Protocol of the Session on March 22, 2017

Gute Nachrichten gibt es auch aus dem Landkreis Gießen. Dort hat nämlich gerade das Regierungspräsidium den Doppelhaushalt für die Jahre 2017 und 2018 genehmigt. Dieser sieht Überschüsse vor. Da der Kreis Gießen auch in den Jahren 2015 und 2016 Überschüsse erwirtschaftet hat, könnte, wenn alles gut läuft, auch dieser Kreis im nächsten Jahr vorzeitig den Schutzschirm verlassen statt wie geplant im Jahr 2023. Wir sehen hier also einen weiteren sehr schönen Erfolg.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Weitere Aussichten. Noch ein Blick auf das allgemeine Klima. Wir haben gestern über das Klima geredet. Es wäre schön, wenn wir auch für die Kommunen ein schönes Klima schaffen würden. Die Regierungsfraktionen und die Regierung tun das. Auch die Opposition könnte an einem guten Klima in den hessischen Kommunen mitarbeiten; denn nur in einem guten Klima gelingt Wachstum, und daran wollen wir doch alle arbeiten.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und uns und unseren hessischen Kommunen einen heiteren und sonnigen Frühling.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Herzlichen Dank, Frau Kollegin. – Das Wort hat Herr Finanzminister Dr. Schäfer.

(Unruhe)

Einen Moment noch, Herr Minister. – Meine Damen und Herren, ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit auch zum Ende der Sitzung, und zwar auf allen Seiten, auf der Regierungsbank und im Hause insgesamt. Seid so lieb. Das gehört sich so.

(Holger Bellino (CDU): Seien Sie so lieb!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat haben wir heute Anlass, mit deutlich mehr Gelassenheit und Zuversicht auf die Finanzlage unserer hessischen Kommunen zu schauen, als dies der Fall war, als wir die Grundzüge des Kommunalen Schutzschirms in diesem Haus kontrovers diskutiert haben. Wir haben eine insgesamt sehr viel bessere Finanzlage auf der kommunalen Ebene, wovon wir gesamtstaatlich als Land profitieren, wovon aber auch der Bund in besonderer Weise profitiert.

Wir haben aber auch eine Entwicklung, die auffällig ist. Zwischen 2014 und 2015 ist das Gesamtdefizit der hessischen Kommunen trotz einer insgesamt guten Entwicklung der öffentlichen Finanzen noch einmal leicht gestiegen.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Vorsicht, Herr Schmitt. Zuhören bis zum Ende. – Während die Schutzschirmkommunen im Jahr 2014 noch ein Defizit von fast 200 Millionen € hatten, hatten diese im

Jahr 2015 bereits einen Überschuss von 40 Millionen €. Das heißt, die Schutzschirmkommunen haben sich sehr viel positiver entwickelt, während sich die Nichtschutzschirmkommunen in die andere Richtung entwickelt haben. Der Prozess mit den Schutzschirmkommunen ist in der weit überwiegenden Zahl der Kommunen vor Ort mit einem hohen Maß an Bereitschaft zur parteiübergreifenden Zusammenarbeit und damit sehr viel konsensualer vonstattengegangen, als dies für die meisten Debatten in diesem Haus zu diesem Thema gilt. Insofern ist es angezeigt, darüber nachzudenken, das Element der Gestaltungsfreiheit vor Ort zu belassen, aber auch klare Ziele miteinander zu verabreden, die am Ende auch in der Diskussion mit den Nichtschutzschirmkommunen Anwendung finden können.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Peter Beuth spricht bereits seit Ende 2015 mit den Kommunen über die schlichte Frage, wie wir mit den verbliebenen Altdefiziten der Kommunen in Zukunft umgehen.

(Norbert Schmitt (SPD): Jetzt wird es interessant!)

Jetzt wird es interessant. – Gehen wir wieder einige Jahre zurück, und zwar in das Jahr, in dem wir den Schutzschirm vereinbart haben. Wenn ich Ihnen damals angekündigt hätte, dass die Gesundung der kommunalen Finanzen so weit gediehen sein wird, dass wir im Jahr 2017 nicht mehr über neue Defizite reden, sondern über den Abbau alter Defizite, dann hätten Sie mich hier wahrscheinlich mit Bezeichnungen betitelt, die an der Grenze der parlamentarischen Zulässigkeit gewesen wären.

(Norbert Schmitt (SPD): Dazu sind wir viel zu vornehm!)

Herr Schmitt, Sie und viel zu vornehm, das ist ein Punkt, den ich gern mehrfach im Protokoll stehen hätte. Das würde ich gern mehrfach nachlesen, weil ich das so selten erlebe. Das ist das Problem dabei.

(Norbert Schmitt (SPD): Dann müssen Sie besser zuhören!)

Meine Damen und Herren, ist es also notwendig, eine Diskussion darüber zu führen, wie man mit dieser Frage umgeht? Da hilft es natürlich – Frau Kollegin Goldbach hat zu Recht darauf hingewiesen –, dass die hessischen Kommunen im vergangenen Jahr einen Überschuss von weit über 300 Millionen € hatten. Wenn die Kommunen verantwortlich damit umgehen und damit Altdefizite abbauen, dann ist das ein erster sehr großer Schritt hin zum Abbau der Altdefizite. Einen solchen Prozess zu organisieren und im Einvernehmen individuelle Lösungen herbeizuführen, das ist das Ziel des Innenministers bei den laufenden Gesprächen mit den Spitzenverbänden. Insofern ist es mehr als normal, dass in diesem Prozess Diskussionen um unterschiedliche Sichtweisen geführt werden. Seien Sie gewiss: Am Ende wird auch dort ein erfolgreicher Prozess der kontinuierlichen Reduzierung der Defizite stehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, uns ist es gelungen, mit dem Schutzschirm ein bundesweit beachtetes Pilotprojekt zu etablieren, damals in der Konstellation von CDU und FDP gemeinschaftlich. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass sich die GRÜNEN dabei damals der Stimme enthalten haben. Sie sind der oppositionellen Versuchung nicht erlegen, auf alles zu hauen, was die Regierung gemacht hat.

Am Ende haben wir dieses Projekt in geänderter Konstellation, von einer breiten Mehrheit in diesem Hause getragen, verwirklicht – ein extremer Erfolg bei der Konsolidierung der kommunalen Finanzen. Ich glaube, wir alle können ein Stück weit stolz darauf sein, dass das gelungen ist. Wir setzen unsere Arbeit entschlossen fort.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat Kollege Schmitt.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Weil der Herr Finanzminister die Altdefizite angesprochen hat und weil der Herr Innenminister auf meinen Vortrag hin, dass es Planungen gibt, als Orientierungspunkt die Grundsteuer B auf 800 % anzuheben, als falsch bezeichnet hat, will ich Ihnen aus einem Schaubild mit dem Titel „Vorstellung von Abbauszenarien für die AG Optimierung der kommunalen Finanzaufsicht“ aus dem Ministerium des Innern und für Sport Folgendes vortragen. Bei „Szenario 3“ heißt es: Schuldentragungslösung: keine generelle Abbauverpflichtung von KK, aber eventuell höhere Zinslasten sollten durch Grundsteuer B kompensiert werden, die bis zu der Grenze von 800 % angehoben werden müsste.

Ich halte fest, dass ich an diesem Pult zu Recht gesagt habe, dass das Innenministerium über eine Orientierungsgrenze von 800 % spricht, bis zu der die Grundsteuer B angehoben werden sollte, um Altdefizite abzulösen. Herr Innenminister, darüber werden wir sicherlich diskutieren.

Ich wiederhole es: Das Land darf die Kommunen auf den Altdefiziten, insbesondere auf den Kassenkrediten in Höhe von 6,5 Milliarden €, nicht alleine sitzen lassen, weil es mit seiner Politik für die Lage der Kommunen verantwortlich ist. Da muss ein echtes Programm her. Darum wird sich in den nächsten Monaten die Diskussion an der Stelle drehen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank, Kollege Schmitt. – Das Wort hat Herr Innenminister Beuth.

Herr Kollege Schmitt, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt keine solchen Planungen. Es gibt in der Tat Szenarien, die mit den Kommunalen Spitzenverbänden besprochen werden müssen, welche Möglichkeiten existieren, um die Kassenkredite zurückzuführen. Dafür muss man alle Möglichkeiten durchspielen und dementsprechend darstellen.

Wir stehen in einem Dialog mit den Kommunalen Spitzenverbänden über die Frage, wie wir dies angehen. Wir werden vom Hessischen Städtetag ausdrücklich dabei unterstützt, an den Abbau der Altschulden heranzugehen. Auch der Hessische Städte- und Gemeindebund stellt diese Thematik grundsätzlich nicht infrage.

Wir sind im Gespräch mit den Kommunen. Ich finde, wir schulden dem Dialog mit den Spitzenverbänden Respekt und sollten abwarten, wie die Gespräche ausgehen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir, wie beim Schutzschirm, in dieser Frage eine einvernehmliche Lösung finden, die am Ende dazu führt, dass das Land und seine Kommunen generationengerecht handeln. Das ist das Ziel unserer Politik.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag. Wer ihm zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die FDP. Wer ist dagegen? – Die SPD und DIE LINKE. Damit ist der Entschließungsantrag angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Hessen hat Familiensinn – Stärkung der Familienfreundlichkeit in Hessen – Drucks. 19/4535 –

Das Wort hat Frau Kollegin Wiesmann für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Familienpolitik ist ein Herzstück der Politik der CDU. Sie steht seit 1999 im Zentrum unserer Anstrengungen in Hessen. Die lassen wir uns mittlerweile weit über eine halbe Milliarde Euro pro Jahr kosten – zusätzlich zu den großen Aufwendungen auch auf anderen Ebenen. Das will ich nicht vergessen

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Auch deshalb geht es den Familien in unserem Land ganz überwiegend gut.

Die Familienpolitik ist eine Schwerpunktaufgabe auch dieser schwarz-grünen Koalition. Deshalb ist es gut, wenn wir sie heute auf die Tagesordnung setzen und einmal aus unserem Blickwinkel betrachten.

Meine Damen und Herren, beginnen wir mit der Grundidee. Die FDP-Fraktion tut sich seit einiger Zeit mit der Auffassung hervor, der Staat müsse den Familien dafür dankbar sein, dass sie des Volkes künftige Arbeitskräfte hervorbrächten. Die FDP-Fraktion leitet daraus die Forderung ab: Alles, was diesen Prozess ermöglicht, z. B. die Kinderbetreuung – vielleicht aber auch andere Dinge –, müsse kostenfrei sein, weil die Refinanzierung dieses Gutes schon in seiner Gewährung angelegt sei.

Ich möchte dieser Haltung namens meiner Fraktion entgegenhalten: Familien sind nicht primär ein Wirtschaftsfaktor.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie stehen nicht im Dienst der Nation, auch nicht der Kommunen. Familie ist privat. Sie ist da, wo der Staat nur ausnahmsweise, z. B. in Sachen Kinderschutz, hinreicht. Familien sind die Urzellen unserer Gesellschaft, dem Staat vorgelagert. Sie sind Orte von Geborgenheit, Auseinandersetzung, Lebenlernen und Sinnerfahrung. – Diese Formulierung stammt nicht von mir.

(Beifall bei der CDU)

Sie sind Ausdruck ureigenster individueller Freiheit, nämlich der freien Entscheidung zum Leben in Gemeinschaft. Sie sind Schulen für Freiheit, und sie sind Bollwerke zum Schutz der Freiheit gegenüber einem unter Umständen anmaßenden Staat und einer immer wieder unbescheiden herandrängenden Gesellschaft.

Unsere Familienpolitik erkennt dies an. Sie ermutigt, stärkt und unterstützt Familien, ohne ihnen Entscheidungen zu verordnen oder aufzuzwingen. Auf dieser Grundlage gestalten wir unsere familienfreundliche Politik in Hessen.