Protocol of the Session on September 15, 2011

ben hat, der unter einer liberalen Kultusministerin ermöglicht wurde.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei Abge- ordneten der CDU – Lachen bei der LINKEN)

Das ist doch die Realität in diesem Lande – statt irgendwelcher Einzelfälle, die Sie hier aufrufen, weil Sie von der Materie offensichtlich keine tiefere Ahnung haben und die Fälle hier zu Skandalen hochzustilisieren versuchen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Hermann Schaus (DIE LINKE): Realität ist, dass Sie alles ausblenden, was Ihnen nicht passt!)

Ich bin den LINKEN – auch Ihnen, Frau Cárdenas – ausdrücklich dankbar; denn sie haben eine Kleine Anfrage zum Thema Referendare gestellt, zu der Frage, wie der Lehrerbedarf in diesem Lande eigentlich ist. Der Kollege Pentz hat es angesprochen: Die Schülerzahlen sinken in Hessen zwar nicht gleichmäßig, aber sie sinken in vielen Bereichen. Daher ist es doch den Menschen gegenüber redlich, die Lehrer werden wollen, wenn man sagt, sie sollten das berücksichtigen, einmal darüber nachdenken. Das muss in diesem Land doch erlaubt sein.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD)

Herr Schäfer-Gümbel, natürlich ist die Situation nicht überall gleich. Wir haben auf der einen Seite – auch das ist nichts Neues, das ist seit Jahren bekannt – eklatant viele Grundschullehrer und viele Absolventen, die ins Grundschullehramt drängen, gerade mit den Fächern Deutsch und Ähnliches, wo es einfach keine Einstellungschancen mehr gibt. Es wird doch Zeit, dass man das den Menschen sagt, weil der Bedarf schlicht und ergreifend nicht mehr vorhanden ist. Wir haben auf der anderen Seite Mangelfächer, wo es einen eklatanten Bedarf gibt.

Hier sagen wir ganz klar: Natürlich werden wir weiterhin Lehrer für diese Fächer ausbilden. Natürlich werden wir auch generell weiterhin Lehrer ausbilden. Sie tun ja gerade so, als wollten wir die Lehrerausbildung in diesem Lande abschaffen. Das ist mitnichten so. Schauen Sie sich einmal die anderen Bundesländer an. Dort werden fast gar keine Lehrer mehr eingestellt, geschweige denn, Referendare. Dass Hessen hier noch über Bedarf ausbildet, auch für die anderen Bundesländer, ist in Zeiten der Schuldenbremse eine große Leistung. Das muss man einmal ausreichend würdigen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der LINKEN)

Herr Kollege Döweling, Frau Kollegin Cárdenas möchte Ihnen eine Frage stellen.

(Mario Döweling (FDP): Bei fünf Minuten Redezeit nicht! Meine Redezeit ist schon fast um!)

Dann gibt es nichts.

Ich sage ganz klar – leider läuft meine Redezeit ab –: Für die CDU und die FDP ist wichtig, weiterhin in Bildung zu investieren. Wir werden weiterhin in eine qualitativ gute Ausbildung investieren. Wir haben dazu ein Lehrerbildungsgesetz auf den Weg gebracht. Wir achten aber auch

die Vorgabe, die uns die Wählerinnen und Wähler mit der Abstimmung über die Schuldenbremse gemacht haben. Die Bürgerinnen und Bürger sehen nämlich sehr wohl, dass wir unsere Haushalte konsolidieren müssen, dass wir nicht so weitermachen dürfen. Deshalb muss es erlaubt sein, über Einschnitte nachzudenken in Bereichen, wo es sinnvoll ist. Das gibt uns die demografische Entwicklung eben auch bei der Zahl der Referendare vor. Dazu steht die FDP-Fraktion, und sie bekennt sich zu ihrer Verantwortung.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank. – Das Wort hat Frau Kollegin Habermann, SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Döweling, ich bin ja gewohnt, dass Herr Irmer von diesem Pult aus ab und zu unterschwellig Kritik an der Kultusministerin übt; aber dass Sie beginnen, am Stuhl Ihrer Ministerin zu sägen, ist neu. Sie haben heute hier erklärt, der Haushalt, den diese vorgelegt hat, sei quasi Makulatur, darüber müsse noch geredet werden.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und bei Abge- ordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Wolfgang Greilich (FDP): Sie leiden an Wahrnehmungsstörungen!)

Umso mehr Veranlassung haben Sie eigentlich, dem Entschließungsantrag der GRÜNEN zuzustimmen. Wir werden das auf jeden Fall tun.

Meine Damen und Herren, mit dem Titel dieser Aktuellen Stunde fährt die LINKE wieder einmal haarscharf an der Spur vorbei; denn nicht die Schuldenbremse bremst die Bildung, sondern die Kultusministerin.

(Beifall bei der SPD)

Die Schuldenbremse per se verhindert gute Bildungspolitik nur dann, wenn sie als Vorwand dafür herhalten muss, bei der Bildung zu kürzen. Es liegt allein in der Verantwortung dieser Ministerin, dass es auch in diesem Jahr wieder unverantwortliche Einschnitte im Bildungshaushalt gibt.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Diese Landesregierung hat sich längst unglaubwürdig gemacht, indem sie den Bereich nicht von Kürzungen ausnimmt, der von ihr selbst als oberste Priorität bezeichnet wird. Der Bildungsetat ist die falsche Stelle, einzusparen, solange uns alle internationalen Bildungsstudien immer wieder bescheinigen, dass unser System unzureichend finanziert ist und teilweise falsche Schwerpunktsetzungen hat. Dies ist erneut in der jährlichen OECD-Studie „Bildung auf einen Blick“ nachzulesen, die in dieser Woche veröffentlicht wurde. Der hessische Bildungsetat ist sowieso die falsche Stelle, zu sparen, nachdem Sie so viele Wahlversprechen gemacht haben, die Sie jetzt nicht einhalten können, weil Sie nämlich kein Plus in den Bildungshaushalt bringen, sondern ein Minus, und alle Ihre Vorhaben nicht finanzieren können.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LINKEN – Zurufe von der FDP)

Daran ändern auch Ihre Taschenspielertricks nichts. Finanzminister Schäfer hat uns gestern erklärt, es seien 90 Millionen € mehr im Bildungshaushalt.

(Zurufe von der FDP)

Er hat nur vergessen, zu sagen, dass 60 Millionen € davon unabweisbare Ausgaben sind – aufgrund höherer Pensionierungszahlen und höherer Ausgaben in den Ersatzschulen. Das Einzige, was unter dem Strich herauskommt, sind die 500 Lehrerstellen, die Sie jedes Jahr wieder als großes Ereignis feiern. Die schlagen mit 30 Millionen € zu Buche. Dem gegenüber stehen die Kürzungen, über die wir jetzt noch reden wollen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LINKEN – Zurufe von der FDP)

Meine Damen und Herren, Sie wollen gleichzeitig über 30 Millionen € bei der Lehrerausbildung kürzen, und auch die Zukunft der staatlichen Schulaufsicht ist immer noch im Nebel; denn außer der Zusage, die Standorte zu erhalten, haben wir von der Kultusministerin bisher nichts Konzeptionelles gehört.

Die Sache mit den Referendaren ist in der Tat bemerkenswert; denn im Juni 2008 haben wir hier gemeinsam beschlossen, die Zahl der Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst von damals 4.700 auf 5.350 zu erhöhen. Ich zitiere aus der Begründung des interfraktionellen Antrags:

Für den absehbaren Einstellungsbedarf reichen die 4.700 Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst... in den Seminaren nicht aus. Bei durchschnittlich 1.175 Absolventen pro Halbjahr steht Hessen regional, fachspezifisch und lehramtsbezogen keine ausreichende Zahl von... Bewerbern... zur Verfügung.

Ich frage Sie: Was hat sich daran geändert? Auch die demografischen Grundlagen waren die gleichen. Die Zahl der vor sechs bis zehn Jahren nicht geborenen Kinder ist heute nicht größer oder kleiner geworden. Das heißt, die Lehrerbedarfsprognose, die wir damals gemacht haben, war zutreffend. Deshalb haben wir die Zahl der Referendarstellen erhöht.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt, drei Jahre später, kommt die Rolle rückwärts. Die Zahl der Lehramtsreferendare soll mit 4.300 noch unter die von 2008 sinken. Das sind jedes halbe Jahr 250 junge Lehrkräfte weniger. Damit gefährden Sie die Zukunftsfähigkeit unserer Schulen, Frau Kultusministerin. Wer im Vertrauen auf eine gute Einstellungschance in Hessen ein Lehramtsstudium begonnen hat, wird jetzt bitter enttäuscht.

Frau Kollegin Habermann, wir haben schon ein bisschen zugegeben. Sie müssen langsam zum Schluss kommen.

Die Regierungsfraktionen empfehlen zurzeit gern, einen Blick nach Rheinland-Pfalz zu werfen. Ich schließe mich dieser Empfehlung an. In Rheinland-Pfalz ist in den vergangenen zehn Jahren die Zahl der Stellen für Lehrkräfte

im Vorbereitungsdienst trotz sinkender Schülerzahlen kontinuierlich um 75 % erhöht worden. Diese Ausbildungskapazität wird in den nächsten fünf Jahren beibehalten.

Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie sollten also froh sein, wenn Rheinland-Pfalz in den nächsten zwei Jahren zwei Drittel der Lehrerstellen aus der demografischen Rendite nicht neu besetzt. Dann können wir nämlich, wenn Hessen bei der Ausbildung Streichungen vornimmt, wenigstens die in Rheinland-Pfalz ausgebildeten Lehrkräfte einstellen. Das ist doch auch etwas.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU und der FDP)

Frau Kollegin Habermann, bei aller Sympathie für ein Mitglied des Freundeskreises der Offenbacher Kickers: Sie müssen jetzt wirklich zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss. Nur noch einen kleinen Satz möchte ich anbringen. – Die Schuldenbremse kann man dafür nicht verantwortlich machen. Die Bildungsbremse sitzt im Kultusministerium. Wir hoffen auch in diesem Fall wieder einmal darauf, dass Herr Irmer seinen Einfluss nutzt, um diesen Unsinn rückgängig zu machen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Mathias Wag- ner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Habermann schnäbelt mit Herrn Irmer! So weit ist die Bildungspolitik gekommen! Frau Henzler treibt Frau Habermann in die Arme von Herrn Irmer!)

Vielen Dank. – Das Wort hat Frau Staatsministerin Henzler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Überschrift dieser Aktuellen Stunde müsste richtigerweise heißen: „Sehr gute Rahmenbedingungen für die Bildung in Hessen trotz Schuldenbremse“.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Gute politische Nachrichten, insbesondere was die Bildung betrifft, werden in der Öffentlichkeit leider entweder als selbstverständlich betrachtet, oder es wird ein Haar in der Suppe gesucht, da ausschließlich Kritik eine Meldung wert ist. Aber auch DIE LINKE in diesem Haus und die GEW in Frankfurt müssen die Fakten zur Kenntnis nehmen, die diese Landesregierung geschaffen hat. Wir haben einen reibungslosen und entspannten Schuljahresbeginn erlebt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Trotz sinkender Schülerzahlen erhöhen wir stetig die Zahl der Lehrerstellen. Wir können eine hervorragende Besetzungsquote vorweisen: Alle in diesem Schuljahr zu besetzenden Stellen sind besetzt worden.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das kann man wirklich sagen!)

Diese guten Rahmenbedingungen werden in den Schulen auch wahrgenommen. Das wird nicht nur bei Besuchen von Abgeordneten deutlich, sondern die Schulleiter sagen das auch in der Öffentlichkeit.