Protocol of the Session on May 3, 2017

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ja!)

und haben etwas anderes durchgesetzt. Dafür haben Sie sich übrigens anschließend feiern lassen. Wir erinnern uns sehr gut an dieses Schauspiel.

Wir sagen Ihnen: Wir sind sicher, dass Sie weitere Veränderungen hätten durchsetzen können, wenn Sie gewillt gewesen wären. Etwa, dass die Subventionierung bei schon bestehenden Flugverbindungen keine Anwendung findet, sondern nur bei neuen Flugverbindungen. Jetzt subventionieren Sie aber nichts anderes als unfairen Wettbewerb – faktisch aus der Steuerkasse, weil Sie dort subventionieren und es am Ende zu weniger Ausschüttungen kommen kann – auf Strecken, auf denen es derzeit bestehende Verkehre zu geltenden Sozialbedingungen gibt. Diese Form des unfairen Wettbewerbs halten wir für falsch.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Ich kenne kein anderes Bundesland, keinen anderen Flughafen, in dem die Systempartnerschaft, die jahrzehntelang für die Entwicklung verantwortlich war, so sträflich vernachlässigt wurde.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ja!)

Aber Ihre gesamte Flughafenaufstellung folgt ja auch weniger den Prinzipien der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung. Insbesondere Ihnen will ich das sagen, Herr Ministerpräsident: Sie besetzen Schlüsselfunktionen ja überwiegend nach parteipolitischen Funktionen und weniger nach strategischer Ausrichtung.

(Zurufe von der CDU)

In München ist der amtierende bayerische Finanzminister Vorsitzender des Aufsichtsrats des Flughafens. In Hessen ist es Karlheinz Weimar. Sicher hat er seine Verdienste, aber er ist längst nicht mehr Teil des aktiven Betriebs. Den

Aufsichtsrat der Fraport muss der amtierende Finanzminister Hessens führen,

(Günter Rudolph (SPD): Ja!)

damit die aktuellen politischen Entwicklungen und die Verantwortlichkeit der Landesregierung für die Gesamtentwicklung endlich wieder in das Zentrum der Landespolitik gehören.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte mit Blick auf Ihre Erwiderung drei Punkte ansprechen; ich höre nämlich schon jetzt Ihre Ausreden.

Erstens: Ryanair und Frankfurt-Hahn. Wer ein Konversionsprojekt im Hunsrück ernsthaft mit dem Frankfurter Flughafen vergleicht, hat nun wirklich nichts verstanden.

(Lachen des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Zweitens: Billigairlines muss man auch wegen der Nachfrage und der Entwicklung in der Luftverkehrswirtschaft zulassen. – Stimmt, auch ich habe das häufiger gesagt. Die Regeln und Bedingungen aber, unter denen man sie ansiedelt, können wir beeinflussen. Da haben Sie nicht geliefert – in aller Klarheit.

(Beifall bei der SPD)

Das dritte Argument: Der Ministerpräsident hat, wie immer, alles im Griff. – Dazu habe ich vorhin schon etwas gesagt, deswegen brauche ich jetzt nicht weiter auszuholen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Ministerpräsident, der drohende Abzug von Teilen des Interkontinentalverkehrs aus Frankfurt bedroht unmittelbar auch die komplexe Umsteigestruktur und den Erhalt sicherer Arbeitsplätze sowie die Sicherung von Arbeitsbedingungen am Flughafen, insbesondere bei den Bodenverkehrsdiensten.

Ich will es offen sagen: Wir haben große Sorge, dass eine isolierte Konzentration auf eine Billigstrategie die Basis für eine nachhaltige Entwicklung des Frankfurter Flughafens gefährdet. Der dauerhafte Erfolg des Frankfurter Flughafens liegt eben in der Weiterentwicklung der Systempartnerschaft. Die Billigstrategie kann nur eine Ergänzung des Geschäftsmodells sein. Man muss aber zumindest ein Fragezeichen setzen, ob das wirklich noch so gemeint ist.

Sie gefährden auch den weitreichenden gesellschaftlichen Konsens zum Flughafenausbau – das will ich am Ende in aller Deutlichkeit sagen – in Form des Mediationsergebnisses. Zentraler Ausgangspunkt für die Grundentscheidung war und ist die Zukunftssicherung von Ausbildung und Arbeit.

Im Zuge der Neuplanung um Terminal 3 ist deutlich geworden, dass der Neubau anderen Zwecken dienen soll als geplant, zumindest in Teilen. Sie alle haben die Debatte um einen Low-Cost-Teil in T 3 gehört und auch die Rolle des Wirtschaftsministeriums dabei zur Kenntnis genommen.

Die gleichzeitige Zunahme von Flugbewegungen und Lärm und die Bedrohung von Arbeitsplätzen in der Region untergraben die Ausbaustrategie, wie wir sie hier gemeinsam miteinander diskutiert und beschlossen haben. Deswegen möchte ich am Ende wirklich eindringlich davor warnen, das Geschäftsmodell – –

Kollege Schäfer-Gümbel, die Redezeit ist abgelaufen.

Ich komme zum Ende, letzter Satz. – Ich möchte Sie ausdrücklich davor warnen, dieses Thema weiter treiben zu lassen. Setzen Sie sich endlich wieder engagiert für die Weiterentwicklung des Frankfurter Flughafens ein. Dazu gehört auch, dass Ihre personelle Aufstellung im Aufsichtsrat eine deutlich andere werden muss, als sie derzeit ist. – Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))

Vielen Dank. – Nächster Redner ist Kollege Boddenberg für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Schäfer-Gümbel, ich will zunächst einmal sagen – das meine ich überhaupt nicht ironisch und will es auch nicht so verstanden wissen –: Es ehrt Sie, dass Sie sich Sorgen machen. Sie haben eingangs völlig zu Recht die Bedeutung des Frankfurter Flughafens angesprochen; das brauche ich nicht zu wiederholen.

Ich darf aber schon auch Ihre Formulierung aufgreifen und sagen: Bei aller Ernsthaftigkeit der aktuellen Diskussion zwischen Fraport und Lufthansa behaupte ich einmal, dass diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen die Dinge im Griff haben. Dafür werde ich gleich ein paar Beispiele bringen, Herr Schäfer-Gümbel.

Zunächst einmal will ich feststellen: Es steht völlig außer Frage, dass die Systempartnerschaft zwischen Fraport und Lufthansa das Asset der Entwicklung des Frankfurter Flughafens und auch des mit Abstand größten Unternehmens hier in Hessen ist, der Lufthansa AG mit 37.000 Beschäftigten. Wir wissen, woran wir sind, wenn es um die zukünftige Perspektive auch für die Lufthansa geht und eben nicht nur für Fraport.

Ich bitte, ernst zu nehmen, Herr Schäfer-Gümbel, dass ich kein Verteidiger der Low-Cost-Carrier und auch nicht von Ryanair bin. Ich glaube, darüber müssen wir nicht streiten. Darauf komme ich später noch einmal zurück. An der wesentlichen Ausrichtung des Flughafens als Premiumanbieter im Hub-Verkehr wird auch nicht gerüttelt. Das wird weiterhin die zentrale Entwicklung des Frankfurter Flughafens ausmachen.

Aber – da würde ich gern ein bisschen tiefer einsteigen, Herr Schäfer-Gümbel – wir können an den Entwicklungen nicht einfach vorbeigehen. Sie haben versucht, es mit wenigen Sätzen anzusprechen. Ich möchte schon noch etwas detaillierter erwähnen, was sich global und im europäischen Luftraum tut.

Die Lufthansa hat zunächst einmal das Problem, im globalen Wettbewerb zu stehen. In der Vergangenheit und auch aktuell haben wir erhebliche Unwuchten in diesem Wettbewerb.

Das betrifft zum einen die Airlines am Persischen Golf. Amerikanischen Studien zufolge haben die drei großen dortigen Airlines seit ihrer Entstehung insgesamt 42 Milliarden Dollar an Subventionen erfahren – für die unterschiedlichsten Sachverhalte. Mir fehlt jetzt die Zeit, darauf einzugehen, aber manches ist nachvollziehbar.

Bei den US-amerikanischen Airlines hatten wir Insolvenzverfahren nach dem Chapter 11, was nichts anderes bedeutet, als dass man sich von allen kostenträchtigen Verträgen lösen konnte und am Ende grundsaniert auf den Markt zurückkam. Vorher hätte man eigentlich einen glasklaren Konkurs anmelden müssen. Diese Insolvenzverfahren hätte es in Deutschland so nicht gegeben. Die Lufthansa war Gott sei Dank nie in dieser Situation, hat aber damit zu kämpfen, dass die amerikanischen Airlines aus diesen Verfahren gestärkt hervorgegangen sind.

(Nancy Faeser (SPD): Was tun Sie, um die Lufthansa zu unterstützen?)

Wir haben ein erhebliches Wachstum bei Kurzstreckenund Urlaubsflügen. Wir haben vor allem ein erhebliches Wachstum der Low-Cost-Carrier, die in den letzten zehn Jahren in Europa im Schnitt 16 % gewachsen sind, während die Netzwerk-Carrier, zu denen auch die Lufthansa gehört, ein Wachstum von 2 bis 3 % hatten.

Ich darf das so salopp sagen: Heute macht der Verkehr der Billigairlines 41 % des europäischen Flugverkehrsaufkommens aus. Das hat die Folge, das Ryanair mittlerweile mehr Passagiere als Lufthansa transportiert. Das finde ich mehr als ärgerlich. Darüber haben wir auch weiterhin und nicht nur heute zu reden.

(Nancy Faeser (SPD): Herr Boddenberg, was ist denn die Konsequenz?)

Frau Faeser, was bedeutet das für den Flughafen Frankfurt? Für den Flughafen Frankfurt bedeutet das, dass wir den Wettbewerb hinnehmen und die Herausforderung annehmen müssen. Wir können da nicht nur zuschauen.

(Nancy Faeser (SPD): Wie unterstützen wir die Lufthansa weltweit? – Vizepräsident Frank Lortz übernimmt den Vorsitz.)

Zu dem ganzen Spiel dieses Wettbewerbs gehört auch die Lufthansa mit Eurowings. Sie haben gerade Herrn Hohmeister zu Recht zitiert, mit dem ich letzte Woche noch lange gesprochen habe. Zur Wahrheit gehört natürlich auch dazu, dass Lufthansa bei ihrer Tochter Eurowings hinsichtlich der Frage der Vergütungsstrukturen der Piloten und der Crewmitglieder nicht ganz auf dem Level ist, wie wir es von Lufthansa ansonsten gewohnt sind. Ich lasse alles Weitere weg. Die Lufthansa wird jedenfalls nicht behaupten können, dass sie diese Entwicklung ignorieren könne.

Genauso wenig kann das der Flughafen Frankfurt. Denn wir verlieren mittlerweile Passagiere. Schauen Sie sich einmal das Umfeld im Radius von 200 km an. Das war immer Gegenstand unserer Betrachtung, wenn es in der Vergangenheit um die Point-to-Point-Verkehre ging. Wir haben in den letzten Jahren jeweils 1 Million Passagiere an andere deutsche Flughäfen verloren. Übrigens ist der Flughafen Köln-Bonn einer, auf dem Eurowings intensiv unterwegs ist.

Frau Faeser, weil das so ist, komme ich jetzt zu der Lösung, die wir sehen. Beides geht nämlich durchaus gut miteinander. Man kann sich einmal das Beispiel des Flugha

fens Amsterdam anschauen. Dort haben wir mit KLM einen Homecarrier. Dort haben wir mittlerweile immerhin einen Anteil von 19 % der Low-Cost-Carrier an dem Gesamtaufkommen. Beim Flughafen Frankfurt liegen wir bei ca. 2 %.

Herr Schäfer-Gümbel, Sie kennen die Zahlen. Sie haben den Flughafen München erwähnt. Dort sind es 8 bis 9 %. Dort wird jetzt die Lufthansa mit Eurowings auf den Markt kommen. Sie hat dort gerade Transavia vom Markt verdrängt. Sie geht also in das gleiche Marktsegment.

Jetzt frage ich Sie allen Ernstes: Erwarten Sie von dem Management der Fraport, dass sie zuschauen und sagen:

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Nein!)

„Wir können halt nichts ändern, es ist so, wie es ist; wir machen unser Tagesgeschäft, aber wir lassen die Dinge so laufen, wie sie laufen“?

(Nancy Faeser (SPD): Nein!)