Protocol of the Session on December 14, 2011

(Beifall bei der LINKEN)

Dass es auch anders gehen kann, darauf hat Frau Sorge hingewiesen. Die Landesregierung kann durchaus Geld

für gute Studienbedingungen locker machen. Dafür hat sie sich im Fall der European Business School entschieden. Die hat sie beim Aufbau der Law School mit 25 Millionen € gefördert – für einige Hundert Studierende. Für die überwältigende Mehrheit der 210.000 Studierenden in Hessen sind 12.000 € Studiengebühren im Jahr aber leider nicht bezahlbar. Deshalb ist diese hochschulpolitische Prioritätensetzung der Landesregierung völlig falsch.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Sie fördern eine betriebswirtschaftliche Hochschule, die zwar Rechnungsführung lehrt, die eigenen Quittungen aber wohl in der Zigarrenkiste gesammelt hat. Gleichzeitig müssen die öffentlichen Hochschulen bluten. Deshalb ist es höchste Zeit, die Grundfinanzierung der Hochschulen zu erhöhen, endlich realistische Zahlen zu- grunde zu legen. Das heißt natürlich, dass die Hochschu- len Geld für die Studienplätze bekommen müssen, die sie real haben – nicht nur für höchstens die Hälfte der Plätze, wie es derzeit der Fall ist, weil alles andere als Überlast gilt. Die Hoffnung, dass sich die Studierendenzahlen irgend- wann von ganz allein verringern und der sogenannte Stu- dierendenberg untertunnelt werden kann, ist völlig unbe- gründet. Erstens ist davon auszugehen, dass die Studie- rendenzahlen weiterhin auf hohem Niveau bleiben, und zweitens ist es für die Menschen, die jetzt studieren, na- türlich überhaupt kein Trost, wenn man ihnen sagt: Ihr seid der Studierendenberg, ihr habt Pech gehabt und müsst mit schlechten Bedingungen auskommen. – Frau Ministerin, deswegen sollten Sie sich nicht überlegen, wie Sie den Studierendenberg untertunneln, sondern Sie soll- ten sich überlegen, wie Sie die jetzige Situation nutzen, um die Studierendenquote langfristig zu erhöhen und die Be- dingungen an den Hochschulen dafür zu schaffen. (Beifall bei der LINKEN)

Es ist gut und wünschenswert, wenn möglichst viele Menschen studieren. Deswegen ist es nicht schlecht, sondern zu begrüßen, wenn viele Menschen ihr Recht auf freie Berufswahl wahrnehmen und eben auch studieren können. Die Aufstockung der Grundfinanzierung ist hierfür ein erster wichtiger Schritt.

Das zweite Problem ist das Fehlen von bezahlbarem studentischem Wohnraum. Insbesondere in Frankfurt haben wir ein großes Problem mit bezahlbarem Wohnraum.

Frau Wissler, Sie kommen bitte zum Ende?

Vielen Dank, Herr Präsident. – Es ist insbesondere in Frankfurt zur Besetzung leer stehender Gebäude gekommen, die zum Teil sogar im Landesbesitz sind, aber nicht genutzt werden. Die Antwort des Landes Hessen war, dass Sie Anzeige erstattet und erklärt haben, Sie müssten die Gebäude doch hoch profitabel nutzen. Bis es endlich ausreichenden studentischen Wohnraum in Frankfurt gibt, haben die Studierenden unsere Solidarität, wenn sie durch Besetzungen auf die zunehmende Wohnungsnot in Frankfurt aufmerksam machen. Diese Proteste dürfen nicht kriminalisiert werden.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Frau Wissler. – Ich darf Herrn Dr. Büger für die FDP-Fraktion das Wort erteilen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Alle Plenarsitzungen wieder befassen wir uns – wahlweise auf Antrag der SPD-Fraktion, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, zuweilen auch der Fraktion DIE LINKE – mit den Grundsatzfragen der Finanzierung der Hochschulen.

(Zuruf des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD) – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was hatten Sie denn im Kaffee, Herr Dr. Spies? Ganz ruhig. – Es ist wirklich nicht verwunderlich, dass wir jedes Mal hier dieselben Reden hören, denn es gibt eigentlich nichts wirklich Neues zu berichten. Wie sollte es auch etwas wirklich Neues geben, wo doch die maßgeblichen Finanzierungen der hessischen Hochschulen, nämlich der hessische Hochschulpakt, der Hochschulpakt 2020, geschlossen mit dem Bund, und die per hessisches Gesetz geregelten Qualitätssicherungsmittel sowie LOEWE und HEUREKA, allesamt langfristig zugesagt sind. Der Herr Kollege Dr. Müller hat darauf bereits hingewiesen. Auch wenn SPD und GRÜNE in ihrer Regierungszeit eine solche langfristige Sicherheit den Hochschulen niemals gewährt haben, was ich hier erwähnen muss, sollten Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, inzwischen mitbekommen haben,

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dass wir nunmehr den dritten Hochschulpakt in Form eines Vertrags zwischen dem Land und den Hochschulen abgeschlossen haben.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Die Finanzen der Hochschulen sind uns nämlich viel zu wichtig, als sie hier zum Spielball der Tagespolitik zu machen. Deshalb sind die Zuwendungen, die wir den Hochschulen geben, verlässlich, transparent und vorhersehbar. Deshalb ändert sich an dieser Sachlage von einem Plenum zum nächsten nichts. Offensichtlich haben Sie das noch nicht verstanden. Kommen Sie bitte endlich im Jahr 2011 an.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Auf die Gefahr hin, mich und das eine oder andere zu wiederholen, was der Kollege Dr. Müller richtigerweise schon erwähnt hat, will ich die Grundzüge der Finanzierung der hessischen Hochschulen noch einmal vorstellen.

Erstens. Der hessische Hochschulpakt gibt den Hochschulen fünf Jahre Planungssicherheit. Er sichert ihnen zunächst den Bestand nach Abrechnung des letzten, im Übrigen noch an die Steuereinnahmen des Landes gekoppelten Hochschulpakts der Jahre 2006 bis 2010 zu. Er sichert ihnen damit den bis dato zweithöchsten Betrag in der Geschichte des Landes Hessen zu und ermöglicht – in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Lage – zweimal ei

nen Zuschlag in Höhe von 20 Millionen €. Das ist eine Regelung, die Sie einmal als „unrealistisch“ bezeichnet haben. Diese Regelung hat aber bereits gegriffen und dazu geführt, dass die Hochschulen zum 1. Januar 2012 einen ersten solchen Zuschlag in Höhe von 20 Millionen € bekommen – und zwar ohne dass es eines Antrags der SPD-Fraktion oder eines Notprogramms bedurft hätte. Meine Damen und Herren, wir schließen Verträge und halten sie auch, ohne ständig neue Programme aufzulegen. In Kurzfassung: Unser Wort gilt.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nicht!)

Der zweite Pfeiler der Finanzierung der hessischen Hochschulen in der Zeit des Studentenberges – was zu Recht erwähnt wurde – sind die Mittel aus dem Hochschulpakt 2020 – aktuell kumuliert: 144 Millionen € –, von denen das Land Hessen 72 Millionen € übernimmt. Allein gegenüber dem Jahr 2011 steigen diese Beträge um knapp 94 Millionen €. Rechnet man die 20 Millionen € hinzu, die als Ausfluss aus dem hessischen Hochschulpakt zum 1. Januar 2012 überwiesen werden, dann sieht man, dass der Zuschlag, den die hessischen Hochschulen zum 1. Januar 2012 bekommen, mehr als doppelt so hoch ist wie das von der SPD geforderte Notprogramm in Höhe von 50 Millionen €. Was Sie also als „Notprogramm“ fordern, gibt es bereits, und zwar in doppelter Ausführung, aber nicht als „Notprogramm“, sondern als reguläre, als verlässliche Förderung auf der Basis der Politik der CDU und der FDP. Das ist die Wahrheit, die Sie offenkundig nicht zur Kenntnis nehmen wollen, meine Damen und Herren von der Opposition.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, Sie sehen also, die hessischen Hochschulen sind solide finanziert und brauchen kein Notprogramm. Dabei verkenne ich im Übrigen nicht, dass die hessischen Hochschulen – wie die Hochschulen in Deutschland insgesamt – aufgrund der Umstellung G 8/G 9 und der Aufhebung der Wehrpflicht einen Studentenberg zu bewältigen haben. Seit 2007 sind die Studierendenzahlen in Hessen um rund 30 % gestiegen. Diese Zahlen sind unbestritten. Aber gerade deshalb gibt es ja langfristige Programme wie den Hochschulpakt 2020. Auf der anderen Seite sollte aber auch klar sein, dass schon allein aufgrund der Demografie nach diesem Berg ein Tal kommt und dass diese Höchstzahlen auf Einmaleffekten beruhen, die sich nur eine begrenzte Zeit lang auswirken. Deshalb ist klar, dass die Hochschulen in einer Übergangszeit eine größere Belastung werden schultern müssen.

Wir unterstützen die Hochschulen dabei. Damit die Qualität und die wissenschaftliche Exzellenz gerade in dieser Phase der hohen Belastungen nicht leiden, führen wir z. B. das LOEWE-Programm ohne Abstriche fort – im Übrigen auch ohne es auf den Hochschulpakt anzurechnen, wie fälschlicherweise gesagt wurde. Wir belassen auch – ich denke nur an das Programm HEUREKA – die Bautätigkeit auf einem hohen Niveau. Sie ist übrigens in der Spitze fünfmal so hoch wie während Ihrer Regierungszeit. Damals befand sie sich im Tal.

Herr Büger, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich möchte das im Zusammenhang ausführen. – Sicher ist an dieser Stelle eines: Die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen sorgen dafür, dass der Haushalt des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst im Jahr 2012 erneut wächst, dass die Budgets der Bildungsressorts, relativ gesehen, viel stärker zulegen als der restliche Haushalt und dass die Bildung für die hessische Politik erkennbar Priorität hat.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Natürlich kann man fragen, ob es noch mehr sein soll, und die Hochschulpräsidenten wären schlechte Interessenvertreter, wenn sie eben diese Frage nicht stellen würden. Dass es aber gerade die Mitglieder der SPD-Fraktion sind, die diese Frage mehrfach gestellt haben – heute nicht zum ersten Mal –, verwundert schon etwas. Es verwundert nicht nur, weil die Hochschulen unter der SPD-Regierungsverantwortung bis 1998 – was Herr Grumbach heute dankenswerterweise sogar eingeräumt hat – sehr stiefmütterlich behandelt worden sind.

Wirft man einmal einen Blick auf die Länder, in denen die SPD heute regiert, in denen sie also die Möglichkeit hat, die Haushalte zu gestalten – ich will gar nicht nur in der Vergangenheit graben –, sieht man, was sie für richtig hält und wie sie dort vorgeht. Wenn die SPD – oder sogar DIE LINKE; Frau Wissler, Sie haben gerade geredet – eine genauso große Priorität wie CDU und FDP auf die Hochschulbildung setzen würde oder sogar eine noch viel größere, müsste sich dies in den Haushalten der Länder widerspiegeln, in denen sie regiert.

Lassen Sie uns einen Blick auf die Fakten werfen. Ich habe aus Zeitgründen nur zwei Länder heraussuchen können. Fangen wir mit Hamburg an: das Land, in dem die SPD immerhin mit absoluter Mehrheit regiert. Olaf Scholz kann dort schalten und walten, wie er möchte.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Sie dürfen einmal die GRÜNEN fragen, was Sie dort übernommen haben. – Interessant ist, dass in Hamburg der Gesamthaushalt nur moderat steigen soll – jedenfalls soll die Steigerung unterhalb der Inflationsrate liegen – und dass Olaf Scholz erklärt hat, der Wissenschaftsetat dürfe maximal im Durchschnitt der Ressorts wachsen, also eher unterdurchschnittlich. Im Übrigen laufen inzwischen die hamburgischen Hochschulen Sturm gegen die SPD-Senatoren. Die Hochschulen werden in Hamburg offensichtlich nicht priorisiert. Das ist also SPD-Politik pur.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Werfen wir nun einen Blick nach Brandenburg, wo die SPD gemeinsam mit den LINKEN regiert. Machen es die LINKEN dort besser? Schauen wir einmal. Dort wurden die Hochschulen im Haushalt 2011 aufgefordert, 10 Millionen € aus ihren Rücklagen – man höre und staune: Rücklagen – in den laufenden Betrieb zu stecken. Die rotrote Regierung hat sogar erklärt, dass man den Hochschulen aufgrund der demografischen Entwicklung – die zwar irgendwann einsetzen wird, aber zurzeit haben wir überall Studentenberge – 12 Millionen € wegnehmen wird. Noch nicht einmal die Kofinanzierung aus dem Hochschulpakt 2020 – die in diesem Hause nie infrage stand – ist in Brandenburg gesichert.

(Zuruf des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD))

Um die Bundesmittel nicht komplett zu verlieren, hat man in Brandenburg 5 Millionen € einfach umfirmiert: Man hat sie den Mitteln für den Hochschulbau entnommen, um sie in die Kofinanzierung zu stecken. In Hessen haben wir das, wie gesagt, nie infrage gestellt. Dabei ist zu beachten, dass Brandenburg, was die Mittel pro Einwohner betrifft, ohnehin schon am Ende der Skala aller Bundesländer liegt. Die Mittel sind gerade einmal halb so hoch wie die hessischen. Das ist die Realität.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Wenn man sich die konkreten Maßnahmen anschaut, stellt man fest, dass SPD und LINKE dort, wo sie regieren, Bildungsabbau betreiben. Von Schwarz-Gelb regierte Länder liegen bei der Hochschulfinanzierung regelmäßig an der Spitze. In dieser Situation stellen sich die SPD-Politiker in Hessen dort, wo sie in der Opposition sind, hin und bemängeln, dass die schwarz-gelbe Kraftanstrengung für die Hochschulen nicht ausreicht. Meine Damen und Herren, unglaubwürdiger geht es nicht.

(Beifall bei der FDP)

Mit einer – ich kann es Ihnen nicht ersparen – so durchsichtigen und auch parteipolitisch motivierten Kampagne helfen Sie aber den Hochschulen nicht; sie instrumentalisieren sie nur. Es muss Ihr Geheimnis bleiben, warum Sie schon in der Mitte der Legislaturperiode mit dem Wahlkampf anfangen und dabei riskieren, den Hochschulstandort Hessen schlechtzureden.

Stattdessen sollten Sie von der SPD uns lieber helfen, dafür zu sorgen, dass die Studenten, die aus anderen Ländern zu uns kommen – oftmals SPD-regierten Ländern, die versäumt haben, Studienplätze in ausreichender Zahl zu schaffen –,

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Richtig!)

auch Geld mitbringen, das dann den hessischen Hochschulen zugutekommt.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das ist eine gute Idee!)

Leider lese ich an dieser Stelle Ihres Antrags nichts davon. Dabei sollte es klar sein, dass das der einzig richtige Weg wäre, um die Mittel pro Student zu steigern.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, ich will das kurz zusammenfassen und dann zum Schluss kommen. Erstens. Diese Landesregierung macht sehr viel für die hessischen Hochschulen.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Zweitens. Man kann – Herr Schmitt – immer noch mehr tun. Drittens. Aber da, wo die SPD regiert – das ist ein Fakt –, wird deutlich weniger getan. – Vielen Dank.