Protocol of the Session on December 13, 2011

Deswegen werden wir in der Sache dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in allen Punkten zustimmen.

(Florian Rentsch (FDP): Sehr überraschend!)

Ich will allerdings ausdrücklich darauf hinweisen, dass ich mit Blick auf den Punkt der Prüfung der Ausweitung des Nachtflugverbots – was ja auch sehr überraschend kam, Herr Rhein –, wonach es jetzt von 22 Uhr bis 6 Uhr gilt, sehr gespannt darauf bin, wie die Erklärung des Ministerpräsidenten und des Wirtschaftsministers dazu ausfällt, wie das eigentlich gehen soll. Oder auch an Sie: Wie soll das eigentlich funktionieren, auch angesichts der Setzungen, die wir vorgenommen haben? Ich bin sehr gespannt, ob Sie heute in der Lage sind, einmal eine klare Position zu formulieren.

Am Ende sage ich Ihnen auch noch einmal: Was nicht geht und womit Sie das Vertrauen in der gesamten Region zerstören und weiter Zorn und Aggression erregen werden, ist, wenn Sie sich mit solchen wachsweichen Anträgen, die nichts anderes als der pure Ausdruck von Heuchelei sind, in der Debatte zu verstecken versuchen. Nutzen Sie die Chance, die Ihnen Herr Rhein gestern gegeben hat. Bekennen Sie sich zum Mediationsergebnis.

(Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU))

Ziehen Sie die Revision zurück, und bringen Sie einen Antrag auf einen Planfeststellungsbeschluss auf den Weg, der das Mediationsergebnis endlich umsetzt – das ist das Gebot der Stunde, das ist unsere gemeinsame Verpflichtung, dazu laden wir Sie herzlich ein.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat der Abg. Schaus für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich war gestern bei der fünften Kundgebung der Bürgerinitiativen gegen den Flughafenausbau am Frankfurter Flughafen. Ich bin da nicht zufällig hineingeraten, so wie Herr Schäfer-Gümbel, sondern ich bin dort regelmäßig zu finden, weil es für uns wichtig ist – nicht nur für mich, sondern auch für meine Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion DIE LINKE –, das aufzunehmen, was sich dort an Protesten entwickelt.

(Beifall bei der LINKEN)

In fünf Kundgebungen hat sich die Teilnehmerzahl von 500 auf nunmehr über 3.000 gesteigert. Die wachsende Zustimmung und Teilnahme an diesen Montagsprotesten ist ein klares Zeichen der Betroffenheit der Menschen in der Region. Es ist ebenso ein klares Zeichen wie die Petition, die dieser Tage von 40.000 Bürgerinnen und Bürgern im Bereich der Nordwestlandebahn im Hessischen Landtag eingereicht wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Hier entsteht Druck in der Region, hier entsteht Druck aus der Region, und vor allen Dingen – und das ist wohl Anlass für die heutige Debatte – entsteht Druck aus dem bürgerlichen Lager, aus der Wahlklientel, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insofern ist es klar, was für ein Manöver CDU und FDP heute gefahren haben. Es geht sozusagen darum, diesen Druck mit einem wachsweichen Antrag, der das Papier nicht wert ist, auf dem er geschrieben ist, in irgendeiner Weise zuzukleistern.

Herr Rhein, ich glaube nicht, dass es Ihnen etwas nützt und die Bevölkerung es in der Tat für glaubwürdig erachtet, wenn Sie sich gestern auf Ihrem Nominierungsparteitag hinstellen und für ein absolutes Nachtflugverbot eintreten. – Ja, wieso denn erst seit gestern? Wieso erst seit der Nominierung, meine Damen und Herren?

(Zuruf von der CDU: Sie hyperventilieren ja! Trin- ken Sie erst einmal ein Glas Wasser!)

Schauen wir uns doch Ihren Antrag einmal an. Ihr Antrag wäre gut, wenn er nur den ersten Absatz hätte. Der erste Absatz lautet:

Der Hessische Landtag bekennt sich zum Ausbau des Frankfurter Flughafens und zum Mediationsergebnis. Das Mediationsergebnis schließt auch das Nachtflugverbot ein.

Punkt. Das wäre eine ehrliche Aussage, die Sie im Hessischen Landtag nie getroffen haben und die Sie auch heute nicht zu treffen bereit sind. Das, was Sie mit Ihrem Antrag tun, ist ein altbewährtes Spiel. Sie sagen, die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts habe sich geändert, deswegen könnten Sie ein absolutes Nachtflugverbot leider nicht durchsetzen. – Also doch kein Bekenntnis zum Nachtflugverbot.

Sie sprechen davon, dass Sie die Revision nicht zurückziehen können, weil es Rechtsfrieden und Rechtssicherheit geben solle, die es hier zu schaffen gelte. – Aber, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, was Sie hier zu tun versuchen, ist doch das Gleiche, was Sie in der Vergangenheit in anderer Form getan haben. Sie haben sich bisher hinter den Zuständigkeiten der Deutschen Flugsicherung versteckt und gesagt: Wir können keinen Einfluss auf die Flugrouten nehmen. Das liegt nicht in unserer Kompetenz. – Das war immer die Aussage des Verkehrsministers Posch: Wir können leider nichts dafür, das machen die anderen. Die haben auch die Entscheidungskompetenz.

Jetzt gehen Sie mir Ihrem Antrag noch einen Schritt weiter. Sie sagen, Sie verstecken sich nicht mehr nur hinter der Kompetenz der Flugsicherung, sondern Sie verstecken sich auch noch hinter den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts. Mit anderen Worten: Sie machen keine eigenständige Politik.

Ich habe es schon mehrmals gesagt: In der Hoffnung, das Bundesverwaltungsgericht werde das Nachtflugverbot kippen, bringen Sie hier einen scheinheiligen Antrag ein, in dem Sie Ihrem OB-Kandidaten Flankenschutz geben wollen. Nichts anderes bezwecken das Manöver und die Diskussion, die wir heute hier darüber führen.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU: Stimmt doch gar nicht! Lesen Sie doch erst einmal den Antrag!)

Wir haben im September dieses Jahres eine Anfrage gestellt, in der wir um Auskunft bitten, wie die Nebenbestimmung, also die Auflagen, die im Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau des Frankfurter Flughafens festgelegt wurden, eingehalten werden. Da die Bahn seit 21. Oktober 2011 in Betrieb ist, sind wir eigentlich davon ausgegangen, eine schnelle und kurze Antwort aus dem Verkehrsministerium zu erhalten, in der steht, alle Nebenbestimmungen würden eingehalten; denn nur auf dieser Grundlage darf die Bahn logischerweise in Betrieb sein. Wenn nicht alle Auflagen aus dem Planfeststellungsbeschluss eingehalten wurden, hätte die Nordwestlandebahn nie in Betrieb genommen werden dürfen.

Es gibt zwei Fristverlängerungen für unsere Kleine Anfrage, und bis heute, nach drei Monaten, haben wir dazu keine Antwort aus dem Wirtschafts- und Verkehrsministerium. Warum denn wohl nicht, meine Damen und Herren, frage ich an dieser Stelle. Wieso kann uns das Verkehrsministerium nicht mitteilen, dass alle Auflagen aus dem Planfeststellungsbeschluss mit der Inbetriebnahme der Nordwestlandebahn erfüllt sind? Was ist daran so schwer? – Das will ich Ihnen sagen.

Es gibt nämlich mehrere Probleme. Auf der einen Seite gibt es das Problem des Vogelschlags, das nach wie vor ungeklärt ist; denn am 21.11.2011 gab es einen entsprechenden Vorfall, der in den letzten Tagen immer wieder heruntergespielt wurde und an dem wir hartnäckig dranbleiben und Aufklärung verlangen.

Die Hilflosigkeit des CDU/FDP-Antrags kommt noch einmal in Abs. 5 zum Ausdruck. Ich nehme Sie da durchaus beim Wort, meine Damen und Herren. Sie schreiben, dass Sie bereit sind, „alle denkbaren Möglichkeiten auszunutzen, um eine spürbare Minderung der Lärmbelastung für die Menschen... zu erreichen“. – Wenn dies Ihre ehrliche Überzeugung ist, fordere ich Sie auf, den Initiativen und Forderungen der Bürgerinitiativen zu folgen. Das bedeutet konsequenterweise – auch unter dem Gesichtspunkt, dass die Auflagen zur Nordwestlandebahn bislang offensichtlich nicht vollkommen erfüllt wurden – die Stilllegung der Nordwestlandebahn. Das ist die einzige Konsequenz, die bleibt.

(Beifall bei der LINKEN)

Alles andere sind Nebenkriegsschauplätze, sind wichtige Forderungen der GRÜNEN, die wir ohne Frage unterstützen. Aber die Bürgerinitiativen gehen darüber hinaus. Sie fordern das Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr. Sie fordern eine Ausweitung der Schallschutzzonen, und sie fordern eine Verdoppelung der Mittel beim passiven Lärmschutz.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Herr Präsident, ich komme zum Ende. – All diese Forderungen finden unsere volle Unterstützung, und der CDUAntrag, der Scheinantrag, nicht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Bevor ich die Debatte fortsetze, will ich erst noch einen formalen Vorgang erledigen und den auf Ihren Plätzen liegenden Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend Kurswechsel der Hessischen Landesregierung beim Nachtflugverbot überfällig – „Wortbruch“ stoppen, Drucks. 18/5074, aufrufen. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann nehmen wir das als Punkt 60 auf und rufen es jetzt mit auf; wir sind mittendrin. Dazu hat jetzt Herr Staatsminister Rhein das Wort.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) : Ui! – Hermann Schaus (DIE LINKE): Der neue Verkehrsminister?)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Janine Wissler (DIE LINKE): Welcher Rhein spricht jetzt?)

Ach, sind Sie aufgeregt. Das ist schon erstaunlich. – Herr Schäfer-Gümbel hat mich aufgefordert, Stellung zu nehmen. Das will ich natürlich auch tun. Ich nehme die Gelegenheit sehr gerne wahr. Lassen Sie mich vielleicht eines vorweg sagen. So, wie Sie mit diesem schwierigen Thema umgehen, werden Sie dem Thema einfach nicht gerecht. Das gilt für die SPD und die linke Partei ganz besonders.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Noch viel schlimmer finde ich, dass Sie damit den Menschen in der Region, gerade denjenigen, die echten Belastungen ausgesetzt sind, und ihren berechtigten Sorgen so nicht gerecht werden, wie Sie diese Diskussion hier führen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Günter Ru- dolph (SPD): Das ist jetzt schon dreist!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, meine dritte Vorbemerkung ist, dass Sie es nicht schaffen werden, zwischen mich und diese Landesregierung einen Spalt zu treiben, weil es keinen Dissens zwischen dem gibt,

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein!)

was ich gestern gesagt habe, und dem, was die Position dieser Hessischen Landesregierung ist. Ich will das auch hier klipp und klar feststellen und festzurren, was ich gestern Abend in Frankfurt am Main gesagt habe. Der Flughafen – da gibt es nichts, was man anders darstellen kann – ist die wirtschaftliche Lebensader unserer Region. Er ist der Grund für den Reichtum und auch für den Wohlstand, in dem wir in diesem Bundesland, insbesondere in dieser Region und auch in Frankfurt am Main leben.

Herr Al-Wazir, auch daran gibt es nichts zu rütteln – ich habe das gestern gesagt, und ich wiederhole das auch hier –: Aber er entfaltet auch Belastungen, die exorbitant sind. Darüber kann man nicht hinwegdiskutieren. Die Belastungen, die er entfaltet, beeinträchtigen natürlich die Menschen, die Fluglärm in einem erheblichen Maße ertragen müssen. Auch das kann man nicht wegdiskutieren. Deswegen ist es berechtigt, wenn die Bürgerinnen und Bürger, die durch diesen Fluglärm beeinträchtigt sind, fragen: Was macht ihr für uns?

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Antwort ist: bisher nichts!)

Es nutzt nichts, mit unehrlichen Ansagen zu kommen, wie Kandidaten insbesondere auch der Sozialdemokraten in Frankfurt am Main. Ich sage und habe das auch gestern Abend sehr deutlich gesagt: Wir Christdemokraten in Frankfurt sind immer für den Flughafen gewesen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir sind immer für den Ausbau des Flughafens gewesen. Da gibt es überhaupt kein Vertun. Jetzt so zu tun, als wäre das anders gewesen – ich erinnere an viele Ihrer Genossen in Frankfurt am Main –, ist einfach unehrlich. Das macht man so nicht. Das ist genauso unehrlich wie all diejenigen, die so tun, als seien sie schon immer gegen den Flughafen gewesen. Schauen wir uns doch einmal die Wortprotokolle an, und dann stellen wir etwas anderes fest. So ist das.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da haben Sie recht! Aber dazu gehören Sie bald auch!)