Protocol of the Session on March 23, 2017

Ich war letzte Woche im südlichen Hessen unterwegs. Eine Kunstlehrerin kam auf mich zu und sagte, sie habe schon nachgeschaut und festgestellt, das Schülerticket gilt ab dem nächsten Schuljahr, das Mitte August beginnt. Die documenta werde bis Mitte September gehen, und sie überlege sich schon, ob sie mit ihrem Leistungskurs Kunst vom Süden Hessens aus mit dem Regionalverkehr einen Ausflug zur documenta machen könne. So etwas wird in Zukunft möglich sein.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Übrigens ist das auch ein Beitrag zur Verkehrssicherheit. Ich sage ausdrücklich: Jedes eingesparte Elterntaxi entlastet nicht nur die Umwelt, sondern trägt auch zur Verkehrssicherheit bei, gerade morgens vor dem Unterrichtsbeginn. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich empfehle Ihnen einmal, sich dann vor den Schuleingängen umzusehen. Auch dafür ist es eine gute Möglichkeit.

(Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ganz besonders wichtig ist – das gerät übrigens oft in Vergessenheit –: Gerade den Auszubildenden machen wir ein Angebot, das es in der Form noch nie gab. Mir ist es sehr wichtig, dass wir gerade den Auszubildenden an dieser Stelle entgegenkommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die müssen nämlich nicht nur, wie die Schülerinnen und Schüler, vom Wohnort zum Schulort und zurück fahren, sondern sie pendeln teilweise zwischen Wohnort, Ausbildungsort und Berufsschulstandort. Im Extremfall sind das drei unterschiedliche Kreise.

Schauen Sie sich einmal die jetzigen Ausbildungstarife und Anschlussfahrkarten an, dann werden Sie feststellen, dass das gerade für die Auszubildenden in Hessen ein wunderbares Angebot ist. Ich gehe davon aus, dass es gerade von diesen angenommen wird. Davon profitiert die duale Ausbildung; und davon profitieren insbesondere die mittelständische Wirtschaft und das Handwerk in Hessen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ja, ich bin den Koalitionsfraktionen dankbar, dass sie sich bereits in Bezug auf den Landeshaushalt 2017 bereit erklärt haben, bis zu 20 Millionen € pro Schuljahr für die Finanzierung der Einnahmeausfälle zur Verfügung zu stellen – dort, wo es teilweise exorbitante Preissenkungen für die Verkehrsverbünde geben kann. Wir haben auch eine wissenschaftliche Begleitung vorgesehen, die wir in dieser dreijährigen Erprobungsphase mit allem, was dazu gehört, machen, um zu sehen, wie sich Kostenströme entwickeln und ob sich Schülerströme verändern. Ich will zum Stichwort „Kampagne“ ausdrücklich sagen, denn es sind die 1,5 Millionen € angesprochen worden, die wir für die Einführungskampagne vorgesehen haben, und das ist schon ein bisschen anders: Das ist keine Einführungskampagne für den Minister, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie,

(Zuruf von der SPD: Ach ja!)

das ist eine Unterstützung der Verkehrsverbünde, damit sie auf dieses neue Angebot aufmerksam machen können und damit es von Anfang an gut läuft. Das macht doch Sinn, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will auch an dieser Stelle noch einmal sagen: Ob und wie schnell dieses Ticket ein Erfolg wird, hängt natürlich damit zusammen, wie gerade das erste Jahr läuft. Das ist auch ein Beitrag dazu, den Zuschuss des Landes mit 20 Millionen € ausreichend zu halten oder ihn gar, wenn es gut läuft, deutlich zu unterschreiten. Bisher haben nur 43 % der Schülerinnen und Schüler eine Monats- oder Jahreskarte. Die anderen 57 % haben keine; und das ist unsere Zielgruppe. Je mehr zusätzliche Jahreskartenkunden wir

gewinnen, umso weniger Geld müssen wir am Ende zuschießen. Das macht einfach Sinn.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kurzer Blick zurück: Es gab Vorläufer. Es gab seit 1999 die Idee des Mobi Tick für Darmstadt und Darmstadt-Dieburg; es gab die Clever Card des RMV; es gab das MAXX-Ticket des VRN. Herr Hahn, jedes Mal war zu beobachten: Wenn man ein Angebot schafft, welches einfach ist und über eine bestimmte Grenze hinauswirkt, dann findet man am Ende Neukunden, und diese Neukunden bringen wieder zusätzliche Einnahmen. In der Realität wurden am Ende die rechnerischen Mindereinnahmen aufgrund der Preissenkungen durch Mehrverkäufe teilweise aufgefangen oder gar komplett aufgefangen. Auch an dieser Stelle bin ich sehr zuversichtlich, dass das Schülerticket Hessen ein echter Renner wird und dass am Ende auch die Kasse stimmt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir hatten im Koalitionsvertrag von CDU und GRÜNEN einen Prüfauftrag; und ich habe nach etlichen Vorarbeiten, die wir im Ministerium gemacht haben, im letzten Jahr per Zeitungsinterview meinen Traum öffentlich gemacht: ein Ticket, ein Land, nämlich Hessen, 1 € am Tag. Das war ein gewisses Risiko; das will ich offen sagen. Wenn man mit drei Verkehrsverbünden verhandelt, die wiederum alle Nahverkehrsorganisationen und Schulwegekostenträger haben, dann braucht man natürlich auch deren Zustimmung. Am Anfang waren beileibe nicht alle überzeugt; da lag noch viel Arbeit vor uns. Da ist noch ein gewisses Risiko, aber ich bin sehr sicher, dass dieses Schülerticket ein großer Erfolg wird; und ich freue mich darauf, wenn diejenigen, die jetzt noch skeptisch sind, in ein paar Jahren behaupten werden, dass sie es eigentlich erfunden hätten. Darauf freue ich mich schon jetzt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Gerhard Merz (SPD): So wie die GRÜNEN sich auf alles freuen!)

Wir haben Luther-Jahr. Es ist zwar unparlamentarisch, den berühmtesten Ausspruch von Martin Luther hier zu zitieren, aber Sie kennen das mit der Verzagtheit und der Fröhlichkeit ja.

(Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Kenne ich nicht!)

Ich will auch das ausdrücklich sagen: Ich glaube, ein Teil des Problems ist, dass man nicht attraktiv wird, wenn man den ganzen Tag nur verzagt ist.

(Zuruf von der CDU: Genau!)

Das ist am Ende ein Punkt, über den man einmal nachdenken sollte. Ich glaube, wenn man etwas will, wenn man etwas anstrebt, sich ein Ziel setzt und dieses erreicht, dann darf man sich auch freuen, und dann wird das am Ende des Tages auch Attraktivität für einen selbst bedeuten.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Gerhard Merz (SPD): Wenn man als Regierungsfraktion immer so das Gesicht verzieht, aber nicht!)

Herr Minister, ich darf Sie an die vereinbarte Redezeit erinnern.

Herr Präsident, danke. – Ich habe über diesen langen Weg geredet; und ich will Danke sagen. Ich will dem RMV, Knut Ringat, André Kavai und den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die daran mitgewirkt haben, Danke sagen. Ich will dem NVV, Wolfgang Rausch und den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die daran gearbeitet haben, Danke sagen. Ich will auch dem VRN Danke sagen, Volkhard Malik und den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die dort viel getan haben.

Ich will auch etwas machen, was vielleicht nicht üblich ist, denn ich will einmal sagen: Es sind ja tolle Träume; und die tollsten Träume von Ministern sind diejenigen, die in Erfüllung gehen. Aber ich weiß, dass ich am Ende auf ein gutes Team angewiesen bin. Daher sage ich Danke an Staatssekretär Mathias Samson, Abteilungsleiter Bernhard Maßberg, Referatsleiter Klaus Dapp und an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die teilweise Tag und Nacht sowie am Wochenende daran gearbeitet haben, dass dieser Traum in Erfüllung geht.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich freue mich auch deshalb so, weil dieses Schülerticket ein Baustein in dem Gesamtkonzept zur Stärkung des ÖPNV in Hessen ist. Ich will das an dieser Stelle noch einmal sagen: Das Schülerticket kommt zum nächsten Schuljahr. Wir haben im letzten November mit den Verbünden eine Finanzierungsvereinbarung abgeschlossen, den jährlichen Zuschuss an die Verbünde im Vergleich zur letzten Finanzierungsperiode um insgesamt 24 % zu erhöhen; das sind knapp 800 Millionen € im Jahr. Der RMV hat jetzt angekündigt, dass er plant, die S-Bahnen auch in der Nacht durchfahren zu lassen, in einem ersten Schritt zunächst an den Wochenenden. Insofern weiß ich, warum das jetzt möglich ist. Auch darüber könnte man sich einfach einmal freuen, Herr Kollege Frankenberger.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ja, auch das Jobticket für die Landesbeschäftigten ist ein Baustein in diesem Gesamtkonzept zur Stärkung des ÖPNV, wie übrigens auch die Schieneninfrastruktur. Wir unterstützen und begleiten die Planungen der Deutschen Bahn, um die Schieneninfrastruktur und die Bahnhöfe zu ertüchtigen. Heute konnten Sie lesen, dass die S 6 jetzt auf dem Gleis ist und dass wir in diesem Herbst beginnen. Im letzten Herbst habe ich an der S-Bahn-Station Gateway Gardens den Spatenstich machen können; in diesem Sommer wird der Spatenstich am Homburger Damm in Frankfurt folgen. Sie sehen: Wir arbeiten auch an diesen Stellen. Das ist ein Gesamtkonzept; das gehört zusammen.

Aber gerade wenn es um die Lebenswelt, um die Realität von 840.000 Schülerinnen, Schülern und Auszubildenden in Hessen geht, kann man sich auch einfach einmal freuen, wenn es einen Fortschritt gibt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich freue mich; und ich bin sicher, die Menschen in Hessen tun dies auch. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Als Nächste spricht Frau Abg. Wissler für die Fraktion DIE LINKE. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will jetzt die gute Stimmung gar nicht vermiesen.

(Zurufe von der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Och!)

Ich habe mich noch einmal auf den Beitrag von Herrn Caspar zu Wort gemeldet. Herr Caspar hat mehr über Thüringen als über Hessen gesprochen.

(Gerhard Merz (SPD): Vorsichtshalber!)

Ich muss ganz ehrlich sagen, anders als Sie, Herr Caspar, bin ich keine Expertin der Thüringer Verkehrspolitik.

(Zuruf von der CDU: Ach ja!)

Deswegen würde ich Sie bitten, wenn Sie dies können, noch ein paar Ausführungen zu machen. Ich habe auf die Schnelle nachgeschaut und gelesen, dass es in Thüringen gesetzlich anders geregelt ist als in Hessen. Das Thüringer Gesetz sieht vor, dass die Fahrkostenerstattung auch für die Oberstufenschüler vorgenommen wird, dass die Kreise die Eltern hieran aber beteiligen können. Daher, weil Sie sagten, wir hätten in Thüringen nicht, was wir jetzt in Hessen toll einführen werden, habe ich einmal nachgeschaut: So ein Schüler-Azubi-Aboticket kostet in Erfurt 38,60 €. Es gibt eine sehr umfangreiche Kleine Anfrage, wo genau aufgelistet ist, welche Stadt und welcher Kreis diese Fahrkosten zurückerstatten. Das sind z. B. in der Stadt Erfurt 50 %. Ich stelle fest, dass Schülerinnen und Schüler in der Oberstufe weniger als 20 € für ihr Ticket zahlen.

(Anhaltende Zurufe von der CDU und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist eben schon mehrfach angesprochen worden, dass wir in erster Linie über die Schülerbeförderung reden müssen. Ein Sechstklässler wird in der Regel nicht einfach so durch Hessen fahren. Deswegen darf es für die Menschen nicht teurer werden. Dazu haben Sie leider nichts gesagt. Es gibt eben auch Orte in Hessen, in denen die gleichen Verkehrsangebote wie bisher genutzt werden, in denen aber mehr gezahlt werden muss.

In dieser Kleinen Anfrage sind die Kosten aufgeschlüsselt. In der Stadt Erfurt zahlt der Schüler heute unter 20 €. Das finde ich immer noch zu viel; ich bin auch in Thüringen für den Nulltarif. Das ist keine Frage. Wenn ich mir diese Kleine Anfrage anschaue, dann stelle ich fest, dass in Eisenach 50 % erstattet werden, in Erfurt 50 %, in Gera 50 %, in Jena 50 %, in Suhl 50 %, in Weimar 50 %. Im Saale-Orla-Kreis beträgt der Eigenanteil 15 €, und im Saale-Holzland-Kreis beträgt er 20 €, im Saalfeld-Rudolstadt-Kreis 20 €.

(Zurufe von der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie wollten über Thüringer Politik reden. Ich habe damit nicht angefangen.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU und von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es scheint mir so zu sein, dass Thüringen nicht so weit ist, wie man auch in Thüringen sein könnte und wie ich es gut fände, wenn man so weit wäre. Dennoch sind wir in Thüringen bei den Kosten der Schülerbeförderung einen Schritt weiter als in Hessen. Vielleicht kann Herr Caspar das widerlegen, er hat ja so gute Kenntnisse über Thüringer Verkehrspolitik.

(Beifall bei der LINKEN)