des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes beim Runden Tisch Kinderbetreuung auf die Frage, wieso die freiwilligen Vereinbarungen von Kommunen und Ligavertretern zur Reduzierung von Gruppengrößen nicht umgesetzt worden sind, man das Geld dafür aber genommen hat, weil es ja gesetzlich festgeschrieben ist – das war Herr Körner, um den Namen zu nennen –, erklärt: Wir haben Anpassungsbedarf.
Vorher sagte er allerdings: Inklusion und Integration finden in unseren Kindertagesstätten nicht statt.
Sie schreiben eine Vereinbarung und halten sich nicht daran, und die Opposition meint überwiegend, die Landesregierung sei schuld daran. Ein solches Spiel betreiben wir nicht mit.
Wir sind auf einem hervorragenden Weg. Die Antwort auf die Große Anfrage zeigt das genauso wie die Beitragsfreistellung, die Qualitätsverbesserung und der Ausbau von Platzangeboten. An dieser Stelle brauchen wir uns von niemandem etwas vormachen zu lassen.
Große Anfrage der Abg. Hofmann, Grumbach, Kummer, Waschke, Weiß, Özgüven (SPD) und Fraktion betreffend langwierige Verfahren in Hessen – Drucks. 19/4889 zu Drucks. 19/4474 –
Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten pro Fraktion. Das Wort hat Frau Abg. Özgüven von der SPD-Fraktion.
Der Personalmangel führt zu Bearbeitungszeiten, die uns als Vertreter einer zügigen Justiz nicht gefallen. Zumal die Aufgaben, die wir zu erfüllen haben, weder kleiner noch weniger komplex werden.
Dieses Zitat und den dazugehörigen Artikel können Sie in der „Oberhessischen Presse“ vom 24. April 2017 nachlesen.
Das Zitat stammt vom ehemaligen Direktor des Amtsgerichts Marburg, Herrn Cai Adrian Boesken. Herr Boesken hat im April dieses Jahres das Handtuch geworfen und nicht nur seinem Amt als Amtsgerichtsdirektor den Rücken gekehrt, sondern auch sein Amt als Richter an den Nagel gehängt, um zukünftig in der Werkzeugbaubranche zu arbeiten.
Dieser Akt des ehemaligen Marburger Amtsgerichtsdirektors ist das Resultat des jahrelangen systematischen Personalabbaus in der hessischen Justiz durch diese und die vorangegangenen Landesregierungen.