Protocol of the Session on April 3, 2014

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die erste europäische Clearingstelle für die chinesische Währung wird nach Frankfurt kommen. Die überragende Bedeutung des Finanzplatzes wird dadurch weiter gestärkt werden. Das wird aus den bisherigen Reden ersichtlich: Deshalb freuen wir uns heute gemeinsam über diese Entscheidung für Frankfurt und damit auch für Hessen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich will die Gelegenheit schon wahrnehmen, zu würdigen, dass diese richtige Entscheidung von einer Vielzahl Beteiligter vorbereitet wurde. Ich möchte die Initiative „Frankfurt Main Finance“ nennen. Ich möchte die Bundesbank, die Stadt Frankfurt, aber insbesondere auch die ehemalige und die amtierende Landesregierung nennen, die Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums, den damaligen Minister Rentsch und die Minister Dr. Schäfer und Al-Wazir, die der neuen Landesregierung angehören. Sie alle haben an dieser Sache mitgewirkt. Herzlichen Dank dafür.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Nicola Beer und Jürgen Lenders (FDP))

China ist in der Tat ein wichtiger Handelspartner. Seine Rolle im weltweiten Wirtschaftssystem wächst weiter. China ist aber auch ein Staat, in dem die Menschenrechte verletzt werden. Leider mangelt es nach wie vor an Rechtsstaatlichkeit.

Deshalb hat Bundespräsident Gauck vollkommen zu Recht in der vergangenen Woche beim Besuch des chinesischen Staats- und Parteichefs darauf hingewiesen, dass mit Chinas Aufstieg auch wachsende Verantwortung einhergeht. Auch das gehört unserer Ansicht nach zwingend dazu, wenn wir über unser Verhältnis zu China sprechen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der CDU und der SPD)

Gerade unter diesem Gesichtspunkt verbinde ich mit der Entscheidung, die Clearingstelle in Frankfurt anzusiedeln,

auch die Hoffnung auf Wandel durch Handel. Deshalb ist die universelle Geltung der Menschenrechte untrennbar mit unseren wirtschaftlichen Interessen in China verbunden.

Frankfurt wird das erste Handelszentrum der chinesischen Währung in Europa und außerhalb Asiens werden. Die Entscheidung für Frankfurt fiel vor allem aufgrund der hier besonders starken Verflechtung zwischen der Real- und der Finanzwirtschaft. Diese Entscheidung wird deshalb auch besonders die Realwirtschaft in der Eurozone, im Rhein-Main-Gebiet und in Frankfurt stärken.

Das wird nicht nur eine Stärkung der Internationalität des Finanzplatzes Frankfurt bedeuten. Das wird auch ein entscheidender Wettbewerbsvorsprung gegenüber den anderen europäischen Finanzzentren sein.

Mit der Clearingbank für den Renminbi wird es insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen, die in China Handel treiben, erleichtert, Geschäfte in Euro und in der chinesischen Währung abzuwickeln. Aufwand und Transaktionskosten werden für sie erheblich sinken. Denn sie werden ihre Geschäfte in der gleichen Zeitzone, in ihrer Währung und in ihrem Rechtsraum abwickeln können. Das ist ein großer Erfolg.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU sowie des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Die Bundesbank kalkuliert, es seien mehrere Prozent, die diese Unternehmen an Kosten werden sparen können, weil sie dann nicht mehr ihre Geschäfte über die Großbanken in Hongkong abwickeln müssen. Die Initiative „Frankfurt Main Finance“ rechnet alleine für die kleinen und mittelständischen deutschen Unternehmen mit einer Ersparnis in einer Höhe von rund 500 Millionen € pro Jahr.

Mit der Unterzeichnung der Absichtserklärung durch die People’s Bank of China und durch die Deutsche Bundesbank am vergangenen Freitag wurden die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und China weiter vertieft. Damit einher geht eben auch unsere Erwartung, dass sich China weiter öffnet und reformiert. Ich darf mich deshalb zum Abschluss meiner Rede noch einmal Bundespräsident Gauck anschließen, der vergangene Woche gesagt hat – ich zitiere –:

„Wettbewerb braucht Regeln. Deshalb begrüße ich es, dass China mehr Rechtsstaatlichkeit schaffen und das Justizsystem weiterentwickeln will.“ Der Weg zu einem „Rechtssystem, in dem keiner über dem Gesetz stehen soll“, müsse konsequent gegangen werden, …

Wenn wir mit der Clearingstelle dazu beitragen können, dass sich China in dieser Richtung weiterentwickelt, ist das auch ein guter Tag für China. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Jürgen Lenders und Nicola Beer (FDP))

Danke schön. – Als Nächster spricht Herr Kollege van Ooyen für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Oft war in den letzten Tagen in der Presse zu lesen, dass die Bundeskanzlerin und der chinesische Staatschef der Unterzeichnung von 18 Verträgen beiwohnten. Die Verträge wurden von Unternehmen und Institutionen aus beiden Ländern geschlossen.

So dürfen wir auch im Hessischen Landtag darüber sprechen, wie wichtig und wertvoll die Handelsbeziehungen zwischen Hessen und China sind. Auch durften wir schon hören, wie wichtig es ist, dass jetzt von den Notenbanken Chinas und der Bundesrepublik eine Absichtserklärung abgegeben wurde, eine Clearingstelle des Renminbi in Frankfurt einzurichten. Sollte es nicht nur eine Absichtserklärung bleiben, ist anzunehmen, dass Unternehmen und Banken davon Vorteile haben werden – davon wurde schon gesprochen –, da sie zukünftig Geschäfte mit chinesischen Partnern einfacher abwickeln können.

Wie groß die Vorteile für den Finanzplatz Frankfurt letztlich sein werden, wird man sicherlich noch abwarten müssen. Da Chinas Währungspolitik immer offener wird, kann man bereits jetzt wissen, dass eine solche Clearingstelle obsolet sein wird, sobald der Renminbi frei konvertierbar sein wird. Nichtsdestotrotz werden dadurch die Handelsbeziehungen zwischen China und der Bundesrepublik sicherlich vertieft werden können.

Meines Erachtens erinnert das heutige China sehr stark an die Vereinigten Staaten von Amerika zu Zeiten Bretton Woods, als der US-Dollar zur Weltreservewährung aufstieg. Einem Leistungsbilanzüberschuss stand ein geringes Haushaltsdefizit zur Seite, das Land entwickelte sich zum Exportweltmeister und hatte eine im Vergleich zu anderen Staaten relativ geringe Verschuldung.

Kann es sein, dass sich die Geschichte wiederholt? Wird die chinesische Währung, der Renminbi, die neue Weltwährung? Der Weg dorthin scheint zumindest geebnet.

Hohe Staatsverschuldung in Europa und den USA gepaart mit einem schwachen Wirtschaftswachstum sind eher die Kennzeichen dafür, dass der Westen Auswege sucht. Da ist es kaum verwunderlich, dass sich im Zuge dessen der Fokus gen Osten richtet. Er richtet sich vor allem darauf, was die neue politische Führung in China tun wird, um unser geringes Wachstum nachhaltig zu stützen.

Doch sollte man sich nicht ausschließlich auf die kurzfristigen Maßnahmen zur Stimulierung der chinesischen Wirtschaft konzentrieren. Denn man könnte sonst leicht eine langfristige Entwicklung übersehen.

Die chinesische Führung plant, ihr ökonomisches und Finanzsystem grundlegend zu revolutionieren. 2016 dürfte China mit seinem Bruttoinlandsprodukt das der EU hinter sich lassen. 2017 wird das auch hinsichtlich der Wirtschaftsleistung der Vereinigten Staaten der Fall sein. Wachstumsweltmeister ist man längst und wird es trotz der aktuellen Abschwächung bleiben.

Das Land trägt mehr als ein Drittel zum globalen Wachstum bei – fast doppelt so viel wie alle Industrieländer zusammen. Gut, man könnte allerdings sagen, dass man bei den Meldungen der letzten Woche über die Vertiefung der Wirtschaftsbeziehungen den Eindruck bekommt, dass sich die deutsche Chinapolitik darauf beschränkt, den Unternehmen beider Staaten möglichst gute Wettbewerbsbedin

gungen zu verschaffen. Fragen der sozialen Gerechtigkeit für die Menschen bleiben außen vor.

(Beifall bei der LINKEN)

Es wirkt zunehmend wie eine Randbemerkung, wenn Spitzenpolitiker der Bundesrepublik auf die Menschenrechtslage in China hinweisen und gleichzeitig feierlich Verträge zur wirtschaftlichen Liberalisierung unterzeichnen. Nichts ist also gut, wenn die Kanzlerin sich zusammen mit dem chinesischen Staatschef vor die Kameras stellt, um den Wirtschaftseliten beider Länder zuzulächeln und sie gemeinsam wirtschaftliche Liberalisierung vorantreiben.

Ich sage ausdrücklich, dass es richtig ist, mit der chinesischen Führung zu sprechen, aber eben nicht nur über wirtschaftliche Entwicklungen und Freihandel. Denn Kapitalismus ist keine Voraussetzung für Frieden, Freiheit und soziale Gerechtigkeit.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU)

China beweist das seit Jahren. Wir müssen mit China einen Dialog finden, der auf internationale Kooperation eben nicht nur in wirtschaftlichen Fragen setzt, sondern vor allem auch die internationale Entwicklung und die Abrüstung als Perspektive zum Inhalt hat. Kein Wort hat in den letzten Wochen von deutschen Spitzenpolitikern das Ohr gefunden – die Zeitungen auch nicht –, dass China gerade beschlossen hat, seinen Rüstungsetat massiv auszuweiten. Auch das ist eine Folge der ökonomischen und internationalen Konkurrenz. Hier aber liegen die Fragen, die die Zukunft entscheiden werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn wir mit China einen Dialog über Sicherheitsfragen und Abrüstung führen würden, und zwar mit der gleichen Intensität, mit der die Bundesregierung über Handelsbeziehungen spricht, dann würden wir viel mehr für die globale Entwicklung der Menschen erreichen können.

Herr van Ooyen, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss. Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Dazu gehören aber mehr als nur Sonntagsreden und eine Aktuelle Stunde zur Clearingstelle des Renminbi in Frankfurt. Auch wenn die CDU den Finanzplatz noch so hoch lobt, wird die Welt dadurch keine bessere. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön. – Das Wort hat Kollege Schäfer-Gümbel für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will ausdrücklich in die positive Würdigung der Fraktionen des Hessischen Landtags eintreten und ausdrücklich den Erfolg des Abkommens zwischen der Volksrepublik China und der Bundesrepublik Deutschland über die Clea

ringstelle am Finanzplatz Frankfurt würdigen. Das ist ein Ereignis, das deutlich über den Tag hinaus und über das eigentliche Ereignis hinaus wirken wird.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und Abgeordneten der CDU)

Es ist verschiedentlich von Kolleginnen und Kollegen in dieser Debatte schon darauf hingewiesen worden, dass die Bedeutung der Volksrepublik China – das gilt nicht nur für den Bereich als Handelspartner, sondern auch zukünftig als finanzmarktpolitischer Akteur – deutlich wachsen wird. Allein die Devisenreserven der Volksrepublik China sind so gigantisch und bedeutend für die globale Wirtschaft, dass es klug ist und auch von entscheidender Bedeutung für die weiteren Entwicklungen auch der Finanzmarktbeziehungen zwischen Europa und der Volksrepublik China, dass es uns gelungen ist, mit einem solchen Abkommen ganz zentraler Akteur in den weiteren Finanzbeziehungen mit China zu werden.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Deswegen haben wir ausdrücklich die Entscheidung begrüßt. Ich habe mir allerdings manchmal auch ein bisschen die Augen darüber gerieben, wer sich da jetzt alles zum Vater oder der Mutter dieses Erfolgs definiert hat. Ich habe eine Vermutung, wer etwas dafür kann, und ich habe auch eine Vermutung, wer dafür wenig oder gar nichts kann. Das soll aber am heutigen Tag gar nicht der zentrale Punkt meiner Anmerkungen sein. Ich finde, es gibt genügend Anlass, sich darüber zu freuen, dass es gelungen ist, weil daraus auch strategisch viele, viele Chancen entstehen.

Ich will eine zweite Bemerkung machen, die mir an dem heutigen Tag auch wichtig ist. Sie geht zurück auf die Bemerkung von Herrn Reif. Herr Reif, ich finde, auch in einer solchen Debatte sind Bemerkungen wie „das ist alles auch ohne die kleine gelbe Minderheit zustande gekommen“ gerade mit Blick auf China ziemlich unwürdig. Das will ich ausdrücklich sagen.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und der FDP)

Es gibt im Übrigen auch einen Hinweis auf den neuen Stil hier, der offensichtlich nicht bei allen angekommen ist. Ich will jetzt gar nicht über die Bedeutung von roten OBs oder Sonstigem reden. Wir können uns einfach am heutigen Tag darüber freuen, dass dieses Abkommen zustande gekommen ist. Ich will allerdings ausdrücklich darauf hinweisen, dass das ein Vorabkommen ist. Die eigentliche Arbeit ist erst noch zu leisten. Ich hoffe, dass alle Akteure die Chancen und Herausforderungen, die darin liegen, nicht vergeigen.

Damit will ich zu meiner dritten Bemerkung kommen, die ich mir am heutigen Tage ausdrücklich nicht verkneifen kann. Wandel durch Annäherung – das ist das Prinzip, das die deutsche Sozialdemokratie durch viele wirtschaftliche, soziale, kulturelle und politische Kooperationen entwickelt hat und das, so glaube ich, sehr erfolgreich war. Ich bin dem Kollegen Klose sehr dankbar dafür, dass er auf genau diese Bipolarität in den Beziehungen zur Volksrepublik China hingewiesen hat, die bei uns seit Jahrzehnten Gegenstand der Gespräche zwischen der Sozialdemokratischen Partei und der KP Chinas ist, weil es uns in der Tat auch um die Menschenrechts- und Rechtsstaatsentwicklung und um die Frage der politischen Reformen geht.