Protocol of the Session on December 13, 2011

Zur Frage der Windenergienutzung: Auch hier unterstützen wir die Empfehlung des Energiegipfels, dass 2 % der Landesfläche als Windvorranggebiete ausgewiesen werden sollen, wie es die SPD jetzt festschreiben will.

Ich will aber noch einmal sagen: DIE LINKE hat als einzige Fraktion dem Abschlussbericht des Energiegipfels nicht zugestimmt, weil er einfach zu weit hinter dem zurückbleibt, was in den Arbeitsgruppen erarbeitet worden ist, und vor allem hinter dem, was für eine Energiewende in Hessen dringend notwendig wäre.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir lehnen die fortgesetzte Einschränkung der kommunalwirtschaftlichen Betätigung ab. Ohne eine aktive Rolle der Kommunen wird die Energiewende nicht möglich sein. Deshalb müssen die hessischen Kommunen, wie übrigens die Kommunen in anderen Bundesländern auch, zumindest die Möglichkeit zur energiewirtschaftlichen Betätigung erhalten. Das wollen Sie nicht. Der aktuelle Änderungsvorschlag zur Hessischen Gemeindeordnung ist nicht nur ein bürokratisches Monster, das die Kommunen dazu zwingt – –

(Peter Seyffardt (CDU): Stimmt nicht!)

Natürlich stimmt das. Herr Seyffardt, die Kommunen müssen aufwendige und langwierige Markterkundungsverfahren durchführen. Dass man da nicht zu einem schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien kommt, ist doch vollkommen klar.

Das wäre faktisch schlechter als die jetzige Situation; denn Sie öffnen natürlich RWE, E.ON und den anderen Konzernen – –

(Zuruf von der CDU)

Natürlich, keiner hat Ihr Gesetz verstanden, in der ganzen Anhörung nicht: Die Kommunen, die Kommunalen Spitzenverbände – die haben Ihr Gesetz alle nicht verstanden. Das ist die Position, die Sie hier vertreten.

Fakt ist doch: Sie öffnen den Konzernen – RWE, E.ON und Co. – Tür und Tor zu einem weiteren Ausverkauf der kommunalen Infrastruktur. Sie erlauben ihnen ein Vetorecht, damit sie in den Kommunen weiter energiewirtschaftlich tätig werden können.

(Zuruf von der CDU: Das glauben Sie sogar!)

Allein dass RWE und E.ON überhaupt kein Problem mit dieser Formulierung im Abschlussbericht des Energiegipfels haben, zeigt doch schon, in welche Richtung Ihr ganzer Vorschlag geht.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Wissler, kommen Sie bitte zum Schluss.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Wir können der Losung „privat vor Staat“ nicht zustimmen. Wir sind eine Partei, die gegen die Privatisierung öffentlichen Eigentums kämpft. Wir sind der Meinung, dass, wenn wir eine Energiewende wollen, die Energiekonzerne entmachtet werden müssen. Die Einzigen, die dem wirklich etwas entgegenzusetzen haben, sind die Stadtwerke. Deswegen müssen wir es den Kommunen ermöglichen, dass sie erneuerbare Energien ausbauen und Stadtwerke gestärkt werden. Das wollen Sie leider nicht.

Noch ein letzter Satz: Ich habe beim Energiegipfel gesagt, wir würden jeden Schritt hin zu einer Energiewende in Hessen unterstützen, auch wenn er noch so klein ist. Deswegen finden wir es richtig, dass hier ein Gesetzentwurf vorgelegt wird, deswegen werden wir als LINKE selbstverständlich auch sinnvolle Maßnahmen unterstützen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Danke, Frau Wissler. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN hat sich Frau Kollegin Hammann gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Energiegipfel ist zu Ende, aber wir wissen auch, dass man seine Ergebnisse nur als Minimalkonsens bezeichnen kann. Es wurde schon darauf aufmerksam gemacht, es sind zahlreiche Protokollnotizen, die diesem Energiegipfel im Abschlusspapier angehängt wurden.

Für uns ist ganz klar: Dieser Minimalkonsens wird nicht dazu führen, dass wir in Hessen eine tatsächliche Energiewende hinbekommen werden. Das muss Ihnen allen klar sein. Hier sind wirklich nur Dinge festgehalten worden, an denen man übergreifend erkennen konnte, dass hier ein Einverständnis erfolgt ist. Wir müssen in diesem Bereich also noch ganz viele dicke Bretter bohren. Das müssen wir auch tun, weil Hessen – und das wissen Sie auch – noch immer hinterherhinkt.

Wenn man sich das Länderranking anschaut, stellt man fest, wir sitzen im Vergleich zu anderen Bundesländern doch nicht an der vorderen Stelle, wir sitzen unter allen Bundesländern wirklich am Ende. Das können wir nicht akzeptieren, meine Damen und Herren. Wir müssen hierbei ganz stringent vorwärtsgehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zuruf von der CDU)

Alles, was getan werden kann, lieber Herr Kollege Stephan, liegt doch schon längst auf dem Tisch. Die SPD ist hier mit einem Gesetzentwurf vorgeprescht und hat ein Konzept erstellt. Wir haben schon vier Zukunftsenergieund Klimaschutzgesetze eingebracht. Wir haben unser Stromkonzept erneuert. Das heißt, wir haben es im April aktualisiert und der Öffentlichkeit präsentiert. Vor Kurzem haben wir auch unser Wärmekonzept vorgestellt,

weil wir wissen, dass Strom nicht alles ist. Eine Energiewende beinhaltet ebenfalls den Wärmesektor und auch den Verkehr.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Es ist uns ganz wichtig, dass wir deutlich machen konnten, wo es überall Ansatzpunkte gibt, wo wir schon jetzt handeln können.

Es muss Ihnen doch allen klar sein, dass wir schnell handeln müssen. Wir müssen Änderungen vornehmen – im Landesentwicklungsplan, in der Hessischen Gemeindeordnung, in der Hessischen Bauordnung. Wir müssen die Raumplanung neu überdenken. Auch das Nachbarrechtsgesetz – eine Diskussion, die wir schon vor einiger Zeit sehr intensiv geführt haben – muss wieder auf den Prüfstand gestellt werden. Wir haben die Vorschläge dazu eingebracht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir merken doch schon jetzt, wie schwierig es ist, hier selbst diesen Minimalkonsens zu diskutieren. Wir haben schon jetzt die Feststellung treffen müssen, dass es ganz unterschiedliche Auffassungen gibt. Der Streit ist doch schon im Gange.

Auf der einen Seite haben wir Ministerpräsident Bouffier, des selbst auf die Dezentralität der Energieerzeugung aufmerksam macht, das sogar in seinem Abschlussbericht festhält und explizit auf die Bedeutung der Kommunen hinweist. Auf der anderen Seite haben wir mit der FDP einen Koalitionspartner, der mit seinem Mantra „privat vor Staat“ – das tut er ja immer – Bouffier und die CDU am Nasenring nach seiner Musik tanzen lässt. Das ist doch absolut nicht zielführend.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf von der CDU)

Kollege Stephan, beschwichtigen Sie das nicht. Das ist eine Tatsache, das konnten wir alle miterleben.

Wenn Sie schon davon sprechen, dass durch Ihre Änderung der Hessischen Gemeindeordnung in § 121 die sehr unterschiedlichen Regelungen für die Kommunen aufgehoben würden – das heißt, für die Kommunen vor dem Jahr 2004 und für die Kommunen, die nach der Gesetzesänderung gefolgt sind –, muss ich auch festhalten, wer denn diese Änderung damals eingebracht hat. Das waren nicht die GRÜNEN. Es war die CDU, die diese Ungleichheit herbeigeführt hat. Wir haben schon damals gesagt: In der HGO müssen die Kommunen wirtschaftliche Betätigung gerade auch im Energiesektor vornehmen können. – Das haben Sie damals vermasselt. Aber anstatt jetzt Ihre Lehren daraus zu ziehen und den Kommunen diese wirtschaftliche Betätigung zu ermöglichen und ihnen diese Freiheit zu erlauben, haben Sie ein Gewirr zustande gebracht, wo Kommunen wie auch die Stadtwerke einfach nur aufstöhnen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das sagen wir, weil wir wissen, dass es Sie berührt. Sie, die sich mit der Materie auseinandergesetzt haben, wissen ganz genau, dass es eine Gängelung für die Kommunen beinhaltet. Es entspricht eben nicht dem, was der Energiegipfel wollte, nämlich diese dezentrale Energieerzeugung unter wirklich aktiver Beteiligung der Kommunen.

Die Kommunen sehen das, was Sie in Ihrem Gesetzentwurf festgehalten haben, als reine Gängelung an.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Auch die Anhörung im Innenausschuss hat genau das bestätigt. Wer sich dieser Sache stellt, muss doch erkennen, dass Sie überhaupt keine Unterstützung für diesen Vorschlag haben, den Sie eingebracht haben. Bei uns verfestigt sich immer mehr der Eindruck, dass sich die Landesregierung bei der Energiewende wirklich selbst im Wege steht.

Schauen wir einmal, was morgen vorgetragen wird. Vorgesehen ist eine Regierungserklärung von Frau Puttrich, man gedenkt, bei der Energiepolitik weiterzukommen, und es wird ein realistisches Umsetzungskonzept versprochen, das die Ergebnisse des Energiegipfels beinhalten werde. – Ich bin an dieser Stelle sehr skeptisch. All diese Versprechungen kommen mir sehr bekannt vor. Es gab eine Umweltministerin Lautenschläger, die damals ebenfalls in einer Erklärung darstellen wollte, wie die Energiepolitik im Lande Hessen künftig auszusehen hätte und wie der Anschluss an die anderen Bundesländer zu gewinnen sei. Sie alle wissen genau, dass das energiepolitisch ein ausgesprochener Flop war. Das kann man heute nur so konstatieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Kommen wir zur Gesetzesinitiative der SPD-Fraktion. Der können wir ganz viel abgewinnen. Wenn über zwölf Jahre hinweg praktisch Totenstille in der Energiepolitik herrscht und die CDU-geführte Landesregierung keinen Schritt weiterkommt, ist es doch absolut nachvollziehbar, wenn man das, was man an Möglichkeiten gesehen hat, auch in Gesetze kleiden will.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich weiß ganz genau, dass es meine Kolleginnen und Kollegen in der SPD ebenso sehen und hier nur ein minimaler Bereich dessen umgesetzt wird, was umgesetzt werden muss. Es sind nur vier Felder angesprochen worden. Darüber hinaus muss sehr viel mehr geschehen. Ich glaube, das ist Ihnen allen bewusst.

Gerade in der Landesplanung und der Raumordnung sind weitere Regelungen wirklich notwendig. Wir haben damals auch über unser viertes Zukunftsenergie- und Klimaschutzgesetz ganz konkrete Punkte in die Diskussion eingebracht. Ich erinnere Sie nur daran, dass wir gesagt haben, es müsse möglich sein, dass die Standorte für unterirdische Hohlräume, welche zur Speicherung von Biogas oder Druckluft nutzbar seien, über die Raumplanung gesichert würden.

Was für uns ebenfalls wichtig war: über die Raumplanung zu verhindern, dass neue klimaschädliche Kohlekraftwerke in Hessen gebaut werden können. Wir wollten eine raumplanerische Absicherung. Wir haben mit unserem Gesetzesvorschlag ganz feste Margen eingezogen; denn wir haben gesagt: Es darf nur noch ein effizienter Umgang mit Energie erfolgen. Das heißt, ein elektrischer Wirkungsgrad von mindestens 58 % muss erreichbar sein, der Brennstoffnutzungsgrad bei gleichzeitiger Erzeugung von Wärme und Strom muss 80 % betragen. Damit konnten wir uneffiziente Energiekraftwerke ausschließen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber wir brauchen auch eine Festlegung der unterirdischen Verlegung von Höchst- und Hochspannungsleitungen. Und, meine Damen und Herren – das ist ganz wichtig –, wenn wir schon die Windkraftnutzung festhalten, dann muss festgehalten werden, dass nicht nur die Vorranggebiete bzw. Ausschlussgebiete festgelegt werden, sondern dass die anderen Gebiete auf jeden Fall Vorbehaltsgebiete zur Nutzung der Windenergie sein können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Hammann, Sie kommen bitte zum Schluss.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt einen enormen Regelungsbedarf für eine richtige Energiewende. Die Gesetzentwürfe hierfür, die wir bereits eingebracht haben, sind Ihnen allen bekannt. Jetzt heißt es doch, wirklich nur noch zu handeln. Das darf aber nicht mehr nach dem Muster sein: Wie gängele ich eine Kommune bei der Energiewende? – Wir brauchen eine vorwärtsgewandte und keine rückwärtsgewandte Diskussion. Die Energiewende lohnt sich nicht nur für das Klima, sondern auch für die kommunalen Akteure. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)