Ach, Punkt 2, Entschuldigung. Jetzt haben Sie mich doch ein bisschen verwirrt, Herr Kollege Rudolph. Auch das geschieht manchmal.
(Zurufe von der CDU: Oh! – Günter Rudolph (SPD): Das glaube ich nicht! – Manfred Pentz (CDU): Ja, ja! – Heiterkeit)
Sie brauchen nicht rot zu werden. – Wer also Punkt 2 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD. Wer stimmt dagegen? – FDP. Wer enthält sich? – Das ist die Fraktion der LINKEN. Somit ist auch diesem Punkt und damit dem Dringlichen Antrag insgesamt zugestimmt.
Antrag der Fraktion der FDP betreffend Arbeitsmarktsituation von Lehrkräften in Hessen verbessern – Drucks. 19/4772 –
Die vorgesehene Redezeit beträgt zehn Minuten. Als erster Redner hat sich Kollege Greilich von der FDP zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Befristete Arbeitsverträge mit Lehrkräften haben den Zeitraum der Sommerferien einzuschließen, wenn sich der Einsatz der Lehrkraft im Unterricht unmittelbar bis zum Beginn der Sommerferien erstrecken soll, und erst recht, wenn der Einsatz nach den Sommerferien fortgesetzt werden soll. Das sollte eine Selbstverständlichkeit sein.
Wir müssen uns mit der Wirklichkeit in Hessen befassen. Eine darauf ausgerichtete Kleine Anfrage, Drucks. 19/3652, hat die Landesregierung im August 2016 beantwortet – allerdings in einer Art und Weise, bei der man erstaunt sein kann. Auf die genauen Fragen zu befristeten Arbeitsverhältnissen antwortet die Landesregierung kurz und bündig:
Statistische Daten zur Beantwortung dieser Fragen liegen in der Personalverwaltung noch nicht vor und können daher nicht ausgewertet werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist in der Tat erstaunlich und unglaublich, aber zum Glück gibt es noch andere Agenturen als nur das Hessische Kultusministerium. Es gibt auch noch die Bundesagentur für Arbeit. Sie legt immer wieder ihre Berichte „Arbeitsmarkt kompakt“ vor. Im November 2016 hat man sich dort dankenswerterweise einmal mit dem Thema der Lehrerarbeitslosigkeit in den Sommerferien beschäftigt. Dort steht unter „Das Wichtigste in Kürze“ gleich auf Seite 3 unter anderem:
Erkennbar ist das Phänomen der Sommerferienarbeitslosigkeit insbesondere in Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Bayern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Einzelnen: Die Lehrerarbeitslosigkeit in den Sommerferien ist in Hessen dramatisch hoch. Gemäß Daten der Bundesagentur für Arbeit ist Hessen für bundesweit rund 15 % der zusätzlichen Ferienarbeitslosigkeit verantwortlich und nimmt damit hinter Baden-Württemberg einen unrühmlichen zweiten Platz ein.
Das wird zur Abwanderung von Lehrkräften in Bundesländer mit attraktiveren Beschäftigungsangeboten führen. Es verschlechtert bei der ohnehin schon akuten Krise insbesondere in hessischen Grundschulen die prekäre Situation bei der Versorgung unserer Schulen mit Lehrkräften noch weiter.
Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, unverzüglich ihre verhängnisvolle Vorgehensweise zu beenden und allen Lehrern mit befristeten Arbeitsverträgen entweder unbefristete Verträge anzubieten oder sie zumindest so anzustellen, dass auch die Sommerferien in die Vertragszeit fallen. Demgemäß würde dann eine gerechte Bezahlung erfolgen.
Man kann das eigentlich auf einen einfachen Nenner bringen: Herr Kultusminister, wer Wert auf gute Bildung legt, der darf seine Lehrerinnen und Lehrer nicht wie Saisonarbeitskräfte behandeln.
Daran muss man erinnern: Deshalb hat Kultusministerin Dorothea Henzler, die natürlich meiner Fraktion angehörte, unmittelbar nach ihrem Amtsantritt mit Erlass vom 5. März 2009 die Weiterbeschäftigung befristet angestellter BATLehrkräfte während der Sommerferien angeordnet. Danach ging die Sommerferienarbeitslosigkeit deutlich zurück. Soweit ich informiert bin – es ist gerade eine Antwort auf eine Große Anfrage gekommen –, gilt der Erlass nach wie vor.
Aber was macht denn diese Landesregierung, was macht denn diese Koalition tatsächlich? – Frau Präsidentin, mit Ihrer Erlaubnis darf ich diese Grafik einmal zeigen. Sie stammt aus dem Bericht der Bundesagentur für Arbeit. Sie sehen hier den Peak im Sommer, also in den Monaten Juli und August, relativ deutlich. Da geht das richtig hoch. Das ist immer so. Das geschieht unter anderem auch deshalb, weil dann Ausbildungsgänge fertig sind und die Neueinstellung natürlich erst nach den Ferien erfolgt.
Aber das Erstaunliche ist, dass Sie hier einen Schnitt sehen, und zwar beim Jahr 2014. Bis dahin ging das kontinuierlich zurück. Da wurden die Zahlen entsprechend niedriger.
Dann kam Schwarz-Grün. Da ist die Grenze des Regierungswechsels zu Schwarz-Grün. Seitdem haben wir einen kontinuierlichen Anstieg. Es ist doch bemerkenswert, was sich da geändert hat.
Offenkundig hat man dort einen Spartopf gefunden. Die Zahl der arbeitslosen Lehrer in den signifikanten, eben gezeigten Monaten Juli und August betrug im Jahr 2013 nur noch 759. Das waren im Regelfall Leute, die ihre Ausbildung absolviert hatten. Sie haben sich arbeitslos gemeldet und traten dann später in den Dienst ein.
Nach den Zahlen der Bundesagentur für Arbeit, die der Landesregierung anscheinend nicht vorlagen, ist das seit der Regierungsübernahme durch die schwarz-grüne Koalition kontinuierlich gestiegen. Von den 759 über 998 im Jahr 2014 und 1.063 im Jahr 2015 ist das bis auf den vorläufigen Höchststand im Jahr 2016 mit 1.102 gestiegen. Wir hoffen einmal, dass es nach dieser Debatte in diesem Jahr nicht so schlimm wird. Ich bin gespannt. Wir werden das beobachten.
Das ist ein schlechtes Signal Hessens im Wettbewerb mit den anderen Ländern um die besten Lehrerinnen und Lehrer.
Wir fordern die Landesregierung deshalb auf, die Kritik an ihrem Vorgehen seitens der Lehrerverbände, durch die Bundesagentur für Arbeit und durch die Kultusministerkonferenz, die sich auch entsprechend geäußert hat, ernst zu nehmen und die negative Entwicklung unverzüglich umzukehren. Gerade mit Blick auf den akuten Fachlehrkräfte- und Bewerbermangel muss die Landesregierung diesen Wettbewerbsnachteil abschaffen und dafür sorgen, dass den betreffenden Lehrkräften schnellstmöglich ein zumutbares Stellenangebot unterbreitet wird. Dieser peinliche Spitzenplatz von Schwarz-Grün in Hessen unmittelbar nach dem von Grün-Schwarz in Baden-Württemberg ist ein schlechtes Signal. Das ist aber leider für den Zustand der Politik in Hessen symptomatisch.
Personalmangel, steigende Heterogenität in der Schülerschaft sowie die Inklusion sind nicht nur in den hessischen Grundschulen aktuell die zentralen Themen, die zu einer permanenten Überlastung führen und kaum Raum für die notwendige individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler lassen. Es fehlt aktuell sowohl an ausgebildeten Grund- als auch an Förderschullehrkräften. Das haben wir hier schon erörtert.
Das muss man sich einfach immer wieder klarmachen: Die Realisierung der Inklusion ist nur möglich, wenn die Schulen, anders als jetzt, über eine entsprechende Ausstattung und ausreichend personelle Ressourcen verfügen. Wenn man sich nicht an der Zukunft unserer Kinder versündigen will, darf man nicht an der Qualität der Bildung sparen.
Dazu kommt: Dann darf man die Lehrkräfte auch nicht mit einer Personalpolitik, wie Sie sie betreiben, aus Hessen verscheuchen.
Wir alle aus allen Fraktionen bekommen ständig Briefe mit Überlastungsanzeigen einzelner Lehrerinnern und Lehrer, von ganzen Kollegien und von Schulen. Zuletzt ist bei mir die Überlastungsanzeige der Georg-August-Zinn-Schule in Frankfurt eingegangen. Ich will das nicht im Einzelnen zitieren. Es gibt die Berichte überall aus dem Land.
Herr Staatssekretär, wir können nach Gießen schauen. Da wird der Leiter der Ludwig-Uhland-Schule, Herr Dr. Jan Schneider, mit den Worten in der Zeitung zitiert:
Es sind nicht genug Ressourcen, nicht genug Lehrer da. Die persönlichen Ressourcen, also die Belastbarkeit jedes Einzelnen, wird überschritten. Das ist ein Thema. Herr Dr. Schneider bringt das schön auf den Punkt. Ich zitiere einen weiteren Satz:
Inklusion, Ganztag, Integration, Verwaltung – alles Dinge, die mit Schule, so wie sie noch vor zehn Jahren war, nichts mehr zu tun haben.
Das ist in der Tat so. Die Schule hat sich verändert. Sie sorgen mit immer neuen bürokratischen Lasten für die Schulen und die Schulleitungen natürlich auch dafür, dass es nicht besser wird.
Daran, dass die Realisierung der Inklusion, der Ausbau der Ganztagsangebote, zusätzliche Sprachkurse und Integration wichtige gesellschaftliche Aufgaben sind, besteht überhaupt kein Zweifel. Diese Aufgaben können von den Schulen jedoch nur erfüllt werden, wenn die entsprechende Ausstattung zur Verfügung gestellt wird. Insbesondere in den vergangenen drei Jahren hat die Belastung vor allem der Grundschullehrkräfte durch die wachsende Heterogenität der Schülerinnen und Schüler zugenommen.
Herr Kultusminister, ich appelliere da noch einmal an Sie, die Koalition und die Landesregierung insgesamt. Sie dürfen potenzielle Lehrkräfte nicht mit Ihrer Befristungspolitik verprellen. Ich wiederhole deshalb zum Abschluss, was ich schon einmal gesagt habe: Wer auf gute Bildung Wert legt, darf seine Lehrerinnen und Lehrer nicht wie Saisonarbeitskräfte behandeln.
Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, möchte ich auf der Besuchertribüne ganz herzlich unsere ehemalige Kollegin Frau Ilona Dörr begrüßen. Herzlich willkommen.
Als nächster Redner spricht nun Herr Kollege Schwarz von der CDU-Fraktion. Herr Kollege, bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen! Kurz vor den Sommerferien sucht die FDP augenscheinlich nach einem Thema, um das Sommerloch zu füllen. Worum geht es im Konkreten? Es geht um die Beschäftigungssituation der Lehrkräfte in Hessen. Im Mittelpunkt steht dabei die von Ihnen so genannte Arbeitslosigkeit der Lehrkräfte.